Programme im Autoordner des ST werden beim Systemstart automatisch aufgerufen. Allerdings ist bei älteren TOS-Versionen zu diesem Zeitpunkt das Betriebssystem noch nicht geladen. GEM-Programmen blieb diese Kommandoinstanz deshalb bisher verwehrt. Das Utility »XBoot« trickst dieses Handicap aus und bietet weiteren Komfort.
Der Programmstart im Autoordner hat im Grunde gleich mehrere Macken: Neben der erwähnten Malesse mit GEM-Programmen, fällt ins Gewicht, daß schlecht gepflegte Autoordner viel Speicherplatz benötigen. Nach einiger Zeit tummeln sich hier zahlreiche Programme, die man gar nicht bei jedem Systemstart benötigt. Abhilfe schafft nur die regelmäßige Kontrolle und Ausmisten des Ordners.
Unangenehm ist auch, wenn die Anwendungen in einer bestimmten Rangfolge geladen werden müssen. Maßgebend ist dabei immer die physikalische Reihenfolge, in der sie in den Ordner kopiert wurden.
Auch bei der Accessory-Verwaltung müssen Atarianer Einschränkungen hinnehmen. Grundsätzlich lassen sich nur sechs Accessories gleichzeitig aufrufen. Die Auswahl speicherresidenter Programme ist ein nervraubendes Problem.
Deshalb gibt es besagte »Boot-Selector«-Utilities.
Diese Anwendungen beeinflussen durch Veränderung des Programm-Extenders den automatischen Start. Einer dieser nützlichen Helfer ist »XBoot«, das neuerdings in der Version 2.0 vorliegt.
Mit einem Installationsprogramm wird es an die erste Stelle in den Autoordner der Bootpartition kopiert. Ein Konfigurationsprogramm ermöglicht die Anpassung an die speziellen Bedürfnisse des Anwenders. Danach kann das Utility mittels einer zuvor vereinbarten Tastenkombination aktiviert werden.
Obwohl der Rechner noch ohne GEM arbeitet, präsentiert sich die Anwendung mit einer GEM-ähnlichen Dialogbox. Trotz vorhandener Ähnlichkeiten zu bekannten Flydials, kommt sie vollkommen ohne GEM-Aufrufe aus.
Neben der Programmsteuerung über Tastaturbefehle, läßt sich »XBoot« auch komplett per Maus bedienen. Ohnehin ist die Steigerung des Bedienungskomforts ein Anliegen der Entwickler: Hinterließ in früheren Versionen die Tastatursteuerung stets einen etwas provisorischen Eindruck, sind die »Shortcuts« (Tastaturkürzel) der Neuauflage von denen eines echten GEM-Programms (z.B. »Gemini«) kaum noch zu unterscheiden.
XBoot arbeitet eng mit der Hardware des Computers zusammen. Bei neuen Hardware-Konfigurationen gibt es deshalb Probleme bei der Bildschirmdarstellung. Trotzdem funktioniert das Utility nicht nur mit allen Standardbildschirmauflösungen des ST. Es unterstützt auch Ganzseitenmonitore und Overscan-Bildschirme: Auf allen Ausgabegeräten läßt sich das Hauptmenü sauber in der Mitte des Monitors positionieren. Selbst mit Ataris neuem Flaggschiff, dem TT, hat »XBoot« überraschenderweise keine Schwierigkeiten. Erstaunlich auch deshalb, weil die Raunheimer bis zum August dieses Jahres nur wenige Kunden mit Entwicklermodellen bedienen konnten.
Die Hauptmenüfunktionen beschränken sich vorwiegend auf die Programmauswahl. Die Dateiwahl wird über eine Fileselector-Box vorgenommen, mit der Dateien gelöscht, umbenannt oder Dateiattribute verändert werden können. Ausgewählte Accessories und Anwendungen werden mit einer Markierung versehen. Nicht markierte Programme sind deaktiviert. XBoot ändert dazu einfach die Extender »ACC« in »ACX« und »PRG« in »PRX«. Ein Verfahren, das derzeit die meisten Boot-Selektoren verwenden.
Der Boot-Selektor von »Bela« wartet mit einem weiteren Selektionsmodus auf. Anstelle der Extender-Manipulation verschiebt er Accessories und Programme in einen Ordner. Bei Namensgleichheit bleiben dabei eindeutige Programmnamen gewährleistet. Sollte der Versuch eine Datei umzubenennen fehlschlagen, unterstützt XBoot TOS-Konventionen. Das Programm legt ein »Scrap-Directory« an, das trotz der Namensähnlichkeit nichts mit dem GEM-Klemmbrett zu tun hat, sondern lediglich der Ablage unbenutzter Dateien dient.
Programme und Accessories können mit dem Selektor beliebig sortiert werden. Die Sortierfunktion gestattet es, Programme in frei wählbarer Reihenfolge zu starten. Damit wird dem Anwender lästiges Umkopieren erspart, wenn sich zwei Programme im Autoordner nicht »vertragen« und in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden müssen. Bei Accessories ist diese Funktion meist überflüssig.
Boot-Dateien zeigt es in der physikalischen Reihenfolge (also in der Reihenfolge, in der sie auf der Platte liegen) oder alphabetisch sortiert an. Der Boot-Vorgang selbst ist davon nicht betroffen.
Einen interessanten Ansatz verfolgt XBoot mit seinen Speicherfunktionen. Für einige Anwendungen ist eine bestimmte Kombination von Accessories und Programmen im Autoordner erforderlich. Im Programm »Sets« lassen sich diese Einstellungen festlegen. Beim Speichern legt »XBoot« ein Backup der vorherigen Einstellung an. Bei Fehlern in der Set-Datei hat man jederzeit Zugriff auf alte Konfigurationen.
Eine Menüfunktion erlaubt zwischen mehreren »DESKTOP.INF«- oder »ASSIGN. SYS«-Dateien auszuwählen. War es in älteren Versionen noch nötig, einen externen Texteditor zu bemühen, können alle Einstellungen nun vollständig über »XBoot« eingegeben und gespeichert werden. Das Utility verfügt über eine kleine, aber durchaus effektive Kommandosprache mit eigener Eingaberoutine. Externe Editoren zum Entwurf von Batch-Dateien sind nicht mehr notwendig.
Zur Verwaltung der »DESKTOP.INF«-Dateien hat der XBoot-Programmierer neue Ideen eingebracht. Das alte Kontrollfeld, speichert in der Konfigurationsdatei eigene Daten z.B. zur Druckersteuerung. Das Setup wird nur dann übernommen, wenn auch das Kontrollfeld geladen ist. Ansonsten liegen sie ungenutzt im Speicher, ohne daß der Rechner auf sie zugreift. »XBoot« übernimmt alle wichtigen Einstellungen der aktuellen »DESKTOP. INF«-Datei.
Bei Computern, die noch nicht mit einer Hardware-Uhr ausgerüstet sind, wird die Zeiteingabe über das Utility vorgenommen. Den Blitterstatus speichert das Programm ebenfalls in der Setup-Datei ab. Besonders positiv werden Anwender vermerken, daß XBoot Fehler in bester GEM-Manier durch eine Alert-Box auffängt.
Wird ein Farbmonitor verwendet, ist die Farbkombination des Bootselektors frei wählbar und beeinflußt die Farbeinstellung beim Booten nicht. »XBoot« hat einen eigenen Maustreiber (der GEM-Treiber ist noch inaktiv) und benutzt einen abschaltbaren »Quickmouse«-Beschleuniger. Der Treiber erlaubt u.a. Einstellungen der Sensitivität für einen Doppelklick. Sofern der Farbmonitor eine Bildwiederholfrequenz von 60 Hz unterstützt (in Europa sind 50 Hz Standard), schaltet »XBoot« auf die höhere Frequenz um.
Auch Besitzern älterer TOS-Versionen (1.0 und 1.2) erlaubt XBoot GEM-Programme automatisch nach dem Booten zu starten. Die Laderoutine »XBSTART. PRG« wartet, bis der Atari-Desktop installiert ist. Anschließend wird das ausgewählte Programm aufgerufen. In neuere TOS-Versionen ab 1.4 können GEM-Programme ohnehin aus dem Autoordner aufgerufen werden. Aufgrund seiner vielfältigen Funktionen sollte XBoot jedoch in keinem Autoordner fehlen. Insgesamt eine sauber programmierte Software, die auch Großmonitore unterstützt, (em)
Art: Utility
Preis: 69 Mark
Vertrieb: Bela Computer Layout-und Vertriebs GmbH
Stärken: □ GEM-ähnliche grafische Benutzerfläche □ Steuerung über Maus oder Tastatur □ Sortierfunktionen für Autoordner-Programme □ Speicherfunktion für verschiedene Einstellungen □ Autostart für GEM-Programme □ hilfreiche Zusatzfunktionen □ läuft auch auf Großmonitoren.
Schwächen: keine
Fazit: Ein durchdachter Boot-Selektor, der uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Bela Computer Layout- und Vertriebsgesellschaft, Postfach 1244, 6236 Eschborn