Zauberformel: FormelX, erster Formelgenerator von Compo

Wer schon einmal Formeln in einen Text einbinden wollte, der wird die Stunden verzweifelten Kampfes mit Grafikprogramm oder Klebetube und Tuschefeder kaum vergessen haben. Formelgeneratoren waren bisher ein Stiefkind der Atari-Programmierer. Aber mit »FormelX« ist jetzt Besserung in Sicht.

Der Weg ist einfach: Sie schreiben Ihre mathematischen Ausdrücke mit dem Formeleditor und speichern die fertige Formel als Bild. Nun müssen Sie nur noch die Grafik in den Fließtext einsetzen. FormelX (spricht sich übrigens »Chi«, nach dem griechischen Buchstaben) arbeitet mit jeder Textverarbeitung und jedem DTP-Programm zusammen, das IMG-Dateien beliebiger Größe als Grafiken importiert und bei Bedarf verkleinert.

Eine Liste der von uns getesteten und funktionsfähigen Programme finden Sie im Kasten.

Mit Programmen, die das XACC-Protokoll verstehen, kooperiert FormelX sogar direkt.

Das heißt, die Formeln erreichen den Text nicht über den Umweg einer Grafikdatei, sondern werden gleich im Speicher an die Textverarbeitung übergeben. Im Moment ist leider »That's Write« der einzige Kandidat dafür.

Problematisch ist die Darstellung komplexer mathematischer Ausdrücke deshalb, weil die meisten Formeln ja nicht nur aus aneinander gereihten Zeichen bestehen, sondern auch in die Höhe wachsen, etwa Brüche oder Summenformeln. Deswegen stellt FormelX insgesamt sieben Zeilen zur Verfügung, auf die sich der Ausdruck erstrecken darf. Auch für Potenzen und Indizes hat FormelX vorgesorgt und bietet in jeder der sieben Zeilen noch je zwei Ebenen für Indizes und Exponenten.

Zwischen diesen Ebenen wechseln Sie mit den Cursortasten; um in andere Zeilen zu gelangen, drücken Sie zusätzlich noch die Control- oder Shifttaste. Wer will, klickt natürlich gleich mit der Maus. FormelX hält drei Zeichensätze in seinem Repertoire bereit, zwischen denen Sie per Funktionstasten wechseln: Ein normaler Font für Klartext und Variablen, der auch über die Attribute Fett und Kursiv verfügt; außerdem ein mathematischer Zeichensatz mit allerlei Sonderzeichen (Integrale, Summen etc.) sowie ein griechisches Alphabet, sozusagen von Alpha bis Omega.

Weitere Symbole offenbaren sich nach dem Klick in die Iconbox. Besteht ein mathematisches Zeichen aus mehreren Elementen (etwa eine Summen mit ihren Grenzen oder ein Limes mit dem dazugehörigen Grenzwert), fragt das Programm sofort nach diesen Werten, sobald Sie das Zeichen einsetzen. Sie brauchen sich dann auch nicht um deren richtige Größe, Position und Schriftart kümmern, FormelX erledigt das für Sie. Bruchstriche und Wurzeln wachsen bei der Eingabe automatisch mit, haben also immer die richtige Länge und Größe. Dies gilt leider nicht für die anderen Sonderzeichen: So ist es nicht möglich, ein Integralzeichen oder ein Sigma über mehrere Ebenen zu ziehen. Zwar dürfen Sie die Zeichen in Ihrer Fontgröße ändern, 20 Punkt als Maximum sind aber hier eindeutig zuwenig. Das sollte sich noch ändern.

Bis zu sieben Stockwerke hoch darf Ihre Formel sein

Eine Übersicht der möglichen Formelkomponenten sehen Sie in unserer Abbildung. FormelX bedient sich übrigens dreier GDOS-Fonts; wem die Auswahl also nicht reichen sollte, der erzeugt sich mit einem normalen Fonteditor selbst weitere Zeichen. Die Schriften sind proportional und erscheinen nach dem WYSIWYG-Prinzip. Bei der Eingabe überlappen sich gelegentlich noch Symbole, und die Brüche sind noch nicht zentriert. Ein Druck auf Control-Q erzeugt in diesem Fall die endgültige Formatierung. Eine Automatik sorgt zusätzlich dafür, daß sich geöffnete Klammern in der richtigen Reihenfolge auch wieder schließen. Alle Symbole und Aktionen sind auch via Tastatur erreichbar, das erspart einige Mausmeter.

Nicht ganz so komfortabel fällt dafür das Editieren bereits vorhandener Formeln aus. Dabei müssen Sie aufpassen, daß Sie beim Einfügen von Zeichen nicht über den rechten Rand hinauskommen -was da hinüberragt, wird nämlich gnadenlos abgehackt. Beim Einfügen auf der Hauptebene rücken übrigens auf Wunsch auch die anderen Zeilen nach hinten - damit ist sichergestellt, daß bei einem Bruch nicht etwa der Nenner alleine abwandert. Leider ist es nicht möglich, einzelne Elemente eines Sonderzeichens zu korrigieren: Um etwa die Grenzen eines Integrales zu ändern, müssen Sie das ganze Integralzeichen löschen und mit den Grenzen neu eintippen. Es ist daher sinnvoll, sich zuerst genauere Gedanken über das Aussehen der Formel zu machen und nicht einfach drauflos zu klicken. Mit <F9> gelangen Sie in den Editiermodus. Hier lassen sich Formelblöcke verschieben, kopieren oder im Stil ändern. Außerdem dürfen Sie die Formel noch mit einigen Linien oder etwas Text verschönern.

Bereits bei der Installation geben Sie an, in welcher Auflösung FormelX die Grafiken erzeugt. Abhängig vom Drucker sind 300 dpi (Laser) oder 360 dpi (24-Nadler) vorgesehen. Die Auflösung von 9-Nadel-Druckern erfährt keine Unterstützung. Natürlich lassen sich die Grafiken damit drucken, aber die Textverarbeitung muß dann eine Umrechnung durchführen, was zu Qualitätsverlusten führt. Andererseits ist der Ausdruck einer Studienarbeit, und darauf zielt ja FormelX in erster Linie, auf einem 9-Nadel-Drucker heutzutage nicht mehr akzeptabel.

Über ein PopUp-Menü erreicht man den Befehl zur Konvertierung der Formel in eine IMG-Grafik. Natürlich nicht, ohne vorher unter »Optionen« noch die richtigen Parameter bezüglich Auflösung, XACC-Protokoll etc. eingestellt zu haben. Hier dürfen Sie auch eine Formelnumerierung tippen, diese packt das Programm dann gleich mit in die IMG-Grafik hinein.

In dieses PopUp-Menü gelangen Sie übrigens mit einem meist ziemlich träge reagierenden rechten Mausklick, zu den »Optionen« führt der Weg via <Control+0> -diese Hinweise fehlten noch in unserem vorläufigen Handbuch. Abgesehen davon ist die Anleitung aber recht gelungen und führt den Benutzer gut in das Programm ein. Einige praktische Übungsbeispiele sorgen dafür, daß man sich schnell zurechtfindet.

Natürlich hat auch FormelX seine Grenzen: So ist bisher nicht vorgesehen, Brüche mit mehr als einem weiteren Bruch in Zähler oder Nenner zu bilden. Auch bei Brüchen in Exponenten, Indizes und den Grenzen von Sonderzeichen (Integral, Summe...) muß FormelX passen, ebenso bei Wurzeln in Sonderzeichen. Für die in der Schule gestellten Anforderungen sowie für die meisten Anwendungen im Studium reicht der Leistungsumfang jedoch völlig aus. Für diese Zielgruppe ist FormelX dann auch dringend zu empfehlen. (wk)

Compo, Ritzstr 13, 5540 Prüm

WERTUNG

Name: FormelX
Preis: 148 Mark
Hersteller: Compo

Stärken: Arbeitet mit den meisten Textprogrammen zusammen □ direkte Kommunikation mit XACC-Protokoll □ komfortables Formelschreiben □ viele Symbole

Schwächen: Sonderzeichen nur über eine Ebene □ noch Einschränkungen bei Mehrfachbrüchen

Fazit: Wer mathematische Arbeiten auf dem ST schreibt, kommt an FormelX nicht vorbei.

# Getestete Software

Text- bzw. DTP-Programme

Signum Drei
Cypress
Publishing Partner Master 1.81 und 2.0
That's Write
Timeworks Publisher
Papyrus
Calamus 1.09
Calamus SL

Grafikprogramme:

MegaPaint Professional
Arabesque Professional
PaintShop Plus 2.0
Easy Draw Supercharger
Draw! 3.0
Graffiti
Piccolo

Keine korrekte Zusammenarbeit ergibt sich mit »1st Word Plus« (kein Verkleinern von Grafiken), »WordPerfect« (kein Grafikimport). »Script II (nur Formeln, die als IMG-File kleiner als Bildschirmgröße sind) sowie »STAD« (kein offizieller Import von IMG-Dateien).


Marc Kowalsky
Aus: TOS 06 / 1992, Seite 32

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite