Hook

Wenn es um die Umsetzung von Kinofilmen in ein Computerspiel geht, ist der englische Computer-Entertainment-Gigant Ocean meist mit von der Partie. Wie gelungen ist »Hook«?

Peter Bannings im Piratennest

Ach wie schön, wenn dem Spieledesigner die Ideen ausgehen und er sofort auf bewährtes Volksgut zurückgreifen kann! Noch einfacher wird die Sache, wenn es zum klassischen Märchen gleich einen Spielfilm gibt. Am allergünstigsten für den Designer wird’s jedoch, wenn dieser Spielfilm von Stephen Spielberg kommt, mit aufwendiger Starbesetzung auftrumpfte und wochenlang die Kinos in Amerika und Europa füllte. Ocean kam, sah, siegte — und räumte die Video- und Computerspiellizenzen für den Kinoknüller »Hook« ab.

Kinogängern ist die Story natürlich geläufig: Peter Pan ist mächtig gewachsen, hat einen Bauchansatz, trägt Krawatten und vor allem sein schnurloses Telefon, das ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit an seinen wichtigen Job als Leiter einer Anwaltskanzlei erinnert. Woran er sich überhaupt nicht erinnert, ist seine bunte Vergangenheit als fliegender Peter Pan, der im Nimmerland eine Bande wilder Jungs anführte und den grausamen Piratenkapitän Hook im Duell bezwang. Momentan ist er allerdings nicht mehr als Anwalt Peter Bennings, der keine Zeit mehr für Frau und Kinder hat.

Um es kurz zu machen: Hook entführt Bennings Kinder und macht sich mit ihnen in Richtung Nimmerland aus dem Staub. Die kleine Fee Tinkerbell hilft dem entsetzten Peter, die Verfolgung des Piraten aufzunehmen. Als Peter erwacht, ist nicht etwa alles ein böser Traum, sondern er findet sich inmitten einer kuriosen Räuberhauptstadt im Nimmerland wieder.

Damit die Sache nicht zu langweilig wird, muß das Computerspiel natürlich von der Originalhandlung des Films abweichen, aber trotzdem noch genügend Ähnlichkeit besitzen, um die Lizenzvereinbarungen nicht zu verletzen. Im Spiel beispielsweise verbringt Peter ein gutes Drittel der gesamten Spielzeit damit, sich mit allen möglichen Piratenklamotten und -Utensilien auszustatten, bis er schließlich unerkannt in der Piratenfestung nach Hook suchen kann. So klaut er betrunkenen Freibeutern die Hosen, stattet sich mit Schlapphut und Stiefeln aus, dealt mit Bierkrügen und Goldzähnen.

Peter durchstreift das Dorf um sich mit Piratenklamotten auszurüsten

Das gesamte Adventure wird bequem mit der Maus gesteuert. Der Bildschirm teilt sich in einen Action-Screen, einen Anzeigebereich am rechten Bildrand sowie eine Menüleiste am unteren Bildrand. Mit der Maus entscheidet der Spieler, ob das Pixelfigürchen in witzig animierten Bewegungen seine Umgebung erkundet, Gegenstände untersucht oder aufnimmt oder sich mit der Piratenbrut unterhält. Informative Gespräche mit den skurrilsten Charakteren werden ebenfalls per Maus gesteuert. Deutet der Mauszeiger auf eine Tür oder einen Pfad, meldet das Spiel, wohin die Reise in die entsprechende Richtung führt.

Schon nach wenigen Aktionen ist die Ähnlichkeit zum Lucasfilm-Games-Knüller »Monkey Island« nicht zu übersehen: Freakige Figuren, Abenteuerromantik, Piratenschiffe und verwegene Spelunken. Durch die beschränkten 16 Farben überwiegen Brauntöne überall da, wo es Holz gibt: In der Piratenfestung, auf den Schiffen, im Wald bei den Jungs — eigentlich überall.

Bevor Peter seinen Nachwuchs als glücklicher Sieger wieder in die Arme schließen darf, muß er allerhand Prüfungen bestehen. Hat er seine Ausrüstung . komplett, muß er im Nimmerwald seine alte Identität als Peter Pan wiederfinden und zu guter Letzt den alten Hook zum Duell fordern (erinnert wieder verdächtig an das Schlußduell zwischen Guybrush Threepwood und dem Geisterkapitän Le Chuck in Monkey Island). Wer besser schimpft und der schlagfertigere von beiden ist, gewinnt das Duell.

Beim vertrottelten Professor

Für erfahrene Computer-Abenteurer ist Hook ein Spaziergang: Mehr als vier, fünf Stunden Spielspaß sind nicht drin. Beim Preis für das Spiel ist ins Kino gehen wesentlich billiger. Dazu kommen hie und da unlogische Rätsel und skurrile Übersetzungen, was den Spielspaß doch deutlich senkt. Da hätte man Ocean durchaus etwas mehr Sorgfalt Zutrauen dürfen! Auch dem Sound merkt man an, daß der ST den Ocean-Machern mittlerweile völlig wurscht ist. Schade! (hu)

Ein Plausch mit dem Angler hilft vielleicht weiter

WERTUNG

Hook

TT ✘ STE ✓ ST ✓

Hersteller: Ocean
Preis: ca. 90 Mark
Mono: nein
Genre: Action-Adventure

Grafik: 4 von 6
Sound: 4 von 6
Motivation: 4 von 6

Bomico, Am Südpark 12, 6092 Kelsterbach

Dem Betrunkenen zieht Peter die Hosen aus

Carsten Borgmeier
Aus: ST-Magazin 10 / 1992, Seite 128

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