Sleepy Joe - Schoner de Luxe

Bildschirmschoner gibt's zur Genüge. Mit "Sleepy Joe" bietet "SciLab" aber einen mit Features, die mehr als eine Seite füllen ...

Das etwa 70 KByte große Accssory vereint eine Fülle von Tools in sich. Die Idee ist nicht neu: auch "Mortimer" oder "Harlekin" sind Multi-Utilities.Im Gegensatz zum ersten arbeitet Sleepy Joe jedoch relativ sauber. So funktioniert es auf STs, STEs und TTs ohne jede Änderung und verkraftet den Auflösungswechsel, der insbesondere durch den Einsatz der TTs an Bedeutung gewonnen hat. Das ist für ein Accessory recht ungewöhnlich, dennoch kommt Sleepy Joe ohne ein TSR für den AUTO-Ordner aus.

Wird die Maus eine gewisse Zeit lang nicht bewegt und auch die Tastatur nicht benötigt, dann schaltet Sleepy Joe den Bildschirm größtenteils schwarz und führt einige Effekte darauf vor. Das soll verhindern, daß der Monitor Schaden nimmt, weil der Benutzer vergessen hat, den Computer abzuschalten, bevor er seinen Arbeitsplatz verläßt. Wenn der Monitor nämlich stundenlang dasselbe Bild zeichnen müßte, würde sich dieses in die Leuchtröhre einbrennen. Geisterbilder!

Die Zeitspanne, die vergehen soll, bis der Schoner das Bild abschaltet, ist frei wählbar. Bei einer Mausbewegung oder einem Tastenkhek erscheint das unterbrochene Programm sofort wieder auf dem Bildschirm. Leider kann Sleepy Joe nur GEM-Programme unterbrechen, womit aber immerhin 95% aller ST-Software abgedeckt wären.

Sleepy Joe verfügt über drei Standardeffekte: Er stellt funkelnde Sterne, eine sich langsam bewegende Uhr oder wandernde Linien dar. In einer späteren Version des Programms soll dar,über hinaus eine Schnittstelle zu nachladbaren Schonermodulen existieren, mit der selbstentworfene Bildschirmschoner einzubinden sein sollen. Für diese Idee stand eindeutig "After Dark", einer der verbreitetsten Schoner für den Macintosh, Modell.

Sehr gelungen ist die integrierte Snapshot-Funktion. Mit ihr lassen sich jederzeit Bildschirmteile "abfotografieren", also ausschneiden und als "IMG"-Datei speichern. Dabei ist auch an farbige Bildschirme gedacht worden, die das Programm entweder in Grauraster umrechnet, oder aber in dem erweiterten "XBIG"-Format speichert.

Für besonders farbenfrohe Systeme wurde sogar an das "TIFF"-Format gedacht, das jedoch auf dem ST recht selten ist. Die stetig wachsende Zahl der verkauften Farbgrafikkarten wird das in Zukunft ändern.

Alle Ausschnitte können anschließend wieder geladen und in einem eigenen GEM-Fenster dargestellt werden. Weiterhin verfügt. das Programm über einen Menüpunkt zum Drehen der Grafik in 90-Grad-Schritten. Als Extrabonbon gibt Sleepy Joe alle Snapshots auf dem angeschlossenen Drucker aus und vergrößert sie dabei beliebig. Dazu muß nur GDOS mit einem entsprechenden Treiber geladen sein. In Zeiten von FSM- und AMCGDOS bei immer größeren und schnelleren Computern und Festplatten dürfte auch dies keine Hürde mehr sein. Allenfalls Anfänger vermissen eine automatische GDOS-Installation.

Darüber hinaus zeigt Sleepy Joe im Detail enorme Qualitäten. So ist beispielsweise in normalen GEM-Programmen nicht jedes Zeichen des Zeichensatzes immer erreichbar. Ein französisches Sonderzeichen auf einer deutschen Tastatur zu erzeugen, ist in den meisten Programmen immer noch unmöglich. Sleepy Joe gestattet es, jederzeit eine Dialogbox mit allen Zeichen des Zeichensatzes aufzurufen. Problematisch wird's, wenn sich bereits eine Dialogbox auf dem Bildschirm befindet und in eines ihrer "Edit"-Felder ein Sonderzeichen einzugeben ist. Diese zugegeben ungewöhnliche Konstellation erfordert einige Erfahrung im Umgang mit Sleepy Joe, ist aber auch zu bewältigen.

Benutzer der brandneuen TOS-Versionen 3.06 und des kürzlich auch für die "alten" STs freigegebenen TOS 2.06 benötigen dieses Feature nicht mehr, sie erreichen alle Sonderzeichen über deren ASCII-Code in Verbindung mit "Alternate".

Weiterhin gestattet Sleepy Joe automatisch den Pfad für das GEM-Klemmbrett zu setzen, Grow- und Shrinkboxen anund abzuschalten und er hat einen integrierten Mausbeschleuniger. Sehr praktisch ist auch der Softwareschreibschutz für alle angeschlossenen Partitions. Damit schützen sie ihre Daten beispielsweise beim Herumexperimentieren mit fehlerhafter Software. Benutzer von Hardwarezusätzen wie "Hypercard" erhalten einen Menüpunkt, mit dem die Zusatzhardware ein- und ausschaltbar ist.

Der Zustand der "CapsLock"-Taste wird auf Wunsch rechts oder links oben im Bild angezeigt, ebenso wie die aktuelle Uhrzeit und das Datum. Als besonderes Schmankerl kann der Benutzer Sleepy Joe per Mausklick dazu auffordern, die aktuelle Uhrzeit und/ oder das Datum an das gerade aktive Hauptprogramm zu senden. Damit wird beispielsweise in "1st Word Plus" automatisch ein Erstellungsdatum eingefügt.

Über frei zu wählende Tastaturkürzel ruft Sleepy Joe eine File-Selektor-Box auf Damit können dann Dateien gefunden, oder, bei Verwendung erweiterter FS-Boxen wie beispielsweise "FSelect" oder "UIS", auch gelöscht oder Ordner neu angelegt werden.

Sehr trickreich ist auch ein Menü zum Aufruf anderer Accessories. Damit kann beispielsweise auch in "Signum!" jederzeit ein beliebiges Accessory per Maus oder Tastatur aufgerufen werden. Ob dies sehr sinnvoll ist, sei mal dahingestellt, denn die meisten Programme, die keine Accessories zulassen, tun dies, weil sie unfähig sind, Redraw-Meldungen zu bearbeiten. Das Resultat ist beispielsweise bei Signum zeitweiser Pixelmüll. Den Bedienungskomfort erhöht dies aber allemal. Und schließlich ist es nicht die Schuld von Sleepy Joe, sondern die von Signum, wenn GEM-Messages nicht korrekt verarbeitet werden. Und ein Programm, das partout keine Accessories zulassen möchte, wird auch dafür geschicktere Verfahren finden als das Ausblenden der Accessories in der Menüleiste.

Für wen?

Sleepy Joe vereint eine Fülle von Hilfen, die das Programm gegenüber der Konkurrenz deutlich abheben. Insbesondere Einsteigern wird Sleepy Joe, nicht zuletzt aufgrund seiner einfachen Handhabung, hilfreich sein. (uw)

Hersteller: SciLab

Preis: 89 DM

Vorteile: durchdachte Snapshot-Handhabung (alle Auflösungen, auch TT), praktische Bedienung, viele Zusatz-Tools

Nachteile: überladene Menüs

Fazit: gelungene Kombination von Systemhilfen


Laurenz Prüßner
Aus: ST-Magazin 01 / 1992, Seite 42

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