Dazzle Draw - Apple-Grafik zart und fein

»Dazzle Draw« ist ein neues Grafik-Programm, das die »Double Res«-Auflösung von Apple IIe und IIc voll ausnutzt.

center »Dazzle Draw« heißt wörtlich übersetzt »verblüffendes Zeichnen«. Diese Übersetzung ist zwar nicht besonders wohlklingend, aber am zutreffendsten. Denn dieses Programm nützt die »verblüffenden« Grafik-Fähigkeiten des Apple IIc beziehungsweise IIe voll aus: Gemalt wird in »Double-Res-Grafik«, also doppelt hoher Grafikauflösung von 560 x 192 Bildpunkten. Dazzle Draw benötigt außerdem 128 KByte RAM. Bisher gab es Programme dieser Leistungsklasse nur für größere Grafiksysteme oder die »16 Bit-und viel RAM-Maschine« von Apple, den Macintosh. In der Tat erinnert Dazzle Draw sehr an das Macintosh-Malprogramm »MacPaint«. Dazzle Draw verfügt zwar nicht über alle Optionen, die »MacPaint« aufweist (128 KByte sind eben doch relativ wenig!), hat aber dafür einen sehr großen Vorteil gegenüber dem Macintosh: Man kann in 16 Farben malen.

Bedienerfreundlicher geht’s kaum

Obwohl das Menü und die Hilfs-menüzeile den oberen und unteren Rand des Bildes belegen, kann man die volle Grafikseite bemalen; denn der sichtbare Teil der Grafik kann innerhalb der Grafikseite auf- und abgeschoben werden. Zeichnen und Menüauswahl erfolgen mit dem Cursor, der per Maus, Apple-Grafiktablett, Koalapad oder Analog-Joystick gesteuert wird. Das Wählen einzelner Menüpunkte erfolgt mit der sogenannten »Pulldown-Menü«-Technik. Dabei wird durch die Auswahl eines Punktes aus dem Menü ein Textfenster sichtbar, in dem weitere Untermenüpunkte stehen. Innerhalb dieses Windows zieht man dann bei gedrücktem Maus-, Joystick-, oder Grafiktablett-Knopf den Cursor soweit nach unten (»pull down«), bis man am gewünschten Menüpunkt ankommt und läßt dort den Knopf los, woraufhin der gewählte Programmteil ausgeführt wird. Bei Dazzle Draw kann man diese Technik noch in verfeinerter Form verwenden: Die einzelnen Windows mit den Untermenüs können auf Wunsch auf dem Bildschirm fixiert und verschoben werden, was zum Beispiel bei den Kurzanleitungen sehr nützlich ist.

Durch die geschickte Mischung von Pull-down-Menüs und verschiebbaren Windows ist David Snider, dem Autor von Dazzle Draw, wohl die beste Benutzerführung gelungen, die man bisher auf einem 8-Bit-Computer dieser Preiskategorie sehen konnte.

Dazzle Draw hat 16 Farben und 30 Farb-Muster, mit denen man malen, sprühen oder füllen kann. Benutzt man einen Farbfernseher statt eines Monitors, kann man Hellgrau und Dunkelgrau allerdings nicht mehr unterscheiden. Im Vergleich zu den sechs Farben der normalen Apple II-Hires-Grafik sind selbst 15 Farben noch immer ein großer Fortschritt. Wer die mitgelieferten Muster nicht mag, kann seine eigenen durch Wahl des Menüpunkts »Modify pattern« entwerfen. Auf dem Bildschirm erscheint dann eine Vergrößerung des Musters, an der man jeden Punkt einzeln umfärben kann. Man ist also nicht, wie beim Commodore 64, durch irgendwelche Multicolor-Begrenzungen eingeschränkt.

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Pixelgenaues Arbeiten mit dem »Zoom»

Die »Zoom«-Option (Bildausschnitt in vergrößerter Form bearbeiten) arbeitet ähnlich wie die »Modify pattern«-Vergrößerung, mit dem Unterschied, daß statt 8 mal 8, 20 mal 24 Punkte vergrößert dargestellt werden. Außer dem »normalen« Füllen abgeschlossener Bereiche mit Farbe kann man außerdem mit »Flood Fill« arbeiten. Dieser Menüpunkt erlaubt es, Farbmuster miteinander zu kombinieren.

Ein weiterer interessanter Punkt ist »Capture«, der mit dem »Theater Marquee«-Rahmen MacPaints vergleichbar ist. Durch »Capture« wird ein Bildausschnitt in einen Zwischenspeicher abgelegt, in dem man dann herumexperimentieren kann. Nach Beendigung der Manipulation wird dieser Ausschnitt wieder ins Bild zurückgesetzt.

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Ein »Pull-down-Menü« in Aktion

Das Beste aus dem »Apfel« rausgeholt

Dazzle Draw erlaubt außerdem den Spiegel-Effekt (Spiegelung horizontal, vertikal oder über beide Achsen), Bildausschnitte zu kopieren, Linien zu zeichnen, einen Sprühdosen-Effekt zu erzielen und auch Text in die Grafik zu setzen.

Der Text ist leider auf nur zwei Schriftarten beschränkt, die man auch kursiv und in zwei Größen ausgeben kann. Begrüßenswert wäre es, wenn man noch Zeichensätze nachladen könnte, schließlich stammt aus dem gleichen Softwarehaus der »Print Shop«, der durch seine besonders gelungenen Schriftarten auffällt. Auch Hardcopies lassen sich mit Dazzle Draw ausgeben. Die Hardcopy-Routine ist sowohl auf Färb- als auch Schwarzweiß-Drucker ausgelegt und kann mit einer Unmenge verschiedener Drucker und Interfaces betrieben werden. Muster, beliebig große Bildausschnitte und ganze Bilder können auf Diskette gespeichert werden. Wegen der hohen Auflösung wird allerdings viel Speicherplatz verbraucht; es passen nur acht Bilder auf eine Floppy. Kein anderes Zeichenprogramm hat jemals die Fähigkeiten des Apple IIc und IIe so gut ausgenutzt wie Dazzle Draw. Seine außergewöhnliche Bedienerfreundlichkeit braucht sich hinter Macintosh-Programmen nicht zu verstecken. (Manfred Kohlen/hl)

Zauberwort »Double-Res«

»Double-Res-Grafik« entstand, als Apple entschied, dem IIe 64 KByte mehr RAM zu spendieren. Der zusätzliche Speicher wurde als zweite Speicherbank eingebaut, deren Adressen ein genaues Spiegelbild des normalen Apple-RAM-Bereichs sind. So hat der IIe nicht nur 128 KByte RAM, sondern kann durch die sogenannte »Interleaving«-Technik auch noch 80 Zeichen pro Zeile wiedergeben. Dadurch werden natürlich auch doppelt so viele Pixels auf dem Bildschirm dargestellt, also 560 mal 192 Punkte. Wenn diese Pixels nun auf einem Farbmonitor ausgegeben werden, erscheinen Vierergruppen von Punkten immer als ein Farbpunkt. Durch diese Vierpixel-Kombination erhält man dann 16 Farben — zehn mehr als sonst beim Apple.

Der IIe wurde in den ersten ausgelieferten Exemplaren noch ohne die Double-Res-Grafik geliefert. Besitzer des Apple IIe mit der A-Platine können ihren Apple durch die »erweiterte 80-Zeichen-Karte« zur B-Version aufrüsten. Die Karte wird von Apple selbst angeboten. Der Apple IIc beherrscht die Double-Res-Grafik von Haus aus.

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Die Farbabstufungen sind manipulierbar

Die wichtigsten Funktionen von »Dazzle Draw«:

Erforderliche Hardware:

Apple IIe oder Apple IIc mit 128 KByte und Double-Res-Grafik. Zur Steuerung entweder Joystick, Koalapad, Maus oder Apple-Grafik-Tablett. Mindestens ein Diskettenlaufwerk. Preis: 159 Mark.



Aus: Happy Computer 06 / 1985, Seite

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