CES 1985: Kampf der Kolosse

Alles, was in der Heimelektronik Rang und Namen hat, traf sich in Las Vegas zur Winter Consumer Electronic Show (CES). Vier Tage lang dachte bei »Chips« niemand mehr an Black Jack oder Roulette, sondern nur noch an Computer.

Tramiels Sohn Leonard demonstrierte eigenhändig Ataris neue Heimcomputer

Mittelpunkt der Show in der Wüstenstadt waren zwei Namen: Commodore und Atari. Die Software spielte im Gegensatz zur Sommer-CES in Chicago nur die zweite Geige. Bei Commodore hatte man Neuvorstellungen erwartet. Was aber Ataris neuer Big Boss Jack Tramiel mit den brandheißen Atari-Modellen aus dem Ärmel gezaubert hatte, glich schon den Kunststücken der beiden Super-Magier Siegfried und Roy vom Vegas-Strip. Tramiel hatte Wort gehalten. Nahezu alle in Frankfurt versprochenen Modelle wurden am Stand den staunenden Besuchern präsentiert.

Man durfte sowohl die Modelle 65 XE, 130 XE, und 65 XEP sehen — alles erweiterte Versionen des alten 800 XL - wie auch die 16-Bit-Kreationen 130 ST und 520 ST. Im passenden Design dazu gab es außerdem eine ganze Reihe neue Drucker und Diskettenstationen.

Mittelpunkt des Interesses waren natürlich die Computer der ST-Reihe. Unterkühlt elegant m nüchternem Hellgrau, mit Zehnerblock und abgesetzten Cursor-Tasten, erinnern die beiden Modelle 130 ST und 520 ST stark an professionelle Bürocomputer. Beide besitzen einen 68000-Mikroprozessor als CPU. die intern mit 32 Bit rechnet. Extern arbeitet sie mit 16 Bit. Damit können theoretisch über 16 Millionen Adressen direkt angesprochen werden. Entsprechend groß darf der verwaltete Speicherbereich sein. Der 130 ST besitzt 128 KByte RAM (erweiterbar auf 320 KByte) und 192 KByte ROM mit Basic und Logo, eine Hardware-Uhr und ein Maus-Anschluß sind bereits vorhanden. Das Modell 520 ST unterscheidet sich vom 130ST nur durch die serienmäßige Ausstattung mit 512 KByte RAM.

Ataris 16-Bit-Flaggschiff mit 68000 CPU: 130 ST

In Schwarzweiß kann der 130 ST am Bildschirm maximal 640 x 400 Punkte darstellen. Bei vier Farben sind es immerhin noch 640 x 200 Punkte und bei 16 Farben 320 x 200. Um diese ganze Pracht genießen zu können, gibt es von Atari einen passenden RGB-Monitor für weniger als 300 Dollar, ein Monochrom-Monitor kostet unter 200 Dollar.

Bei einer derart hohen Auflösung und der schnellen 68000-CPU konnte Atari auch ein neues Software-Konzept realisieren. Der 130 ST wird serienmäßig mit GEM von Digital Research ausgestattet sein, ein Programm, das dem Anwender die Bedienung leicht macht und an Apples Macintosh erinnert. Das Bedienermenü arbeitet mit Symbolen und kann mit der Maus gesteuert werden. Außerdem erlaubt GEM Windows, Drop-down-Menüs und Vektor-Grafiken.

Der neu gestaltete 800XL heißt jetzt 65 XE
Das dazu passende 5,25-Zoll-Laufwerk

Kein Wunder also, daß bereits der Spitzname »Jackintosh« die Runde macht.

Beide Modelle besitzen für die externe Massenspeicherung einen eingebauten Diskettencontroller, an den die neuen 3,5-Zoll-Laufwerke SF 324 (250 KByte) oder SF 354 (500 KByte) angeschlossen werden können. Darüber hinaus ist eine Schnittstelle für ein 3,5-Zoll-Festplattenlaufwerk (SH 317) mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 1,3 MByte pro Sekunde eingebaut. Sogar ein Modul-Schacht ist vorhanden. Dazu kommen eine RS232- und eine Centronics-Schnittstelle, sowie Anschlüsse für einen RGB- und Monochrom-Monitor, TV, Joysticks und eine Maus.

Für die ST-Serie gibt es ein 3,5 Zoll Laufwerk

Solche Merkmale waren bisher nur im oberen Personal Computer-Bereich zu finden, zum Beispiel bei Apples Lisa. Berücksichtigt man deshalb die von Atari genannten Preise, gerät man erst richtig ins Staunen: Der 130 ST soll mit Maus nur 399 Dollar (zirka 1240 Mark) kosten. Selbst der 520 ST sei nach Markteinführung für zirka 600 Dollar schon zu haben! Ein komplettes System, bestehend aus 130 ST, Monochrom-Monitor und Diskettenlaufwerk (ab zirka 150 Dollar), dürfte danach weniger als 800 Dollar (rund 2500 Mark) kosten.

Etwas unklar aber in jedem Fall sensationell ist die Aussage zum geplanten Festplattenlaufwerk: Es soll unter 600 Dollar (zirka 1860 Mark) kosten! Die Angaben zur Kapazität schwankten allerdings zwischen 10 MByte und 15 MByte. Letzter Stand sind 10 MByte, 3,5-Zoll. Für diesen Preis gibt es bei vielen Herstellern noch nicht einmal ein normales Disketten-Doppellaufwerk.

Neben solchen Leckerbissen darf man aber die neuen Modell der XE-Reihe nicht übersehen. Vor allem haben diese im Gegensatz zur ST-Reihe den Vorteil, wenigstens teilweise mit dem alten 800 XL kompatibel zu sein.

Auch die XE-Reihe präsentierte sich im neuen Design. Zwar nicht ganz so professionell, dafür aber handlicher als die großen ST-Brüder stellen sie genau genommen unterschiedlich modifizierte 800 XL-Maschinen dar. Das Grundmodell 65 XE unterscheidet sich vom 800 XL zum Beispiel nur durch das neue Gehäuse und soll rund 120 Dollar (zirka 370 Mark) kosten, wenn es in den USA auf den Markt kommt. Etwas mehr Speicherplatz bietet der 130 XE mit seinen 128 KByte. Mit einem Preis von weniger als 200 Dollar (das entspricht knapp 620 Mark) wird er dem ebenfalls auf der Messe neu vorgestellten und voraussichtlich 250 Dollar teuren Commodore 128 schwer zu schaffen machen. Das Modell 65 XEM konnte laut Atari nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt werden. Es wird zwar nur 64 KByte besitzen, soll dafür aber mit brillantem Klang aufwarten. Neben dem üblichen vierstimmigen Atari-Sound kann der 65 XEM achtstimmig zwischen 4,8 Hz und 7,8 kHz (über 10 Oktaven in der Grundfrequenz) trällern. Die Töne werden dabei nicht einfach als Rechteckimpulse generiert, sondern mit einer Samplefrequenz von 30 kHz synthetisiert.

Die tragbare Version des 65 XE mit 5-Zoll-Bildschirm heißt 65 XEP

Äußerlich gänzlich anders sieht der 65 XEP aus, eine tragbare Version des 65 XE, der ab April drüben in den Läden stehen soll. Er bietet einen eingebauten 5-Zoll-Monochrom-Bildschirm, ein eingebautes 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk und eine Tastatur, die beim Tragen auf die Vorderseite geklemmt werden kann. Der 65 XEP arbeitet netzunabhängig mit einem Akku. Eine Ladung soll für zirka fünf Arbeitsstunden reichen. Die Speicherkapazität des Diskettenlaufwerks wollte man bei Atari noch nicht verraten. Interessant ist bei diesem Modell aber allein der Preis: 400 Dollar. Allerdings machte der 65 XEP von allen Atari-Modellen den schlechtesten Eindruck. Für längeres Arbeiten ist der winzige Bildschirm mit nur 40 Zeichen pro Zeile eine Tortur und das Design wirkt so altbacken, wie die Bildröhren-Technik im Zusammenhang mit Batteriebetrieb. Hier bietet der neue tragbare Commodore mit seinem exzellenten 80 x 16-Zeichen-LC-Display erheblich mehr.

Beim Kontrahenten Commodore ging es nicht weniger interessant zu. Dort stellte man drei neue Versionen des C 64 vor, neben einer neuen Floppy-Station. Auf einem Abendempfang zeigte man der Presse außerdem zum ersten Mal den IBM-kompatiblen Commodore PC. Es fehlte allerdings der heiß erwartete Amiga. Ihn will man bei Commodore erst auf der Sommer-CES im Juni in Chicago zeigen, von der wir ebenfalls exklusiv berichten werden.

Starke Konkurrenz von Commodore: der PC 128

Wenn man in Zukunft vom »Commodore-PC« redet, wird man genau unterscheiden müssen, denn Commodore bezeichnet neben dem IBM-kompatiblen PC auch zwei der neuen C 64-Varianten als »PC«, also als Personal Computer. Nicht ganz zu Unrecht. Sie sind immerhin mit 128 KByte und — neben der gewohnten 40-Zeichen-Darstellung — mit 80 Zeichen pro Zeile ausgestattet. Die Gehäuse wurden völlig neu gestaltet. Keine Spur mehr von der plumpen »Nackenrolle«. Beide Modelle besitzen eine flache elegante Tastatur, die sehr modern und ergonomisch ausgewogen wirkt. Während beim PC 128D diese Tastatur von der eigentlichen Konsole mit einem eingebauten Diskettenlaufwerk abgetrennt ist, besteht der PC 128 aus einem Stück. In beiden Fällen kann der flache hintere Teil gut als Unterlage für einen Monitor benützt werden. Professioneller und schon optisch wie ein PC wirkt der PC 128D. Die Tastatur entspricht übrigens jetzt endlich der Schreibmaschinen-Norm (allerdings vorerst der amerikanischen). Die vier Cursortasten liegen in einer Reihe über dem alphanumerischen Block, zusammen mit den Funktions- und Sondertasten. Trotzdem ist mir unverständlich, warum man dem Design zuliebe alle vier nebeneinander plazierte, statt die einzig vernünftige Anordnung in Kreuzform zu wählen. Ein besonderes Lob verdienen die Ingenieure aber dafür, daß sie auch an die altgedienten Fans dachten und neben den neuen Cursortasten zusätzlich die beiden alten rechts unten beibehielten.

Rechts neben dem alphanumerischen Block ist noch ein Zehnerblock mit eigener ENTER-Taste angeordnet. Besonders professionelle Anwender werden diese Erleichterung für die Zahleneingabe zu schätzen wissen.

Das eigentlich überraschende am PC 128 ist aber die weitreichende Kompatibilität mit dem C 64, ganz entgegen der bisherigen Philosophie von Commodore, neue Modelle möglichst inkompatibel zu gestalten. Auf der Messe liefen im C 64-Modus alle vorhandenen C 64-Programme, egal ob von Kassette, Diskette oder aus dem Modul. Auch die Anschlüsse stimmen überein, so daß beim Systemwechsel die gesamte Peripherie weiterbenützt werden kann. Mit dem PC 128 erhält man also einen vollwertigen C 64 mit all seinen Grafikfähigkeiten, Soundeigenschaften und sonstigen Fähigkeiten.

Mit einem Laufwerk und abgesetzter Tastatur: PC 128D

Aber der PC 128 kann natürlich noch erheblich mehr, als nur den älteren Bruder simulieren. Seine zur 6502 kompatible 8502-CPU arbeitet im 128-Modus mit 2 MHz und damit doppelt so schnell wie im 64-Modus. Außerdem werden dann auf dem Bildschirm 80 Zeichen pro Zeile dargestellt. Die zusätzlichen 64 KByte RAM können durch Bankswitching angesprochen werden. Das funktioniert sogar bis 512 KByte, auf die der Speicher in 128-KByte-Schritten extern maximal erweitert werden darf. Der zusätzliche Speicherbereich laßt sich zum Beispiel als RAM-FLoppy nutzen.

Das Betriebssystem, ein Maschinensprach-Monitor und ein neues Basic 7.0 sind in einem 48 KByte großen ROM untergebracht. Weitere 16 KByte enthalten das DOS (Disk Operating System). Das Basic 7.0 umfaßt alle Befehle der Version 2.0 (C 64 und VC 20), 3.5 (C 16, C 116) und 4.0 (CBM 8032 etc.), sowie einige zusätzliche Befehle, zum Beispiel für Windows und strukturiertes Programmieren.

Die Auflösung beträgt im PC 128-Modus maximal 640 x 200 Punkte, kann aber auf 320 x 200 Punkte reduziert werden. In beiden Fällen können 16 Farben dargestellt werden. Eine Anpassung der verbreiteten Anwendersoftware, wie zum Beispiel Vizawrite, soll laut Commodore recht einfach sein. Gerade solche Software kann durch die 80-Zeichen-Darstellung noch viel gewinnen.

Aber damit noch nicht genug. Neben dem 8502-Prozessor besitzt der PC 128 einen fest eingebauten Z80A, der mit 4 MHz getaktet ist und Programme akzeptiert, die unter CP/M Plus 3.0 laufen. Damit wäre die Anwendung so bekannter Business-Programme, wie Wordstar und dBase II möglich. Vielleicht bahnt sich auf dem Umweg über den Riesen Commodore eine Renaissance der leicht gealterten CP/M-Welt an. Voraussetzung wäre allerdings ein Preisrutsch, da Privatleute kaum so viel zu zahlen bereit sind, wie Profis.

80 Zeichen pro Zeile in Farbe und trotzdem scharf: der Farbmonitor 1902 am Commodore PC 128

Damit die 80 Zeichen auch in Farbe noch lesbar dargestellt werden, bietet Commodore einen neuen RGB/ Composite-Farbmonitor mit der Bezeichnung 1902 an. Sein monochromes Gegenstück heißt 1901. Wichtiger dürfte allerdings die neue 5,25-Zoll-Diskettenstation 1571 sein. Dieses Slim-Line-Laufwerk besitzt einen eingebauten 6502-Mikroprozessor, 2 KByte RAM und ein eingebautes DOS im 32-KByte-ROM. Je nach Betriebsmodus erfolgt der Datentransfer zwischen dem Laufwerk und dem Computer mit 300 Zeichen pro Sekunde (64-Modus), mit 1500 Zeichen pro Sekunde (128-Modus) oder sogar mit 3500 Zeichen pro Sekunde (CP/M-Modus). Auch die Speicherkapazität hängt von der Betriebsart ab: 350 KByte formatiert im 64- und 128-Modus, 410 KByte formatiert im CP/M-Modus. Damit sollen auch Disketten im Kaypro- und Osborne-Format gelesen werden können. Das würde einen leichten Zugang zu relativ billiger CP/M-Standard-Software bedeuten.

Ähnlich wie Atari, will Commodore vor allem über den Preis den Markt aufrollen. Eine Konfiguration aus einem PC 128, einem Monitor und einem Diskettenlaufwerk, soll in USA unter 1000 Dollar kosten. In Deutschland will man den PC 128 ab Mitte des Jahres für zirka 1200 Mark verkaufen.

Neben den beiden 128-Versionen zeigte man bei Commodore zwar auch den Plus 4, aber die meisten Messebesucher geben diesem Gerät nach der Vorstellung der 128-Serie keine große Chance mehr. Lediglich der C 16 dürfte vom Familienzuwachs unberührt bleiben und unbeirrt die Nachfolge des VC 20 antreten.

Das 1571 Laufwerk verarbeitet Daten mit einer Übertragungsrate von 300 bis 3500 Zeichen pro Sekunde (64-, 128- oder CP/M-Modus)

Zusammen mit dem PC 128 und PC 128D stellte Commodore aber noch zwei neue Computer mit interessanten Eigenschaften vor. Beim Commodore LCD handelt es sich um eine tragbare Version des PC 128. Abweichend von diesem besitzt der LCD allerdings nur 32 KByte RAM. dafür aber 96 KByte ROM mit je einem fest eingebauten Programm für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Adreß- und Terminverwaltung, kleine Rechenaufgaben, Dateiverwaltung, schnelle Notizen und Datenübertragung. Ein Basic-Interpreter (3.6) und ein Monitor für Maschinensprache sind gleichfalls eingebaut. Für den amerikanischen Markt wird der LCD ein 300-Baud-Modem enthalten. Als Anzeigeeinheit besitzt der LCD eine Flüssigkristallanzeige (mit 16 x 80 Zeichen, beziehungsweise 480 x 128 Punkten), die beim Transport einfach über die Tastatur geklappt wird. Die Anzeige ist sehr kontrastreich und spricht ungewöhnlich schnell an. Sie gehört zum besten, was bisher in dieser Technik und Größe zu sehen war. Der LCD kann übrigens sowohl am Netz wie auch mit vier 1,5-Volt-Akkus betrieben werden. Neben dem seriellen Commodore-Bus sind eine RS232- und eine Centronics-Schnittstelle, der bekannte Expansion-Port, sowie je ein Anschluß für einen Barcode-Leser und ein Modem eingebaut. Preisvorstellung bei Commodore: zirka 2000 Mark. Dazu wird es ein 3,5-Diskettenlaufwerk für Batterie-Betrieb geben.

Der Tragbare von Commodore heißt Commodore LCD. Sein Display stellt 16 x 80 Zeichen in hervorragendem Kontrast dar. Rechts oben das passende batteriegespeiste 3,5 Zoll Laufwerk 1561.

Sozusagen ein ganz heißer Ofen war der IBM-kompatible Commodore-PC aus Braunschweig, der nur kurz auf einem Presseabend vorgestellt wurde (näheres dazu finden Sie auf Seite 17 in »Weltpremiere bei Commodore«).

Pioneers MSX Computer führte digitale Spielegrafik von der Laserdisk in Vollendung vor

Neben Ataris »Kraftakt« und den erwarteten Überraschungen von Commodore, gab es bei den Computern selbst nur noch in Sachen MSX etwas bemerkenswertes zu sehen. Erstmals in USA waren die wichtigsten japanischen MSX-Hersteller mit einem gemeinsamen Stand vertreten. Wenngleich dieser weder groß noch besonders originell war, so hatte er doch einiges zu bieten. Zum Beispiel einen MSX-Computer von Pioneer im passenden Design zum HiFi-Rack, mit abgesetztem Keyboard und Interface für einen Bildplattenspieler. Gezeigt wurde ein interaktives Science-Fiction-Adventure mit einer hervorragenden Grafik von der Qualität eines Videofilms. Die Funktion des sonst üblichen Spiele-ROMs übernimmt hier eine Laser-Bildplatte (in Japan umgerechnet zirka 140 Mark teuer) mit rund 2 GByte Grafik- und Programm-Code! Spielzeit: Zwei Stunden. Die Konsole soll zirka 400 Dollar kosten und der passende Bildplattenspieler 600 Dollar.

Ganz im Trend zum Heim-»PC« mit abgesetztem Keyboard und Edel Design: Sonys MSX-Computer Hit Bit 701 FD

Vom äußeren Erscheinungbild her ähnlich gab sich der neue Hit Bit 701 FD von Sony, der größere Bruder der hierzulande angebotenen Hit-Bit-Version. Auch er besitzt eine abgesetzte Tastatur und das edle Design der Sony-HiFi-Altäre. Intern weniger Aufregendes: 64 KByte. Allerdings ist ein Grafikprogramm eingebaut, das es dem Anwender erlaubt, vier Sprites mit jeweils acht Einzelphasen zu animieren. Auf dem Bildschirm kann man anschließend einen »Weg« vorzeichnen, auf dem sich die Sprites später entlang bewegen. Mit dieser Grafiksoftware können also auf sehr einfache Weise auch ohne Programmierkenntnisse kleine Zeichentrickszenen konstruiert werden. Kombiniert man dann diese Grafik-Szenen über den angeschlossenen VHS-Recorder von Sony mit dem selbstgedrehten Urlaubsvideo, ist schnell ein hübscher Vorspann oder Slap-stick für den nächsten Pokerabend gebastelt.

Videofilm mit Computergrafik gemixt: Schrift und Schiff sind computergeneriert

Dritter im Bund der großen Japaner war Panasonic mit den beiden Modellen CF-3000 und CF-3300 (Unterschied: beim 3300 ist ein 3 14 - Zoll - Diskettenlaufwerk fest eingebaut). Auch mit ihm ist eine Kombination von Video und Computergrafik möglich. Preise konnten nur in Yen genannt werden.

Neben diesen Modellen gab es zwar noch welche mit der gewohnten Konsolenform üblicher Heimcomputer, aber der Trend geht auch bei MSX weg vom »Nur«-Heimcomputer hin zum »Personal Computer« -zumindest optisch. Das bedeutet: Konsolen mit abgesetzter Tastatur. Dazu kommt das Edeldesign für die Integration in den HiFi-Turm.

Dritter im Bund der MSX-»PCs« war Panasonics CF-3000 und CF-3300

Spectravideo sorgte wieder für eine angenehme kleine Überraschung mit seinem »Express«. Dabei handelt es sich um einen tragbaren MSX-Computer mit einem seitlich eingebautem 3,5-Zoll-Laufwerk. Der Computer ähnelt im Konzept und Design etwas dem Apple IIc, ist aber mit 595 Dollar (knapp 1900 Mark) nur halb so teuer. Er bietet zwar lediglich 64 KByte RAM. dafür aber vier fest eingebaute Anwender-Programme (Memo-Writer, Spreadsheet, File Handler und Report Writer) und jede Menge Schnittstellen. Wie schon dem Apple IIc fehlt allerdings auch ihm ein eingebautes Display, so daß man nur stationär mit einem externen Monitor arbeiten kann. Dennoch für den Preis ein recht brauchbares Business-Gerät, das durch den MSX-Standard Daten im MS-DOS-Format lesen kann, aber nach Feierabend auch MSX-Spiel-Module verkraftet.

Schlagzeilen im negativen Sinn machte Coleco. Zwei Tage vor Beginn der Messe ließ das Wallstreet Journal die Bombe platzen: Coleco stelle die Produktion des Adam ein und ziehe sich vorläufig aus dem Heimcomputer-Markt zurück. Die vorhandenen Bestände einschließlich aller Peripherie und Software übernehme ein Händler in Ohio. Ursache für den Ausstieg seien starke Verluste im vierten Quartal 1984 in Höhe von zirka 200 Millionen Mark. Auf der Messe dann eine zweite Überraschung: Einigen Großhändlern soll am übrigens recht großen -Messestand hinter verschlossenen Türen ein neuer Computer vorgeführt worden sein. Er sei weitgehend softwarekompatibel zum Apple He und IIc, besitze ein eingebautes Telefon und koste um die 500 Dollar. Allerdings sei er noch nicht ganz funktionsfähig gewesen. Journalisten war das Gerät nicht gezeigt worden.

Nicht ganz so spektakulär ging es bei den Drucker-Herstellern zu, obwohl auch sie respektable Neuheiten vorstellen konnten. So zeigten Epson und Star gleich ganze Serien neuer Geräte.

An den besonderen Bedürfnissen der Heimanwender orientiert sich der »Ho-mewriter« von Epson. Durch leicht austauschbare »Printer Interface Cartridges« kann er an den C 64, Atari 800 XL, IBM-PCjr und Apple IIc gleichermaßen leicht angepaßt werden. Er soll mit Friktionseinzug 269 Dollar kosten. Jedes Interface-Cartridge kostet allerdings zusätzlich 60 Dollar. Eine Version mit Centronics-Schnittstelle nennt sich LX-80 und kostet 349 Dollar. Der Drucker liefert 80 Zeichen pro Zeile bei einer Druckgeschwindigkeit von 100 Zeichen pro Sekunde (Normalschrift), beziehungsweise 16 Zeichen pro Sekunde (Schönschreibmodus). Seine Schriftarten (unter anderem elite und italic) lassen sich am Drucker selbst mit Tasten einstellen. Ein umständliches Verstellen von schwerzugänglichen DIP-Schaltern entfällt also. Als Zubehör sind ein Traktoraufsatz lieferbar (40 Dollar) und ein Einzelblatteinzug (100 Dollar).

Epsons LX 80 besitzt eine Centronics Schnittstelle und einen Schönschrift Modus

Ganz neu auf der Messe wurden bei Star die preiswerten Modelle SG-10 (299 Dollar), SG-15 (499 Dollar), SD-10 (449 Dollar), SD-IS (599 Dollar), SR-10 (649 Dollar) und SR-15 (799 Dollar) dem Publikum vorgeführt. Jedes dieser Modelle gibt es in der breiten Ausführung für DIN-A3-Papier und in der schmalen für DIN A4. Near Letter Quality gehört zur Standardausstattung. Die Drucker passen an Commodore-, Apple- und IBM-Computer. Die SG-Modelle drucken mit 120 Zeichen pro Sekunde Normalschrift oder 30 Zeichen pro Sekunde Schönschrift. Bei den SD-Modellen sind es 160 beziehungsweise 40 Zeichen pro Sekunde. Die SR-Modelle schließlich sind echte Sprinter. Sie drucken 200 Zeichen pro Sekunde (oder 50 Zeichen pro Sekunde im Schönschreibmodus.). Die 15-Modelle (Breitwagen) haben einen Pufferspeicher von 16 KByte fest eingebaut, während es bei den 10-Modellen 4 KByte sind.

Bei Riteman gab es den C + zu sehen, einen 9 x 9-Matrix-Drucker, den man direkt an den C 64 anschließen kann. Der Drucker schafft 105 Zeichen pro Sekunde und kostet 299 Dollar. Die Papierzuführung erfolgt von vorne; eine unkonventionelle aber recht praktische Methode. Das Papier wird durch Friktion (Gummiwalze) transportiert, so daß kein Lochrand nötig ist. Ein Traktoreinzug wird aber mitgeliefert. Neben vier nationalen Zeichensätzen und dem ASCII-Zeichensatz ist noch der Commodore-eigene eingebaut. Das besser ausgestattete Modell R64 kostet 449 Dollar, schafft 120 Zeichen pro Sekunde und besitzt einen besonderen Listingmodus, in dem die Steuerzeichen des C 64 in die jeweiligen Namen umgesetzt werden, zum Beispiel in »Fl«, »CTRL« etc.

Sehr kompakt präsentierte sich der »Hush 80«-Thermodrucker von Ergo Systems. Er kostet je nach Ausstattung zwischen 140 und 190 Dollar, arbeitet nach dem Thermo-Matrix-Prinzip und wird mit RS232-, Centronics- oder Commodore-Schnittstelle geliefert. Als Stromversorgung reichen Batterien. Druckgeschwindigkeit: 80 Zeichen pro Sekunde, bidirektional.

Tragbare »Schreibmaschine« EB 50 mit Plottereigenschaften und serieller Schnittstelle von Silver Reed

Von Blue Chip stammte der Matrix-Drucker M120/10 mit 9x8-Nadelmatrix. Er bietet 120 Zeichen pro Sekunde und zwölf nationale Zeichensätze für 299 Dollar. Ähnlich wie für den Homewriter von Epson, gibt es für den M120/ 10 Interface-Karten zum einstecken. Damit paßt der Drucker an C 64, Atari, Apple Mac und IIc. sowie alle Computer mit Centronics- oder RS232-Schnittstellen. Jede Interface-Karte kostet 59 Dollar extra. Noch eine technische Besonderheit: Die Nadeln sind quadratisch geformt. Dadurch wirkt das Druckbild ungewöhnlich geschlossen.

Erstmalig in größerer Zahl waren als Alternativen zu den üblichen Matrixdruckern kleine elektronische Reiseschreibmaschinen zu sehen, die nach dem Kugelschreiber-Plotter-Verfahren arbeiten. Der große Vorteil zeigt sich bei Strichgrafiken. Sie bieten ein sauberes Linienbild, während vergleichbare Grafiken mit Matrixdruckern unschöne Stufungen aufweisen. Und das ganze zu einem recht niedrigen Preis, verglichen mit konventionellen Plottern. Zudem kann man diese portablen »Pnnterplotter« zur Not sogar als Schreibmaschinen verwenden. Voraussetzung für einen Einsatz am Computer ist allerdings eine entsprechende Schnittstelle.

Interessantester Vertreter dieser Spezies Drucker: Der Colour PenGraph EB 50 von Silver Reed. Er kostet 299 Dollar, besitzt eine Centronics-Schnittstelle, schreibt und zeichnet in vier Farben und kann mit einfachen Basic-Befehlen angesteuert werden. Außerdem kann man mit ihm rechnen wie mit einem Taschenrechner. Für Leute, die beim Tippen öfters Fehler machen, bietet er ein 16-Zeichen-Display und einen Eingabepuffer für eine Textzeile. Damit kann man Fehler korrigieren, noch bevor sie auf dem Papier erscheinen.

In der nächsten Ausgabe werden wir uns noch mit der gezeigten Software befassen sowie einigen interessanten Randthemen der Messe.

(Ig)

Fünf Thesen zum Markt

Erste These: Von den Kleinen der Branche existiert in den USA praktisch keiner mehr am Markt. Übriggeblieben sind vier Giganten: Commodore, Atari, Apple und IBM. Die letzten beiden zogen es zwar vor, nicht selbst auf der Messe in Erscheinung zu treten. Dennoch waren ihre Maschinen an allen Software-Ständen präsent. Dem Anwender erwachsen aus dieser Verengung des Markts auf einige wenige Marken, auf lange Sicht schwerwiegende Nachteile. Bei dieser Konstellation haben kleine Firmen auch mit guten Ideen keine Chance mehr. Dadurch wird die technische Entwicklung gebremst.

Zweite These: Der Showdown im Heimcomputer-Markt hat begonnen. Unter den beiden übriggebliebenen Computerfirmen mit Schwerpunkt Heimcomputer, Commodore und Atari, findet eine Schlacht statt, die für einen der beiden Duellanten die letzte sein könnte.

Dritte These: Die Zeit illusionärer Euphorie bei den Hobby-Anwendern geht zu Ende. Das Wunderding Heimcomputer schrumpft zum alltäglichen Konsumartikel — und wächst gleichzeitig zum ernsthaften Werkzeug heran.

Vierte These: Die Unterschiede zwischen Heim- und Business-Computern schwinden rapide. Das hat zum einen technische Gründe: Die leistungsfähigen 16-Bit-Prozessoren sind so billig geworden, daß sie auch in den neuen Heimgeräten eingesetzt werden können, Außerdem sind auch die Preise für Speicherbausteine in den Keller gerutscht. Zum anderen versucht jeder der großen Konzerne, sowohl im Business-Bereich (IBM und Apple), wie auch im Heimbereich (Commodore und Atari) im jeweils anderen Teil des Markts noch ein Kuchenstückchen zu ergattern.

Fünfte These: Ganz auf der Linie der bisherigen Entwicklung tendiert der Standard bei den Heimcomputern also weiter nach oben. Bald kann man 128 KByte RAM-Kapazität als Standard betrachten. Wichtig dabei ist, daß zwar mit Verzögerung, aber unausweichlich die Software nachzieht. Es gibt bereits eine Reihe von Computerspielen, deren Programmcode über 64 KByte hinausgeht. Mit dem Commodore 128 und Atari 130 XE wurden in Las Vegas die letzten Hindernisse für eine solche Entwicklung beseitigt. (ig)



Aus: Happy Computer 04 / 1985, Seite

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