QED: Nachschlag

Im September veröffentlichten wir einen großen Editoren-Test. Jetzt gibt's noch einen Nachzügler.

Der Texteditor »QED« von Tom Quellenberg erblickte zwar schon vor mehr als drei Jahren das Licht der Welt, wurde aber erst vor kurzer Zeit herausgegeben. Wir untersuchen, ob sich die lange Entwicklungsdauer positiv auf das Programm ausgewirkt hat.

QED ist ein sauberer GEM-Editor, der mit dem neuen MultiTOS harmoniert und auch friedlichen Umgang mit Großbildschirmen pflegt. Der Editor verfügt über ein eigenes Desktop, das im Multitaskingbetrieb in ein Fenster gelegt werden kann, so daß es nicht zu Kollisionen mit anderen Desktops kommt. QED kann auch als Accessory installiert werden, was aber eine Funktionseinschränkung zur Folge hat. Alle Dialoge sind beweglich und alternativ tastaturbedienbar. Die Pulldownmenü-Einträge können auch mit Shortcuts aufgerufen werden, wobei sich der Autor an die üblichen Standard-Kombinationen gehalten hat.

Sämtliche Texte werden durch Icons repräsentiert, beim Anklicken erscheint der Text in einem Fenster. Insgesamt können in den alten TOS-Versionen bis zu sieben Texte gleichzeitig dargestellt werden, in den neuen TOS-Versionen sind es entsprechend mehr bzw. die Zahl der offenen Fenster unbegrenzt. Für die Textdarstellung können Sie wahlweise GDOS-Fonts benutzen, wobei auch proportionale Zeichensätze Verwendung finden können. Unterstützt werden alle GDOS-Varianten (AMC-GDOS, NVDI-GDOS, Atari-GDOS). Erwähnenswert ist, daß bei einer Fontänderung alle offenen Fenster darauf reagieren, der Text also umgehend angepaßt wird.

Bei der Arbeit mit QED fallt auf, daß der Text beim Scrollen erheblich nachläuft, was durchaus zu sekundenlangem Warten führen kann. Im Zusammenhang mit dem Scrollen gibt es noch eine Besonderheit: Wird mittels den »Arrows« (die Pfeil-Elemente an GEM-Fenstern) gescrollt, bleibt der Cursor an der alten Stelle im Text. Drückt man nach dem Arrow-Scrollen eine Taste, so befindet man sich wieder an der Position, die vor dem Blätterm aktuell war — sehr praktisch, wenn man an anderer Stelle nur etwas nachlesen möchte.

Wer mit dem Editor nicht nur Programme, sondern normale Texte schreiben möchte, benötigt eine Fließtextfunktion, bei der beim Erreichen des Zeilenendes automatisch in die nächste Seite gesprungen wird. Der Wortumbruch arbeitet fehlerfrei, es werden also auch bei sehr schnellem Tippen keine Buchstaben verschluckt. Das für Programmierer wichtige automatische Einrücken beherrscht QED ebenfalls. Angenehm fiel auch die optionale Verwendung von echten Tabulatoren auf, die nicht auf Leerzeichen basieren. Es lassen sich in QED übrigens nachträglich alle Leerzeichen in »Tabs« verwandeln.

Blöcke innerhalb des Textes lassen sich auf unterschiedliche Weise markieren. Zum einen ist dies mit der Maus möglich, wozu ein unsichtbarer Rahmen aufgezogen wird. Den markierten Textbereich erkennen Sie an der inversen Darstellung. Die zweite Möglichkeit besteht in der Benutzung der Cursortasten. Dazu muß im Menü die Funktion »Markieren« aufgerufen und dann durch Bewegen des Cursors ein Block markiert werden. Unverständlicherweise ist es nicht möglich, einfach Blockanfang und -ende zu definieren, sehr wohl aber den ganzen Text zu markieren. Blöcke können ausgeschnitten und auf das GEM-Klemmbrett »geheftet«, und auch von dort geholt und in den Text eingefügt werden. So ist zum Beispiel ein Textaustausch mit anderen Applikationen möglich. Interessant ist dies dann z. B. im Multitaskingbetrieb. Vermißt haben wir die Möglichkeit, einen Block von Diskette zu laden oder von einem anderen Text einzufügen. Möchte man letzteres tun, so bleibt nur der Weg über das Klemmbrett.

Wer suchet...

Zum Suchen und Ersetzen verfügt QED über leistungsstarke Funktionen. Neben dem »l:l-Suchen«, bei dem der zu findende Begriff genau mit der Vorgabe übereinstimmen muß, kann auch mit den Jokern »*« und »?« gesucht werden. Wie in allen neueren Editoren lassen sich als dritte Möglichkeit auch reguläre Ausdrücke verwenden. Optional können Sie einstellen, ob auch Wortteile bei der Suche berücksichtigt werden. Der gefundene Begriff wird übrigens invers dargestellt, was die Orientierung erleichtert. Ungewöhnlich auch, daß in den anderen Texten oder gar auf dem Massenspeicher nach einem Begriff gesucht werden kann. Dies gilt jedoch nicht für das Ersetzen, da nur im aktuellen Dokument ersetzt werden kann. Eine nette Eigenschaft von QED ist der Suchen-History-Puffer. Dies bedeutet, daß die letzten zehn Begriffe, nach denen gesucht wurde, gemerkt und in einem Pop-Up-Menü dargestellt werden.

Auch Makros können in QED definiert werden, wobei maximal 20 zur Verfügung stehen, die sich über die Funktionstasten aufrufen lassen. Längere Texte oder mehrstufige Aktionen sind leider nicht möglich.

QED: Ein neuer Stern am Editorenhimmel

Kürzel und bündig

Stellen Sie sich vor, Sie schreiben einen Text oder ein Programm, in dem häufig dieselben Wörter Vorkommen. Wie bequem wäre es doch, wenn man nur ein Kürzel verwenden könnte und der Editor daraus selbständig den ausgeschriebenen Begriff generiert. Kein Problem für QED! In einer ASCII-Datei können Sie Kürzel definieren, die dann im Editor Verwendung finden. Leider sind nur maximal zweistellige Kürzel möglich. Eine große Zeitersparnis bringt die Verwendung von solchen Kürzeln bei der Erstellung von Quellcodes, bei denen oft immer wiederkehrende Befehle eingegeben werden müssen. Aber auch beim Schreiben von wissenschaftlichen Texten können Kürzel eine nicht zu verachtende Erleichterung bedeuten.

Bei der Ausgabe von Texten auf den Drucker zeigt sich, daß QED momentan eher für Listingausdrucke zu verwenden ist. Außer dem linken Rand und der Seitenlänge lassen sich keine Layout-Einstellungen festlegen. Optional können die Zeilen beim Ausdruck noch mit einer Zeilennummer versehen werden. Damit Umlaute auch als solche auf dem Papier landen, muß der Epson-Modus im Editor aktiviert werden.

Sämtliche Parameter können gespeichert werden, was auch die Plazierung der Icons beinhaltet. Die Texte werden beim nächsten Start automatisch wieder geladen. Es lassen sich auch mehrere Texte unter einem Icon vereinen, das als Projekt-Icon bezeichnet wird. So hat man alle Dateien, die irgendwie zusammengehören, unter einem Dach und die Übersicht auf dem Bildschirm bleibt gewahrt.

Fazit

QED hat uns durch seine hohe Betriebssicherheit, seine offensichtlich saubere Programmierung und die ungewöhnliche Kürzel-Funktion angenehm überrascht. An manchen Stellen, z. B. bei der Druckerausgabe oder den Blockoperationen, kann noch einiges verbessert und ergänzt werden. Textschreiber werden bessere Druckerroutinen sowie Block-und Spaltensatz vermissen. Die angestrebten Verbesserungen, wie beispielsweise die Verwendung von GDOS-Fonts beim Drucken, mehrstufiges Undo und das Einklappen von Textstücken, machen gespannt auf die kommenden Versionen von QED.

Der Editor kann aus dem MausNet downgeloadet werden. (thl)

Tom Quellenberg, Petersenweg 8, 2820 Bremen 77, im MausNet: Tom Quellenberg @HB QED ist erhältlich in Mailboxen des Maus-Nets oder direkt beim Autor; Registrierungsgebühr 50 Mark.

[1] Michael Vondung, »Editoren: Welcher ist der beste«, ST-Magazin 9/92, S. 110 ff.


Michael Vondung
Aus: ST-Magazin 12 / 1992, Seite 118

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