Schneider-Computer gibt es seit 1,5 Jahren. Wie es dazu kam, was daraus wurde und was die Zukunft bringen wird, erzählten uns Bernhard Schneider und Fred Köster, die führenden Kräfte der Computer Division.
Als es in den siebziger Jahren in der Hi-Fi-Branche abwärts ging, gelang es allein den Schneiders aus Türkheim, ihre Marktstellung zu behaupten. Woran lag das? Eine starke Firma aus England leistete Schützenhilfe, nämlich Amstrad. Mit ihr zusammen produzierte Schneider umfangreiche Geräteserien im Bereich der Unterhaltungselektronik, die sich aufgrund ihrer hohen Qualität und ihres günstigen Preises mühelos an die Spitze setzten.
Seit fünf Jahren bewährt sich nun schon die Zusammenarbeit mit Alan Sugar, dem Geschäftsführer der Firma Amstrad. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil die Entwicklungsgeschichte beider Firmen einige Parallelen aufweisen. Wie die Gebrüder Schneider ist auch Alan Sugar im Audiobereich groß geworden. Der Ruf, den Amstrad in England genießt, ist dem der Firma Schneider im deutschsprachigen Raum vergleichbar. Die 30 Prozent Marktanteil Amstrads in England sind vorwiegend seinen Konzepten, die auf preiswerte Herstellung und Einkauf in Fernost bauen, zu verdanken. Viele Produkte werden aber auch direkt bei Schneider hergestellt, so daß die Türkheimer Firma seine Hi-Fi-Geräte mit »Made in Germany« verkaufen kann.
Vor zirka zwei Jahren bei einem Besuch in England, stand Bernhard Schneider erstmals dem zukünftigen Star seines neuen Geschäftszweigs gegenüber — dem CPC 464. Damals ahnte er noch nicht, daß mit diesem — zu dem Zeitpunkt noch jungfräulich weißen — Computer, eine ungeahnte Erfolgssträhne für seine Firma beginnen sollte.
Alan Sugars Absichten mit diesem Gerät gingen ganz gezielt in die Richtung »Geld machen«. Nachdem er zu der Überzeugung gekommen war, im Audio-Bereich sei dies in Zukunft immer schwerer, traf er alle Vorbereitungen, um in die Computerbranche einzusteigen. Und er hatte Glück: in kurzer Zeit konnte er ein hervorragendes technisches Team finden, dem er viel von seinem Erfolg mit dem CPC verdankt. Das Softwarehaus Locomotive entwickelte ein inzwischen bewährtes Betriebssystem, und eine kleine, aber höchst effiziente Gruppe von »Ex-Sinclair-Leuten« kümmerte sich um die Hardware des 464.
Für die technische Qualität war durch das englische Ingenieur-Team gesorgt. Stellte sich nur noch die Frage nach einem geeigneten Hersteller. Um das bisherige bewährte niedrige Preisniveau beibehalten zu können, stand von vorneherein fest, die Produktion wieder nach Fernost zu verlegen. Man wandte sich an den Hersteller, der schon die Audioanlagen für Schneider und Amstrad gebaut hatte. Es fehlte zwar die ganz spezielle Computererfahrung, doch im Grunde unterscheidet sich das Innere eines Computers technisch nicht allzusehr von vielen anderen Geräten der Unterhaltungselektronik,
Fast von Anfang an dabei war als technischer Berater Peter Eschenbacher. Schon 1983, als Sugar den ersten CPC nach Deutschland brachte, hatte er bei allen wichtigen Entscheidungen ein Wörtchen mitzureden. Heute ist er Besitzer beziehungsweise Leiter zweier Freisinger Computerfirmen.
Um die Lage auf dem deutschen Computermarkt auszuloten, wurde ein Vergleichstest zwischen dem CPC und dem Commodore 64 vorgenommen. Da zu diesem Zeitpunkt der C 64 mit 70 bis 75 Prozent den Markt uneingeschränkt beherrschte, wollte man sich mit diesem Test einen Maßstab schaffen. »Besser und preiswerter« waren ein Muß, um dem Commodore-Spitzenreiter Paroli zu bieten. Man verglich also, sah und staunte: Das Ergebnis fiel so positiv für den Amstrad-Schützling aus, daß Schneider zu dem Geschäft spontan »ja« sagte. Bernhard Schneider, durch seine Arbeit bei IBM schon vorbelastet, gab sein endgültiges »okay« zum Geschäft mit dem Computer.
Darauf ging der Computer an das Großversandhaus Quelle, wo er noch einmal auf den Prüfstand kam. Mit dem Erfolg, daß die Fürther sich sofort für den Exklusiv-Vertrieb bewarben. Schneider lehnte ab, worauf die Versandfirma den CPC 464 in so hohen Stückzahlen anforderte, daß von Seiten Bernhard Schneiders alle Zweifel über die Güte dieses Produkts ausgeräumt waren. Denn trotz aller Empfehlungen von Peter Eschenbacher, war sich der »Geschäftsmann« Bernhard Schneider noch nicht völlig sicher gewesen. Nachdem Quelle also über die erste Hemmschwelle hinweggeholfen hatte, wurden mutig 40000 Geräte in England bestellt.
In Deutschland kostete der Commodore 64 damals ohne Monitor und Massenspeicher 798 Mark. Daran orientierte sich Schneider nach dem Motto»mehr Leistung für weniger Geld« und brachte seinen CPC 464 inklusive Kassetten-Recorder und Grünmonitor für ganze 895 Mark auf dem Markt. Bei diesem Preis waren wirklich keinerlei Absatzprobleme zu befürchten, was dann auch der vehemente Kaufandrang bestätigte. Die 40000 Stück reichten bei weitem nicht aus. Bei der Messe in Düsseldorf, der HiFi-Video, waren am zweiten Tag nach der Präsentation des Computers, sämtliche Exemplare verkauft. Bernhard Schneiders Kommentar »das war dann eher unangenehm, aber den Mut zu noch größeren Stückzahlen hatte ich nicht. Schon als ich damals mit meiner Bestellung von 40000 Stück so groß einstieg, wurde ich von den Leuten als Spinner betrachtet.«
Und mit dem Erfolg kam auch der Bedarf an zusätzlichen Mitarbeitern im Hause Schneider, und die Suche begann. Aber erst Mitte vorletzten Jahres fand sich mit Fred Köster der Leiter der Computer Division. Dieser wechselte dann zum 1. Juli 1984 endlich von IBM zu Schneider. Damit hatte die Firma zwar einen Geschäftsleiter, aber immer noch niemanden, der mit Erfahrungen auf dem Heimcomputer-Sektor aufwarten konnte. Aber war dies überhaupt so wünschenswert?
Nach Ansicht von Bernhard Schneider jedenfalls nicht, denn in diesen Bereich gab es bis dahin in Deutschland lediglich die Firmen Atari und Commodore. Deren Marktstrategie hinsichtlich der Preise war aber damals so verfahren, daß eine Nachahmung kaum empfehlenswert schien. Noch bis heute wirkt sich das auf die Stimmung bei den Händlern aus. »Wir wußten aus dem Audio-Bereich, wie schwer die Preise unter Kontrolle zu halten sind. Eine gewisse Spanne wiederum mußten wir aber für die Händler halten«, so Bernhard Schneider.
Mußte Schneider nach dem dritten Messetag in Düsseldorf mit der Lieferung des CPC 464 passen, so war in England ein ähnlicher Erfolg des Gerätes zu verzeichnen. Dort hatte die Auslieferung des CPC zirka zwei Monate früher begonnen, was der Firma Schneider sehr zupasse kam. So konnten sie sich an den Erfahrungen von Amstrad orientieren und sich vor den ersten »Kinderkrankheiten«, die von den Commodore-Computern her sehr schmerzlich in Erinnerung waren, schützen. Aber die Sorge blieb unbegründet. Die Rücklaufquote der Schneider-Geräte liegt unter einem Prozent, was für die hervorragende Qualität spricht. Die Betriebssicherheit der Computer von Schneider liegt nach Finnenauskunft mit weitem Abstand auf Platz Nummer 1.
Die Nachfrage orientierte sich an dieser Qualität. Entsprechend wurde dann 1985 auch disponiert und der Bedarf kann seitdem gedeckt werden. Dem enormen Erfolg des CPC 464 folgten weitere Neuentwicklungen: der CPC 664, sowie der CPC 6128, die die in sie gesetzten Erwartungen auch erfüllten. Weitere »Neuerscheinungen« sind in dieser Richtung momentan wohl nicht zu erwarten. Das hat seinen Grund in der Entwicklung bei den Heimcompu-tem. Laut Experten sieht nämlich deren Zukunft nicht sonderlich rosig aus. »Was ich aber eigentlich nicht verstehe«, so Bernhard Schneider. »In England und in den Staaten ist doch die Marktsättigung sehr viel höher. Da steht in zirka 17 bis 20 Prozent aller Haushalte ein Computer; bei uns erst in fünf bis sechs. Es müßte doch auch hier im deutschsprachigen Raum eine Steigerung möglich sein und folglich noch ein paar gute Jahre vor uns liegen.«
Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich das Marktverhalten im Ausland mit unserer Entwicklung identisch oder auch nur vergleichbar erweisen wird. Im Moment ist nur festzustellen, daß gravierende Unterschiede bestehen. In den Vereinigten Staaten dient der IBM-PC mittlerweile bei vielen Anwendern als gehobener »Heimcomputer«, und in England verkauft Alan Sugar Farbmonitore, wo bei uns Grünmonitore verlangt werden. Schon daraus und aus der verkauften Software, ist zu folgern, daß auch die Einsatzgebiete der Computer sehr unterschiedlich sind. Während in Deutschland »ernsthafte« Programme, wie Textverarbeitung hervorragend laufen, sind in England nach wie vor einfache Schießspiele der Renner.
Trotzdem, nachdem die Heimcomputerpalette als vollständig anzusehen war, begab sich auch Schneider in den Personal Computer-Bereich. Der IBM-PC auch in Deutschland als Heimcomputer? Hierzulande ist er dazu einfach noch zu teuer. »Deshalb haben wir jetzt auch den Joyce eingeführt«. Mit Joyce präsentiert sich ein fähiger PC zu einem Preis, der es in sich hat. Da hier das Produktangebot noch lange nicht so umfassend ausgereizt ist, bietet sich also ein ausreichendes Betätigungsfeld. Neu Vorstellungen werden daher in diesem Bereich stattfinden, der Heimbereich beschränkt sich auf eine reine »Marktpflege«.
Das Geschäft mit den Heimcomputern hat sich für Schneider rentiert. Ende 1985 hat Schneider zirka 35 000 CPC 6128,20 000 CPC 664 und gut 100000 CPC 464 ausgeliefert. Dazu gesellen sich noch ungefähr 10000 Stück des jüngsten Sprößlings Joyce. Der Gesamtumsatz an Geräten beläuft sich also auf 165000 Exemplare — eine runde Sache.
»Der Einstieg in die Heimcomputerbranche hat uns schon einige Aufregungen beschert«, erinnert sich Bernhard Schneider. »Zum Beispiel die Sache mit Eduscho...«. Zur Hannover-Messe 1985 sollten angeblich flaut Spiegel) mehrere zehntausend Amstrad-Computer auf den Markt geworfen werden. Die Bremer Kaffee-Magnaten dementierten dies sofort und das Ganze eskalierte zu einer Farce.
Eine Briefkastenfirma aus Lugano/Schweiz gab an, eine größere Anzahl von Amstrad-Computern auf Vorrat liegen zu haben. Von dort trat man auch an Schneider heran, freundlicherweise einen nicht ganz unbeträchtlichen Geldbetrag (man spricht von 3 Millionen Mark) zu überweisen, um von einem Vertrieb der Geräte in Deutschland abzusehen. Im Hause Schneider war man zuerst perplex, doch dann ergriff man rasch die Initiative: »Wir haben natürlich Strafanzeige gestellt.« Denn weder war es laut Amstrad möglich, so viele (60000) CPC 464 in Kleinstportionen zu ergattern, noch wäre es möglich gewesen, bei der englischen Firma in so großem Umfang Computer zu kaufen, ohne Aufsehen zu erregen. Überdies durften die Geräte seit 1. Juli 1985 nicht mehr ohne kostspielige Umbauten (zwecks Funkentstörung) am deutschen Markt verkauft werden. So entpuppte sich die ganze Aktion denn auch als Reinfall — für die drei deutschsprachigen Herren, die das Komplott angezettelt hatten. Zwei Vertreter des Trios waren der Staatsanwaltschaft wegen anderen Wirtschaftsvergehen nicht unbekannt. »Dem Absatz war das Malheur nicht gerade zuträglich. Aber seitdem ist Ruhe!«.
Anfang 1985 feierten die CPC-Computer in Frankreich ihren Einstand. Amstrad schaffte es spielend, in unserem Nachbarland zur Nummer 1 zu avancieren und führt dort mit zirka 60 Prozent Marktanteil die Heimcomputer-Verkaufshitparade an.
Trotz des allgemeinen Preisverfalls in der Branche, sollen laut Bernhard Schneider die Preise der Schneider-Computer stabil bleiben. Zum einen ist man dem Handel verpflichtet, zum anderen bieten die Geräte einfach ein immer noch hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis. Außerdem profitiert auch der Käufer an einem starken Handel, denn nur dieser garantiert zuverlässige Serviceleistungen. Im übrigen wolle oder könne Schneider sich, laut Fred Köster (Leiter der Computer Division), eines nicht leisten, nämlich Verluste. Seien die Marktpreise nämlich einmal im Keller, könnten sie nie wieder hochgezogen werden.
Die Zukunft der Computer Division liegt bei Schneider also nicht in den Sternen, sondern im soliden Ausbau der erreichten Position. Im Audio-Bereich setzen die Türkheimer auf die optische Platte; ob dabei ein CD-ROM für die Computer abfällt, bleibt abzuwarten.
Auch in nächster Zeit wird die Zusammenarbeit mit England noch im Vordergrund stehen. Denn obwohl die Bestrebungen nach eigenen deutschen Entwicklungen sehr stark sind und auch der deutsche Einfluß auf Projekte zunimmt, kommen noch mehr als 50 Prozent aller Ideen »über’n Kanal«. Auf alle Fälle hat man, bringe die Zukunft was sie wolle, keine Angst vor der Konkurrenz. Auch nicht vor den 16-Bit-Computern. »Denn wenn das kommt, sind wir auch da.« (hg)