Software aus der "Bücherstube"

Der eine oder andere Leser hat den Namen vielleicht schon einmal gehört. Philgerma ist ein junges Münchner. Unternehmen, das sich speziell um 68000er-Software-Anwender und solche, die es werden wollen, kümmert. Dabei entstand aus einer anfänglichen Selbsthilfe-Aktion rasch ein inzwischen erfolgreiches Firmenkonzept.

Als Hansjoachim Sprinz seinerzeit seinen Sinclair QL mit dem 68008-Prozessor erwarb, gab es hierfür noch so gut wie kein Software-Angebot, das auch nur dem Grundbedarf entsprochen hätte. Leider blieb auch der erhoffte Run auf diesen trotzdem passablen Computer aus, so daß auch mit der Zeit das Angebot nur langsam zunahm. Somit erschien der Gedanke logisch, eigene Software zu erstellen. Gesagt, getan, und aus der anfänglichen Selbsthilfe-Aktion wurde rasch eine Spielesammlung. Dies jedoch führte bald zum nächsten Schritt, wobei man sich direkt mit der Gründung eines Software-Geschäftes für Besitzer von Computern mit 68000er-Prozessoren befaßte. Besonders die QL-Besitzer hatten weiterhin Schwierigkeiten, Software für ihren Rechner zu bekommen. So entstand die im März 1985 gegründete Philgerma GmbH. Später kamen der Atari ST und der Commodore Amiga heraus, ebenfalls "68000er", so daß auch deren Software ins Programm übernommen wurde.
Als dann im Dezember 1986 im Münchner "Fuchsbau" ein Ladenlokal eröffnet werden konnte, stand bereits ein Konzept besonderer Art fest: Der Software-Kunde sollte König sein, und dazu wollte man alles tun. Hansjoachim Sprinz wußte auch, wie dies zu realisieren war. So gab er bewußt seinem Ladenlokal eher den Charakter einer Buchhandlung als einem Computershop. Die Leute sollten sich ihre Ware ansehen, erklären und vorführen lassen können. Selbst ausprobieren und von qualifizierten Mitarbeitern Rat einholen, mußte genauso normal funktionieren wie der Verkauf. Und ansonsten sollte sich die Atmosphäre nicht von einem normalen Bücherladen unterscheiden - warum auch?

Daß dieses Konzept Anklang fand, zumal in einem so großen Einzugsgebiet wie München, erklärt sich fast von selbst. Die Folge war, daß sich im Ladengeschäft zeitweise Platzmangel bemerkbar machte. Und dies trotz der Tatsache, daß man von einem Hardware-Angebot nichts hält. Zwar wurden mittlerweile auch Peripherie und Zubehör ins Angebot aufgenommen, jeoch bleibt Philgerma eisern beim ursprünglichen Konzept, qualifiziert 68000er-Software anzubieten.
Hansjoachim Sprinz war immer schon bemüht, den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren. Zwar werden noch immer Spiele verkauft, der Absatz ist jedoch begrenzt: Zu sehr macht sich die Tatsache bemerkbar, daß viele Anwender mit Kopien arbeiten. Mittlerweile entwickelt Philgerma selbst ernsthafte Software. Bereits verfügbar ist ein Backup-Programm für Atari-Harddisks, ein Prolog-Interpreter für QL und Amiga soll im September folgen, und im Oktober ist ein hochwertiges CAD-Programm für den Atari ST angekündigt.

Eine der Stärken bei Philgerma ist das breite Angebot an Computersprachen. Hierfür ist bereits eine fundierte Beratung vorhanden, deren Kapazität jedoch noch ständig ausgebaut wird. Auch versucht Philgerma englische Handbücher wie da Lattice-C-Manual zu übersetzen. Dies ist jedoch mit enormen Kosten verbunden und bei der verhältnismäßig geringe Käuferzahl der QL-Anwende nur schwer realisierbar.

Wie Hansjoachim Sprinz z berichten weiß, zeigt sich a manchem Beispiel, wie unterversorgt der Software-Markt einzelner Zielgruppen zuweilen ist. So geschehe es ab und zu, daß sich ein frischgebackener Amiga-Besitzer beispielsweise nach kurzer Zeit auch noch irgendwo einen Fortran-77-Compiler zulegt. Klar, daß danach Probleme auftauchen, die man dann bei Philgerma versucht loszuwerden ! Eine ausreichende Beratung hätte hier vor dem Kauf sicher notgetan, zumal höhere Programmiersprachen eine gute Beherrschung des Betriebssystems und ein relativ hohes Fachwissen voraussetzen.

Bedauerlicherweise macht einer.derart qualifizierten Kundendienstleistung, wie sie Philgerma bietet, auch die Konzentration auf dem SoftwareMarkt zu schaffen. Große Firmen, die teilweise in eigenen Zeitschriften werben können, ziehen zum Teil die wichtigsten Software-Pakete an sich, um zudem über Exklusiv-Verträge eine eigentlich nützliche Konkurrenz auszuschließen. Trotzdem hofft man bei Philgerma, sich mit dem hochwertigen Service-Angebot, zu dem auch Schulungen gehören, durchzusetzen und den Markt zunehmend zu erschließen. Auch in Zukunft plant man, ausschließlich ein Software-Geschäft zu bleiben, zumal die hohen Eigenleistungen im Bemühen um die Kundschaft niemand so einfach streitig machen kann. Schließlich gehört zum Kauf auch Vertrauen - und dies will zunächst einmal erworben sein!

Weitere Informationen:
Philgerma GmbH & Co. KG
Ungererstraße 42
8000 München 40



Aus: Computer Kontakt 10 / 1987, Seite

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