Easy Draw: Zeichnen ganz easy

Das Zeichenprogramm "Easy Draw" ermöglicht nicht nur Grafiken, auch mit Text geht das Programm gekonnt um.

Wie der Name schon sagt, soll der Umgang mit diesein Programm einfach sein. Dieses nicht nur preislich interessante Produkt wird vom Verlag Markt & Technik vertrieben und speziell als "objektorientiertes" Grafikprogramm offeriert. Was dies eigentlich bedeutet und wie gut "Easy Draw" sich dazu eignet, wird dieser Bericht hoffentlich ans Licht bringen.

Normale Zeichenprogramme erlauben das Setzen und Löschen einzelner Punkte auf dem Bildschirm. Diese sind bei einem Computer mit grafikorientiertem Bildschirm-RAM in Paketen zu acht Stück - entspricht einem Byte - in diesem RAM abgelegt. Setzt man nun eines der Bits auf 1, so erscheint auf dem Monitor ein weißer Punkt an der Stelle, die diesem Bit zugeordnet ist. Mit einer 0 kann man demzufolge einen Punkt ausschalten. Der entsprechende Bildschirmpunkt wird wieder schwarz dargestellt. Dies nennt man pixelorientierte Grafik.

Objektorientierte Zeichenprogramme, wie sie bei CAD und DTP zum Einsatz kommen, arbeiten nach einem völlig anderen Prinzip. Objekte wie Rechtecke, Kreise, Linien, Punkte, Textblöcke und andere Gebilde kommen zwar in derselben Art wie bei pixelorientierten Programmen auf den Monitor, aber das Bildschirm-RAM dient eben nur zur Darstellung und nicht gleichzeitig als Original. Das Programm führt eine interne Liste, entsprechend einer Dateiverwaltung. Darin werden z.B. für ein Rechteck die XY-Koordinaten der oberen linken Ecke, die Länge und die Breite abgespeichert.

Hinzu kommen dann noch spezielle Einstellungen wie die Linienstärke, Linienart und anderes. Bei Texten wird z.B. noch der ganze Inhalt eines Blocks vermerkt. Wenn Sie nun Ihre Objekte auf dem Bildschirm verschieben, um sie an anderer Stelle zu plazieren, wird ein dort bereits abgebildetes zwar ganz oder teilweise überlagert, aber nicht zerstört. Es läßt sich jederzeit unter dem darübergeschobenen hervorziehen. Dies geht schnell und einfach mit Hilfe der Maus. Verändert werden nur die XYKoordinaten des anders plazierten Objekts in der Liste.

"Easy Draw" ermöglicht es also, einfache Grafiken, Texte und optische Elemente wie Linien, Kästen usw. zu kreieren, zu arrangieren und auch wieder zu löschen. Objekte lassen sich dabei auch zu Gruppen verbinden und wieder trennen. So kann man dann auch komplexere Grafiken erstellen. Ein zweites, zuschaltbares Fenster erlaubt es, einzelne Objekte direkt abzuspeichern. Mit seiner Hilfe können Sie natürlich auch zwei Seiten gleichzeitig bearbeiten. Durch Anklikken des Atari-Zeichens in der Menüleiste erfahren Sie jederzeit, wie viele Objekte im jeweiligen Fenster vorhanden sind und wie viele noch in den Speicher passen. Nach dem Start des Programms auf einem 520 ST+ mit ROM-TOS stand die Angabe der freien Objekte auf immerhin 9995.

Was aber leider gänzlich fehlt, ist das Einbinden von echter, also pixelorientierter Grafik. Hier hätte man doch vielleicht wenigstens die Möglichkeit vorsehen können, Platzhalter zu definieren und ein - wenn auch einfaches, so doch funktionelles-Zeichenprogramm zu integrieren, das die Gestaltung kleiner, aber komplizierter Grafiken erlauben würde. Schattierungen lassen sich punktweise eben doch einfacher ausarbeiten. Beim Ausdruck könnten dann diese einzeln abgespeicherten Bildchen geladen und eingebunden werden. Aber sei's drum. Hat man seine Seite zu Papier gebracht, läßt man sie einfach nochmals durch den Drucker, doch diesmal vom eigenen Grafikprogramm aus.

Wer sowieso nur Fotokopien herstellen und weitergeben will, kann natürlich die Grafiken auch in die mit "Easy Draw" erstellten Originale einkleben. Zudem läßt sich ein kontrastreiches Bild auch aus mehreren größeren Einzelobjekten in der Ganzseitenanzeige zusammenstellen. Diese Objektgruppe kann dann mit einem gemeinsamen Rahmen versehen und durch diesen herunterverkleinert werden. Für die dritte Möglichkeit ist allerdings einige Übung erforderlich.

Sogar einfaches Desktop Publishing ist mit "Easy Draw" möglich

Gut gelungen ist die integrierte Textverarbeitung. Hier können Sie zwischen Block- und Flattersatz wählen. Der Cursor läßt sich mit den Pfeiltasten oder der Maus frei im Text positionieren. Verschiedene Löschfunktionen und Neuformatierung sind per Tastendruck möglich. Zudem kann ein längerer Text auch in mehrere Blöcke unterteilt werden, was empfehlenswert ist. Wer zudem noch über eine komfortable Textverarbeitung, wie z.B. "Protext 2.1" verfügt, die Texte im ASCII-Format abspeichern kann, hat die Möglichkeit, diese mit der Textfunktion von "Easy Draw" problemlos einzulesen und weiterzuverarbeiten. Einer der beiden Hauptzwecke des Programms ist ja das Arrangieren von Seiten aus fertigen Elementen.

Der Text läßt sich dann im nachhinein noch mit verschiedenen Attributen versehen. Zu nennen sind hier die Schriftarten normal, fett, hell, kursiv, konturiert und unterstrichen. Sie können natürlich auch gemischt werden. Die Buchstabengröße ist in sechs Schritten einstellbar, nämlich 7, 10, 14, 18, 28 und 36 Punkt. Zur Zeit steht nur der Schrifttyp Helvetica zur Verfügung. Dieser ist aber sehr gut gelungen. Weitere Typen sind in Form einer Zusatzdiskette geplant.

Zur Feinarbeit dienen ein in Zoll oder mm einstellbares Raster, die Ganzseitenanzeige und die Ausschnittsvergrößerung.
Text kann nur in der Normalanzeige eingegeben werden. Alle anderen Arbeiten wie Textblock verschieben, zerren, stauchen, drehen, spiegeln und vieles mehr sind auch in den übrigen Vergrößerungs- bzw. Verkleinerungsstufen möglich. Bei anderen Objekten gibt es überhaupt keine Einschränkungen. Aus einem gezoomten Bereich läßt sich ohne weiteres nochmals ein Ausschnitt herausvergrößern. Auf diese Art und Weise kann man die einzelnen Objekte genauestens plazieren und korrigieren. Zwei einblendbare Lineale unterstützen diesen Vorgang noch. Allen, die auf größte Genauigkeit Wert legen, steht auch noch der Rastersprung zur Verfügung. Dieser benutzt die aktuelle Einstellung des Rasters.

Messungen ausgedruckter Seiten ergaben, daß das Lineal sehr genau arbeitet, allerdings nur in der Breite. Daß die vertikale Abmessung nicht stimmte, ist wohl auf den verwendeten Drucker NEC P6 zurückzuführen. Das Programm ist nämlich auf einen Epson FXTM Matrix-Printer eingestellt. Höchstwahrscheinlich arbeitet dieser ja mit einem anderen Zeilenvorschub. Eine Erweiterung in Form einer Diskette mit verschiedenen Druckertreibern, auch für 24-Nadel-Geräte, ist in Vorbereitung.

Während der Arbeit am Bildschirm kann man jederzeit zwischen DIN A5, A4 und A3 oder drei verschiedenen Zollformaten wählen. Das Bild wird dadurch nicht zerstört. Zusätzlich läßt sich auch noch Hoch- oder Querformat einstellen. Auf dem Drucker werden später dementsprechend viele Bahnen ausgegeben, die dann noch zusammenzufügen sind. Die einzige größere Funktion, die noch zu erwähnen wäre, ist der Mustereditor. Mit ihm lassen sich die Füllmuster inividuell gestalten, abspeichern und auch wieder laden.

Alle weiteren Details entnehmen Sie bitte dem Handbuch, das wirklich gut in den Umgang mit "Easy Draw" einführt. Im ersten Kapitel lernt man das Erzeugen einfacher Objekte. Das zweite führt in den Gebrauch von Sonderfunktionen ein; das dritte erklärt den Umgang mit größeren Objektgruppen, die auch auf Diskette mitgeliefert werden. Die Kapitel Befehlsübersicht, Techniken und Tips & Tricks sind dann schon für die alltägliche Arbeit mit "Easy Draw" gedacht.

Die getestete Version 2.02 funktionierte in der gesamten Testphase einwandfrei. Keine "Bömbchen" oder anderweitige Ärgernisse traten auf. Übung im Umgang mit Objekten stellte sich zudem schnell ein, da das Programm keine Befehlsflut auf seinen Anwender losläßt. Dem Vergleich mit einem DTP-System für 1000,- DM kann und muß "Easy Draw" nicht standhalten. Der Käufer erhält für 249,- DM ein Programm, mit dem sich Flugblätter, Infos und ähnliches schnell und einfach erstellen lassen. Aber auch verschiedene Zusammenstellungen von Elementen einer Einbauküche oder den Grundrißentwurf für das zugehörige Haus kann man so am Computer ohne großen Papierwust ausarbeiten. Hilfen zur Bemaßung sind vorhanden.

Der Ausdruck ist dank des programmeigenen Schriftsatzes nicht durch stufenförmige Buchstaben entstellt. Somit ist auch einfaches Desktop Publishing möglich. Allen, die ihren Rechner für diese oder ähnliche Zwecke einsetzen möchten, wird "Easy Draw" nicht nur aufgrund seines geringen Preises gefallen. Das Programm ist zudem Harddisk-fähig und ließ sich auch mit einer RAM-Disk problemlos betreiben. Negativ fiel nur die fehlende Druckeranpassung auf. Ein eigener Editor wie bei "Protext" hätte nicht geschadet. Bleibt nur zu hoffen, daß die Diskette mit den Treibern bald erscheint.

Bezugsquelle:
Markt & Technik


H. H. Fischer
Aus: Atari-Magazin 04 / 1988, Seite

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