MagiC ist nicht nur wegen seiner Benutzerfreundlichkeit und Funktionalität das heutzutage verbreiteste TOS-kompatible Betriebssystem, sondern auch, weil es praktisch auf jeder wichtigen Computer-Plattform läuft. Das zunächst nur für ST- und TT-Modelle geeignete Betriebssystem ist heute zu einem Multiplattform-OS herangewachsen: Kurze Zeit nach der Falcon-Anpassung erschien im Januar 1995 die MacOS-Version, die für großen Wirbel im TOS-Markt gesorgt hat. Sogar die st-computer drohte damals, sich in open Systems umzubennen. Im Sommer '96 veröffentlichte ASH die langersehnte PC-Version. Später folgte die Anpassung von MagiC an den Hades und schließlich überraschte uns ASH im Frühjahr 1999 mit der Milan-Version. Grund genug, uns einmal mit den systembedingten Vorteilen und Unterschieden aller MagiC-Versionen zu befassen.
Die Mac OS-Version besticht durch ihre unglaubliche Geschwindigkeit. Der Grund liegt darin, dass der 68k-Prozessor nicht emuliert wird, da dieser in 68k-Macs bereits vorhanden ist und in PowerMacs vom MacOS selbst nachgebildet wird. Der Kern von MagiCMac besteht aus der Umprogrammierung der PMMU (Paged Memory Management Unit), einem Coprozessor für die Speicherverwaltung. Es werden somit "nur" die Systemvariablen emuliert (abgesehen von den Mac-spezifischen Grafiktreibern).
MagiC ist auf dem Macintosh sehr gut integriert: Es lassen sich alle Mac-Laufwerke unter MagiC ansprechen, sogar externe Festplatten im AHDI-Format oder Disketten im Atari-Format können direkt benutzt werden. Die Modem-Schnittstelle von grauen und beigen Macs kann unter MagiC als normale serielle Schnittstelle angesprochen werden, auf dem iMac lässt sich das interne Modem als serielle Schnittstelle (mit zwangsweise angehängtem Modem) benutzen.
Die grafischen Ausgaben von MagiC erfolgen im Fullscreen-Modus: Man sieht vom MacOS also nichts, wenn man unter MagiC arbeitet. MagiCMac übernimmt auf Wunsch beim Start die aktuelle Auflösung des Macs und kann ohne NVDI in maximal 256 Farben betrieben werden. Außerdem sind Kompatibilitätsmodi wie ST-Hoch, -Mittel und -Niedrig einstellbar. Mit NVDI lassen sich dann alle Grafikmodi des Macs voll ausschöpfen, inklusive Grafikbeschleunigung. NVDI stellt auch einen Druckertreiber bereit, der die Druckdaten an den MacOS-Druckertreiber weiterleitet, egal, ob sich der Drucker in einem Netzwerk befindet oder lokal angeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass das Atari-Programm über GDOS drucken kann.
In Sachen Ton können unter MagiCMac mit Hilfe von MacSound die normalen XBIOS-Sound-funktionen des Falcons benutzt werden - mit der Einschränkung, dass noch kein Aufnahmemodus implementiert wurde.
Anders als bei MagiCMac besteht der Kern von MagiC PC aus einer vollständigen 68000-Emulation, die in der aktuellen Version Dank einer Compiler-Funktion drastisch beschleunigt wurde. Auch hier lassen sich alle Laufwerke des Wirtsystems ansprechen -mit -dem Unterschied, dass zusätzlich Laufwerkscontainer als Atari-Laufwerke angemeldet werden können. Aus der Sicht von Windows ist ein solches Laufwerk eine große Datei, für MagiC aber ein richtiges Laufwerk. Im Unterschied zu MagiCMac können hier Disketten im Atari-Format nur gelesen werden, nachdem sie ganz eingelesen wurden. Disketten, die auf dem Atari im PC-Format formatiert wurden (ab TOS 1.4), können normal gelesen werden.
Die seriellen und parallelen Schnittstellen des PC lassen sich unter MagiC ganz normal ansprechen. Die Druckdaten werden über den Windows-Druckertreiber 1:1 an den Drucker weitergeleitet, daher muss man für den Drucker den passenden Treiber auf Atari-Seite besitzen (entweder im Programm eingebaut oder bei NVDI mitgeliefert). GDI-Drucker können nicht angesteuert werden.
Ohne NVDI ist man grafikmäßig ziemlich gestraft: Erstens lassen sich nur maximal 16 Farben einstellen, zweitens muss der Atari-Bildschirm in einer einstellbaren Frequenz neugezeichnet werden, was ziemlich viel Rechenzeit kosten kann. MagiC PC läuft wahlweise in einem Windows-Fenster oder im Fullsxreen-Modus.
Ab Version 6.0 können auch unter MagiC PC die XBIOS-Soundbefehle des Falcon genutzt werden.
Hier hat der Programmierer von MagiC zum ersten Mal einen anderen Weg der Anpassung an neue Hardware gewählt: Das TOS 4.0x des Milan wird nicht völlig ersetzt, sondern als VDI und (X)BIOS beibehalten. Somit entfiel bei der Entwicklung von MagiC
Milan die (mühsame) Anpassung an die Milan-spezifische Hardware. Der Vorteil ist, dass bei jeder Verbesserung oder Änderung des TOS die neuen hardwarebezogenen Betriebssystemfunktionen automatisch auch" unter MagiC zur Verfügung stehen, ohne dass ein Update von MagiC nötig ist.
Gibt es auch Nachteile? Durch das Fehlen des MagiC-eigenen VDI gibt es beim Start von MagiC kein Startbild. Diverse Programme, die das ab MagiC 5.2 eingeführte Edit-Objekt benutzen (MG-Edit, MG-Notice oder Chatter), werden unter MagiC Milan nicht laufen, außer der Anwender installiert NVDI. Ein weiterer Nachteil ist, dass der Auflösungswechsel von MagiC nicht funktioniert. Bis ein Ersatz für CHGRES.PRG fertiggestellt wird, ist man gezwungen, die Auflösungswahl des Milan-VDI-Treibers beim Booten zu benutzen.
Auch an den derzeit immer noch schnellsten Atari-kompatiblen Rechner wurde MagiC in der damals aktuellen Version 5.2 angepasst. Allerdings wird nur der Hades 060 unterstützt, Besitzer des Hades 040 müssen entweder aufrüsten oder N.AES nutzen, um ein multitaskingfähiges Betriebssystem zu erhalten. Die aktuelle Version 6.x von MagiC wurde übrigens ebenfalls angepasst und ist z. B. bei ag Computer erhältlich. Auch Besitzer des Hades 060 können also den Komfort und die Geschwindigkeit von MagiC auf Ihrem Rechner nutzen.
Da wir keinen Hades 060 in der Redaktion haben, können wir keine Aussagen über das Laufverhalten von MagiC auf diesem Rechner machen. Von Hades-Besitzern war allerdings zu erfahren, dass das System recht stabil läuft, wenn es richtig konfiguriert wurde, wobei hier die Reihenfolge der Autoordner-Programme recht wichtig sein soll.
Wie man unschwer erkennen kann, ist der Einsatz von NVDI für alle MagiC-Versionen quasi unverzichtbar. Neben den systemglobalen Druckertreibern, der beschleunigten Bildschirmausgabe und der Einbindung von Vektorfonts bietet NVDI für jede MagiC-Variante wichtige Verbesserungen: Auf Macintosh-Rechnern und Windows-Maschinen können die Grafikmöglichkeiten des Originalsystems zu 100% genutzt werden; sogar die Zeichensätze, die unter MacOS oder Windows installiert sind, können direkt unter MagiC verwendet werden. Auf dem Milan stellt NVDI wichtige Grafikbefehle zur Verfügung, die wegen mangelndem VDI in MagiC Milan sonst nicht verfügbar wären.
MagiC stellt auf allen Plattformen in etwa die gleiche Funktionalität zur Verfügung, so dass es eigentlich nur eine Frage des Geschmacks ist, für welche Plattform man sich entscheidet. MagiCMac ist auf einem aktuellen iMac oder PowerMac G4 ohne Zweifel das schnellste Atari-System, das es jemals gegeben hat. MagiC PC bietet dagegen eine höhere Kompatibilität, da man auch ein Original-TOS installieren kann und die Original-Atari-Hardware emuliert wird. Möchte man ausschließlich Atari-Software benutzen, so wird man aber die sehr kurze Bootzeit des Milan sehr zu schätzen wissen.
Application Systems Heidelberg, www.ash-software.de