Editoren: »Tempus« wie im Kino

Dem Programm-Editor Tempus von »CCD« widerfuhr in der Version 2.10 eine gründliche Überarbeitung, die ihn nun auch für Großmonitore tauglich macht. Wir warfen einen Blick auf das Standard-Programm der Programmierer.

Tempus V 2.10 bringt z.B. eine Seite des Textes auf den Schirm

Nur wenige erinnern sich wahrscheinlich an die grauen Vorzeiten, als alle Schreibarbeiten mit Editoren wie »MINCE« oder »Micro-Emacs« erledigt werden mußten. Es mag manchem wie ein Segen erschienen sein, als das Eltviller Softwarehaus mit Tempus die Editor-Szene auf dem Atari-ST umkrempelte.

Mit einer ungeheuren Verarbeitungsgeschwindigkeit und hohem Bedienungskomfort war der Editor auf dem ST konkurrenzlos.

Fortan war Tempus für viele das Maß aller Dinge. Kaum hatte die Branche sich diesem Zustand angepaßt und mit Sprüchen wie »so schnell wie Tempus« oder ähnlichem versucht mitzuhalten, erschien auch schon Tempus 2.0. Noch mehr Funktionen hatte der Nachfolger anzubieten — und alles ging noch schneller.

Leider hatten solche Fähigkeiten auch ihren Preis. So ist Tempus nur lauffähig auf zwei der Standard-Auflösungen (640 x 400 und 640 x 200 Pixeln). Versucht man Tempus ab Version 2.0 auf einem anderen Prozessor wie z.B. dem 68030 laufen zu lassen, erlebt man wunderschöne Abstürze.

Die Softwarebranche hat in der Zwischenzeit auch nicht geschlafen: Produkte wie »Edison« und »PKS-Edit« stellen schon eine starke Konkurrenz für Tempus 2.0 dar. Besonders die saubere Einbindung ins GEM, die einen sauberen Ablauf auf allen Grafikauflösungen garantiert, favorisieren die neuen Produkte.

Doch auch Tempus wird weiterentwickelt. Zum Test lag uns die Version 2.10 des Editors vor. Drei wesentliche Änderungen dokumentieren das Lifting der Vorversionen.

Die wohl wichtigste News ist die Großbildschirmfähigkeit von Tempus. Alle Auflösungen, deren Aufbau mit denen der hohen und der mittleren Auflösung identisch ist, unterstützt TEMPUS 2.10. Damit können alle Overscan-Benutzer und Besitzer eines monochromen Großbildschirms (z.B. »Atari SM194« oder »Matrix M110«) mit dem neuen Tempus arbeiten. Dies ist sicher nicht der sauberste Weg, aber der Name Tempus steht für Geschwindigkeit.

Die zweite wichtige Änderung betrifft die Tabulatorverwaltung. Bisher kannte Tempus zwei Modi: komprimiert und unkomprimiert. Im komprimierten Zustand zeigte Tempus nur die Steuercodes für »TAB« an. Im unkomprimierten Zustand wurden die Tabs zu Leerzeichen expandiert. Hier konnte es leicht zu Komplikationen kommen, wenn man z.B. absichtlich Leerzeichen eingefügt hat, die dann beim Komprimieren zu Tabs gewandelt wurden.

Tempus hat jetzt eine Tabulatorverwaltung wie der »Turbo-C-Editor«. Auch im komprimierten Zustand zeigt Tempus die Tabs expandiert an, obwohl sie beim Durchwandern mit dem Cursor als nur ein Zeichen verarbeitet werden. Der komprimierte Modus ist jetzt also genauso übersichtlich wie der unkomprimierte, die gespeicherten Dateien aber sind kürzer.

Die dritte Änderung wird all die erfreuen, die mit sehr vielen logischen Laufwerken zu arbeiten haben. In Tempus konnte man bisher in der Dateiauswahlbox maximal acht Laufwerke (A-H) direkt anwählen. Alle weiteren mußten über die direkte Pfadeingabe angesteuert werden. Dieses Manko ist jetzt behoben. Knöpfe für bis zu 16 Laufwerke, und damit der maximalen Anzahl logischer Laufwerke, die das GEMDOS derzeit zuläßt, bietet Tempus 2.10.

Wo viel Licht ist, fällt auch Schatten: Die wichtigen neuen Eigenschaften laufen leider auf keinem anderen Prozessor als dem 68000. Wer also mit einem Atari TT oder einer PAK68 liebäugelt, kann vorerst Tempus nur in der Version 1.xx einsetzen.

Wer auch in Zukunft mit einem 68000er vorliebnimmt, erhält mit Tempus 2.10 einen sehr schnellen, komfortablen und vor allem ausgereiften Editor. (uw)

Wertung

Name: Tempus 2.10

Hersteller: CCD

Preis: 129 Mark

Update 25 Mark 4- 6 Mark Versandkosten

Stärken: □ schneller Editor □ Großbildschirmfähig □ Tabulatoren-Handling verbessert □ bis zu 16 logische Laufwerke direkt ansprechbar

Schwächen: □ nur auf dem MC 68000 lauffähig

Fazit: Gutes Werkzeug für Programmierer, die Applikationen für Großbildschirme schreiben müssen.

CCD, Creative Computer Design D. Beyelstein, Burgstr. 9, Postfach 175, 6228 Eltville


Michael Bernards
Aus: ST-Magazin 09 / 1990, Seite 34

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