Seit geraumer Zeit gibt es eine neue Händlerkooperative, die über die ACCs hinaus geht. Durch dieses Interview mit Herrn Plüher, Koordinator dieser Gemeinschaft, soll geklärt werden, welche Vorteile für den Endkunden entstehen.
Aachen, 15.12.1994 um 19.30 Uhr
AG:
Herr Plüher, die ATARI INSIDE ist eine neue Zeitschrift auf dem ATARI Markt und will bestehende Publikationen ergänzen. Offensichtlich ist auch die bekannte Gruppe der ACCs (ATARI-COMPETENCE CENTER) durch Ergänzunh eine noch größere Gruppe geworden. Die ATARI-System-Fachhändler sind nun auch noch dazu gestoßen.
KP:
Tatsächlich ist die Gruppe größer und leistungsfähiger geworden. Ergänzung ist hier durchaus der richtige Ausdruck. Wir sind aber nicht nur leistungsfähiger geworden, weil es einlach nur mehr ATARI-Firmen sind, sondern die ATARI-System-Fachhändler haben auch weitere Leistungsfähigkeiten und Kompetenz eingebracht. So wie die ACCs Synhtesizerstudio Jakob Profi für ATARI Musikanwendungen und Rokke Computer Spezialist für ATARI DTP sind, gibt es auch Spezialisten bei den ATARI SYSTEM FACHHÄNDLERN.
Beispielsweise Layoutservice Kiel für Falcon030 Speichererweiterungen, Reitmaier für Musikelektronik und Catch Computer für Hardwareerweiterungen. Auch Spezialfirmen wie Dickers Meß und Steuertechnik runden die Leistungspalette nach oben ab. Alle Händler sind auf ähnlich hohem Niveau. Zusätzlich haben wir nun weitere Spezialisten von oben bis hin zum Kleinsten, bis zum Portfolio. Eickmann Computer ist, unter anderem, Spezialist in diesen Bereich fast allein. Da aber alle Firmen auch untereinander arbeiten, können Sie jetzt auch Portfolio-Zubehör von Eickmann bei Betz Computer in Hamburg kaufen.
AG:
Das hört sich zunächst einmal gut an. Aber haben diese Firmen denn kein Konkurrenzdenken untereinander?
KP:
Doch natürlich, aber es kommt kaum zum Tragen. Die Händler sind weit entlernt voneinander. Schließlich sind nicht alle ATARI-Händler automatisch in die Gruppe aufgenommen worden. Einige ATARI Händler tragen heute nur noch den Namen und sind nicht mehr ATARI engagiert. Entweder konnten oder wollten sie nicht an der Weiterentwicklung der Applikationen teilnehmen.
AG:
Sind die Ziele der erweiterten Gruppe durch ATARI vorgegeben?
KP:
ATARI hat als amerikanischer Hersteller bisher in Europa die Strukturen vorgegeben. Tatsächlich unterscheiden sich aber die Märkte deutlich. Mit Bob Glaedow als Partner konnte mehr erreicht werden. Statt in Deutschland einen 'cash and carry'-Markt ohne Beratung zu installieren, konnte man sich mit dem ACC-Konzept anfreunden. Wobei der Name übrigens von ATARI selbst stammt. Frau Obersteiner setzte den Fachhandelsgedanken praxisgerecht in die Tat um und sorgte für bessere Unterstützung der Fachhändler. Aufgrund der neuen, verbesserten Situation arbeiteten ab diesem Zeitpunkt einige Leute in Deutschland an einer weitergehenden, mehr europäisch ausgelegten Struktur. Immer in Kontakt mit Führungspersonen auf dem Festland und in England. Schon damals stand fest, dass der Kreis erweitert werden würde. Entweder sollte durch Eigendynamik eine eigene Gruppe wachsen, oder es sollte in einer erweiterten Gruppe gemeinschaftliche Ziele abgeklärt werden, um gemeinsame Leistungsfähigkeiten zu nutzen. Zunächst einmal musste jedoch der Beweis angetreten werden, dass Eigenverantwortlichkeit ohne Entscheidungsautorität des Herstellers überhaupt funktioniert. Außerdem wäre es sehr schwierig gewesen mit Dutzenden von Meinungen zu starten. Also wurde zunächst eine Gruppe formiert, die weitestgehend gleiche Zielsetzungen hatte. Nachdem der Erfolg sich gezeigt hatte, war es ganz natürlich, dass andere sich an dieser Vorgehensweise orientierten und daran mitwirken wollten.
AG:
Das heißt, dass die Gruppe sich jetzt komplett formiert hat?
KP:
Wesentlich kompletter als vorher, ja. Wir sind aber durchaus gern bereit, den Kreis zu erweitern. Dieses Vorgehen konnte man schon bei den ACCs beobachten. Auch hier gab es nach und nach Zuwachs und Änderungen, wie man an den Nennungen der Firmen sehen kann.
AG:
Also können bald alle ATARI Händler in dieser Gruppe sein.
KP:
Dann würde es ausreichen die ATARI Händlerliste abzuschreiben. Wer in dieser Gruppe arbeiten will ist herzlich willkommen wenn er engagiert ist und seine Zielsetzungen mit denen der Gruppe harmonieren. Das soll natürlich nicht heißen, dass andere Ziele grundsätzlich schlechter wären. Beim nächsten ATARI FACHHÄNDLER TREFFEN wird auch darüber diskutiert werden, ob Nicht ATARI Händler in den Kreis aufgenommen werden können. Wie gesagt, wir geben uns unsere eigene Struktur. Wie bei den ACCs sind neue Partner willkommen, wenn sie kompetent sind.
AG:
Sie sprechen von 'Treffen'. Heißt das, dass Sie sich häufiger mit den ACCs und ATARI-System-FachhändlerN treffen?
KP:
Ja, wir treffen uns regelmäßig auf ATARI-FACHHÄNDLER-TREFFEN, meist in Frankfurt. Später sind die Softwarehäuser und Hardwarelieferanten dazu eingeladen worden. Sie haben dort Gelegenheit ihre neuen Produkte den Händlern vorzustellen und Schulungen durchzufahren. Fachhändler aus ganz Deutschland treffen sich, obwohl der Weg für manche sehr weit ist. Jedes Mal wurden es mehr. Auch die Firma ATARI ist meistens auf den Veranstaltungen anwesend. Offiziell begonnen hat das Ganze vor ca. zwei Jahren. Doch schon vorher gab es durchaus gemeinschaftliches Arbeiten. Erst als die gemeinschaftlichen Ziele diskutiert und festgelegt waren, gingen wir vorsichtig in die Öffentlichkeit. Hätten wir damals gesagt was wir vorhaben, hätte uns das niemand geglaubt. Zu dieser Zeit gab es auch noch eine andere Gruppierung der ATARI Händler und somit noch zu unterschiedliche Zielsetzungen.
AG:
Gibt es denn nicht heute Animositäten zwischen ACCs und ASF (ATARI-System-Fachhändler)? Dies könnte ich mir als Außenstehender gut vorstellen.
KP:
Zwischen wenigen. Die Firma Computer & Service ist ebenso in Kiel vertreten wie die die Firma Layout Service Kiel. Meinen Sie, die beiden können sich nicht leiden? Im Gegenteil, man tauscht sogar untereinander Waren aus, wenn gerade etwas nicht vorrätig ist. Bei weiter voneinander entfernten Firmen ist es noch einfacher. Man hat die gleichen Aufgaben, aber nicht die gleichen Kunden. Warum soll eine Firma TKC nicht mit Comtex als Netzwerkspezialist telefonieren, wie man ohne Gateway in NOVELL kommt? Es reicht doch, wenn einer die Lösung findet. Der Kunde profitiert von schnelleren Servicezeiten und Preisen.
AG:
Das klingt sehr vernünftig. Aber in einer Zeit, wo andere Hersteller sich mit neuen Produkten fast überschlagen, hört man von ATARI nur sporadisch. Warum also jetzt noch mehr bieten?
KP:
Die Frage gebe ich Ihnen zurück: Wenn Sie nicht selbst dem ATARI Markt vertrauen würden, hätten Sie wohl kaum eine neue ATARI-Zeitschrift etabliert. Recht gut sogar. Man spricht nicht nur viel von der ATARI INSIDE, sondern fast jeder Gesprächspartner hat eine zu Hause. Also hat er sie gekauft oder abonniert.
AG:
Wir sind mehr als zufrieden. Nachdem sich die anfänglichen Fehler in der ersten Ausgabe wesentlich reduziert haben, läuft es noch viel besser. Vor allem freuen uns natürlich die vielen Abonnements, die täglich eintreffen. Aber zurück zur Frage: Es gibt weniger zu sehen von ATARI und mehr von Ihrer Händler Gruppe, warum?
KP:
Klären wir erst einmal den Begriff Händler: Wenn Sie im Lebensmittelgeschäft eine Flasche Milch kaufen, haben Sie beim 'Händler' gekauft. Der ATARI Händler ist viel mehr als das. Für die Flasche Milch wird die Garantiezeit kaum mehr als drei Tage betragen. Auch bei der Benutzung werden wenig Fragen auftreten. Als Hardwareerweiterung wird man Ihnen höchstens noch ein Milchkännchen offerieren. Bei einem Computer ist das alles völlig anders. Da gibt es mehr Fragen als Tasten auf dem Keyboard. Der Händler ist hier auch Berater, der für Sie viel Geld, Zeit und Nerven sparen kann. Ein typischer ATARI-Händler tut viel mehr als nur verkaufen. Ein Kauf bei ihm heißt noch lange nicht, dass seine Verantwortung ab jetzt aufhört. Solange Sie einen Computer haben, werden Sie froh sein einen Ansprechpartner zu haben. Und das bieten Ihnen die Mitglieder der Gruppe deutschlandweit! Natürlich können Sie auch bei Versandanbietern deutschlandweit kaufen. Fragen Sie auch mal nach Service... Klar, dass der Käufer im Fachhandel Vorteile hat.
AG:
Die ACCs und Fachhändler haben jedoch Gemeinsamkeiten mit den Versandanbietern: Zuerst einmal fallen Sie durch Anzeigen auf.
KP:
Natürlich können Sie auch bei allen ATARI Händlern bestellen und bekommen das gewünschte zugesandt. Was ist aber, wenn Sie das Produkt aus einer Anzeige erst einmal in Funktion sehen wollen. Wenn Sie erst einmal abklären müssen, ob es zu Ihrer Hardwarekonfiguration paßt? Der Käufer der im Versandhandel einfach bestellt, übernimmt freiwillig die Verantwortung. Ein Beispiel: Sie kaufen eine Textverarbeitung, weil in der Anzeige so viele Vorteile aufgezählt sind. Zu Hause stellen Sie dann fest, dass Sie noch Zusatzsoftware für die vielen Schriften haben müssen. Also kaufen Sie nach. Alles zusammen, die neue Software, die Zusatzsoftware und die Schriften verbrauchen aber so viel Platz, dass der Speicher Ihres Rechners zu klein ist. Also wird jetzt auch noch eine Speichererweiterung fällig, bevor Sie sich Ihre neue Software überhaupt mal anschauen können. Wenn die Speichererweiterung dann eingetroffen ist, hoffen wir dass Sie sie auch selber einbauen können. Wieviel Zeit jetzt vergangen ist, dürfen Sie selber ausrechnen. Der Händler hätte Ihnen sagen können, dass die Software mehr Speicherplatz benötigt. Er hätte Ihnen eine andere Software anbieten können, die sticht soviel Speicher braucht. Sie können vor Ort überprüfen, ob Sie wirklich alle Funktionen brauchen. Vielleicht hat er sogar eine Demo parat, die Sie in aller Ruhe zu Hause ausprobieren können. Dann können Sie sich den ganzen Rest vielleicht sparen. Und ziemlich sicher wäre diese Software auch noch preiswerter gewesen. Meist rechnet sich ein eventuell günstigerer Preis gegen die Nachnahmegebühr des Versenders auf. Wenn Sie jetzt auch nur Ärger und Zeit dazu nehmen ist der Unterschied schon klar. Gar nicht gerechnet eventuell überflüssige Ausgaben. Auch die rechtliche Situation ist nicht günstig für den Käufer: Wenn ein, auch hervorragendes Produkt, nicht auf der eigenen, aber auf anderen Konfigurationen läuft, ist es kaum möglich ein Recht auf Umtausch geltend zu machen.
AG:
Sind die gemeinsamen Anzeigen eine Imagewerbung?
KP:
Sicher nicht in der aufwendigen Form, wie sie die chemische Industrie und die Banken betreiben. Dafür haben wir nicht genügend Geld. Wir müssen kein Negativ-Image über Werbung ins positive ummünzen. Wir wollen zuallererst informieren. Welche Produkte es gibt, welcher Händler wo zu finden ist, welche Spezialgebiete er hat. Für den ATARI User wird in der Öffentlichkeit viel zu wenig getan. So haben wir zum Beispiel durch die WDR-Postkartenaktion, damals noch initiiert durch die ACCS, eine Berücksichtigung der ATARI Szene durch Sendezeit erreicht. Nach Kenntnis des Leistungsstands von APEX MEDIA auf dem Falcon030 ließ sich Herr Rudolph vom WDRComputerclub sogar zu der Aussage verleiten: "Gut, dass der PC keinen serienmäßigen DSP hat, sonst wäre er vielleicht so gut wie ein ATARI". Dies war bisher sicherlich das auffälligste Ergebnis unserer Öffentlichkeitsarbeit. Publikationen wie die 4-farbige 'Falcon Leistungsübersicht' in einer Auflage von 40.000 Stück oder ATARI-BREITEN-MAILINGs von bisher 80.000 Stück tragen sicherlich auch zu breiterer Kenntnis bei.
ATARI hat sich übrigens bei den Mailings finanziell beteiligt. Dies zeigt ganz deutlich, dass wir miteinander arbeiten, obwohl wir unterschiedliche Wege beschreiten. Weiterhin wären die verschiedenen Falcon-COMPETENCEPARTYs zu nennen, die nicht nur für Falcon030 User ansprachen. Das hat das Besucheraufkommen gezeigt. Nicht aufgezählt werden sollen hier die vielen Aktionen der lokalen Händler, die natürlich nur regional Aufsehen erregen.
AG:
Es gab Gerüchte, dass der Falcon030 nur noch bis zum ersten Quartal '95 verfügbar wäre? Das wäre etwas beängstigend....
KP:
Von wann ist diese Aussage? Es hieß auch mal, dass Kohl bis '94 Bundeskanzler wäre. Jetzt haben wir ihn wieder... Tatsächlich braucht man sich jetzt erst mal keine Sorgen zu machen. Pardon, wegen ATARI, nicht wegen Kohl meine ich. Aber ernsthaft, allein der Lagerbestand dürfte zunächst reichen. Außerdem scheint es so zu sein, dass man bei ATARI, gemeinsam mit den Händlern, über weitere Produktionen nachdenkt. Genaues können Sie aber nur von ATARI erfahren. Wie wäre es mit Bob Glaedow als Gesprächspartner für die ATARI INSIDE?
AG:
Keine schlechte Idee! Vielleicht beantwortet er dann auch die Frage nach dem ATARI JAGUAR und seiner Einführung in Stückzahlen in den deutschen Markt.
KP:
Ich will Mister Glaedow hier nicht vorgreifen, aber ich kann sagen, dass der JAGUAR in Deutschland in Stückzahlen verfügbar ist. Anfangs waren die größten Stückzahlen natürlich für den amerikanischen Markt reserviert. Eine Einführung dieser Geräte in Deutschland war mit Umrüstung für die deutsche Fernsehnorm verbunden. Wer heute einen für Deutschland gefertigten JAGUAR kaufen will, geht zum ACC oder Fachhändier. Die Firmen, die JAGUAR führen, sind in unseren Publikationen gekennzeichnet.
AG:
Also kann der ATARI User eigentlich recht zufrieden sein mit dem, was der Markt ihm zukünftig bieten wird?
KP:
Mehr engagierte, kompetente Händler, mehr Information, nicht zuletzt durch die ATARI INSIDE, mehr Produkte und Anwendungen als je zuvor. Sicher fehlt es noch hier und da. Wenn jemand Vorschläge oder Wünsche hat, kann er sie gern an uns richten. Da Sie ja auch deutlich an der Meinung Ihrer Leser interessiert sind, darf ich Sie vielleicht bitten Zuschriften an uns weiterzuleiten. Die Leute die schreiben werden, haben sicher nichts dagegen, wenn auch Ihre Redakteure Kenntnis nehmen.
AG:
Den Vorschlag greife ich gern auf. Ich bedanke mich für das Gespräch.
KP:
Mit engagierten Leuten macht es Spaß zu reden. Weiterhin viel Erfolg für die ATARI INSIDE...