Gerade für Besitzer des TT kann es interessant sein, den verfügbaren Speicher mit einer virtuellen Speicherverwaltung preiswert zu vergrößern. Was zu beachten ist, zeigt dieser Artikel.
Heutzutage reichen einige hundert KByte Hauptspeicher oft nicht mehr aus. Da bleibt Ihnen oft nichts anderes übrig, als mehr Speicher in den Rechner einzusetzen oder eine virtuelle Speicherverwaltung zu nutzen. Letzteres wirkt sich positiv auf den Geldbeutel aus. Wir haben zwei virtuelle Speicherverwaltungen für den »Atari TT« im täglichen Einsatz gehabt und berichten Ihnen über unsere Erfahrungen.
»Outside« präsentiert sich in einem Handschuber, »Vram« kommt in einer einfacheren Kunststoffhülle daher. Das Handbuch von Outside ist inhaltlich recht knapp gehalten und beschränkt sich im wesentlichen auf die Installation und eine kurze Beschreibung der Funktionsweise einer virtuellen Speicherverwaltung. Wesentlich auskunftsfreudiger gibt sich das Handbuch von Vram, da es dem Programmierer wertvolle Hilfe zum Umgang mit virtuellem Speicher liefert und den Anwender auch bei Problemfallen nicht im Regen stehen läßt.
Outside läuft nur auf einem TT mit TT-RAM, während Vram auch auf TOS-Versionen > 2.0x und 68030-Prozessorkarte funktioniert, also auch mit einem »aufgebohrtem« ST harmoniert.
Die Installation gestaltet sich bei beiden Programmen ähnlich. In beiden Fällen muß das Hauptprogramm möglichst vor allen anderen speicherresidenten Programmen in den AUTO-Ordner kopiert werden, damit die virtuelle Speicherverwaltung problematische Programme erkennt. Danach müssen Sie beide Programme konfigurieren. Wählen Sie zuerst die Swap-Partition und geben Sie den maximal anzulegenden virtuellen Speicher an. Hier verweigert Vram das Zuteilen einer Swap-Partition, die bereits Daten enthält. Der Grund dafür liegt auf der Hand; schließlich könnten die vorhandenen Daten auf dieser Partition durch einen destruktiven Prozeß, der die Speicherverwaltung irritiert, beschädigt werden. Outside begrenzt den maximalen Speicher auf 128 MByte, während Vram nur durch die Größe der Swap-Partition und den vorhandenen physikalischen Adreßraum begrenzt ist.
Vram kann zusätzlich konfiguriert werden. So können Sie das TT-ROM und oft benutzte Speicherbereiche ins TT-RAM legen, wodurch Sie eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung erzielen. Weiterhin erlaubt es das Programm, die Seitengrößen auf 8, 16 oder 32 KByte einzustellen, woraus je nach Anwendung eine größere Effizienz der Speicherverwaltung resultieren kann. Falls z. B. ein Programm große Datenmengen bewegt, ist es effektiver, die maximale Seitengröße zu wählen. Bei lokal begrenzten Speichermanipulationen erweisen sich kleinere Seitengrößen als nutzbringender (z. B. bei Multitaskingsystemen wie »MiNT«). Programme, die nicht mit einer virtuellen Speicherverwaltung Zusammenarbeiten, tragen Sie in eine spezielle Liste ein; sie werden dann von Vram besonders behandelt, so daß man auch weiterhin die virtuelle Speicherverwaltung nutzen kann. Weiterhin bietet Vram ein Expertenmenü, mit dem Sie zusätzlich auf problemanfällige Programme Einfluß nehmen können. Der Menüpunkt »RVEKTOR« bewirkt z. B., daß der Rechner immer mit einem Reset zurückgesetzt werden kann, ohne ihn abschalten zu müssen. Die Hardware wird’s danken.
In diesem Menü gibt’s noch ein interessantes Feature von Vram: Die virtuelle Speicherverwaltung funktioniert auch auf TTs, die nur über ST-RAM verfügen! Dies wird besonders Besitzer solcher Maschinen erfreuen.
Outside liegt das Programm »ROMSPEED« bei, das TT-ROM in das TT-RAM transferiert und so zur Beschleunigung beiträgt. Die Seitengröße ist hier auf 32 KByte festgelegt. Sollte der Rechner unter Outside abstürzen, müssen Sie leider in der Regel zum Netzschalter greifen.
Bei der Installation und bei jedem Umkonfigurieren verlangt Outside als Kopierschutz die Originaldiskette. In der neuesten Version können Sie problematische Software fahren, indem Sie beim Start des Programms die »Control-Taste« drücken. Dies verhindert das Auslagern der Programme auf die Swap-Partition.
Beide Programme unterstützen Wechselplatten, d. h. das Medium wird verriegelt, wenn die Swap-Partition auf ihr liegt. Voraussetzung dafür ist ein Harddisk-Treiber, der den »XHDI-Standard« unterstützt (z. B. »HUSHI«, »CBHD« und »HDDRIVER«). Ein Medienwechsel würde Teile des Hauptspeichers entfernen und unter Umständen zum Verlust wichtiger Daten (auch auf der Wechselplatte) führen. Bei Bedarf kann man die Swap-Partition auch auf einer ACSI-Festplatte (DMA-Port) anlegen.
Beiden Produkten liegen noch weitere Programme bei. Mit dem zu Vram gehörenden Programm »Makecomp« erlauben oder verbieten Sie einzelnen Programmen die Nutzung des virtuellen Speichers. Dazu werden die Headerbits des Programmkopfs der Programme so gesetzt, daß sie entweder komplett im TT-RAM arbeiten oder ausschließlich das ST-RAM nutzen. Das Gegenstück dieses Hilfsprogramms heißt bei Outside »Makefast«. Allerdings erlaubt es Ihnen das Programm, die Headerbits individuell zu beeinflussen. Als besonderes Bonbon liegt Outside der Festplattentreiber »HDDRIVER« nebst Konfigurationssoftware und CPX-Modul bei.
Problematisch wird’s für eine virtuelle Speicherverwaltung auf dem TT erst dann, wenn residente Programme oder Applikationen Systemvektoren auf eigene Routinen umbiegen. Es kann nämlich Vorkommen, daß ein Teil des Programmcodes auf die Swap-Partition ausgelagert wurde. Falls in einer solchen Situation das Programm einen Interrupt auslöst und aus der Interruptroutine heraus in eine ausgelagerte Seite gesprungen wird, kann die virtuelle Speicherverwaltung nicht schnell genug darauf reagieren und die Seite besorgen. Die Folge ist ein Systemabsturz. Diese Probleme scheint Vram gut zu meistern, da es uns nie gelang, durch solche Programme einen Systemabsturz zu verursachen.
Vram arbeitet problemlos mit »NVDI«, während es unter Outside zum Systemabsturz kommen kann, wenn NVDI im TT-RAM liegt. Hier kommt das obengenannte Zeitproblem zum Tragen.
Beide Programme vertragen sich hervorragend mit der Betriebssystem-Erweiterung MINT, die es erlaubt, mehrere TOS- und TTP-Applikationen quasi gleichzeitig ablaufen zu lassen.
Gerade bei speicherplatzintensiven Programmen kann die virtuelle Speicherverwaltung ihre Stärken zeigen. So arbeiten beide Produkte mit »Calamus SL«. Allerdings darf der Programmcode des Calamus nicht ausgelagert werden, das er die Systemvektoren »verbiegt«. Daher müssen Sie unter Outside die Control-Taste beim Start von Calamus SL drücken. Vram bietet hier etwas mehr Komfort: Wenn Calamus in der Liste steht, geht’s automatisch gut.
Wichtig ist natürlich auch die Funktionsfähigkeit von Systemsoftware oder alternativen Benutzeroberflächen. So gibt’s im normalen Betrieb bei »Gemini« und »Maccel3« weder unter Outside noch unter Vram Probleme. Allerdings widersetzt sich Outside einem Warmstart — hier hilft oft nur der Griff zum Netzschalter. Ebenso bei »Bigscreen2«: Vram funktioniert ohne Murren, aber Outside verweigert die Mitarbeit.
Allgemein können Sie davon ausgehen, daß beide virtuellen Speicherverwaltungen funktionieren. Vram arbeitet aber wesentlich stabiler als Outside. Das hängt damit zusammen, daß es problembehaftete Software besser berücksichtigt und der Entwickler sehr viel Arbeit in Datensicherheit gesteckt hat. Allerdings ist laut Maxon schon eine überarbeitete Version von Outside in Sicht.
Der Preisunterschied von etwa 50 Mark erscheint uns auf jeden Fall gerechtfertigt (Vram kostet 149 Mark; Outside 99 Mark). Sie erhalten mit beiden Programmen eine preisgünstige »Speichererweiterung«. Prinzipbedingt ist die virtuelle Speicherverwaltung immer langsamer als ein »richtiges RAM«, aber wenn Sie nur ab und zu mit speicherintensiven Programmen wie Calamus SL arbeiten, ist ein sinnvolles Arbeiten durchaus möglich. Wenn Sie also kein Geld für Speicher ausgeben wollen und Platz auf Ihrer Festplatte haben, sind beide Programme eine sinnvolle Investition, (uw)
Bezugsadressen:
Vram: Overscan GbR, Säntisstr. 166, 1000 Berlin 48
Outside: Maxon Computer, Schwalbacher Str. 52, 6236 Eschborn