MagiC PC

„Alle guten Dinge sind drei“ - das sagte sich auch die Firma ASH und veröffentlicht nun nach MagiC für ATARI und Mac eine PC-Version dieses TOS-kompatiblen Multitasking-Betriebssystems.

Unser erster Testkandidat unter den Software-ATARI-Emulatoren für PCs ist die Software MagiC-PC von der Firma Application Systems Heidelberg. MagiC sollte allen ATARI-Anwendern inzwischen ein Begriff sein, denn spätestens mit der Herausgabe des ATARI-Emulators MagiCMac schien endlich eine Hardwarealternative für alle ATARls gefunden. Wer aber Näheres zu diesem Multitasking-System wissen möchte, erfährt alles über die neue Version 5.0 in unserem Testbericht dieser Ausgabe - die Feartures sind selbstverständlich auch auf die PC-Version übertragbar.

Vor einiger Zeit konnte die Möglichkeit, einen ATARI ohne jegliche Zusatzhardware auf MACs laufen zu lassen, nur damit erklärt werden, dass der Apple grundsätzlich über eine dem ATARI ähnelnde Hardwarestruktur verfügt. Heute weiß man, dass durch geschickte Programmierung auch PCs in der Lage sind, eine Basis für TOS-Emulatoren darzustellen. Erstmals wurde dies durch den Gemulator bewiesen, dessen Hardware-Karte lediglich über das Original-ATARI-TOS verfügt.

Bekannterweise ist MagiC auf TOS nicht angewiesen, denn MagiC stellt ein eigenes Betriebssystem dar, das alternativ zum bewährten TOS seine Arbeit im Multitasking verrichtet.

Ziel der Fa. ASH war es, ein zukunftsträchtiges und absolut systemübergreifendes Betriebssystem zu schaffen. Das Resultat: Mit MagiC wurde eine ganze Betriebssystem-Familie geschaffen, die auf den drei Computer-Systemen ATARI, PC und Macintosh beheimatet ist. Somit soll garantiert werden, dass ein Anwender jederzeit die Hardware wechseln kann, ohne auf die Software verzichten zu müssen.

Voraussetzungen

Wie auch schon beim Gemulator95 wird bei MagiC-PC vorausgesetzt, dass der Anwender über einen PC mit dem neuen Windows 95 von Microsoft verfügt. Alternativ kann auch unter Windows-NT gearbeitet werden. Außerdem empfiehlt es sich, eine relativ schnelle Hardware-Plattform zu verwenden, da hier im Gegensatz zum Janus-Board keinerlei ATARI-typische Hardware wichtige Arbeiten verrichtet. MagiC-PC beruht darauf, sämtliche relevanten Hardwarekomponenten zu emulieren. Hierzu gehören neben der 68000er-CPU auch der Blitter, der Soundchip und diverse Custom-Chips. Dies ist natürlich speicher- und rechenintensiv.

(Bedenken Sie in diesem Zusammenhang auch, dass Sie vor einer Installation des Emulators sicherstellen, dass Ihr Rechner über ausreichend Speicher verfügt, denn unter 16MB RAM sollten Sie gar nicht erst anfangen - bei keinem Softwareemulator!) Sofern sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, können Sie die erste von zwei HD-Disketten einlegen und die Installation starten. Diese geht recht einfach vonstatten. In einem Auswahlfenster werden Sie gefragt, auf welches Ziellaufwerk MagiC-PC installiert werden und mit wieviel Speicher der unter dem ATARI-Modus angelegte Festplatten-Container ausgestattet sein soll. Schon nach einigen Augenblicken befindet sich in dem entsprechenden Fenster ein wunderschönes Icon mit der MagiC-Aufschrift. MagiC-PC erlaubt dem Anwender anschließend in einem eigenen Menü-Programm die Auswahl der Auflösung und einiger anderer Einstellungen wie z.B. den maximalen Speicher, die Sound-Emulation usw. (siehe Bild 2). Sinnvollerweise werden die Standardauflösungen des ATARI-ST angeboten, d.h. 640 x 400 monochrom, 640 x 200 bei 4 Farben und 320 x 200 bei 16 Farben.

In der aktuellsten Version ist neben den Standardauflösungen auch das Verwenden höherer Auflösungen wie z.B. 800 x 600 oder 1024 x 768 Pixel möglich. Leider ist die Anzahl der Farben derzeit noch auf 16 begrenzt. Die Installation von NVDI ist übrigens problemlos und bringt einen weiteren Geschwindigkeitszuwachs in puncto Screen-Darstellung. Der Maximalwert für den vom ATARI-Modus nutzbaren RAM beträgt hier (ähnlich wie beim Gemulator oder TOS2WIN) 14MB. Eine Größe, die für den Privatgebrauch auf jeden Fall ausreichend, für den Profi-Anwender leider aber leider wenig von Nutzen ist.

Los geht es...

Nach all den Vorbereitungen bekommt der Anwender nun seinen guten alten ATARI mit MagiC-Desktop unter Ease auf dem Bildschirm des PC. Der Start erfolgt per Programmaufruf im Windows 95. Wenn Sie nun mit Ihrer Windows-Mouse in den ATARI-Bildschirm wandern, übernehmen Sie den bekannten ATARI-Zeiger und können fortan mit der ATARI-Software arbeiten.

Hierbei verrichtet auch diese Version von MagiC ihre Arbeit als Multitasking-Software, sowohl intern im ATARI-Modus als auch systemübergreifend zum PC-Modus gesehen. D.h., dass sowohl mehrere ATARI-Applikationen als auch ATARI- & PC-Applikationen nebeneinander laufen können. Rein theoretisch wäre es also möglich, im ATARI-Modus ein Programm kompilieren zu lassen, während man in den PC-Modus zurückkehrt und dort andere Dinge verrichtet (aber was kann der PC schon mehr als der ATARI??). Dies alles natürlich zu Lasten der Rechengeschwindigkeit beider Systeme.

Wenn Sie MagiC-PC verlassen wollen, um in die PC-Applikation zu wechseln, können Sie dies u.a. durch die Tastenkombination ALT+TAB (diese Kombination wechselt zwischen den einzelnen PC-Programmen). Es läuft eigenständig weiter, während Sie PC-Software bedienen.

Funktionsweise

Bisher sind wir nur auf die reine Funktionalität des MagiC-PC eingegangen. Da MagiC-PC jedoch einige Tricks verwendet, um den ATARI überhaupt emulieren zu können, sollten diese nun auch erforscht werden. Fangen wir mit der Festplatte an. Wie bereits erwähnt, können Sie anfangs angeben, wie groß das ATARI-Festplatten-Laufwerk unter MagiC-PC überhaupt sein soll. Die maximale Größe hierbei beträgt 32MB, eine Festplattengröße, die auch in ATARlaner-Kreisen schon seit einiger Zeit als überholt gelten dürfte. Dies ist aber kein Problem, da Sie in der Anfangskonfiguration auch angeben können, welches der PC-Laufwerke sowohl vom PC als auch von ATARI erkannt werden soll.

Ein Vorteil, der in der Container-Lösung gesehen werden kann, ist die Tatsache, dass die kleinen ATARI-Programme nicht automatisch viel Festplattenspeicher verschwenden, da die im PC-Modus üblichen großen Blöcke übergangen werden.

Nachteilhaft ist allerdings, dass bei der Arbeit mit dem Diskettenlaufwerk z.B. keine Disketten direkt im ATARI-Modus formatiert werden können. Außerdem ist die Tatsache, dass man sich beim Verwenden systemübergreifend benötigter Dateien stets vor Augen halten muss, dass diese in die Festplatten-Partition beider Systeme gesichert werden müssen, anfänglich gewöhnungsbedürftig und wenig komfortabel. Ein Vorteil, der von der MagiC-Mac-Version übernommen wurde, ist die Tatsache, dass Sie nunmehr in der Lage sind, einfach ein Verzeichnis (im ATARI-Modus ein Ordner) auf den Desktop zu mappen und fortan wie eine Festplatte mit einer festen Laufwerksbezeichnung zu verwenden. Das macht die Arbeit mit bestimmten, immer wieder benötigten Dateien recht übersichtlich.

Schnittstellen

Drucker können ebenso problemlos angesprochen werden wie z.B. ein Modem. Letzteres ist für viele User wichtig, da allgemein gesagt wird, dass kaum eine PC-Terminalsoftware den Klassikern „Connect" oder "Rufus" das Wasser reichen kann.

Fazit

Grundsätzlich tritt bei MagiC-PC das Phänomen auf, das man bei all den anderen Emulatoren nach dem Start auch erleben darf: Man ist beim Anblick des gewohnten ATARI- bzw. MagiC-Desktops in einem PC-Fenster hoch erfreut und zutiefst gerührt - wer hätte vor zwei oder drei Jahren schon gedacht, dass dies jemals problemlos möglich würde? Zudem erhält man beim Kauf der Software automatisch die vom ATARI-System her bekannten Systemerweiterungen MagiC und Ease, die einzeln für den ATARI schon mehr als 2/3 der gesamten Emulation kosten. MagiC-PC ist zweifelsohne in der Lage, ATARISoftware zu emulieren. Die Geschwindigkeit kann auf herkömmlichen PCs (z.B. mit 120 MHz) vergleichsweise gute Werte erreichen, ist aber im direkten Vergleich zur Konkurrenz noch nicht hundertprozentig überzeugend. Die Tatsache, dass die im Juli aktualisierte Version bereits 40% schneller als der Vorgänger vom Mai diesen Jahres ist, lässt jedoch darauf hoffen, dass sich in diesem Punkt noch so einiges tun wird. Auch die Tatsache, dass die aktuelle Version nur den 16-Farben-Modus unterstützt, ist schade.

Somit ist aber auch das Ziel-Publikum für dieses Produkt ganz klar festgelegt: ASH möchte mit MagiC-PC denjenigen Anwender erreichen, der bislang mit einem ATARI-Computer arbeitete und nun z. B. berufsbedingt zum PC wechselt. Dieser muss fortan nicht auf seine gewohnte Software, die über lange Jahre erstellten Daten und den ATARI-Komfort verzichten und kann in seinem gewohnten Umfeld weiterarbeiten. Hierbei kommt es weniger auf Farbenpracht und extrem hohe Geschwindigkeit an.

Schließlich kann man schon sicher sein, dass der Besitzer eines 1040ST seinen Augen kaum trauen können wird, wenn seine ATARI-Software fortan mit einer Auflösung von 1024 x 768 Pixeln läuft.

MagiC-PC wird rapide weiterentwickelt und verbessert, so dass wir Ihnen ständige News-Updates, Kompatibiliätslisten und Background-Informationen liefern werden.



Aus: Atari Inside 05 / 1996, Seite 46

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