In den 70er Jahren entwickelten amerikanische Studenten ein Gerat, mit dessen Hilfe sie kostenlos telefonieren konnten. Heute benutzen Hacker zum gleichen Zweck Software. TOS sprach in Schweden mit dem Autor des »Multi-Frequency-Dialer«.
Für K. sind schwindelerregende Telefonrechnungen längst passe. Mit seinem Programm, dem »Multi-Frequency-Dialer« (MFD), telefoniert er mit Freunden oder Mailboxen aus aller Welt und zahlt keine Öre.
»Die Sache ist total simpel. Jedes Land verfügt über gebührenfreie Servicenummern (etwa für Deutschland: 0130; Anm. d. Red.), die von verschiedenen Firmen für deren Kunden zur Verfügung gestellt werden. So eine Nummer wähle ich zunächst mit dem Telefon - alles noch unter dem Deckmantel der Legalität. FHabe ich eine Verbindung, tritt der Computer in Aktion. Mittels ein paar Tönen gaukelt er dem Telefon netz vor, ich hätte aufgelegt. Das Telefon der Gegenstelle legt prompt auf - die Leitung steht aber nach wie vor! Ein weiterer Ton meldet einen scheinbar »neuen« Anruf und die eingespeiste Nummer verbindet mich mit jedem Ort der Welt - und mit der Legalität ist's vorbei.«
Schließlich greift K. zum Telefon und wählt eine Nummer. Nach einigen Sekunden Wartezeit hält er den Hörer an den Lautsprecher des Monitors und drückt eine Taste. Merkwürdige Töne, ähnlich denen einer Fernabfrage für Anrufbeantworter, fließen etwa zwei Sekunden in das Telefon. Weitere fünf Sekunden später aktiviert K. sein Modem. Auf dem Bildschirm erscheint die Empfangsmeldung einer Mailbox. Binnen kürzester Zeit wandert Software aus England, Amerika oder Frankreich auf die Festplatte.
Der Trick der sogenannten »Blue Box« ist seit langem bekannt. Amerikanische Studenten entwickelten vor etwa 10 Jahren ein Gerät namens »Black Box«. Es ermöglichte die kostenlose Benutzung eines Telefons nach ähnlichem Schema. Die amerikanische Telefongesellschaft AT&T reagierte lange Zeit nicht. Jetzt sorgen dort Filter im Telefonnetz für rein legalen Betrieb. »Jedes Telefonnetz benutzt etwas andere Break-Frequenzen (= Unterbrechungssignal; Anm. d. Red.). Das einzige Problem ist es, diese Frequenzen durch mühsames Ausprobieren herauszubekommen. Aber so was läßt sich natürlich auch mit einem eigenen Programm realisieren.«
Doch nicht nur die heimischen Telefonanlagen bieten eine potentielle Angriffsfläche. Andere Tonsignale des MFD, die in Insider-Kreisen als »Redbox & Greenbox« bekannt sind, täuschen in manchen Ländern einer gewöhnlichen Telefonzelle den Einwurf von Münzen vor. Wer seinen Computer nicht bis zum nächsten öffentlichen Fernsprecher schleppen will, nimmt die Töne kurzerhand auf Tonband auf und spielt sie im Telefonhäuschen wieder ab.
Schwer haben es die Telefongesellschaften: Ein Anruf via Blue Box läßt sich in der Regel nur bis zu dem Land zurückverfolgen, das mit der gebührenfreien Servicenummer angerufen wurde. Aus diesem Grund warnen die Hacker auch vor dem Gebrauch von Servicenummern, die in das eigene Land verbinden.