AText 1.1

Obwohl der kleine Atari ursprünglich mehr als Unterhaltungsmaschine gedacht war, wurden für ihn bereits sehr früh Textverarbeitungsprogramme für den Heimgebrauch angeboten. "Atext" war eines der ersten. Es kommt wie so viele aus den Vereinigten Staaten. Seit 1985 vertreibt die Hofacker GmbH im oberbayrisehen Holzkirchen dieses Textsystem auch für den deutschen Homecomputeranwender. Zum Test lag uns die neue Version 1.2 vor. Bei "Atext" handelt es sich um ein "menüloses" Programm, d.h., alle Befehle müssen direkt eingegeben werden. Folglich ist der Bildschirmeditor auch der wichtigste Teil dieses Textsystems. Von ihm aus wird der Text eingetippt, aber auch drei verschiedene Befehlsebenen lassen sich über ihn ansprechen. Dabei unterteilen sich die Befehle in sogenannte Kontrollkommandos und Anweisungen. Erstere werden direkt bei der Eingabe ausgeführt, letztere dagegen erst auf Bestätigung oder beim Drucken. Die Kontrollkommandos spielen nur beim Eingeben und Editieren des Textes eine Rolle. Sie umfassen alle Standard-Editier- funktionen, aber auch Blockoperationen und einige Spezialkommandos. Erreichbar sind sie ausnahmslos über die CONTROLTaste. Dabei imitiert etwas, daß den Funktionen scheinbar wahllos Tasten zugewiesen wurden; dadurch kann man sich die einzelnen Codes nur schwer merken. Beim Eingeben des Textes hat man in einer Statuszeile immer folgende Informationen im Blick: Zeilenposition, Position im Text, freier Textspeicher, freier Blockspeicher, Statusmeldung. Unter der Statuszeile findet sich das Textfenster, das bei über 40 Zeichen langen Zeilen nach links scrollt. Maximal sind so 255 Zeichen möglich. Die Zeilenlänge ist übrigens nicht von Bedeutung; beim Ausdruck wird nur die eingestellte Druckbreite berücksichtigt.

Diese und alle anderen Druckerparameter, aber auch Funktionen wie Blocksatz usw. steuert man bei "Atext" über den Formatierer. Dieser wird, im Gegensatz zu menügesteuerten Textverarbeitungen, ebenfalls über den Editor angesprochen. Das geschieht durch Eingabe des Codes CTRL-L, gefolgt von funktionsspezifischen Steuerzeichen. Neben Standardfunktionen wie Zentrieren, Blocksatz, Parameter setzen usw. finden sich so tolle Features wie das Einfügen von Disketten-Files, die erst während des Ausdrucks eingelesen werden. (Damit läßt sich die Textkapazität von ca. 30 KByte beträchtlich erhöhen.)

Da der Formatierer in der Lage ist, beliebigen Codes beliebige Steuerzeichen zuzuweisen, kann jeder Drucker zum Einsatz kommen. Einziges Handicap: Die Steuerzeichen müssen jedesmal neu definiert werden, d.h., das Programm hat keine StandardSteuerzeichen, z.B. für Text unterstreichen. Man kann diesen Mangel jedoch elegant umgehen, indem man alle Definitionen als File auf die Diskette schreibt und dieses File dann mit der Funktion File einfügen zu Beginn jedes Textes einbindet.

Der Formatierer stellt jedoch auch einen wichtigen Kritikpunkt dar. Die Steuersequenzen sind derart lang und kompliziert, daß man sie sich unmöglich merken kann. Dazu ein Beispiel. Wollen Sie einen Epson-Drucker dazu bringen, ein Wort zu unterstreichen, verlangt der Formatierer folgende Steuersequenz: CTRL-L U CTRL-R CTRL-A CTRL-R ESC I RETURN.

Komplexe Befehle, die nicht über einen einzigen Tastendruck zu erreichen sind, erhält das Programm über die sogenannte Kommandozeile, die sich am unteren Bildrand befindet. Hier werden alle I/0-Vorgänge, also auch Drucken und Speichern von Text, abgewickelt, darüber hinaus Blockoperationen und Funktionen wie String suchen und ersetzen, Lösche Text, Rufe DOS usw- Erfreulicherweise erfolgt der Aufruf der Funktionen hier durch die Anfangsbuchstaben ihrer englischen Namen, so daß man sie sich leicht merken kann.

Hier war der Autor besonders kreativ und hat einige Schmankerln eingebaut. So kann man z.B. richtige Befehlsschleifen durch Sprunganweisungen in die Kommandozeile eingeben. Auch lassen sich alle Befehle, die noch in der Kommandozeile stehen, durch ein einfaches CTRL-G wiederholen. Aufgerufen wird die Kommandozeile vom Editor aus mit ESC. Ebenso dient die ESCAPE- Taste zur Befehlsbestätigung (vergleichbar mit RETURN in Basic).

Ein weiteres Bonbon: Bei der Textausgabe läßt sich außer der Tastatur jedes Gerät ansprechen. So kann man entweder den Text am Bildschirm nochmals lesen oder aber fertig formatierte Texte auf Disk speichern und sie dann mit der Kopierfunktion des DOS ausdrucken (einfach statt auf Disk auf den Drucker kopieren).

Das mitgelieferte Handbuch, früher oft wegen seiner Unübersichtlichkeit kritisiert, wurde zwischenzeitlich überarbeitet und ist nun wesentlich klarer gestaltet. Bei der Dokumentation beschränkt sich der Autor auf einfache, auch dem Anfänger verständliche Erläuterungen. Ausgehend von den grundlegenden Editierfunktionen, wird der Anwender Schritt für Schritt mit den Möglichkeiten des Programms vertraut gemacht.

Zu jedem Befehl findet sich außerdem ein Beispiel. Eine Erklärung der Statusmeldungen fehlt ebensowenig wie Hinweise auf zu verwendende Interfaces und Treiber, wenngleich auch nach mehrmaligem Lesen unklar bleibt, wie nun der Drucker an die Joyports anzuschließen ist, um eine vollwertige Centronics-Schnittstelle zu erhalten.

Wer den Atari nur im Heimgebrauch als Schreibmaschine einsetzt, ist mit "Atext" gut beraten. Das Programm besticht zwar nicht gerade durch Bedienerfreundlichkeit (ohne Handbuch geht nichts), aber es entschädigt die Benutzer durch eine Fülle von Funktionen, die viel Arbeit ersparen. Voraussetzung zum Betrieb ist ein Atari mit mindestens 48 KByte und ein Diskettenlaufwerk.

Bezugsquelle:
Ing. W. Hofacker GunbH
Tegernseer Straße 18
8150 Holzkirchen


Matthias Heigl
Aus: Atari-Magazin 04 / 1989, Seite

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite