Lang ist es her, seit sich die ST-Computer näher mit dem alternativen Desktop TeraDesk beschäftigt hat. Aber: TeraDesk existiert, ist nach wie vor relevant und freier als Freibier. Da liegt es doch nahe, ein komplett „freies“ Atari-System aufzusetzen und einen Blick auf die aktuelle Version 4.07 zu werfen.
Neben der Verfügbarkeit des Quelltextes war eine der wesentlichen Eigenschaften von TeraDesk schon immer die selbstauferlegte Beschränkung auf die nötigsten Funktionen. Schließlich ist bei jedem Atari mit zwei MB oder weniger ein alternativer Desktop vor allem eines: Ein zusätzliches Programm, welches Speicherplatz verbraucht. Hinzu kommt, dass ST-Nutzer für den Komfort vielleicht noch weitere residente Programme nutzen – ein paar Auto-Ordner-Programme hier, ein paar Accessories da.
Das „freie“ Set-up für den Test besteht aus Hatari 2.2.1, EmuTOS 0.9.10 und TeraDesk in der Version 4.07. Von TeraDesk gibt es drei Varianten: Eine verwendet etwas weniger Speicher, die andere ist für Coldfire-Systeme gedacht und die dritte für den ganzen Rest. Je nach Konfiguration belegt TeraDesk knapp 200 bis 300 KB. Dem Desktop liegen zwei Icon-Sets bei, davon eines für Systeme mit Farbicon-Unterstützung.
TeraDesk ist nicht wählerisch, was das System angeht und läuft unter Single- wie MultiTOS, MagiC, Geneva und allen anderen Varianten. Die „kleine“ TeraDesk-Version unterstützt keine langen Dateinamen und bietet nur begrenzten Support für das AV-Protokoll. Gestartet wird TeraDesk wie jedes andere Programm, bei Multitasking-Systemen empfiehlt sich die Einrichtung als Standard-Desktop.
Zwar dürften wohl kaum Atarianer existieren, die nicht zumindest schon einmal eine Desktop-Alternative getestet haben, aber für den unwahrscheinlichen Fall, dass TeraDesk dennoch die erste Alternative zum Original-Atari-Desktop ist: Ein Kulturschock stellt sich nicht ein. Vieles an dem Desktop wirkt vertraut, insbesondere für Nutzer von TOS 2.0x. Selbst der Desktop erscheint zum Start im gewohnten Atari-Grün. Kontextmenüs für die rechte Maustaste gibt es nicht, stattdessen ist sie mit dem Doppelklick belegt. Die erste sichtbare Änderung ist die Darstellung der Dateiattribute im Verzeichnisfenster.
Der Versuch, eine Datei zu öffnen, die kein Programm ist und keinem Programm zugewiesen wurde, ruft einen Dialog auf, der es erlaubt, den Dateityp mit einer Anwendung zu verknüpfen oder die Datei anzuzeigen. Der TeraDesk-eigene Viewer läuft sauber im Fenster, mit variabler TAB-Größe und Hex-Modus.
In den Optionen verstecken sich einige nützliche Funktionen. Konfigurierbare Desktop-Shortcuts sind schon aus TOS 2.0x bekannt, die Dialoge – in der Grundeinstellung so genannte FlyDials – lassen sich in Fenster packen und wahlweise zentrieren, oder an der Mausposition ausrichten. Für Verzeichnisse und den Viewer kann der Font geändert werden, eine Funktion, die Atari selbst erst für TOS 5 geplant hatte.
Mit der Option, Farbe und Füllmuster für Desktop und Fenster zu ändern, gibt sich TeraDesk bereits zufrieden, wenn es nur um die Optik geht. Hintergrundbilder sind nicht die Sache dieses Programms.
Sinnvoller sind ohnehin die Werkzeuge, die für das Arbeiten mit Dateien relevant sind, der Hauptaufgabe eines Desktops. Masken lassen sich definieren und der Autolocator, der nach jedem Tastendruck die nächste passende Datei auswählt, gehören dazu. Die Suchen-Funktion ist der von TOS 2.0x deutlich überlegen und bezieht auf Wunsch auch das Datum und die Dateigröße mit ein. Beim Formatieren werden nicht nur HD- und ED-Disketten unterstützt, sondern auch eigene Trackformate. Alles keine Funktionen, die den Desktop stark aufblähen, aber nützlich im Alltag.
Lange war TeraDesk der einzige Desktop, der auch als Quelltext zur Verfügung stand. 2002 wurde das Programm unter der GPL freigegeben. Derzeit betreut Djordje Vukovic das Projekt. Der Quelltext kann mit Pure C oder AHCC kompiliert werden.
TeraDesk ist nicht mehr der einzige Open-Source-Desktop: Thing gibt es auch im Quelltext und seit Andreas Kromkes Frühjahrsputz auch MagXDesk als Bestandteil von MagiC. Optimisten hoffen zudem auf eine Freigabe von NeoDesk, die zwar versprochen, aber bis heute noch nicht erfolgt ist. Nicht vergessen werden sollte EmuDesk, der eingebaute Desktop von EmuTOS, dem jedoch bei der Weiterentwicklung schon durch die ROM-Größe Grenzen gesetzt werden – schließlich soll EmuDesk, wenn auch mit Abstrichen, weiter in ein 192KB ROM passen.
Der größte Vorteil von TeraDesk ist zweifelsohne der geringe Speicherplatzbedarf. Wie alle anderen Versionen zuvor empfiehlt sich der Desktop vor allem für STs und STEs, die meist mit maximal 4 MB RAM ausgestattet sind und, dank der Coldfire-spezifischen Version, die FireBee.
http://solair.eunet.rs/~vdjole/teradesk.htm