Der ST geizt gewiß nicht mit RAM. Mit unnötigen Programmteilen überfrachtet, ist allerdings auch der größte Speicher schnell am Ende. Eine rationellere Programmstruktur muß her—besonders, wenn es um gewerblichen Einsatz geht.
Entnervt schiebt Bürokauffrau Silke B. die Tastatur ihres Mega STs von sich: »Jetzt habe ich denselben Kunden samt Adresse zum vierten Mal eingetippt: in der Buchhaltung, in der Fakturierung, im Mahnprogramm und in der Datenbank. Geht das nicht einfacher?«
So kann’s kommen, wenn kein Stein auf den andern paßt, kein Programm das andere versteht. Was eigentlich »nur« ein Problem relationaler Datenverwaltung ist und was Clipper-Programmierer (dBase-kompatible Datenbank-Programmiersprache) unter DOS längst souverän im Griff haben, steckt beim ST noch in den Kinderschuhen. Die eng gezogene 640-KByte-Grenze — die den DOS-Kisten normalerweise nichts als Kopfschmerzen bereitet (trotz EMS) — gerät hier unfreiwillig zum Segen, denn sie zwingt die Entwickler zu einer dezentralen Programmstruktur. Und das ist eine Tugend, die viele der RAM-verwöhnten ST-Entwickler möglichst schnell lernen müssen... Daß es auch anders geht, beweist uns Betriebswirt Gert Matthäus in Offenbach. Die von ihm vertriebene Geschäftssoftware setzt sich aus mehreren Modulen zusammen, die Stein für Stein ein leistungsfähiges zeitgemäßes Gesamtpaket ergeben.
Das Kernmodul heißt »ST-Fibu«: Grundlage eines jeden Geschäfts ist nun mal eine ordentliche Buchhaltung. Sie spiegelt die finanziellen Verhältnisse wider, gibt Auskunft über Soll und Haben und verrät, wie die Gewinnsituation zu beurteilen ist. Klare Sache, daß eine solche Mischung aus Datenbank- und Kalkulationsaufgaben besondere Anforderungen speziell im Bereich von Eingabe und Verwaltung der zahllosen Einzeldaten stellt.
ST-Fibu in der aktuellen Version 3.11 wird im Kartonschuber und stabilem DIN-A5-Ordner geliefert. Der enthält das umfangreiche Handbuch. Es wendet sich in erster Linie an Benutzer, die in Sachen Fibu nicht mehr ganz »unbeleckt« sind: Sprachliche Ausführung und Fachterminologie belegen, daß ein Insider am Werk war. Der Autor hat sich dabei Mühe gegeben, auch noch für Laien verständlich zu schreiben. Leider ist das nicht immer gelungen, vor allem, da die Gestaltung der Anleitung wenig zum besseren Verständnis beiträgt. Beispielsweise enthalten die Kopf- und Fußzeilen der Seiten keinerlei zusätzliche Hilfen. Hier müßten Stichwörter oder ein Suchregister eine klare Linie und Übersicht ins Handbuch bringen. Statt dessen wird der Raum mit nichtssagenden Informationen verschenkt. Gezieltes Suchen nach speziellen Problemlösungen und einzelnen Anleitungsabschnitten könnte viel einfacher sein. Dieser Umstand wiegt um so schwerer, als der Index am Ende der Anleitung ziemlich mager ausfallt. Im Anhang schließlich findet der Benutzer mehrere vorgefertigte Kontenrahmen.
Die Datenbestände der Finanzbuchhaltung bilden das gemeinsame Rückgrat bei der Zusammenarbeit der verschiedenen Programmteile. So greift das Modul für die Erzeugung von Bankvordrucken »ST-Giro« gleichermaßen auf die von der ST-Fibu abgelegten Daten zu, wie das Serienbriefmodul, mit dem sich säumige Kunden mahnen lassen, oder die integrierte Textverarbeitung.
Die praktische Arbeit mit der Finanzbuchhaltung läuft — über das ganze Geschäftsjahr betrachtet — in vier Phasen ab: Im ersten Schritt gibt ein Mitarbeiter täglich alle Buchungen und Kontenbewegungen der Firma ein. Die Eingabephase stellt also den Löwenanteil der Arbeitszeit mit ST-Fibu. Alle Eingaben lassen sich bis zum Buchungslauf am Ende des Monats noch nachträglich korrigieren. Am Ende jeden Monats beginnt die zweite Bearbeitungsphase, die sich dem Ausdruck diverser Belege fürs Finanzamt widmet. Der dritte Abschnitt dient der Ausgabe von Kontenblättern (Zusammenrechnen und Abschließen) sowie dem eigentlichen Übergang auf den nächsten Buchungsmonat. Dabei löscht ST-Fibu die Journaldatei, um spätere, unzulässige Veränderungen der Buchungsdaten auszuschließen.
In der vierten Phase schließlich, im 13. Buchungsmonat (bzw. dem ersten Monat des neuen Geschäftsjahrs), erfolgt der Jahresabschluß, bei dem die Bilanzwerte übertragen und die Kosten- und Ertragskonten abschließend auf Null gesetzt werden. Jetzt geht’s ins Eingemachte: die praktische Bedienung des elektronischen Buchhalters. Sie läßt sich unproblematisch abwickeln, wenn auch das Hauptmenü keinem gewohnten Bild entspricht und die Einarbeitung in die typischen Abläufe naturgemäß etwas Zeit beansprucht. Die Steuerung von Menüs und Bildschirmformularen bis zu den Alertboxen funktioniert sowohl mit der Maus als auch über die Tastatur. Die Hauptarbeit spielt sich in der Eingabemaske für Buchungen ab.
Sie ist übersichtlich gestaltet und zeigt neben der aktuellen auch die vorangegangene Buchung mit Konto und Gegenkonto an. Übernahmen der bereits eingegebenen Fakten für ähnlich gelagerte Buchungsvorgänge lassen sich problemlos durchführen. Beim Erfassen überprüft das Programm, ob die beteiligten Konten bereits vorhanden sind. Falls nicht, lassen sich neue sofort einrichten. Eine leistungsfähige Suchfunktion fehlt ebensowenig wie ein Taschenrechner, der neben den vier Grundrechenarten auch Prozentrechnung beherrscht.
Einige unkonventionelle Eigenheiten stiften bei dem Buchhaltertalent allerdings unnötig Verwirrung: Möchte man z. B. Änderungen im vorangegangenen Feld vornehmen und hat die aktuelle Buchung noch nicht komplett eingegeben, führt der Weg seltsamerweise nur über die Tab-Taste. Beim Menüfeld »Steuersatz« versagt die Maus- und Cursor-Steuerung. Bevor man einen Buchungsmonat endgültig abschließen kann, setzt ST-Fibu voraus, daß alle Formulare und Belege bereits ausgedruckt vorliegen. Das alleine wäre natürlich noch nichts Ungewöhnliches. Verwirrend wird’s erst, wenn man brav ins Druckmenü wechselt, um besagte Belege auszudrucken und sich dabei auf den Punkt »Alle Formulare drucken« verläßt. Jetzt wandern zwar Umsatzsteuervoranmeldung und Journal aus dem Drucker, allerdings müssen ja auch die Kontenblätter schwarz auf weiß vorliegen, bevor der Computer Buchungen für den nächsten Monat entgegennimmt. Die Kontenblätter jedoch gibt’s erst auf besonderes Kommando. Auch wenn dieses Vorgehen durchaus den Grundsätzen ordentlicher (und sicherer) Buchführung entspricht — ordentlich muß ja nicht umständlich heißen!
Selbst wenn der Benutzer kein Buchhaltungsneuling ist und sich mit Kontenplänen, AfA und GWG ebenso auskennt wie mit diversen Steuersätzen, führen Beispiele wie der eben erwähnte Buchungslauf immer wieder dazu, daß er verwirrt zum Handbuch greifen muß. Und das, obwohl die Bedienung von ST-Fibu größtenteils so selbsterklärend von der Hand geht, daß der Blick in die Anleitung eigentlich gar nicht so oft sein müßte.
Neben der eigentlichen Buchhaltung bietet ST-Fibu eine Verwaltung der »Offene-Posten-Liste« (das sind beispielsweise noch nicht bezahlte Rechnungen). Der Kontenrahmen enthält Personenkontos, die neben dem Namen des Geschäftspartners auch dessen Adresse enthalten. Die auf diese Weise abgelegten Daten bilden die Basis für ein Mahnmodul, das in Zusammenwirkung mit der Offene-Posten-Liste eine stark vereinfachte Abwicklung des Mahnschriftverkehrs gestattet. Der verwendete Formtext liegt dabei als Formular auf Diskette oder Festplatte vor und läßt sich innerhalb gewisser Grenzen verändern. Wer andere Serienbriefe gestalten möchte (z. B. Weihnachtskarten an die Geschäftspartner), bedient sich der Serienbrieffunktion des GMa-Textmo-duls (Besprechung folgt im Anschluß), die ebenfalls auf den gleichen Datenbestand zugreifen kann. Unnötige Doppeleingaben gehören damit der Vergangenheit an.
Um eventuellen Unkenrufen von vorneherein entgegenzuwirken, bietet GMa-Soft seinen Kunden einen — zumindest für den ST-Markt — bemerkenswerten Service: Der Kaufpreis enthält eine eineinhalbstündige Einweisung in die Bedienung des Programms. Normalerweise findet diese Unterweisung in Offenbach statt, der Anreiseweg muß also entsprechend mitkalkuliert werden. Trotzdem: eine vorbildliche Einrichtung.
Was läßt sich unterm Strich über ST-Fibu sagen? Das Programm macht trotz kleinerer Macken in der Bedienerführung einen ordentlichen und übersichtlichen Eindruck. Der Funktionsumfang zeigt sich der üblichen Geschäftspraxis gewachsen. Besondere Details wie z. B. die automatische Backup-Funktion beweisen, daß der Programmierer aus der Praxis kommt und recht genau weiß, worauf es bei der täglichen Arbeit ankommt. Außerdem tut der Kaufpreis nicht weh — ein empfehlenswertes Programm.
Wenn die Buchhaltung das innere Gerüst eines Betriebs bildet, dann repräsentiert die Korrespondenz im selben Maße das Erscheinungsbild der Firma nach draußen.
Zur Abwicklung des geschäftlichen Briefverkehrs soll idealerweise ein Programm her, das speziell auf die Anforderungen des Büroalltags zugeschnitten ist. Im Klartext: Es soll auf jeden Fall ohne den Wasserkopf überflüssiger Spezialfunktionen daherkommen, die ohnehin fast niemand benötigt und die selten mehr leisten, als das Handbuch zum mehrbändigen Wälzer anschwellen zu lassen. Ebensowenig sind im Büro DTP-Qualitäten gefragt: Erstens kann man von keiner Schreibkraft Schrift-setzerfahigkeiten verlangen, und zweitens kann es sich niemand leisten, fünf Minuten auf jeden Brief zu warten, weil der Computer Pixel für Pixel berechnen muß.
Diese Ideen legte Autor Jürgen Spatz der Textverarbeitung »GMa-Tfext« zugrunde und baute sein Programm auf den Funktionen der Standarddrucker auf. So überläßt GMa-Text die Formatierungsarbeiten wie links- oder rechtsbündig, mittenzentriert oder Blocksatz ohne falsche Zurückhaltung der Druckerhardware. Nur wenn diese ein gewünschtes Feature nicht bietet, greift das Programm ein. GMa-Tfext wird auf einer Diskette zusammen mit mehreren Treibern und dem Manager geliefert. Der GMa-typische Schuber enthält das Handbuch, dessen erfreulichste Seite das bereits erwähnte Blatt mit dem Angebot einer kostenlosen Einweisung ins Programm enthält. Der Rest der Anleitung fällt wieder ziemlich unübersichtlich und chaotisch strukturiert aus und ist außerdem zu knapp geraten. Der Index fehlt diesmal ganz. Diese Umstände wirken sich um so fataler aus, als sich die Tfextverarbeitung bei weitem nicht so selbsterklärend wie die Buchhaltung bedienen läßt. Dadurch muß man sich viele interessante Details mühsam erarbeiten oder erraten.
GMa-Tfext baut auf den Schriftgestaltungsmöglichkeiten der Druckerhardware auf. Der Text auf dem Bildschirm lehnt sich dabei an das spätere Druckbild an: Kursive, fette und unterstrichene Schrift läßt sich also auf dem Monitor bereits bewundern, Proportionalschrift allerdings nicht. Man sollte sich also nicht davon verwirren lassen, wenn z. B. beim Einsatz von Tabulatoren beim Erstellen einer Tabelle nicht alle Zahlen exakt untereinander stehen: Das tun sie erst auf dem Papier. Probleme könnte es erst geben, wenn man Tabellen mit der Blockfunktion verschieben möchte. Womit wir bei den Blockoperationen wären. Die warten mit einigen nützlichen Features auf. So läßt sich wie bei Signum ein Block als Rechteck anwählen, wenn auch nicht mit Hilfe des »Mausgummibands«, sondern mit der Tastatur oder über Menü. Je nach Einstellung erscheint der Block am Zielort als l:l-Kopie. oder er fließt in den dortigen Tfext. Das kann bei unbedachter Anwendung für gehöriges Durcheinander sorgen. Befindet sich das Chaos erst einmal auf dem Bildschirm, sucht man leider völlig vergebens nach einer Undo-Funktion.
In puncto Tempo braucht sich GMa-Tfext nicht zu verstecken. Beim Suchen und Ersetzen beispielsweise hält es mühelos mit »Tempus« — mit über 900 Ersetzaktionen in knapp einer Sekunde. Nur beim Durchscrollen hält sich das Offenbacher Produkt geringfügig länger auf: Zum »Abfahren« von ca. 1500 Zeilen brauchte es fast 3,5 Minuten, Tempus wickelte diese Aktion in nur 1,5 Minuten ab. Daneben beherrscht GMa-Tfext weitere Features wie das »Einsammeln« der Überschriften zu einem Inhaltsverzeichnis oder Umgestaltung einer Tabelle in einem frei definierbaren Muster (z.B. nur 2., 4. und 5. Zeile bearbeiten). Eine Option für Serienbriefe ist ebenso enthalten wie eine halbautomatische Silbentrennung. Die ist zwar recht pfiffig zu bedienen, vollautomatisch ist’s aber erfahrungsgemäß noch immer bequemer.
Auch einige Macken sollen nicht unerwähnt bleiben: Neben der bereits angesprochenen Undo-Funktion vermißt man den Namen der gerade bearbeiteten Datei (im hektischen Büro sinnvoll). Die Schrift in der Menüzeile ist ein wenig allzu klein geraten. Und daß der Druckvorgang sich beim Betätigen von »D« eben nicht auslösen ließ, dürfte wohl ein Bug sein.
Am Ende steht wie immer die Frage: Lohnt sich die Investition? Vergleicht man Preise und Leistungsumfang von ähnlichen Produkten aus dem DOS-Bereich, bestätigt sich einmal mehr: Der Atari ST trägt seinen Ruf als äußerst preiswerter Computer nicht zu unrecht. Und das ist keineswegs negativ gemeint. Zwar stehen in bezug auf das GMa-Paket noch ein paar Punkte auf dem Wunschzettel (z. B. ein vernünftiges Handbuch), es läßt sich damit aber durchaus arbeiten. Vor allem sollte man die modulare Einbindung in das komplette GMa-System nicht vergessen, die viele Probleme automatisch löst (z. B. Serienbrieffunktion etc.). Deshalb: Eine empfehlenswerte Sache.
(hu)
GMa-Soft — Betriebswirt Gert Matthäus, Bergstraße 18, 6050 Offenbach
Vertrieb: GMa-Soft
Preis: 149 Mark
Stärken: □ schnell □ Blockoperationen □ schnelle Ausgabe □ angemessener Funktionsvorrat
Schwächen: □ Handbuch □ kein Undo □ keine Anzeige des Dateinamens □ zu kleine Infozeile □ Großschrift nicht korrekt positioniert
Fazit: als Modul gut brauchbar
Vertrieb: GMa-Soft
Preise:
Fibu Mini (max. 150 Buchungen) 148 Mark,
GuV/Bilanz 248 Mark,
ST-Fibu (3200 Buchungen) 348 Mark,
GuV/Bilanz 448 Mark
mandantenfähig ab 548 Mark
Stärken: □ datenverbundfähig □ integrierte Offene-Posten-Liste mit Personenkonten □ externe Buchungen einlesbar □ übersichtliche Struktur
Schwächen: □ Bedienung gewöhnungsbedürftig □ Anleitung
Fazit: Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt