HighWire: Die Browser-Hoffnung aus England als CAB-Killer?

Trotz der aktuellen Entwicklungen Adamas und Wen.Suite ist CAB nach wie vor der beliebteste Web-Browser auf dem Atari. Allerdings gerät diese Referenz im Vergleich mit Browsern wie Netscape und Explorer immer mehr ins Hintertreffen. Atari-Anwender wünschen sich daher einen modernen, schnellen und eleganten Browser für das Surfen im Web. Die Antwort könnte nun aus England kommen: Robert Goldsmith entwickelt Highwire. Bengy Collins unterhielt sich mit ihm.

Licht am Horizont: Nachdem die meisten Atari-Anwender uns auf unseren Aufruf hin schrieben, dass sie sich in erster Linie einer WebBrowser für ihre Plattform wünschen, der die Eleganz von CAB mit der heutigen Browser-Technologie vereinigen wurde, kann nun gehofft werden. Aus England soll nun ein Programm namens Highwire kommen, dass die wohl endgültige Entscheidung von Alexander Clauss, CAB nicht mehr für den Atari weiterzuentwickeln verschmerzen lassen könnte. Wenn wirklich alle die Leistungsmerkmale implementiert werden, die der Autor angekündigt hat, könnte das Atari-Computing schon bald wieder an der Spitze des Web-Surfens mithalten: Highwire soll schnell sein, JavaScript unterstützen, STinG und STiK voraussetzen und als Freeware erhältlich sein. In der Infobox 1 sehen Sie schon einmal einen Überblick über die Leistungsfähigkeit von Highwire im Vergleich zu CAB 2.8. Bengy Collins, freier Autor der st-computer und Betreiber des Online-Angebots MagiC Online unterhielt sich mit Robert Goldsmith, Entwickler von Highwire.

st-computer: Wie lange ist Highwire schon in der Entwicklung?

Robert Goldsmith: Im Grunde begann das Ganze als kleine Idee für meine Examensarbeit um FSNs (Finite State Networks) zu realisieren. Ich hatte aber schnell erkannt, dass dieses Programm auch für Skripte in HTML genutzt werden konnte. Das Projekt ist seit dem letzten Sommer unter sehr langsamer Entwicklung, da ich bisher nur in den Ferien Zeit hatte, es voranzutreiben.

stc: Wie kam Highwire zu seinem Namen?

Goldsmith: Durch große Schwierigkeiten, wenn ich ehrlich bin. Mir fiel einfach nichts ein. Ich wollte aussagen, dass das Programm besser als alles andere ist und nicht übertroffen werden kann. Highwire (zu Deutsch: Hochspannungsleitung) klang daher für meine Ohren gut. Der Name steht aber noch nicht zu 100 Prozent fest und andere Vorschläge sind immer willkommen. Zur Zeit kann man sagen, dass es sich um das "Projekt Highwire" handelt.

stc: Wie kam es dazu, dass Du Dir so etwas umfangreiches wie einen neuen Browser vorgenommen hast?

Goldsmith: Ich möchte nichts gegen ASH sagen - aber seit ich CAB zum ersten Mal benutzt habe, wollte ich etwas besseres erschaffen. In den darauffolgenden Jahren habe ich mit zahlreichen Ideen herumgespielt, fand aber keinen befriedigenden Weg. Während des zweiten Jahres meines Examens bekam ich allerdings alle Antworten.

stc: Unter welchen Betriebssystemen wird Highwire laufen?

Goldsmith: Nun, zur Zeit läuft es unter jedem Betriebssystem, das multitaskingfähig ist. Ich sehe wenig Anreiz darin, es unter Single-TOS laufen zu lassen, da die meisten der Geschwindigkeitsvorteile vom parallelen Arbeiten der Funktionen profitieren. Das ist eben nicht möglich unter einem Singletasking-Betriebssystem. Highwire läuft bei mir bisher erfolgreich unter MagiC und MiNT.

stc: Wird der Browser JavaScript unterstützen?

Goldsmith: Obwohl die erste Version kein JavaScript enthält, sollte dies eine einfache Ergänzung werden, da Highwire zum Teil um das Microsoft Document Open Model (DOM) herum aufgebaut ist. JavaScript ist etwas, was ich einbauen will.

stc: Wie sieht es mit einer SSL-Unterstützung für sicherheitsgeschützte Server aus?

Goldsmith: SSL stellt mehr ein http-1.1-Protokoll dar, als dass es etwas mit dem eigentlichen Browser zu tun hätte - aber ich hoffe trotzdem, es zu implementieren. Das große Problem mit SSL ist, dass es eine Menge Rechenzeit gebrauchen könnte...

stc: Cascading Style Sheets? HTML 4?

Goldsmith: Wieder muss ich sagen, dass diese Features nicht im ersten Release enthalten sein werden, Highwire sie aber vorsieht und ich sie so schnell wie möglich implementiere.

stc: Cookies?

Goldsmith: Auch eher eine Sache von http 1.1- aber ich will es unterstützen.

stc: Wird Highwire mit l-Connect, Adamas, STiNG oder MiNTnet zusammenarbeiten - oder hast Du Dich noch nicht entschieden?

Goldsmith: Ich verwende als Protokoll STiK bzw. STinG, das auch mit GlueSTiK für MiNTnet zusammenarbeitet. Das Protokoll wird frei erhältlich sein, so dass jeder es für andere Sockets umsetzen kann.

stc: Wie weit ist die Entwicklung von Highwire auf einer Skala von l bis 10?

Goldsmith: Das ist eine schwere Frage. Von der Struktur her würde ich eine 7 geben, der allgemeine Status liegt aber eher bei 5, GUI und APIs jedoch bei 0.

stc: Gibt es schon ein vorsichtiges Veröffentlichungsdatum? Vielleicht das Jahr 2001 ?

Goldsmith: Nun, mein nächstes Studienjahr starte im Oktober, so dass ich nun einige Monate Zeit habe, um zu sehen, wie weit ich komme. Ich ziehe es vor, Leute nicht dadurch zu enttäuschen, indem ich Deadlines aufstelle und diese dann nicht einhalte - ich ziehe es vor zu arbeiten, bis ich eben fertig bin.

stc: Wie kommt es, dass wir bisher nichts von Highwire erfahren haben? Hast Du das Projekt geheim gehalten?

Goldsmith: Eine sehr frühe Version wurde bereits im November auf einer Atari-Show in England gezeigt, also haben schon eine Menge Leute gesehen, dass Highwire nicht Vaporware ist, sondern ein wirklich reales Projekt. Wie auch immer: Da ich keine Deadlines aufstellen möchte oder die Erwartungen der Leute zu hoch schrauben möchte, habe ich nicht viel über das Projekt geredet. Ich verspreche aber, dass es wirklich existiert, real und in der Entwicklung ist und langsam, aber sicher zum Ziel kommen wird.

stc: Was sind die Systemvoraussetzungen für Highwire?

Goldsmith: Nun, es ist die alte Regel: Je schneller und größer, je besser. Eine 20 KB große HTML-Seite braucht in der Regel 60-80 KB RAM. Die Rendering-Threads sind zur Zeit ca. 30 KB groß -wenn Sie also zwei Frames haben, werden weiter 90 KB notwendig (es handelt sich um eine rekursive Struktur). Ich würde aber sagen, dass man selbst bei grossen Seiten schon mit ca. 300 KB freiem Speicher auskommen müsste.

stc: Wird Highwire als Shareware, Freeware oder kommerziell veröffentlicht werden?

Goldsmith: Das erste Release, das HTML 3.2 unterstützt und alle Module, die ich und hoffentlich eine Menge anderer Leute schreiben werden, sind Freeware. Einige Module werden vielleicht als Shareware angeboten, ich versuche aber, dies zu unterbinden. Kein Teil des Pakets wird jemals kommerziell angeboten werden und die Protokolle und APIs werden ebenfalls frei veröffentlicht werden, um die Entwicklung anzuregen. Wir haben auch schon angedacht das Ganze als Open Source zu veröffentlichen, ich möchte aber doch gerne erst einmal die erste Version veröffentlichen - einfach aus dem etwas egoistischen Grund, weil ich es selbst machen will.

stc: Was halst Du von CAB?

Goldsmith: Hm - ich habe begonnen, Highwire zu entwickeln, nachdem ich es benutzt habe.

stc: Und was halst Du von Draconis und Wen.Suite?

Goldsmith: Ich habe beide Programme noch nicht benutzt, habe mir aber sagen lassen, dass beide langsam und instabil sind und nicht besonders gut mit STiNG zusammenarbeiten.

stc: Mit welchen System arbeitest Du?

Goldsmith: Mein System ist ein Falcon 030 mit 14 MB RAM und einer Nemesis 25/50. Ich habe eine 1.2 GB große Festplatte, ein CD-ROM und ein Zip-Laufwerk. Ich nutze MagiC 6, NVDI 5, THING! 1.27e und programmiere in Devpac und Lattice (obwohl ich GCC vorziehe, wenn dies möglich ist).

stc: Ist Highwire komplett in ASM programmiert?

Goldsmith: So mutig bin ich auch wieder nicht. Der Hauptteil ist in C geschrieben, die JPEG-, GIF- und PNG-Decoder jedoch in ASM.

stc: Welche anderen Programme hast Du entwickelt?

Goldsmith: Nicht soviele um ehrlich zu sein. Mit den meisten Dingen, die ich programmiere, spiele ich nur herum. Die neueren Sachen sind außerdem aufgrund meiner Kurse an der Universität für UNIX-Maschinen und PCs entstanden.

stc: Hast Du Alexander Clauss als Hilfe kontaktiert?

Goldsmith: Nein, dies ein vollständig unabhängiges Projekt. Ich habe die Spezifikationen von HTML 3.2 und 4.0 und chatte regelmäßig mit anderen Atari-Leuten. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, meine aber, dass die Art und Weise, wie CAB arbeitet, so komplett anders ist als bei Highwire, dass ich bezweifle, dass mir Alexander viel Hilfe geben könnte.

stc: Atari-Anwender mussten bereits eine ganze Weile auf einen wirklich modernen und schnellen Web-Browser warten. Wird diese Wartezeit beendet sein, wenn Highwire erscheint?

Goldsmith: Das ist das Ziel. Zur Zeit kann Highwire eine Seite bereits in einem Drittel der Zeit darstellen, die CAB benötigt. Die Seiten können dargestellt werden, während sie heruntergeladen werden, außerdem kann mehr als eine Datei zur Zeit heruntergeladen werden. Das heißt, dass die Zeit um ein Bild herunterzuladen, zu konvertieren und darzustellen, vorbei ist. Außerdem - und auch das ist ein großer Fortschritt - werden die Seiten einmal formattiert und dann nie wieder. Das heißt, dass ein Verändern der Fenstergröße keine Neuformatierung nach sich zieht. Im November wurde das 26 KB große Testdokument auf einem Hades in Echtzeit verändert.

stc: Wie ist der Entwicklungsstand?

Robert Goldsmith: Der Formatierungs-Code wurde in ein OVL verwandelt. Der Code der Hauptanwendung wurde auf ein Minimum heruntergeschraubt und macht nun von den OVLs Gebrauch. Die Grafikdarstellung ist bereits fertig und GIF-Bilder werden dargestellt. JPEG und PNG folgen in Kürze. Bilder werden dabei entpackt und dargestellt, während sie heruntergeladen werden und Frames und Bilder werden zur gleichen Zeit gezeichnet. Das Online-Modul habe ich dagegen noch nicht begonnen. Der Quelltext zum Laden von Dokumenten von der Festplatte ist jedoch fertig. Einige Teile des HTML-Parsers möchte ich überarbeiten. Tabellen werden auch in Kürze Realität sein.

Auch zur Oberfläche habe ich mir bisher nur einige Gedanken gemacht. Ich werde diese vielleicht als HTML-Datei und nicht als RSC realisieren, damit der Anwender also seine eigene Oberfläche realisieren kann.

Ich habe noch ein paar andere Ideen, die ich jedoch noch nicht erwähnen möchte.

http://www.the-osylum.zetnet.co.uk/

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<TD>Projekt Highwire</TD>

Feature CAB 2.8
Status
OS
Socket
JavaScript
Cookies
SSL
HTML 4
PNG-Unterstützung
Echtzeit- Resizing
progressive Darstellung
kommerziell
Single- und Multitasking-OS
STiNG, I-Con., MiNTnet
nein
ja
nur mit MiNTnet
nein
ja
nein
nein
Freeware
Multitasking-OS
STiNG, GlueSTiK
in Planung
in Planung
in Planung
in Planung
ja
ja
ja
Bengy Collins, Thomas Raukamp

Aus: ST-Computer 06 / 2000, Seite 20

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