Viel Grafik für wenig Geld

Grafik-Befehlserweiterungen für den C 64 sind heiß begehrt. Zwei aktuelle Programme bewegen sich unter der magischen 100 Mark-Preisgrenze: »Graphics Basic« und »Supergrafik 64«. Unser Vergleichstest sagt Ihnen, welches mehr leistet.

Leider können die Grafik- und Soundtalente des Commodore 64 wegen des mageren Commodore-Basic »V 2« nur über PEEK und POKE angesprochen werden. Daher ist leicht zu verstehen, daß vielen Programmierern beim Erforschen der grafischen und musikalischen Fähigkeiten ihres Commodore 64 mit dem »V 2«-Basic die Lust vergeht.

Wir stellen zwei Basic-Erweiterungen vor, die in erster Linie die Grafik-Programmierung unterstützen und weniger als 100 Mark kosten. Andere Programmierhilfen wie zum Beispiel Simons Basic unterstützen zwar auch die Grafik-Befehle, sind aber wesentlich teurer als unsere Test-Kandidaten. Es treten an: »Supergrafik 64« für 99 Mark und »Graphics Basic«, das nur 89 Mark kostet. Beide Programme sind auf Diskette zu haben.

Auf der Supergrafik-Diskette befinden sich lediglich die Befehls-Erweiterung und ein in Basic geschriebener, eigenständiger Sprite-Editor, während bei Graphics Basic die Floppy mit zusätzlichen Beispielprogrammen gut gefüllt ist. Beide Handbücher machen einen umfangreichen Eindruck. Doch bei näherer Betrachtung bietet das deutsche Supergrafik-Ringbuch nicht einmal halb so viel Informationen wie die englische Graphics Basic-Dokumentation, die jeden Befehl des umfangreichen Wortschatzes mit mindestens einem Beispielprogramm erläutert. Zusätzlich wird noch auf das entsprechende Demo-Programm verwiesen.

Die Befehle von Graphics Basic erscheinen etwas verständlicher. Das Umschalten auf Hires- oder Multicolor-Modus geschieht bei Supergrafik beispielsweise mit dem GMODE-Befehl und bis zu vier Parametern. Graphics Basic ist da weniger umständlich und verwendet die Befehle HIRES und MULTI. Allerdings bietet es nur Multicolor-und Hires-Modus an. Supergrafik beherrscht auch noch über zusätzliche Befehle die sogenannte Pixelgrafik, eine Blockgrafik mit einer Auflösung von 50 x 80 Punkten.

Bildschirmfenster (Windows) lassen sich in Basic definieren

Mit beiden Programmen können Textfenster, sogenannte »Windows«, definiert werden. Bei Graphics Basic darf in beiden Bildschirm-Modi »gefensterlt« werden, Supergrafik schafft es nur im Hires-Modus. Dessen Textfenster-Ränder sind auch nicht ganz flimmerfrei.

Einen Pluspunkt sammelt Supergrafik mit seinen zwei Grafikseiten. Während eine Seite angezeigt wird, kann die andere gleichzeitig bearbeitet oder nachgeladen werden. Die beiden Grafikseiten werden mit dem GCOMB-Befehl verknüpft. Sie lassen sich entweder völlig ineinander kopieren oder mit UND-, ODER-, und EXCLUSIV-ODER mischen.

Wichtige Standardbefehle wie PLOT, CIRCLE, DRAW oder FILL. die viel lästiges POKEn überflüssig machen, finden sich in beiden Programmen wieder.

Grafiken und Texte lassen sich problemlos kombinieren. Supergrafik kopiert jedoch nur den normalen Zeichensatz mit dem Befehl TEXT in ein Bild. Graphics Basic bietet einiges mehr. Der Befehl GPRINT schreibt Buchstaben in jeder beliebigen Größe in eine Grafik. Außerdem läßt sich der Zeichensatz über den Befehl CHAR einfach verändern. Ein selbstdefinierter Zeichensatz kann auf Diskette gespeichert werden, um ihn durch Ausschalten des Computers nicht auf ewige Zeiten zu verlieren. Unter den Demo-Programmen befinden sich bereits drei neue Zeichensätze.

Verschiedene Zeichensätze sorgen für Abwechslung

Nur Graphics Basic verändert den Koordinaten-Ursprung und die Einheit. Mit ORIGIN wird der Ursprung, der Punkt (0;0), auf jede beliebige Koordinate des Bildschirms verschoben. Man kopiert eine einmal gezeichnete Figur an jede beliebige Stelle des Bildschirms, indem man den Ursprung verändert und die Figur ein zweites Mal abbildet. Mit dem SCALE-Befehl wird die Anzahl der Punkte auf der X- und Y-Achse variiert.

Sprites ganz einfach

Bei den Sprites unterscheiden sich Supergrafik und Graphics Basic enorm. Letzteres wurde mit einem äußerst komfortablen Sprite-Editor ausgestattet. Der Supergrafik geht bei diesem Punkt die Luft aus, denn die Sprites müssen mit einem externen Editor generiert werden, der einige gravierende Mängel aufweist. Zum einen kann man mit ihm keine Multicolor-Sprites editieren, zum anderen darf er nicht gleichzeitig mit dem Supergrafik-Hauptprogramm betrieben werden. Pro Sprite wird ein Diskettenfile erzeugt, das Supergrafik nicht lesen kann. Auch das im Handbuch abgedruckte Programm zum Einlesen der Sprite-Daten funktioniert nicht.

Hat man nun endlich ein Sprite mit diversen Tricks im Speicher, können diese natürlich auch bewegt werden. Dazu gibt man Geschwindigkeit sowie Start- und Ziel-Koordinaten ein. Der Sprite wird dann zwar interruptgesteuert von selbst bewegt, aber der langsame Basic-Ablauf ist spürbar.

Der in Graphics Basic integrierte Sprite-Editor läßt hingegen keine Wünsche offen. Die 24 x 21-Punktmatrix läßt sich um beliebig viele Spalten und Reihen verschieben. Auch Multicolor-Sprites sind kein Problem. Die definierten Sprites werden nun mit einer ganzen Reihe sinnvoller Befehle bearbeitet wie zum Beispiel auf Diskette Speichern und wieder Laden. Gibt man ihnen einmal Geschwindigkeit und Richtung, so bewegen sie sich ebenfalls interruptgesteuert, aber ohne Geschwindigkeitsverlust. Auch die Vorder- und Hintergrundabfrage sowie die Kollisionserkennung sind eingebaut. Mit speziellen COPY-Befehlen werden Sprites ins Grafikbild oder umgekehrt ein Grafikausschnitt in ein Sprite kopiert.

Für den Programmierer stehen bei Graphics Basic nur noch 20 KByte Basic-Speicher zur Verfügung. Luftiger ist die Supergrafik, bei der 28 KByte frei bleiben.

Beide Erweiterungen unterstützen aber nicht nur die Programmierung der Grafik. Auch an den Tongenerator des C 64 wurde gedacht. Verschiedene Befehle akzeptieren und verarbeiten bei beiden Erweiterungen alle wichtigen Parameter. Diese lassen sich bei Graphics Basic wiederum über einen Interrupt steuern.

Beim Sprite-Editor von »Graphics Basic« behält man die Übersicht

Utilities als Zugabe

Außerdem wurden beide Programme mit einigen sinnvollen Utilities ausgestattet. So ist die Belegung der Funktionstasten und die Abfrage von Joysticks und Paddies vorgesehen. Während bei Graphics Basic die Funktionstastenbelegung mit maximalem Komfort vorgenommen werden kann, versagt Supergrafik völlig. Kaum hat man die acht Funktionen definiert, werden sie vom Programm wieder gelöscht, als wären sie nie programmiert worden.

Beide Programme kennen nützliche Befehle wie DIRECTORY, MER-GE und RENUMBER. Verschiedene Hardcopy-Befehle geben die Grafiken auf diverse Drucker aus. Graphics Basic ist zusätzlich mit den für Programmierer sehr wichtigen Sprung-Befehlen wie IF..THEN..ELSE oder ON ERROR..GOTO ausgerüstet.

Wer sich für Grafik-Programmierung am Commodore 64 interessiert, wird sich beim Kauf wohl für Graphics Basic entscheiden, das für sein Geld eine Leistung bietet, die, soweit uns derzeit bekannt ist, von keiner anderen Basic-Erweiterung überboten wird.

(Christian Quinn Spitzner/hl)

Graphics Basic und Supergrafik 64 auf einen Blick

  Graphics Basic Supergrafik 64
Freier Basicspeicher 20 KByte 28 Kbyte
Grafikseiten 1 2
Spriteeditor Ja Ja, aber nur extern
Anzahl der Befehle zirka 100 zirka 50
Hardcopy möglich Ja Ja
Sprite-Interrupt Ja Ja
Koordinaten-Ursprung verschiebbar fest
Grafikauflösung variierbar fest
Spriteprogrammierung komfortabel mäßig
Soundprogrammierung sehr gut gut
Demo-Programme Ja Nein
Handbuch englisch deutsch
Windows Ja Ja
Preis 89 Mark 99 Mark
Gesamturteil sehr gut befriedigend


Aus: Happy Computer 02 / 1985, Seite 44

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