Endlich verblittert: Blitter-Aufrüstung für alle STs

Fast nichts auf der Computerwelt ist so präzise, wie ein offizieller Liefertermin der Firma Atari. Auf der Orgatechnik 1986 erlebte der damals sagenumwobene Blitter seine Deutschland-Premiere. Dieser Wunderchip, ein Coprozessor zum schnellen Verschieben von Bitfeldern, sollte den Hauptprozessor des Atari ST entlasten und besonders beim Bildschirmaufbau für einen wahren Geschwindigkeitsrausch sorgen. In einem Interview versprach uns Jack Tramiel höchstpersönlich, bis spätestens Januar 1987 den »Blitter für alle«, also einen Nachrüstsatz für sämtliche STs, zu liefern.

Der erste Blitter-Chip, handverlesen von Shiraz Shivji, gelangte »schon« im Sommer 1987 in den bis dato leeren Blitter-Sockel eines europäischen Mega ST. »Bereits« ein langes Jahr später, im Oktober 1988, verkündete die Raunheimer Vertriebsabteilung voller Stolz, daß dank der rastlosen Schaffenskraft der Atari-beauftragten Chip-Schmieden inzwischen ein nennenswerter Vorrat an fast völlig fehlerfrei arbeitenden Blittern angelegt sei, aus dem sich jeder ST-Besitzer gegen ein Entgelt von knapp 200 Mark frei bedienen könne.

Leider existiert zu Jack Tramiels »Blitter für alle« immer noch kein Atari-Umbausatz für die »kleinen« STs ohne Blitter-Sockel. Wieder einmal muß ein Zweitanbieter in die Bresche springen: Die Firma Rolf Rocke Computer aus Leverkusen will der blitterwilligen ST-Gemeinde zu schnellem Bildaufbau und sauberer (GEM-)Fensterwischerei verhelfen. Rocke bietet zu dem Umbausatz mit knapper exakter Anleitung (80 Mark ohne Blitter) einen Einbau-Service für 35 Mark an.

Wir schickten den ältesten Redaktions-ST, einen ehrwürdigen 520er der ersten Stunde mit klappriger Tastatur und Huckepack-RAMs, zur Bit-Blit-Kur nach Leverkusen. Nach knapp 30 Minuten auf dem Rockeschen »Operationstisch« schob unser Computer-Greis Pixel und Bits über den Bildschirm und durch den ST-Speicher wie ein jugendfrischer Mega ST.

Der Umbau beginnt mit einer »Gehirnamputation« durch Auslöten des 68000-Prozessors. Der Eigenumbau ohne eine teure professionelle Entlöt-Station führt dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit zur mechanischen Zerstörung des Prozessors. Besorgen Sie sich unbedingt vor dem Umbau einen neuen MC68000 (etwa 20 Mark) oder investieren Sie besser 35 Mark für den Profi-Umbau bei Rocke.

An die Stelle des Prozessors lötet man die gelieferte Platine (mit Prozessor- und Blitter-Sockel), die liber ein dreiadriges Kabel mit drei Lötpunkten auf der Hauptplatine zu verbinden ist. Befinden sich Prozessor und Blitter in ihren Sockeln, so ist der eigentliche Umbau bereits beendet.

Leider unterstützt das alte Betriebssystem den Blitter nicht. TOS befindet sich in sechs 256 KBit-ROM-Bausteinen auf der linken Seite der Platine (260/520 ST) oder unter dem Netzteil (1040 ST). Atari liefert die neuen TOS-Versionen mit Blitter-Unterstützung jedoch nur in zwei 1-MBit-ROMs (unser 520 ST war bereits mit älteren Blitter-TOS-ROMs ausgerüstet). Die zur Anpassung notwendige Zusatzplatine findet sich im Rocke-Umrüstprogramm (für 260/520 ST 50 Mark, für 1040 ST 60 Mark).

Die Gesamtkosten für die »Verblitterung« von Alt-STs belaufen sich einschließlich Blitter, TOS-ROMs, Platinen und Umbaukosten auf etwa 520 Mark, ein Betrag, der eine gründliche Kosten-Nutzen-Analyse nahelegt. Waren Sie bisher mit dem Arbeitstempo Ihres ST zufrieden, so können Sie durchaus auf das Blittertempo verzichten. Unübersehbar sind jedoch die »Entzugserscheinungen«, hat man den Blitter erst einmal bei der täglichen Arbeit am ST kennen- und schätzengelernt. (uh)

Vertrieb: Rocke Computer, Auestr. 1, 5090 Leverkusen 3

BITBLT-Power für Uralt-STs: der Blitter für alle

Wolfgang Fastenrath
Aus: ST-Magazin 02 / 1989, Seite 130

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