Enterprise ist tot - hoch lebe der Mephisto

center Mephisto PHC 64: Kenner der Schachszenen erwarten bei diesem Namen ein neues Gerät aus dem Haus des Wettmeisters der Schachcomputer. Das ist richtig, nur — Schachspielen —, das ist das einzige was der neue Computer noch nicht kann.

Bereits in der Ausgabe 11/84 von Happy-Computer stellten wir den Enterprise 64 vor. Damals konnten wir ihn allerdings noch nicht vollständig testen, da das Gerät nur in einer Vorab-Version vorhanden war. Hier nun der Nachtest mit einem Seriengerät.

Zunächst zum Äußeren des Mephisto-Computers. Die Form des Gehäuses und der Aufbau der Tastatur weichen ein wenig vom gewohnten Bild ab. Die insgesamt 69 Tasten sind je nach Funktionsgruppe in vier verschiedenen Farben gehalten. Die acht Funktionstasten sind blau, alphanumerische Tasten sind schwarz, Sondertasten grün und die Stoptaste rot. Die Tasten vermitteln ein recht angenehmes »Tippgefühl« und jede Betätigung wird mit einem elektronisch erzeugten Klicken quittiert. Dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, daß es sich bei der Mephisto-Tastatur nur um eine getarnte Folientastatur handelt.

Rechts von der Tastatur befindet sich ein Joystick, der die Funktion der Cursortasten übernimmt. Auf diese Weise kann man den Cursor schnell und zielgenau auf dem Bildschirm postieren. Zieht man den oberen Teil des Knaufs ab, so ragt der Hebel nur mehr ungefähr einen Zentimeter hervor.

Betrachtet man den PHC 64 von der Rückseite, findet man eine ganze Reihe von verschiedenen Anschlußsteckern. Diese spotten jedoch jeder gängigen Norm und sind fast alle als Platinenstecker ausgelegt. Verfügt man aber über die passenden Verbindungskabel, kann man hier einen Fernseher, einen Monitor, die HiFi-Anlage, zwei Kassettenrecorder, einen Drucker und in naher Zukunft wahrscheinlich ein 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk anschließen. Über die ebenfalls vorhandene serielle Schnittstelle der Norm RS423 kann man mehrere Computer zum Netzwerk ausbauen. Bis zu 32 Mephistos können auf diese Weise zusammengeschlossen werden.

Zusammen mit der Konsole wird der Basic-Interpreter in Form eines Moduls geliefert. Dieses Basic entspricht fast der neuen amerikanischen ANSI-Norm und verfügt über eine große Palette von unterschiedlichsten Befehlsarten. Man findet Elemente von Pascal und Logo wieder, aber auch typische Basic-Befehle sehen bei dieser Basic-Version etwas ungewohnt aus. Interessant ist, daß theoretisch bis zu 128 Programme gleichzeitig im Speicher Platz haben. Zwischen den Programmen kann man sogar Parameter übergeben. In der Grundversion allerdings ist bereits nach wenigen Programmen Schluß, da der Speicher dafür nicht ausreicht. Man müßte auf die vorgesehenen Speichererweiterungen zurückgreifen, die sogar bis zu knapp 4 MByte Speicherbereich umfassen. Um die Kontrolle über alle im Speicher befindlichen Programme zu behalten, bedient man sich der »INFO«-Funktion.

Wie man es von Pascal her kennt, kann man Basic-Zeilen einrücken und Verzweigungen damit über mehrere Zeilen hinweg deutlich darstellen. Man kann Prozeduren aufrufen und sowohl »FOR... NEXT«, wie auch »DO... WHILE«-Schleifen verwenden.

Interessant ist auch der Editor des Mephisto. Es handelt sich dabei um einen bildschirmorientierten Editor, das heißt man kann frei auf einer Bildschirmseite editieren, ohne die zu verändernde Zeile mit Nummer aufrufen zu müssen. Die Cursorsteuerung erfolgt über den schon erwähnten Joystick. Zum Löschen und Einfügen stehen eigene Tasten zur Verfügung, man muß also nicht mehrere Tasten gleichzeitig drücken, um diese häufig benötigten Funktionen zu erreichen.

Neben verschiedenen Textmodi verfügt der PHC 64 über mehrere Grafikbetriebsarten. Hierbei unterscheidet er grundsätzlich zwischen drei Stufen. Die Hires-Stufe läßt eine maximale Auflösung von 640 x 180 Punkten und zwei Farben zu. Bei 256 Farben verfügt man nur noch über 80 x 180 Punkte. Dazwischen gibt es eine weitere Staffelung für 4 und 16 Farben. Der LoRes-Modus erlaubt die gleiche Farbauswahl, jedoch mit nur jeweils halb so großer Punktzahl pro Zeile. Dadurch spart man wertvollen Speicherplatz. Beide Modi verfügen zusätzlich über ein vierzeiliges Textfenster am unteren Bildschirmrand.

Musik sogar in Stereo

Die dritte Grafikbetriebsart nennt sich Attribute und läßt sowohl Grafik wie auch Textdarstellung zu. Auf der mitgelieferten Demokassette befindet sich ein sogenanntes Interface-Programm. Mit Hilfe dieses Programms kann man sogar 672 x 512 Punkte darstellen. Da in diesem Modus zwischen zwei Halbbildern in schneller Folge hin- und hergeschaltet wird, ergibt sich ein flimmerndes Bild. Hier empfiehlt sich ein Monitor mit langer Nachleuchtdauer.

Der Mephisto-Computer verfügt über drei Kanäle zur Tonausgabe und einen Kanal zur Ausgabe von Geräuschen. Alle Kanäle sind unabhängig voneinander ansteuerbar. Man kann Hüllkurven definieren und — vorausgesetzt, man hat seine Stereoanlage an den Computer angeschlossen — auch Stereoklänge erzeugen. Der Anschluß einer solchen Anlage empfiehlt sich bei Musikausgabe dringend, da ohne einen solchen Anschluß der Ton über den eingebauten Lautsprecher und nur in geringer Qualität wiedergegeben wird.

Textverarbeitung eingebaut

Ist kein Basic-Modul eingesteckt, oder gibt man im Basic den Befehl »TYPE« ein, so gelangt man in das eingebaute Textverarbeitungsprogramm. Am oberen Bildschirmrand sind die Menüpunkte ständig präsent und können mit den Funktionstasten angewählt werden. So läßt sich die Zahl der Zeichen pro Zeile von 40 auf 80 verstellen, der Text am Bildschirm beliebig formatieren, Help-Seiten können gesichtet werden und einiges mehr. Alle wichtigen Funktionen sind vorhanden und können über die »CTRL«- beziehungsweise die »ALT«Taste abgerufen werden.

Sieht man von einigen Schwachstellen wie Tastatur und Anschlußsteckern ab, so muß man dem Mephisto PHC 64 bemerkenswerte Eigenschaften zugestehen.

(Wolfgang Czerny/hg)

Technische Daten auf einen Blick

CPU: Z80A
Taktfrequenz: 4 MHz
RAM-Speicherplatz: 64 KByte
Davon für Basic verfügbar: zirka 50 KByte
ROM-Speicherplatz: 32 KByte
Farben: 256
Sound: 3 Tonkanäle, 1 Rauschkanal, 8 Oktaven, Stereo
Auflösung: max.672 x 512
Zeichen pro Zeile: 40/80
Zeilen pro Seite: 24/50
Tastatur: getarnte Folientastatur mit 69 Tasten und einem Joystick
Schnittstellen: RS 234 (seriell), parallel, Monitor (RGB), Systembus, ROM-Modulschacht
Joystickports: 2
Preis: zirka 1200 Mark



Aus: Happy Computer 06 / 1985, Seite

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