Fragen zum MP3-Player für den Atari Falcon

MP3 ist ohne Zweifel der Musikstandard der Zukunft. Bereits jetzt gibt es Abspielgeräte bzw. Player für die verschiedensten Computerplattformen.

Der FalcAMP ist ein MP3-Realtime-Player für den Atari Falcon 030. Seine wichtigsten Features sind:

FalcAMP basiert auf verschiedenen Source-Codes. Als "Grundstein" werden die C-Sourcen für die 030-CPU von "amp 0.7.1" genutzt. Unterstützung erhielten die Entwickler von Stephane Tavenard, der bereits Erfahrungen mit der Entwicklung von MPEG-Playern auf dem Amiga sammeln konnte. Außerdem konnten große Teile der offiziellen ISO-Quellcodes genutzt werden.

Der 030-Teil der Entwicklungsarbeit ist nahezu abgeschlossen. Der DSP-Programmierung müssen die Entwickler noch einige Aufmerksamkeit schenken. Hauptproblem ist hier der geringe Speicher des DSP. Trotzdem gibt es bereits einige vielversprechende Benchmarks:

Falcon-Modell          Rate
Standard               50
Falcon & Centurbo I    30
Falcon & Centurbo II   11

Eine Rate von 30 % bedeutet dabei, dass es 30 Sekunden dauert, um 100 Sekunden Musik zu dekodieren. Ein weiteres Problem stellt die Entwicklung des Interfaces dar: Besonders auf Standard-Falcons wird die Rechenzeit voll ausgenutzt, was die Realisierung eines GEM-Interfaces sehr schwierig macht. Eine Ausweichmöglichkeit wäre die Realisierung des Player als TTP-Datei, was aber nicht sonderlich komfortabel ist. Zweite Möglichkeit wäre die Nutzung einer eigenen Oberfläche, hier würden sich z. B. Skins von WinAMP oder AmigaAMP anbieten. Für beschleunigte Falcons könnte außerdem eine GEM-Oberfläche als Alternative angeboten werden.

Mit dem FalcAMP kommen nun auch endlich Falcon-Besitzer in den Genuß der digitalen Musikstücke. Bengy Collins befragte den französischen Entwickler zu dem Projekt - und nicht nur zu diesem.

STC: Wie kamst Du zu Atari? Welche Computer besitzt Du zur Zeit, welches ist Dein Lieblingsgerät?

Huguet: Ich war acht Jahre alt, als mein Bruder einen 800XL kaufte, ein Gerät, das ich liebte. Tatsächlich habe icii alle Computer behalten, die mein Bruder sich kaufte, bis auf den Falcon, den ich mir .dann selbst zulegte. Ich habe einen STF, einen STE und einen Falcon, den ich hauptsächlich benutze.

STC: Was ist Dein favorisiertes Betriebssystem?

Huguet: Nun, sch benutze MagiC ziemlich oft - es ist ein sehr einfaches und gleichzeitig schnelles OS für den Atari. Ich benutze aber auch noch TOS für umfangreiche Debuggung-Sessions und SamplingArbeiten. Von Zeit zu Zeit arbeitet ich auch mit Linux.

STC: Das hört sich gut an. Siehst Du MagiC als die Zukunft des Atari, oder würdest Du sagen, dass dieses Prädikat eher auf MiNT oder Linux zutrifft?

Huguet: MagiC ist das benutzerfreundlichste Betriebssystem für den Atari. MiNT ergänzt das TOS um einige UNIX-Aspekte, ist meiner Ansicht nach aber nicht so benutzerfreundlich - vielleicht ändert sich das ja noch. Linux ist natürlich sehr interessant, da es über sehr mächtige Werkzeuge verfügt und eine ernsthafte Bedrohung für Microsoft darstellt.

STC: Du arbeitest zur Zeit an einem sehr aufregenden Projekt, das besonders Falcon-User erfreuen sollte. Kannst Du uns mehr darüber verraten?

Huguet: Ja, ich arbeite an einem MP3-Realtime-Player für den Falcon 030. Es ist wirklich ein ziemlich schwieriger Job, doch es erscheint möglich! Der Player wird nicht ganz so schnell wie das MP2-Accessory sein, da beide Prozessoren sehr belastet werden.

STC: Wie würdest Du den Entwicklungsstand des Projekts auf einer Skala von 1 bis 10 darstellen?

Huguet: Zwischen 6 und 7, denke ich. Die Arbeit am 030-Code ist nahezu beendet, aber der DSP-Part braucht noch einige Aufmerksamkeit.

STC: Wird der Player auf einem Standard-Falcon arbeiten?

Huguet: Am Anfang setzte er einen beschleunigten Falcon voraus, jetzt werden allerdings auch Standard Maschinen unterstützt. Alles hängt jetzt von der Geschwindigkeit des DSP ab.

STC: Wie hast Du das Programmieren gelernt? Bist Du Autodidakt?

Huguet: Ja, ich brachte mir alles selbst bei. Ich begann um 1987 herum mit GFA-BASIC 2, 1992 lernte ich dann ASM. Dieses ist jetzt meine Hauptsprache. Natürlich habe ich auf dem 800XL auch mit BASIC gearbeitet.

STC: Was denkst Du über Microsoft und die billigen PC-Clones, die nach Ataris Erfolgen den Markt überschwemmten?

Huguet: Nun, der modulare Aspekt des PCs ist natürlich nicht schlecht. Mittlerweile ist daraus aber eine gigantische Verschwendung geworden. Microsoft hat eigentlich immer Beta-Versionen, nie wirkliche Programme, veröffentlicht.

STC: Was denkst Du über den Milan 060 oder den neuen Phenix von Class 4? Es gibt ja heute sehr viele Möglichkeiten für Leute, die mit leistungsfähigen Ataris arbeiten möchten - den Milan, den Hades, den CenTurbo II - sogar MagiCMac und MagiC PC zählen dazu. Wenn Du die Wahl hättest, auf welches System fiele Deine Wahl?

Huguet: Nun, der Phenix interessiert mich sehr. Ich kann einfach nicht alle Projekte unterstützen, aber diese Entwicklung sieht sehr vielversprechend aus, da der Phenix viele neue Dinge mit sich bringt. Ich habe mich bereits als Entwickler registrieren lassen.

STC: Was hältst Du dann von MagiCMac und MagiC PC? Glaubst Du, dass sie sich positiv oder negativ auf den Markt ausgewirkt haben?

Huguet: MagiC für den Mac und den PC erlauben es ihren Benutzern, etwas vom "Atari-Spirit" auf ihre Rechner zu portieren.Sie sind dann immerhin noch innerhalb der Atari-Welt aktiv.

STC: Viele Programmierer verlassen zur Zeit die Atari-Welt ganz oder teilweise. Bleibst Du dem Atari erhalten? Wie denkst Du, können wir die talentierten Programmierer auf dem Atari halten?

Huguet: Atari-Computer stellen die beste Umgebung für Entwicklungen dar, ich hasse es, auf PCs zu entwickeln. Trotzdem wird es sehr schwer sein, Programmierer in der Atari-Welt zu halten. PacifiSToder auch MagiC PC/Mac könnten hier sehr wichtig sein, um Programmierer in unserer Welt zu halten.

STC: Gut zu hören, dass Du weiter auf Atari entwickelst. Dein MP3-Player ist ja nicht das einzige Programm, das Du für den Atari entwickelt hast. Welche anderen Projekte hast Du gemacht?

Huguet: Ich bin verantwortlich für die Sector-One-Musik-Disketten, den DBE-Trakker, Wave ST, avi030 und eben für den neuen FalcAMP.

STC: Du gehörst außerdem zur Demogruppe Sector One. Wie bist Du zu dieser Gruppe gekommen, wieviel Mitglieder habt Ihr? Arbeitet Ihr ausschließlich mit Atari?

Huguet: Ich kam 1992 zu der Gruppe, zusammen mit Fredl, der in Kontakt zu Jedi stand. Zur Zeit besteht unsere Gruppe aus fünf Mitgliedern. Es handelt sich um eine reine Atari-Gruppe, obwohl einige Mitglieder auch einen PC besitzen.

STC: Würdest Du unseren Lesern gern etwas mitteilen? Brauchst Du noch BetaTester?

Huguet: Ich finde im IRC genug Betatester. Ich möchte eigentlich nur sagen, dass der Atari nicht sterben kann, solange es noch Anhänger gibt - und davon gibt es eine ganze Menge. PCs haben einfach keinen "Spirit".

STC: Vielen Dank für dieses Interview und bitte halte uns auf dem laufenden.

Das Interview wurde von Bengy Collins für MagiC-Online geführt.
Übersetzung: Thomas Raukamp

Kontakt:
http://deunstg.free.fr/setl/falcamp.htm



Aus: ST-Computer 10 / 1999, Seite 41

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