1987 erschien The Great Giana Sisters für den C64, ein Spiel, welches deutlich von Nintendos Super Mario Bros. inspiriert war. 1988 folgten dann Umsetzungen für Atari ST und Amiga, doch der Atari-Version fehlte etwas: Scrolling.
Mit dem Scrolling hatten viele Atari-Spiele ihre Mühe und die Programmierer lösten das Scrolling-Problem auf höchst unterschiedliche Weise. Mal ruckelte es, mal wurde zugunsten sauberen Scrollings das Spielfeld eingeschränkt. Erfahrene ST-Programmierer bekamen aber auch ohne STE Soft-Scrolling hin. Giana Sisters verzichtet hingegen ganz auf Scrolling und blättert den Bildschirm einfach um - was natürlich in allen Testberichten des Spiels kritisiert wurde.
Allerdings hätte es die ST-Umsetzung wohl gar nicht erst gegeben, wäre sie erst nach der Amiga-Version veröffentlicht worden: Kurz nach Veröffentlichung der Amiga- und ST-Version wurde Giana Sisters aus dem Handel zurückgezogen. Dementsprechend selten sind die 16-Bit-Fassungen, andere Umsetzungen erschienen erst gar nicht.
Die STE-Version von Giana Sisters wurde von Zamuel_a entwickelt und basiert auf dem Original-Code der ST-Version. Aufgrund der Art, wie Giana Sisters programmiert wurde, wird der Code komplett in das RAM geladen und dann Teile des Spiels ausgetauscht. Die Folge ist, dass das Spiel 2 MB RAM benötigt. Solch hohe Systemanforderungen wären 1988 undenkbar gewesen.
Der STE bringt natürlich schon von sich aus bessere Voraussetzungen für Spiele mit, als der ST. So scrollt Giana Sisters STE flüssig, die Bildrate ist höher und sogar die Wolken aus der C64- und Amiga-Version sind nun vorhanden. Dadurch ist das Jump'n'Run besser spielbar als vorher, da der Spieler nicht mehr mitten im Sprung vom Blätter-Scrolling überrascht wird. Für die Soundeffekte werden nun Samples verwendet.
Giana kann nun nicht mehr nur mit dem Joystick, sondern auch mit einem Jagpad gesteuert werden. Mit dem Jagpad gesteuert, erinnert das Spiel noch stärker an Nintendos Mario, da nun mit einer der Feuertasten gesprungen wird.
Leider ist das Spiel nicht mit dem Falcon kompatibel, es gibt es jedoch im Giana-Sisters-STE-Thread auf atari-forum.com eine Version mit einem Starter, der das Spiel auf dem Falcon zum Laufen bekommt. Auch mit diesem läuft Giana Sisters alles andere als perfekt: Der obere Bildschirmbereich mit der Zeit und dem Punktestand ist gar nicht zu sehen, am unteren Bildschirmrand treten immer wieder Grafikfehler auf und schließlich stürzt das Spiel ab, wenn alle Leben verloren wurden.
Das Spiel an sich ist unverändert geblieben: Giana und Maria hüpfen durch 32 Level, bezwingen Riesen-Skorpione und Drachen und sammeln Diamanten ein. Für 100 Diamanten gibt es ein Extra-Leben, mit versteckten Warp-Steinen werden Level übersprungen. An bestimmten Stellen lohnt sich ein Sprung in die Tiefe, denn dort warten Bonus-Räume voller Diamanten auf die Heldin.
Die Nähe zu Mario ist zwar offensichtlich, aber Giana Sisters ist keine Kopie: Das Leveldesign ist anders, Giana kann mehr Extras einsammeln und die Physik unterscheidet sich. Die Gegner unterscheiden sich hauptsächlich optisch voneinander, greifen Giana aber nicht mit Wurfgeschossen an.
Leichter ist Giana Sisters dadurch nicht: Während Super Mario bei Gegnerberührung zu Mario schrumpft, stirbt Giana bei jeder Berührung mit einem Feind. Die Untergrundlevel sind zudem alles andere als fair und wimmeln vor Stellen, an denen Giana kaum Platz zum Springen hat. Verliert Giana ein Leben, büßt sie auch alle bisher gesammelten Diamanten ein - Mario behält hingegen seine Goldmünzen.
Trotz all seiner Schwächen war Giana Sisters auf C64, Amiga und ST ein gutes Spiel: Etwas ähnliches gab es für Heimcomputer zu der Zeit nicht, der Sound war exzellent und die Grafik hübsch.
Kurz nach der Veröffentlichung von Giana Sisters wurde mit der Arbeit am Nachfolger begonnen und sogar ein Bild veröffentlicht. Doch Time Warp wollte nicht erneut mit Nintendo aneinander geraten und tauschte die Giana-Sprites gegen Roboter aus. „Hard'n'Heavy“ fand nicht annähernd soviel Beachtung wie Giana Sisters und Atari-Spieler haben noch einen weiteren Grund, Giana 2 zu ignorieren: Hard'n'Heavy scrollt so wie Giana Sisters.
1995 erschien von Top Byte Software mit Super Stario Land eine fast 1:1-Kopie von Super Mario Land. Zu dem Zeitpunkt war der ST im kommerziellen Spielemarkt aber bereits tot und Nintendo hatte es längst aufgegeben, gegen jeden Mario-Klon vorzugehen. Unbehelligt von Nintendo erschien mit Stario’s Christmas noch ein zweiter Teil. Beide Spiele bieten weiches Scrolling.
Für andere Systeme existieren Remakes, Hacks, inoffizielle Fortsetzungen und mit Giana Sisters (DS/iOS) und Giana Sisters: Twisted Dreams (Windows, PS3, Xbox 360, Wii U) zwei offizielle Sequels.