Hardware-Test: Schneider Joyce

Schneiders Einstieg in die Welt der Personal Computer

Für weniger als 2500 Mark gibt es den ersten »echten« Personal Computer von Schneider. Joyce, eine vollwertige CP/M-Maschine, ist komplett mit Drucker, einem Disketten-Laufwerk, einem Monitor und Software ausgestattet.

Für 2490 Mark erhält man mit Joyce ein komplettes System, das Computer, Monitor, Drucker, ein Disketten-Laufwerk und drei Disketten mit Software (unter anderem mit CP/M 3.0 und dem Textverarbeitungsprogramm »Logoscript«) umfaßt. Fast die gesamte Elektronik ist in das Monitorgehäuse eingebaut, in dem sich auch das Netzteil befindet. Der eigentliche Computer besteht aus einer kleinen Platine (Bild 1) mit nur wenigen »großen« ICs. Dazu kommen noch einige Gatter und die Speicherbausteine für die 256 KByte große RAM-Bank. Neben diesen Bausteinen sind Fassungen für weitere 256 KByte RAM gleich mit eingebaut, so daß es von der Hardware-Seite aus sehr einfach ist, den Computer auf 512 KByte auszubauen.

Diskettencontroller, I/O-Controller, CPU (Z80A) und ein hochintegrierter Baustein — das ist alles, was Sie außerdem noch auf der Platine von Joyce finden.

Dem mit 4 MHz getakteten Z80A stehen 256 KByte als RAM-Speicher zur Verfügung, 112 KByte davon als RAM-Floppy. Hierbei handelt es sich um einen Speicherbereich, der wie ein Disketten-Laufwerk angesprochen wird (also nicht von der CPU direkt). Da keine mechanischen Bauteile (wie bei einem Laufwerk) aktiviert werden müssen, sondern nur Speicher-ICs direkt gelesen werden, ist der Zugriff auf Daten oder Programmteile sehr schnell.

Besonders für Software, die sehr viel mit Unterroutinen auf Diskette arbeitet, ist solch ein Speicherbereich interessant. Man lädt einfach das gesamte Programm in die RAM-Floppy und beim Nachladen werden die Routinen aus diesem »Laufwerk« geholt. Die Wartezeiten verkürzen sich ganz drastisch.

Die Tastatur (Bild 2 und oben) mit insgesamt 82 Tasten entspricht erfreulicherweise gleich von Hause aus einer — allerdings erweiterten — deutschen Schreibmaschinentastatur (QWERTZ). Die Erweiterung bezieht sich auf verschiedene Tasten, die teilweise direkt auf die mitgelieferte Textverarbeitung zugeschnitten sind. Deutsche Tastatur, das bedeutet aber bei Schneider keinen großen Hardware-Aufwand, da die Tasten durch Software belegt werden. Im ROM des Joyce findet man nämlich nur ein »kleines« Boot-Programm, das das Betriebssystem von der Diskette lädt.

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Bild 1. So klein kann ein CP/M-Computer sein

Der Bildschirm (es gibt nur einen Grünmonitor) kann 90 Zeichen in 32 Zeilen darstellen. Das entspricht einer halben DIN-A4-Seite Text. Will man diesen Text in der üblichen Breite von 80 Zeichen ausdrucken, dann hat man noch zehn Plätze pro Zeile für Steuerzeichen (beispielsweise an den Drucker) übrig.

Im Monitorgehäuse sind auch die Disketten-Laufwerke eingebaut. Serienmäßig als Erstlaufwerk ist die schon von den CPC-Geräten her bekannte 3-Zoll-Version von Schneider vorgesehen. 250 KByte (unformatiert) Speicherkapazität pro Seite (das sind 169 KByte im CP/M-Format) ist aber etwas wenig für einen professionellen Computer. Deshalb wird ein zweites 3-Zoll-Laufwerk mit 1 MByte (unformatiert) Speicherplatz angeboten. Für dieses zweite Laufwerk ist ebenfalls ein Schacht vorgesehen. 5,25-Zoll-Laufwerke können nicht ohne Tricks angeschlossen werden. Hier geht Schneider Computer seinen eigenen Weg weiter, den die Firma auch schon im Heimbereich beschreitet. Es wird aber sicher nur eine Frage der Zeit sein, bis Fremdanbieter diese Lücke schließen und Disketten-Laufwerke in dem unter CP/M üblichen 5,25-Zoll-Format anbieten.

Das dritte Gerät, das zu Joyce gehört, ist ein Matrix-Drucker. Seine Fähigkeiten sind sehr vielfältig und ihre Beschreibung umfaßt im (englischen) Handbuch mehr als 20 Seiten. Fettdruck, verschiedene Schriftarten, Hoch- und Tiefstellen, Unterstreichen und Doppeldruck sind nur einige Beispiele. Maximal 90 Zeichen (Druck in zwei Richtungen) können pro Sekunde ausgegeben werden, in »Letter Quality« (Druck nur in einer Richtung) sind es noch 20 Zeichen pro Sekunde. Der mitgelieferte Traktor erlaubt es, neben Einzelblattbetrieb auch Endlospapier zu verwenden. Die ganze Anlage kann so gesteuert werden, daß man sie auch als »einfache« elektrische Schreibmaschine benutzen kann. Jeder Tastendruck wird dann direkt an den Drucker übergeben und von diesem ausgeführt. Sicher hilft diese Funktion die Schwellenangst vieler Sekretärinnen abzubauen.

Als Hardware-Erweiterung wird ein Interface angeboten, das hinten an den »Computer-Monitor« angesteckt wird. Dieses GPS 8256 ist gleichzeitig eine serielle RS232- und eine parallele Centronics-Schnittstelle. Damit werden alle anderen Peripheriegeräte, mit denen man seinen Computer ausbauen will, angesprochen.

Die mitgelieferte Software umfaßt insgesamt fünf Programmpakete. Als Systemsoftware ist CP/M Plus (3.0) vorhanden. Damit kann Joyce auf eine riesige Palette fertiger Software zurückgreifen. Besonders da in letzter Zeit für einige Standardprogramme, wie beispielsweise »Wordstar«, »dBase II« und »Multiplan« die Preise drastisch gesunken sind, bekommt das Gerät einen neuen Gesichtspunkt. Denn um wirklich ein professionelles System mit Software zu bekommen, muß man nicht mehr als 3 000 Mark ausgeben. Zwar hat man dann keinen 16-Bit-Computer, aber für viele Bereiche reichen 8-Bit-Geräte völlig aus. Und genau dafür ist Joyce gedacht.

»Dr. LOGO« und »GSX« sind zwei Programme, die auch schon beim CPC 6128 mitgeliefert wurden (siehe Happy-Computer 10/85). Bei »LOGO« handelt es sich um eine grafikorientierte Programmiersprache, die durch ihr Symbol (eine Schildkröte) bekannt geworden ist. Ursprünglich wurde sie als Lernsprache für Kinder entwickelt, aber heute erfreut sie sich bei unterschiedlichen Anwendern großer Beliebtheit.

»GSX« ist eine Ausgabeschnittstelle für grafische Anwendungsprogramme. Als Basic ist dem Joyce »Mallard«-Basic beigegeben. Mallard-Basic ist eine erweiterte Version des bekannten »MBasic« von Microsoft. Umfangreicher Befehlsvorrat, hohe Rechengenauigkeit, RANDOM-Verarbeitung — und das Fehlen vieler Befehle aus dem Heimcomputer-Bereich sind die Hauptmerkmale. Die ausführliche Beschreibung finden Sie auf Seite 28, »Mallard-80-Basic — ein starkes Stück«.

Das fünfte Software-Programm ist eine deutsche Textverarbeitung. Richtiger gesagt: ... soll eine deutsche Textverarbeitung werden, denn zum Test lag noch die englische Version vor. Wie uns Schneider aber mitteilte, soll Joyce erst ausgeliefert werden, wenn auch die deutschen Programme fertig sind. Die englische Version war auch noch eine Vorabversion, die manche unsinnige Eingabe übelnahm und sich verabschiedete.

Nach Informationen aus dem Handbuch wird »Logoscript« — so der Name der Textverarbeitung — einen sehr umfangreichen Befehlssatz enthalten. Da die Tastatur Sondertasten für diese Befehle besitzt, ergänzen sich Computer und Programme und bilden ein komplettes Textsystem. Bei der Bedienung wurde die Window-Technik von Apples Macintosh übernommen, so daß die gewünschten Funktionen über eingeblendete Menüs aufgerufen werden.

Die mitgelieferte Dokumentation besteht aus zwei Handbüchern mit insgesamt über 1000 Seiten. Hard-und Software werden gleichermaßen beschrieben und das — zumindest im englischen Handbuch — sehr gut. Da auch die Handbücher der anderen Schneider-Computer sehr ausführlich sind, ist damit zu rechnen, daß dem Benutzer wieder eine gute Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt wird.

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Bild 2. Nur wenige Bauteile braucht die Tastatur

Für Betriebe, bei denen sich eine »große« Datenverarbeitungsanlage nicht lohnt, oder für Computerfreaks, die sich für eine reine CP/M-Maschine interessieren, ist Joyce ein preiswertes und interessantes Produkt, das ab Ende Oktober/Anfang November auf den Markt kommen soll.

Bleibt eigentlich nur eine Frage offen. Woher kommt der Name Joyce? Bei Amstrad (also auf dem englischen Markt) heißt das Gerät nämlich »PCW8256«. Diesen Namen wollte man in Deutschland nicht übernehmen — klingt er doch zu unbeholfen. Deshalb blieb »Joyce« der Deckname des Projekts während der Entwicklung und dieser ist schlicht der Name der Sekretärin des Geschäftsführers von Amstrad.

Name: Joyce
Mikroprozessor: Z80A
Taktfrequenz: 4 MHz
Speicher: 256 KByte RAM, davon zirka 112 KByte als RAM-Disk
Monitor: Grün-Monitor, 32 Zeilen, 90 Zeichen pro Zeile
Diskettenlaufwerk: 3-Zoll-Laufwerk mit 250 KByte Speicherkapazität (unformatiert)
Tastatur: QWERTZ, erweiterte Schreibmaschinentastatur, 82 Tasten
Drucker: Matrix-Drucker, maximal 90 Zeichen pro Sekunde, Korrespondenz-Schrift
Software: CP/M Plus, Mallard-80-Basic, GSX (Schnittstelle für grafische Anwendungsprogramme), Dr. Logo, Textverarbeitung
Preis: 2490 Mark
Erweiterungen: »CPS«, Interface mit seriellem (RS232) und parallelem (Centronics) Ausgang »FD-2«, Zweitlaufwerk mit 1 MByte Speicherkapazität (unformatiert)
Wichtige Daten des Joyce



Aus: Happy Computer 11 / 1985, Seite

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