Anfang Dezember hatte Jack Tramiel nach Frankfurt zur ersten deutschen Pressekonferenz nach Übernahme von Atari eingeladen. Sein Sanierungs-Konzept ist simpel: »The best Computers for the lowest price.«
Gleich zu Beginn verkündete Tramiel eine sofortige Preisreduzierung für den 800 XL von bisher 648 Mark auf 499 Mark. Man habe die Kosten pro Einheit seit Übernahme der Firma um 50 Prozent senken können.
Bereits zwei Wochen vorher war in USA der Preis auf 120 Dollar gesenkt worden. Mit diesem Kampfpreis hoffe er, auch in Deutschland alle Konkurrenten auszustechen. Für 1985 sieht er weltweit einen Umsatz von einer Milliarde Dollar voraus.
Um dieses Ziel zu erreichen, will Atari außerdem eine ganze Palette neuer Computer herausbringen. Am untersten Ende liegt die Spiele-Konsole »2600 Junior«. Daran schließen vier 8-Bit-Computer an. Bei einem Modell mit 64 KByte und der Bezeichnung »65 XE« soll es sich um einen neu gestalteten 800 XL handeln, daher sei er auch weitgehend kompatibel zu seinem Vorgänger. Allerdings wird ein neuer Chip sechs alte ersetzen und so die Produktionskosten senken. Der 600 XL wird hingegen nicht mehr gebaut.
Rund 20 Prozent teurer kommt eine 128-KByte-Version. Es bestehe eine starke Nachfrage nach dermaßen speicherstarken Computern. Außerdem ist Speicherplatz relativ billig. Commodores 128-KByte-Computer sei nicht der Grund für die Neuentwicklung, erklärte Tramiel auf eine entsprechende Frage von uns.
Überraschend kündigte er darüber hinaus eine »starke Musik-Maschine«, sowie einen Portable mit einem Diskettenlaufwerk und Monitor an, ohne aber diese Modelle näher zu beschreiben.
Im 16-Bit-Bereich kommt ein Computer mit 68000-CPU, der voraussichtlich »ST 130« heißt. Als Software soll es dafür unter anderem »GEM« von Digital Research geben. »GEM« bedeutet »Graphics Environment Manager« und verleiht ähnliche Eigenschaften, wie Apples Lisa oder Macintosh besitzen, aber alles in Farbe.
Dieser Computer soll schon auf der Consumer Electronics Show (CES) vorgestellt werden, die dieser Tage in Las Vegas stattfindet, Den »ST 130« wird es in Versionen mit 128 KByte, 512 KByte und unterschiedlicher Ausstattung geben. Der Grundpreis soll in USA bei 300 bis 400 Dollar liegen, in Deutschland bei etwas über 1000 Mark. An Zubehör will man auf der CES außerdem passende Peripherie zeigen, darunter Diskettenstationen mit bis zu 1 MByte Kapazität, sowie Harddisk-Laufwerke von 5 bis 20 MByte.
Auf der Hannover-Messe im Frühjahr soll dann ein echter 32-Bit-Computer für professionelle Anwendung vorgestellt werden, zusammen mit den 8-Bit- und 16-Bit-Computern, Dann habe man auch deutsche Software. Im 16-Bit-Bereich wird es sehr hochentwickelte Programme geben, wie Textverarbeitungs- und Kalkulation-Programme, aber auch »etwas Neues, das wir uns jetzt noch gar nicht vorzustellen vermögen«, dreidimensionale Grafik-Software, wie sie jedes Unternehmen brauche.
Entwickelt wurden die Computer noch vor dem Kauf von Atari durch Tramiels eigene Techniker. Damals firmierte er und sein Team, alles ehemalige Commodore-Leute, unter dem Namen »Tramiel Technology Ltd.«, Produziert werden die neuen Modelle aber wie bisher in Taiwan, Hongkong und Irland.
Nach neuer Software für die 8-Bit-Computer befragt, wich Tramiel unter Hinweis auf über 3000 bereits vorhandene Programme einer konkreten Antwort aus. Die Unverträglichkeit der neuen Software mit den alten Modellen stört ihn nicht. Ältere Modelle könne man ja in der Familie weiterverschenken. Er produziere »personal Computer«, das heiße »jeder Person einen Computer«.
Im Sinne des Anwenders wird aber der Service geregelt werden. Während der Garantiezeit kann man dann defekte Geräte beim gleichen Händler, bei dem man den Computer gekauft hat, sofort umtauschen. Für die Zeit nach der Garantie stehen Servicestationen von Atari zur Verfügung.
Neben dem Produktionsbereich Computer wird es einen Bereich Atarisoft geben. Dieser Bereich hat die Aufgaben Herstellung und Vertrieb von Software für alle gängigen Computertypen (Atari, Commodore, Apple, TI etc.), sowie von Peripherie, zum Beispiel Drucker, Diskettenlaufwerke und Monitore zu übernehmen.
Weltweit sieht er in den 20 Millionen Käufern von Ataris Spiel-Konsolen einen riesigen Markt. Diese Leute hätten sich inzwischen weiterentwickelt und wollten nun einen echten Computer unter den Fingern spüren. Da gebe es eine große »love af-fair« mit dem Namen Atari. Tramiel versprach, Computer von Atari sollen immer Spaß machen. Vom Geschäft mit Spielen schließe er nicht einmal die 32-Bit-Maschme aus.
Das deutsche Management bei Atari ist nach Auskunft seines neuen Herrn noch nicht komplett, Man suche noch nach einem zweiten Geschäftsführer. Weltweit habe man aber — ganz entgegen dem allgemeinen Eindruck in der Öffentlichkeit — sogar die Belegschaft um 500 Beschäftigte aufgestockt, vor allem im Bereich Entwicklung und Produktion. Hingegen seien unproduktive Abteilungen, wie zum Beispiel die Verkaufsund Marketing-Abteilung in Kalifornien von 700 auf 15 Leute drastisch reduziert worden.
Tramiel: »I love to shake up organisations.«
(ig)