Die Datenbank »1st Base« soll die beliebte Dateiverwaltung »1st Address« ablösen. Unsere Eindrücke vom Stand des Programms Mitte Februar lesen Sie in diesem Bericht.
Jeder kennt 1st Address, die kleine und schnelle Datei Verwaltung, die zu den beliebtesten Atari-Programmen überhaupt gehört. Als »großer Bruder« soll demnächst 1st Base einen würdigen Nachfolger abgeben: Das Programm aus der Lauenburger Softwareschmiede ist als echte Datenbank mit relationalen Fähigkeiten angekündigt. Mit dem Stichwort »angekündigt« sind wir schon bei des Pudels Kern: Eigentlich sollte an dieser Stelle ein ausführlicher Testbericht über 1st Base in der vollständigen 1.0-Ver-sion folgen. Hoch und heilig hatte man uns mehrfach zugesichert, das Programm sei kurz vor der Fertigstellung. Davon konnte jedoch bis weit nach Redaktionsschluß keine Rede sein. Die uns überlassenen Beta-Versionen liefen leider noch nicht zuverlässig und absturzsicher. Der komplette Leistungsumfang ist ebenfalls noch nicht realisiert. So erhalten Sie, liebe Leser, mit diesem Bericht allenfalls einen kleinen Eindruck, was 1st Base in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft zu leisten vermag. Grundlage unseres Vorabstatt Testberichts ist die Version 0.99. Bewährtes soll man weiterführen.
Nach diesem Motto wird das künftige 1 st Base die gleichen Vorteile aufweisen wie sein Vorgängerprogramm 1st Address. Beide Programme sind komplett in Assembler programmiert, halten den Datenbestand im Computerspeicher und laufen deshalb atemberaubend schnell. Beide kommen mit minimalem Hauptspeicher aus und setzen keine Festplatte voraus. Was bei 1st Address eine Qual war, das Einrichten einer Dateimaske, geht in Zukunft mit 1 st Base ausgesprachen bequem vonstatten. Ein komfortabler Maskeneditor dient zum Aufbau einer ersten Dateimaske. 1st Base verwaltet sechs verschiedene Feldtypen. Dazu gehören (bei Bedarf mehrzellige) Textfelder, Zahlenfelder mit bis zu sieben verschiedenen Formaten und auch Verweisfelder auf externe Dateien (z.B. Bilder). Die Felder dürfen eine feste oder variable Vorbelegung enthalten. Als »fest« gilt ein Text, der standardmäßig beim Betreten des Feldes erscheint. Variable Vorbelegungen sind Rechenanweisungen ähnlich denen einer Tabellenkalkulation: »Anzahl x Einzelpreis« als variable Vorbelegung berechnet zum Beispiel die Gesamtsumme aus den Feldern »Anzahl« und »Einzelpreis«. Bei umfangreichen Datensätzen verteilen Sie die Felder auf maximal neun Bildschirmseiten. Mit einigen Mausbewegungen schieben Sie diese in der Eingabemaske hin und her und erreichen so ein ansprechendes Layout der Maske. Mit Shifttaste und Mausklick nimmt man eine beliebige Größenänderung schon angelegter Felder vor. Ist die Datei komplett eingerichtet, so zeigt ein Übersichtsfenster die Dateistruktur in Form einer horizontal und vertikal unterteilten Tabelle. Jede Zeile der Tabelle ist ein Datensatz, der sich per Mausklick öffnen, anzeigen oder verändern läßt. Bis zu vier Fenster mit verschiedenen Dateien zeigt 1st Base gleichzeitig an.
Insgesamt verwaltet das Programm bis zu acht Dateien gleichzeitig. Im Unterschied zu 1st Address lassen sich nun mehrere Dateien zu einer relationalen Datenbank verknüpfen. Damit ist es möglich, Datensätze aus einer Adreßdatei in eine Datei zur Rechnungserstellung zu übernehmen. Dies erspart unnötige Doppeleingaben. Wie jede relationale Datenbank legt auch 1st Base zu diesem Zweck einen Verweiszeiger auf den entsprechenden Datensatz der Adreßverwaltungan.
Abweichend von herkömmlichen relationalen Datenbanken weist 1 st Base jedoch eine wichtige Besonderheit auf: Normalerweise ist eine Relation eine ziemlich starre und unflexible Angelegenheit. Verweisfelder auf andere Dateien sind nur über den Datenbestand der Verweisdatei auszufüllen. 1st Base bietet demgegenüber eine Art »lockere Relationalst«: bei der Eingabe kann man Relationen zu anderen Dateien herstellen, aber man muß es nicht. Beispielsweise ist es damit sehr einfach, innerhalb einer Rechnung einen individuell ausgehandelten Preis anstelle des in der Artikeldatei eingetragenen Standardpreises einzufügen. Mit 1st Base bleibt es dem Anwender überlassen, Daten über eine Relation aus einer anderen Datei zu holen, oder Daten von Hand einzutragen. Leider läßt sich diese »lockere Relationalität« nicht zugunsten einer »strengen« relationalen Verknüpfung abschalten. Große Flexibilität führt nämlich bisweilen schnell ins Chaos. Wie schon 1 st Address bietet auch der Nachfolger 1st Base flexible Such- und Sortierroutinen. Suchvorgänge quer durch alle Datenfelder hindurch laufen in der Regel mit so großer Geschwindigkeit ab, daß es nicht nötig ist, die Suche auf bestimmte Felder zu beschränken. Findet 1st Base mehr als einen zutreffenden Datensatz, erzeugt es automatisch eine Untermenge aller »Treffer«. Selbstverständlich sind auch verknüpfende und vergleichende Suchvorgänge zugelassen (»suche alle Kunden im Postleitzahlgebiet 4, die für mehr als 10.000 Mark gekauft haben«). Unsere Vorabversion ist weder in der Lage, komplexe Suchstrategien zu speichern noch ausgewählte Untermengen weiter zu differenzieren.
Große Fragezeichen müssen wir auch hinsichtlich der Ausgabefunktionen setzen, die in der uns vorliegenden Dokumentation nur spärlich beschrieben sind. Den mitgelieferten Beispielen zufolge erzeugt das fertige 1st Base Ausgabereports, die man mit Hilfe einer Basic-ähnlichen Programmiersprache anfordert. Reports sollen das Mischen von Feldinhalten mit festen Texten erlauben, weiterhin auch die Programmierung von Schleifen, die Abfrage von Variablen und eine genaue Druckkopfpositionierung für das Ausfüllen von Formularen. Mit Hilfe des »Alert«-Befehls ist sogar das Einblenden von Alertboxen (z.B. Aufforderung zum Papierwechsel) realisierbar. Ob sich Ausgabereports mit Suchvorgängen verbinden lassen, ist uns nicht bekannt. Etwas besser sieht es mit den Export- und Importschnittstellen aus, die schon zufriedenstellend laufen. 1st Base unterstützt für Import und Export drei verschiedene Ascii-Formate sowie das WordPerfect-und das Portfolio-Datenformat. Als angenehmes Schmankerl sieht die Exportschnittstelle das Verschicken von Daten via Tastaturpuffer in andere Anwendungen vor. Anwender von 1st Address kennen das bereits. Neu hinzugekommen ist jedoch ein kleines Terminalprogramm, das dem Senden und Empfangen von Daten via Modem dient. Auch den Portfolio sprechen Sie direkt von 1st Base aus an. In diesem Fall benötigen Sie die serielle oder parallele Schnittstelle für Ataris Organizer. Ein abschließendes Fazit zu 1st Base will dieser Vorabbericht nicht liefern. Gleichermaßen möchten wir Ihnen die Beschreibung aller noch auftretenden Fehler und Macken ersparen, über die nervtötende Verschiebung fest versprochener Auslieferungstermine und die damit verbundenen Probleme bei der Planung dieses Artikels wollen wir ebenfalls hinwegsehen. Was ein komplettes, fehlerfreies 1st Base mit vollständiger Dokumentation attraktiv machen könnte, ist seine hohe Geschwindigkeit und leichte Bedienbarkeit. Als relationale Datenbank dürfte es viele Bereiche des privaten und semiprofessionellen Datenbankeinsatzes abdecken. Da 1st Base weder eine eigene Datenbanksprache à la dBase enthält, noch das Entwickeln von eigenständigen Applikationen gestattet, sind gewisse Grenzen für den professionellen Einsatz von vornherein gesetzt. Zunächst kommt es aber darauf an, eine fehlerfreie Version schnell auf den Markt zu bringen. (wk)
Victor GmbH, Halbmond 8, 2058 Lauenburg
Gerade haben wir die never ending Calamus-Story vergessen und das endlose Warten auf Tempus-Word schon fast verdrängt. Da dachte man doch, daß derweilen auch der letzte Softwarehersteller in Hintertupfing begriffen hätte, daß ein vorschnelles Ankündigen neuer Software und die Auslieferung mehr schlecht als recht funktionierender Beta-Versionen die beste Methode ist, sich stapelweise geharnischte Kundenbeschwerden einzuhandeln. Denkste! Nach DMC und CCD reiht sich nun auch die Victor GmbH in den Kreis jener Softwarehäuser ein, die den Beta-Test vertrauensvoll in die Hände ihrer Kunden legen. Zur Atari-Messe '91 hieß es, 1st Base 1.0 sei »fast fertig«. Eine erste 0.9-Version konnte man mit unvollständigem Handbuch in der Hoffnung auf eine zügige Auslieferung der Vollversion bereits erwerben. Wer als erster kaufte, den bestrafte das Leben: Ein Auslieferungstermin nach dem anderen platzte, Käufer der Vorabversion fühlten sich geprellt. Geschadet hat diese unbedachte Aktion sowohl dem gutgläubigen Erstkäufer als auch der Victor GmbH, die sich derzeit vor Beschwerden und Reklamationen kaum retten kann. Sicherlich treten bei der Fertigstellung eines komplexen Programms bisweilen unvorhergesehene Pannen und Probleme auf. Eine andere Sache ist es jedoch, Vorabversionen gegen gutes Geld über die Ladentheke zu reichen: ein schwerer Marketing-Fehler, den manches Kleinunternehmen nur einmal macht. Liebe Hersteller, auch wenn euch die Kunden die Telefone heißklingeln und nach neuer Software drängeln und betteln, bitte bleibt hart und laßt die Beta-Versionen dort, wo sie hingehören: in den Händen der Beta-Tester und nirgendwo sonst.