Public Domain: Wirklich zum Nulltarif?

Was »Public Domain« und »Shareware« wirklich bedeuten

Viele meinen, die beiden Begriffe ' »Public Domain« und »Shareware« bedeuten beide dasselbe, nämlich kostenlose und frei kopierbare Software. Tatsächlich stehen hinter beiden Bezeichnungen unterschiedliche Konzepte.

Der Begriff »Shareware« entstand in den USA und ist dort und auch hier in Deutschland eindeutig definiert: Das Kopieren und Ausprobieren der Software ist kostenlos und unverbindlich, die Benutzung ist allerdings nur gegen Bezahlung erlaubt. Das heißt: Wie in einem Geschäft dürfen Sie die Software ansehen, nur eben intensiver. Setzen Sie das Programm aber zu Ihrem Nutzen ein, so müssen Sie es kaufen. Wer das Programm trotzdem benutzt ohne bezahlt zu haben, fällt unter die Kategorie »Raubkopierer« und begeht praktisch Diebstahl. Man kann es auch von der moralischen Seite sehen: Der Autor überläßt Ihnen sein Produkt vertrauensvoll zur Ansicht. Da wäre es unfair, ihn zu hintergehen, indem man sagt: Jetzt hab ich’s — was soll ich denn noch bezahlen?

Für Programme, die sich ausdrücklich als Shareware bezeichnen, muß der Anwender bei Benutzung bezahlen. Denn oft steckt sehr viel Arbeit in dieser Software, und sie bietet meist Funktionen wie weitaus teuere Programme.

Auch wenn in Deutschland die Definition von Shareware allgemein noch nicht so bekannt ist wie in den USA, sollten auch in Deutschland alle Anwender solcher Software das Shareware-Konzept akzeptieren und bei der Benutzung dieser Programme bezahlen. Für Programme, deren Honorierung nur auf freiwilliger Basis (Spendenaufrufe) zu erfolgen hat, trifft eher die Bezeichnung »Public Domain« bzw. »Freeware« zu.

In Deutschland verstehen wir unter der Bezeichnung »Public Domain« Software, die frei von allen Besitzverwertungsrechten ist. Jeder darf sie kopieren, einsetzen, verändern und weiterbearbeiten. Das einzige, was dem Autor verbleibt, ist das Urheberrecht: Ein vorhandener Hinweis auf ihn als Urheber darf nicht entfernt werden. In den USA ist »Public Domain« ein fester Begriff und definiert Programme, die vollkommen ohne jegliche Rechte sind. In Deutschland dagegen gilt allgemein der Urheber einer Software zunächst als derjenige, der alle Rechte daran besitzt. Wollen Sie die Ergebnisse Ihrer Arbeit anderen kostenlos zur Verfügung stellen, so sollten Sie immer im einzelnen beschreiben, was Sie erlauben und was nicht. Dazu gehören zumindest folgende Festlegungen:

Der Urheber legt also fest, wie seine Software zu behandeln ist. Im Zweifelsfall gilt das Urheberrecht: Keiner darf die Software kopieren oder anderwertig verwenden, solange es der Urheber nicht genehmigt. Software sollten Sie demnach nur »Public Domain« nennen, wenn keine obigen Einschränkungen vorliegen. Wenn Sie kein Geld für die Nutzung der Software verlangen, aber trotzdem die Verwertungsrechte behalten wollen, sollten Sie es »Freeware« nennen.

Über die Dienstleistungsbetriebe, die Public Domain und Shareware gegen Gebühr kopieren, sollte man sich als Software-Autor auch einmal Gedanken machen. Daß in letzter Zeit die PD-Versender wie Pilze aus dem Boden schießen, liegt nicht zuletzt daran, daß damit eine Menge Geld zu verdienen ist. Jeder PD-Autor sollte sich entscheiden, ob er das billigt, damit sich seine Software schneller verbreitet, oder ob er unterbinden will, daß PD-Versender mit dem bloßen Kopieren Geld verdienen, während er selbst keinen Pfennig für seine Arbeit verlangt. In diesem Fall muß nur ein entsprechender Hinweis im Programminfo stehen.

Bei einem Verstoß gegen die für das Programm festgelegten Bestimmungen können Sie als Autor, innerhalb eines halben Jahres ab Kenntnis, wettbewerbsrechtliche und Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Dazu sollten Sie einen Rechtsanwalt mit EDV-Kenntnissen aufsuchen. (ba)

Wir danken Rechtsanwalt Frhr. v. Cravenreuth für seine juristischen Erläuterungen.


Thomas Tempelmann
Aus: ST-Magazin 02 / 1990, Seite 19

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