Fun-Software: Atari macht Spaß

Der April ist zwar nun zu ende, aber das bedeutet noch lange nicht, dass man mit dem Atari jetzt keinen Spaß mehr haben darf.

Die Auswahl an Fun-Programmen für den Atari ST ist erstaunlich groß und kann es in Sachen Quantität mit den Win-PCs aufnehmen. Fun-Software sind eigentlich nutzlose Programme, die lediglich für ein bißchen Erheiterung sorgen sollen. Daneben gibt es noch in scheinbar seriöser Software sogenannte "Easter Eggs", kleine versteckte Programmfunktionen, die oft sehr gut versteckt sind.

Fly Ex

Meinolf Schneider (Oxyd, Bolo) hatte vor gut 10 Jahren in der Zeitschrift TOS eine kleine Reihe von Gag- Programmen veröffentlicht. Diese zeichneten sich nicht nur durch liebevolle Gestaltung aus, sondern waren auch voll dokumentiert. "Fly Ex" beschäftigte sich mit der Insektenbekämpfung. Nach dem Start scheint der Computer erst einmal völlig normal weiterzuarbeiten – nur wer jetzt schon auf die rechte Maustaste drückt, wird merken, dass der Mauszeiger sich in eine Fliegenklatsche verwandelt. Nach einer Weile kommt mit lauten Getöse auch eine Fliege angeflogen, die sich von Pixeln ernährt. Mit der Fliegenklatsche muß man sich nun behutsam anpirschen, denn die Fliege reagiert hektisch auf Bewegung. Hat man es geschafft die Fliege zu erwischen, wird das Punktekonto rechts oben erhöht und die tote Fliege fällt vom Desktop.
Leider läuft Fly Ex nur in monochromen Auflösungen. Durch die Benutzung der rechten Maustaste kann es auch Probleme mit alternativen Desktops geben.

Snow

Ebenfalls von Meinolf Schneider ist dieses Programm. Der Bildschirm schneit langsam zu, wobei die Schneeflocken an Icons hängenbleiben. Auf der rechten Maustaste liegt aber ein Eiskratzer, mit dem man die weiße Pracht wieder entfernen kann. "Snow" verträgt sich leider nicht mit modernen Systemen.

NervBox

Dieses Programm ist ideal zum Verstecken im Start-Ordner. Es zaubert eine Fehlermeldung auf den Bildschirm mit zwei Buttons. Anklicken kann man jedoch keinen von beiden, denn sobald sich der Mauszeiger einem nähert, wird dieser nicht anwählbar dargestellt. "NervBox" macht Gebrauch von der Rechteck-Überwachung von faceVALUE. Wer sich mehr für die Arbeitsweise interessiert, kann einen Blick in den Source-Code der NervBox werfen. NervBox stammt ursprünglich vom PC.

Coffee

Eine der meistgestellten Antworten auf die Behauptung "mein Computer kann alles!" ist immer noch "Kann der auch Kaffee kochen?" – er kann! Coffee heißt ein schon älteres Programm, das von Frank Storm programmiert wurde. Es gibt jedoch eine aufpolierte Fassung vom Autor dieses Artikels, die die Ressource-Datei des Originals nutzt, jedoch Farb-Icons, Sound über GEMJing, 3D-Look und Tastaturbedienung unterstützt. Zu meiner Fassung gibt es auch den Source-Code in GFA-Basic. Als kleiner Gag läßt sich die Kaffeetasse verschieben und die Kaffeekanne leer sich etwas beim Anklicken. Das Programm kocht einen echten Turbo-Kaffee und ist innerhalb weniger Sekunden fertig.

Hot Shot

Ein klassisches Programm zum Abreagieren: dieses Accessory verwandelt den Mauscursor in ein Fadenkreuz. Nun kann man munter den Bildschirm beschießen, mit der rechten Maustaste ist alles wieder normal. Obwohl "Hot Shot" schon reichlich betagt ist (1990) läuft es auch auf modernen Systemen.

Melt

Das gleiche läßt sich von Melt leider nicht sagen. Dieses Accessory soll den Bildschirm zum schmelzen bringen – ein Effekt, der von den Bildschirmschonern auch als Modul angeboten wird.

Machine Gun

Wer ein etwas größeres Kaliber als Hot Shot braucht, kann zu "Machine Gun" greifen. Mit diesem ACC läßt sich schnell der ganze Bildschirm beharken, vom Aussehen erinnert das ganze dann aber doch eher an eine Schrotflinte. Erfreulicherweise ist "M.G." ähnlich kompatibel wie Hot Shot – leider hat es Probleme die Schußspuren wieder zu beseitigen.

WinFehler 2ST

Win Fehler produziert ab und zu Fehlermeldungen wie Windows. Die Häufigkeit läßt sich einstellen, das Programm läuft als Accessory.

Talk To Me

Ihr Computer lebt! Und TTM verleiht ihm sogar eine Stimme. Wer hätte aber gedacht, dass der ST in Wirklichkeit ein Österreicher ist? TTM installiert sich als Accessory und meldet sich ab und zu zu Wort. "Zu Wort" ist dabei wörtlich zu verstehen, denn tatsächlich ertönt Sprachausgabe aus dem Rechner. Es fallen Sätze wie "Bitte streichle mich." oder "Hallo". Das ACC selber bietet die Möglichkeit, den virtuellen Ösi abzustellen, was dieser allerdings mit einem "Nein, nein" quittiert und weiterquasselt. Am größten ist die Überraschung, wenn man das Programm heimlich auf einem anderen Atari installiert.

Manta

Manta läßt ab und zu einen Manta über den Bildschirm fahren. Ein ähnliches Programm gibt es auch mit einem Polizeiauto.

System

System ist ein alternativer Desktop, den man allerdings nicht mehr verlassen kann. Es läßt sich einiges anwählen, bei der Art der Antworten merkt man jedoch das Alter des Programms. Es entstand zur Zeit, als sich Amiga- und Atari-Besitzer streiteten, welcher denn nun der bessere Computer wäre. System enthält deshalb einige Amiga-Witze.

Upsidedown

Ein Accessory, das den Bildschirm umdreht. Nicht wirklich lustig, aber mittlerweile ein Klassiker.

Murray

Ein sehr altes Programm ist Murray, das ebenfalls auf die "Mann-im-Computer"-Idee aufsetzt. Nach dem Start in der hohen Auflösung läßt sich ein Gespräch mit Murray führen, einem älteren Herren, der sich mit dem Benutzer unterhalten möchte. Antworten und Fragen sind vorgegeben, trotzdem kommt genug Abwechslung in das Gespräch hinein. Murray ist animiert und verzieht passend zu seiner Stimmung das Gesicht. Das Programm läuft nur in der hohen Auflösung.

Enhanced Character Interpreter

Hinter diesem langen Titel versteckt sich die Lösung für abkürzungsgeplagte Computer-User. Der ECI entschlüsselt Abkürzungen wie VGA oder SCART. Auch hier spielt der Zufall eine Rolle, man bekommt immer eine andere professionell klingende, aber völlig falsche Aufschlüsselung des Begriffs. Die Bedeutung läßt sich als HTML-Datei abspeichern und ausdrucken. OLGA und BubbleGEM werden ebenfalls unterstützt. Entstanden ist ECI aus einem PC-Basic-Programm Ende der 80er.
Da ein solches Utility sehr wichtig ist, wurde die Atari-Version für 11 Systeme umgesetzt (ABC80, Commodore 64/16/VC20, Color Genie, P2000, CPC, Java und Dragon 32).

Eliza

Die Computer-Psychologin Eliza ist eines der bekanntesten Programme der Künstlichen Intelligenz. Amerikanische Studenten ließen sich von der ersten Version tatsächlich täuschen und glaubten, mit einer echten Person zu sprechen. Dabei macht das Programm nichts anderes, als den eingegebenen Satz zu analysieren und teilweise in Gegenfragen umzubauen. Wer nicht gerade unsinnige Sätze eingibt, kann sich erstaunlich ernsthaft mit Eliza unterhalten und merkt nicht, das Eliza nicht allzu viele Sätze beherrscht. Für den ST gibt es zwei Versionen. Die TOS-Version basiert vermutlich auf dem Original-Source-Code und ist eine reine TOS-Anwendung. Die GEM-Version vom Autor dieses Artikels ist hingegen völlig neu geschrieben – der Source-Code stand nicht zur Verfügung. Der Sprachumfang der GEM-Version ist erheblich umfangreicher als die der Original-Version. Dafür muß man damit leben, das Eliza nicht zu jeder Tageszeit bereit ist zu sprechen: die Psychologin hat feste Sprechzeiten.

Eliza

Phrasendrescher

Phrasendrescher sind Programme, die Sätze zufällig zusammenstellen aus einzelnen Bestandteilen. Für den C64 oder ZX81 gab es bspw. Lyrik-Programme, die auf diese Weise Gedichte erstellten. Grammatikalisch waren die auch meistens richtig, nur klangen sie etwas merkwürdig. Für den ST gibt es verschiedene Phrasendrescher: Mad Poet ist ein Lyrik-Programm. Anhand einer externen Wort-/Satz-Bibliothek stellt der Mad Poet von Carl Löfgren immer neue Sätze zusammen. Das Gedicht wird in einem altmodischen GEM-Dialog angezeigt und kann sogar abgespeichert werden. Mad Poet wird am besten als Accessory betrieben.
"Schlagzeile" stellt Schlagzeilen im Stil einer bekannten deutschen Boulevard-Zeitung zusammen. Das Programm ist neueren Datums.
"Kohl-Emulator": schon das Original war ein berühmter Phrasendrescher. Es war also kein Wunder, das es bald Programme gab, die auf DOS-PCs Sätze zusammenstellten, die vom Alt-Kanzler stammen könnten. Die ST-Version ist völlig neu geschrieben und nutzt nur die Sätze der PC-Version. Das Programm ist Teil der Sammlung "Pengo's Treasures" und gut in GEM eingebunden. Von der Atari-Version existieren Umsetzungen für den C64, ZX81, Portfolio, VC20 und Color Genie.
Ein sehr nützliches Programm für Musikbands ist "Bandname" von Dan Wilga (Geneva). Leider sind schon fast alle sinnvolle Namen für Bands vergeben, aber dieses Programm generiert Namen, die wahrscheinlich einmalig sind: "Burning Weights", "Teacher is Pale" oder "Story and the Twirlers". Das Programm ist eine TOS-Anwendung, verfügt also nicht über eine grafische Benutzeroberfläche.

Easter Eggs

Easter Eggs sind kleine versteckte Programmfunktionen, die Programmierer aus Langeweile oder Spaß in ihr Programm einbauen und gut verstecken. Auf dem PC gehört es zum guten Ton, ein Easter Egg zu verstecken, z.B. steckt ein Flugsimulator in Excel97, ein Ballerspiel in Homesite4, "Spy Hunter" in Excel 2000 und "Pong" in CoolEdit. Das in Windows- und Mac-Programmen die aufwendigsten Easter Eggs stecken verwundert nicht, denn ein Easter Egg soll schließlich nicht gleich den Programmcode verdoppeln. Da Atari-Programme normalerweise nicht größer als 2 MB sind, sind auch die Easter Eggs etwas schlichter. Manche Easter Eggs sind sehr schwer zu finden – oft muß man einen Hexeditor zu hilfe nehmen, oder den Programmierer gut kennen...

CAB: Das bekannteste Netscape-Easter Egg ist "about: mozilla". Wird dies in der Adreßzeile eingegeben, zeigt Netscape (seit v1.0) eine geheime Seite aus dem "Book of Mozilla". Mit Netscape 6 gab es dann eine neue Seite. CAB versteht auch das about-Protokoll, nur liefert das Programm eine andere Antwort.

A-Z: Das alphabetische Sortierprogramm hat im Hauptfenster ein kleines Flugzeug samt Piloten. Wird der Pilot mit der rechten Maustaste angeklickt, gibt er Kommentare von sich.

ergo!pro: Ein verstecktes Bild und Text läßt sich im Info-Dialog bewundern. Dazu ruft man die Programminfo auf und klickt auf Info, danach auf das Columbus-Ei und schon erscheint ein Text samt einem Monochrom-Bild. Ein weiterer geheimer Text läßt sich erreichen, wenn man mit der rechten Maustaste auf das Bild klickt.

Eliza: Eliza versteht eine menge Schlüsselwörter. Probieren Sie doch mal "Pink Floyd" aus.

ECI: Auf bestimmte Begriffe gibt es immer eine eindeutige Übersetzung: "Queen" z.B..

HomePage Penguin: Der ungekrönte König was die Anzahl der versteckten Funktionen ist wohl der HPP.
Besonders die Versionen 2 und 3 haben eine ganze Reihe Eggs versteckt. Die meisten Eggs lassen sich von dem Eingabefeld "Zweite Überschrift" aus aufrufen. Auch hier kommt das about-Protokoll zum Einsatz. Nach Eingabe des Schlüsselsatzes muß man auf das Font-Icon rechts neben dem Eingabefeld klicken und das Easter Egg wird aktiviert:
about:darla – das Copyright-Datum des Penguins wird geändert
about:angel – Titel des Text-Dialogs ändert sich
about:queen are gods – eine geheime Text-Botschaft erscheint
about:dev – die genaue Version des Penguins und seiner Programmbestandteile
about:penguin – geheime Seite aus dem HPP-Hypertext
Es gibt noch etwa 15 weitere Easter Eggs, einige werden auch durch versteckte Buttons aufgerufen. Wer die Serie "Buffy" kennt, wird sicherlich einige weitere finden. Die Eggs funktionieren übrigens nicht in der Demo-Version, sondern nur in v3.x des HPP (Ausnahme: about:dev).

Centi: Im Info-Dialog ist das Bild einer Frau versteckt.

Schlußwort

Auf Atari-Systemen gibt es eine Menge Spaß-Programme, die man immer mal wieder startet. Erfreulicherweise funktioniert ein Großteil dieser Programme auch auf modernen Atari-Systemen und für die nächsten Monate stehen noch einige weitere Programme an, darunter auch Remakes von derzeit unsauberen Programmen. Wer Easter Eggs in Programmen entdeckt, kann dies gerne der Redaktion mitteilen – aber für alle Eggs gilt: Ein Absturz ist kein Easter Egg!

Download:
Alle "Spaß-Programme" sind in der Up-to-Date-Liste zu finden: Rubrik Spiele/Spaß.
ECI, HomePage Penguin, A-Z: http://www.jaapan.de/software/spassprogramme/
Easter Egg Archive: http://www.eeggs.com/


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 05 / 2001, Seite 20

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