Übersicht: Programmiersprachen für wenig Geld

Turbo-Assembler: Der schnellste und leistungsfähige Assembler auf dem ST ist Shareware.

LPR-Modula-2: Ideal zum Einstieg in Modula 2. Das umfangreiche Paket enthalt alles, was zum Entwickeln nötig ist.

Programmiersprachen für den kleinen Geldbeutel -so lautet das Motto dieses Artikels. Ob Assembler, C, Modula-2 oder Sprachen zur objektorientierten Programmierung — TOS gibt Ihnen einen Überblick über die interessantesten Public-Domain- und Shareware-Sprachen.

In Sachen Programmiersprachen bietet der Public-Do-main- und Shareware-Sektor für jeden Geschmack etwas. Ob Compiler oder Interpreter, Hochsprache oder Assembler, das Niveau der preiswerten Sprachen kann sich durchaus mit dem der kommerziellen Produkte messen.

Assembler

Für fortgeschrittene Programmierer im Geschwindigkeitsrausch eignet sich vor allem die Basis aller Sprachen - Assembler. Und hier gibt es seit einigen Monaten ein sehr interessantes Produkt aus deutschem Lande. Der »Turbo-Assembler«, ehemals als kommerzielles Programmpaket vertrieben, ist nun Shareware. Er bietet einen mächtigen Funktionsumfang. Turbo-Ass besitzt eine GEM-ähnliehe Benutzeroberfläche, die allerdings ohne Betriebssystem auskommt und deswegen selbst dann noch läuft, wenn das GEM abgestürzt ist. Die Geschwindigkeit des Assemblier-vorgangs ist blitzschnell: Turbo-Ass übersetzt über eine Millionen Zeilen pro Minute. Zur Fehlersuche steht anschließend »Bugaboo« zur Verfügung. Er erfüllt alle Wünsche des fehlergeplagten Programmierers souverän. Auf Diskette befinden sich neben dem Assembler und Debugger auch ein Resour-ce-Construction-Kit, Bibliotheken für Betriebssystemfunktionen, Druckertreiber und der Quelltext des Sokoban-ähnlichen Spiels »Thinkwork«.

C(ääh)

Für C-Programmierer bietet die Public-Domain-Szene zwei mächtige C-Compiler: »GNU-C« und »Sozobon-C«. Beide umfassen neben dem C-Compiler einen Assembler, Linker, Header-Dateien, Bibliotheken und Hilfsprogramme. Beiden Paketen ist der komplette Quelltext des Compilers und Assemblers beigelegt. Somit können Sie einerseits Änderungen am Compiler vornehmen und ihn erweitern und verbessern. Andererseits dient der Quelltext auch vorzüglich dazu, tiefer in C einzusteigen und die Arbeitsweise des Compilers zu verstehen.

Das komplette Sozobon-C umfasst zwei Disketten (Programme und Quelltexte). Das Installieren ist denkbar einfach. Schon nach fünf Minuten ist das erste C-Programm geschrieben und compiliert - vorausgesetzt, Sie hatten bereits Kontakt mit Compilern und Batch-Dateien. Denn Sozobon-C arbeitet ausschließlich unter TOS auf Kommandozeilenbasis. Das Compilieren, Assemblieren und Linken erledigen getrennte Programme, die Sie über eine Batch-Datei aufrufen. Als Einführung in die Handhabung des Systems gibt es dazu englischsprachige Dokumente auf Diskette. Darauf finden Sie auch diverse Hilfsprogramme und Bibliotheken für Betriebssystem- und Standardfunktionen. Zum Arbeiten mit Sozobon-C reicht ein Diskettenlaufwerk und 1 MByte RAM.

Auch der zweite C-Compiler GNU-C arbeitet mit Batch-Dateien und auf TOS-Ebene. Das komplette GNU-C umfasst fünf gearcte Disketten. Diese enthalten neben dem Compiler, Assembler, Linker und Hilfsprogrammen auch alle Quelltexte und in diesem Zusammenhang wichtigen Dokumente über Compilerbau. GNU-C ist wesentlich umfangreicher als Sozobon-C und vor allem denen zu empfehlen, die über einen Massenspeicher verfügen und sich für Compilertechniken interessieren.

Modula - 2

Als preiswerte Alternative zu kommerziellen ModuIa-2-Paketen (siehe auch Vergleichstest in dieser Ausgabe) ist das »LPR-Modula-2« des Lehrstuhls für Prozeßrechner der TU München gedacht. Dabei handelt es sich um eine direkte Übertragung des originalen Modula-2-Compilers von N. Wirth. Die Entwicklungsumgebung arbeitet unter GEM. Der Ein-Pass-Compiler erzeugt schnellen Code, der sich durchaus mit dem der kommerziellen Pakete messen kann. Auf der Diskette befinden sich neben Shell, Compiler und Linker auch der Modula-2-Quelltext-Debugger und viele vordefinierte Module. LPR-Modula-2 ist kompakt, erzeugt schnellen Code und ist sehr preiswert - alles in allem also ideal zum Einstieg.

Icon, Smalltalk und XLISP

Im Zuge der wissenschaftlichen Nutzung des ST wurden auch viele für spezielle Aufgaben geeignete Hochsprachen auf dem ST implementiert. So auch »Icon 6«, das seinen Weg durch diverse Forschungsabteilungen über UNIX zum ST fand. Icon lehnt sich an »SNOBOL4« an und eignet sich vor allem für Textgestaltung, String-, Listen-und Textverarbeitung und für symbolische Mathematik. Ein komplette Implementation ist als Pu-blic-Domain verfügbar. Die Diskette enthält auf über 120 KByte eine ausführliche englischsprachige Einführung in Icon. Anhand vieler Beispiele gibt der Autor Einsicht in das Konzept der Hochsprache. Dem Paket sind einige Quelltexte -u. a. von Solitaire - beigelegt. Vielleicht haben Sie schon von objektorientierter Programmierung (kurz OOP) gehört. Wenn ja, dann sollte Ihnen das OOP-System »Smalltalk« ein Begriff sein. Smalltalk wurde ursprünglich auf Großrechnern in der Forschung und Entwicklung verwendet. Die Firma G. Heeg übertrug es als kommerzielles Komplettsystem auf den ST.

Dieses enthält die Sprache und die grafische Oberfläche ähnlich GEM. Massenspeicher und mindestens 2 MByte sind dabei allerdings Voraussetzung. Für Studenten und Interessierte gibt es eine abgespeckte Version ohne grafischer Oberfläche von Smalltalk als Public Domain. Die Diskette enthält neben der Sprache etwa 180 KByte englischsprachiger Dokumentation.

Darin erfahren Sie alles Wissenswerte über Smalltalk und die ST-Implementationen. Zur Veranschaulichung enthält die Diskette über 30 Beispielprogramme. Tip: Wem der Spaghetti-Code von Basic ein Dorn im Auge ist, der sollte einen Blick auf Smalltalk werfen.

Ein weiterer Vertreter objektorientierter Public-Domain-Sprachen auf dem ST ist »XLISP«. Diese Interpretersprache vereinigt die Merkmale von LISP mit denen der OOP. So kennt es jetzt als neue Datentypen u. a. Klassen, Objekte und Streams. Durch die Dokumentation auf Diskette erfahren Sie alles Wissenswerte über die Sprache.

Viele Quelltexte veranschaulichen die Einführung.

Bezugsquelle

Alle im Artikel erwähnten Programmiersprachen sind Public Domain bzw. Shareware und über den gutsortierten PD-Fachhandel zu beziehen. Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Disketten nummern der Fa. ST-Profi-Partner, Mönkhofer Weg 126, 2400 Lübeck, Tel. 0451-505367

Turbo-Assembler Shareware (50 Mark) P17 
Sozobon-C	Public Domain	P14/(Source)P15
LPR-Modula-2 Public Domain	P11/(Utilities)P16
Icon	Public Domain	P9
Smalltalk	Public Domain	P4
XLISP	Public Domain	P2

Das GNU-C-Entwicklungssystem ist u. a. bei Musik- und Grafiksoftware Shop, Wasserburger Landstr. 244, 8000 München 82, Tel. 089/4306207 zu beziehen.


Martin Backschat
Aus: TOS 07 / 1990, Seite 68

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