Continental Circus - Bremsen, Boxen und Boliden

Mit quietschenden Reifen und dröhnendem Motor um die Kurven fliegen, bei 300 Sachen jedem GTI die Rücklichter zeigen und vielleicht einmal sogar den Grand Prix gewinnen - welcher Motorsportfan träumt nicht davon? Allein, das nötige Kleingeld für die entsprechenden Boliden dürften die wenigsten aufbringen. Günstiger ist da schon »Continental Circus«, das neue Autorennspiel aus dem Hause Sales Curve. Continental Circus vermittelt Formel-1-Flair auf dem heimischen ST und macht aus jedem Käferfahrer einen kleinen Niki Lauda.

Doch der Weg zum Formel-1-Piloten ist schwer. Acht Qualifikationsrennen in verschiedenen Ländern gilt es zu bestehen, bevor ein Platz in der Startreihe gesichert ist. In jedem Rennen müssen Sie dabei eine bestimmte Anzahl Mitkonkurrenten auf die Plätze verweisen, um für die nächste Ausscheidung zugelassen zu werden. Diese bei Altmeister »Pole Position« abgeschaute Idee ist auch nach fünf Jahren noch für spannende Rennen gut.

Doch bei Continental Circus wurde das Spielprinzip noch einmal aufgepeppt. Kleinere Kollisionen verwandeln Ihr Gefährt nicht sofort in einen Schrotthaufen, sondern fügen ihm nur mittelgroßen Schaden zu. Ein Boxenstopp läßt den Wagen schnell wieder in alter Frische dastehen. Wer sich allerdings um die Rauchsignale aus dem Motor nicht kümmert, sieht bald sein Heck in Flammen stehen. Das kostet zwar ebenso wie ein Crash nicht gleich ein Leben, sondern nur Zeit, aber die ist bei Continental Circus knapp - schließlich müssen Sie jede Runde innerhalb einer bestimmten Frist schaffen.

Geht Ihnen unterwegs die Puste aus, sind Sie disqualifiziert - zum Glück hat jeder Fahrer vier Fehlversuche gut. Umgekehrt erhalten Sie übergebliebene Sekunden für die nächste Runde gutgeschrieben. Haben Sie genug Autos überholt und den Wagen heil ins Ziel gebracht, geht es weiter zur nächsten Etappe, wo das Spielchen von vorne beginnt - natürlich mit härteren Bandagen.

Ebenso flott wie der Spielverlauf ist auch die Grafik. Jedes Land wartet mit eigenen Hintergrundbildern auf, die allesamt bunt und detailreich gestaltet sind. Das rasante Scrolling und die gelungenen 3D-Effekte lassen echte Rennatmosphäre aufkommen. Und weil auch in anderen Ländern nicht immer nur die Sonne scheint, ziehen bisweilen Regenwolken auf und sorgen für eine rutschige Fahrbahn.

Allerdings werden Sie kaum dazu kommen, die ganze Pixelpracht gebührend zu bewundern - zuviel ist los auf der Piste. Wenn Sie mit 400 Sachen in die Kurven rauschen, brauchen Sie einiges an Fingerspitzengefühl, um sich zwischen den Kotflügeln der Vordermänner hindurchzumogeln. Angesichts der engen Fahrbahn weichen erfahrene Piloten gern mal auf den Seitenstreifen aus - allerdings, ohne die dort plazierten Werbetafeln und Bäume zu rammen.

Rammen werden Sie schließlich auch so genug - meist die Hinterteile Ihrer Mitstreiter oder die Markierungen der Boxenstraße. Die Steuerung ist nämlich sehr sensibel - dadurch lassen sich zwar gewagte Manöver blitzschnell durchführen, andererseits endet ein kleiner Schlenker oft gleich im Straßengraben.

Besonders unangenehm ist dies angesichts der Tatsache, daß Sie für ein Weiterkommen Ihre Runde ohne Kollision und Boxenstopp absolvieren müssen - eine kleine Unachtsamkeit kostet dann nicht nur wertvolle Zeit, sondern bedeutet gleichzeitig eine oder zwei weitere Ehrenrunden. Da passiert es dann leicht, daß Sie schön weit mehr Autos als erforderlich passiert haben, aber wegen ständiger kleiner Nicklichkeiten und den dadurch erzwungenen Boxenstopps nicht zum nächsten Rennen zugelassen werden. Besonders in den höheren Levels treibt das auf die Dauer den Frustpegel hoch. Wer dessen ungeachtet einen hohen Punktestand geschafft hat, darf sich in die 50 Plätze umfassende Highscore-Liste eintragen. Leider wird diese nicht auf Diskette gespeichert.
Insgesamt hinterläßt Continental Circus einen süß-sauren Eindruck. Aus der flotten Grafik und dem ordentlichen Sound hätte man einen echten PS-Renner machen können, wenn die Programmierer etwas mehr auf die Spielbarkeit geachtet hätten.

So reicht es nur zu einem guten Mittelklassewagen, der vor dem Kauf sicherheitshalber einmal probegefahren sein sollte.
(tb)

Continental Circus
Preis:ca. 80 DM
Hersteller:The Sales Curve
Funktioniert mit:
Monochrom:nein
Farbe:ja
Blitter-TOS:ja
Kurzbeschreibung: schnelles Autorennspiel mit gelungener Grafik, aber etwas unglücklichem Spielprinzip


Marc Kowalsky
Aus: ST-Magazin 01 / 1990, Seite

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