Ein wenig hat es ja gedauert, doch endlich können wir Ihnen den Testbericht zu einem - spätestens seit der neuesten Version hochkarätigen Grafikprogramm präsentieren. Lesen Sie, ob das letzte Winter-Update nur Gutes gebracht hat, oder ob Sie sich vielleicht eine Kopie Ihrer alten Version 2.5 zusätzlich aufheben sollten. Der Schmetterling fliegt wieder, und zwar so bunt und schön wie nie zuvor.
Doch immer der Reihe nach. Denn der Atari-Markt seht offensichtlich nicht still. Mit Programmen wie PixArt, Smurf, Photoline und schließlich auch Papillon stehen dem Atari-Anwender nach wie vor aktuelle und kontinuierlich weiterentwickelte Programme zur Verfügung. Bislang versäumten wir es, Papillon in der derzeit aktuellsten Version vorzustellen, doch das wollen wir hiermit nachholen.
Seit einiger Zeit ist die Version 3.03 des bekannten Pixelmalprogramms im GEM-Gewand über ASH zu bekommen. Im Handbuch ist zu lesen, dass es sich bei diesem Update um das umfangreichste in der Geschichte von Papillon handelt. Und das stimmt wohl auch.
Beim Erscheinen des Programms vor ca. 6 Jahren war Papillon das erste sauber unter GEM laufende Pixelmalprogramm mit großem Funktionsumfang. Doch nach einiger Zeit, als der Strom neuer Atari-User nahezu versiegte und alteingesessene Atari-Nutzer zu anderen Betriebssystemwelten aufbrachen, kam die Weiterentwicklung des Schmetterlings zum Stehen. Dirk Sabiwalsky und Stefan Becker, die beiden Autoren von Papillon, gaben die Weiterentwicklung auf, und die Version 2.3 schien für lange Zeit auch die finale Version zu sein. Doch nach einer langen Zeit des Wartens gab es im Sommer letzten Jahres wieder Neues zu berichten. In der Zwischenzeit hatte Christian Witt, der sich schon mit seinem Vektorgrafikprogramm Artworx einen Namen in der Atariszene gemacht hatte, die Weiterentwicklung von Papillon übernommen. In sehr kurzer Zeit schaffte es der neue Autor, durchschlagende Modernisierungen an dem Programm vorzunehmen. Dies waren z.B. lange Dateinamen, Fensterdialoge, Druck über NVDI, um hier nur die wichtigsten zu nennen. Endlich war das Programm, nachdem über eine längere Zeit hinweg Betriebssystemneuerungen an ihm vorbeigegangen waren, wieder auf einen aktuellen Stand gebracht worden. Diese Version hörte auf den Namen '2.5'. Und jetzt gibt es also die 3.0. Was hat sich in der Zwischenzeit weiteres getan?
Um es mit einem Wort zu sagen, 'moderner' ist er geworden, der bunte Schmetterling. Es wurde eine grundlegende Reorganisation der Bildaufbereitung und -darstellung vorgenommen. Diese basiert auf dem ebenfalls seit einiger Zeit erhältlichen NVDI5.
Die neue Version der Betriebssystemerweiterung NVDI ist also zwingende Voraussetzung für den Betrieb des neuen Papillons. "Ja warum das denn? Jetzt werde ich für das Update eines Programmes zum Update eines weiteren gezwungen'?", fragt sich der Anwender vielleicht an dieser Stelle. Ja, genau so ist es, und es hat seinen, meiner Meinung nach auch überaus berechtigten, Grund. Nur durch die neuen und geschwindigkeitsoptimierten Routinen im NVDI5 wurde der gewaltige Sprung von Papillon hin zur Version 3 erst möglich.
Hätten diese in NVDI5 enthaltenen Routinen für Papillon nachprogrammiert werden müssen, hätte sich der Erscheinungstermin sicherlich um ein Jahr nach hinten verschoben. Doch diese Option hat es eigentlich gar nicht gegeben, denn nach eigener Aussage des Programmautors hätte er ohne die Routinen des neuen NVDI5 eine solche Weiterentwicklung von Papillon gar nicht erst in Angriff genommen. Für die Fälle, in denen man mal gezwungen ist, ohne NVDI5 zu booten, liegt sowohl dem Update als auch dem Komplettpaket die Version 2.53 bei, die nicht auf NVDI5 angewiesen ist.
Was hat sich denn nun alles mit Papillon als Unterbau geändert? Als erstes ist die lästige Beschränkung auf maximal 256 Farben weggefallen. Ein Bearbeiten von Bildern in TrueColor oder 32786 Farben ist jetzt endlich möglich. Des weiteren werden Bilder beim Laden nicht mehr an die Farbtiefe des Bildschirms angepaßt. Dadurch kann man auch in einer Bildschirmauflösung mit 256 verfügbaren Farben Bilder mit mehr als 256 Farben bearbeiten. Auch in der Geschwindigkeit hat sich einiges getan, so dass sich Papillon jetzt wesentlich flüssiger bedienen lässt. Je nach Programmfunktion liegt der Geschwindigkeitsgewinn beim zwei- bis zehnfachen gegenüber Papillon 2.53. Die in ihrer Größe starre Lupe ist aus dem Programm genommen worden. Jetzt können die Bilder in halber und viertel Größe und 2-, 4- und 8facher Vergrößerung angezeigt und direkt in den normalen Bildschirmfenstern mit sämtlichen Werkzeugen bearbeiten werden. Dies erhöht den Komfort ungemein. Einzig des Einblenden der Trennlinien zwischen den einzelnen Pixeln vermisse ich aus der alten Lupe. Dies hat doch ein pixelgenaues Arbeiten sehr erleichtert. Vielleicht kann der Autor zumindest für die 8fache Vergrößerung über den Einbau einer solchen Trennlinienfunktion nachdenken. Außerdem könnte die Vergrößerungs- bzw. Verkleinerungsstufe der Grafik in der Infozeile des betreffenden Fensters angegeben werden.
Hauptsächlich für das Erstellen animierter GIFs, wie sie im WWW häufig anzutreffen sind, stehen mehrere Ebenen pro Bild zur Verfügung. Dabei kann auch beim Abspeichern des Bildes eine Farbe als transparent deklariert werden. Die Werkzeugpalette wurde geringfügig umstrukturiert und präsentiert sich jetzt mit Farbicons im hellgrauen 3D-Look.
Der Radiergummi wurde zu einem mächtigen Filterwerkzeug ausgebaut. In einstellbarer Kreis- oder Rechteckform in variabler Größe ist neben dem Radieren ein Abdunkeln, ein Aufhellen, das Ausgrauen, Weichzeichnen und Schärferzeichnen von Bildausschnitten möglich. Des weiteren kann ein Undo-Pinsel Verwendung finden. Zur Automatisierung von außen versteht Papillon jetzt GEMScript. Neben den obligatorischen Standardkommandos z.B, zum Offnen, Speichern oder Selektieren stehen auch Papillon-spezifische Kommandos z.B. zum Konvertieren, Setzen von Pixeln, Skalieren, Invertieren, Spiegeln usw. von Blöcken zur Verfügung. Natürlich gibt es noch etliche kleinere Verbesserungen. Hierzu zählt z.B. die Möglichkeit, Farbpaletten im Jinnee Format laden zu können. Die drei Knöpfe von Alertboxen lassen sich mit F1-F3 bedienen. Beim Druck kann die Position der Grafik in einem neuen Dialog innerhalb der von NVDI bereitgestellten Druckdialoge wieder frei eingestellt werden.
Weggefallen ist in der neuen Version die Modulschnittstelle. Aufgrund der gänzlich anderen Art der Bildaufbereitung hätten alle externen Module angepaßt werden müssen, was mangels Zeit und zum Teil nicht vorliegender Quelltexte ausschied. Ein Umrechnen in die alte Darstellungsmethode, danach erfolgtem Modulaufruf bei anschließender Rückumwandlung in die neue Darstellungsform, schied ebenfalls - diesmal aus Performancegründen - aus.
Was fehlt noch und wäre für künftige Updates bzw. Upgrades wünschenswert? Zum einen sollten moderne Bedienhilfen wie BubbleGEM und eine ST-Guide-Hilfe integriert werden. Des weiteren würde ich mir für die Zukunft Shared-Libs für verschiedene Grafikformate wünschen, die dann systemweit zur Verfügung stehen. So wäre es z.B. denkbar, das eine Shared-Library zur Dekomprimierung von JPEGs zuständig ist. Dabei könnten unterschiedliche Versionen existieren: z.B. auf dem Falcon eine mit DSP-Unterstützung, unter MagiCMac eine mit Unterstützung durch QuickTime. Andere Programme könnten durch fest definierte Schnittstellen auf diese hochoptimierten Libraries zugreifen, und das Rad müsste nicht für jedes Programm neu erfunden werden. Kleinigkeiten (z.B. Namensvorgabe beim Abspeichern von animierten GIFs) wurden von Christian Witt sofort aufgenommen und zusammen mit kleineren Bugfixes (z.B. Anbindung von Scannern) in kostenlosen Updates bereitgestellt.
Des weiteren bin ich froh, schon bei Papillon 2 eingestiegen zu sein. Somit bin ich im Besitz des mit 200 Seiten sehr umfangreichen und schön gestalteten Handbuchs zur 2er Version, das in großen Teilen auch heute noch Gültigkeit besitzt. Heutzutage sind 200seitige, großformatige Handbücher im Ataribereich leider kaum noch zu bekommen, was bei Neupreisen der Programme unterhalb der 100-DM-Marke allerdings auch nicht weiter verwundert.
Kurz vor Erreichen des Abgabetermins für diese Ausgabe bekam ich noch neueste Informationen direkt vom Autor Christian Witt. Sowohl BubbleGEM- als auch ST-Guide-Unterstützung seien bereits in Planung. Der Gedanke von Shared-Libraries sei zunächst wieder verworfen worden, da diese nur unter MagiC, nicht aber unter NAES oder TOS zur Verfügung stehen. Gänzlich abgehakt ist dieses Thema aber noch nicht. Die Zukunft wird es zeigen. So bleibt abschießend anzumerken, dass Papillon wieder die Höhe der Zeit erreicht hat. Es macht Spaß, mit dem Programm zu arbeiten und der Schritt, NVDI 5 als Voraussetzung für den Programmbetrieb zu machen, war goldrichtig. Wer unter einem atarikompatiblen System Bilder auf Pixelebene manipulieren möchte, Endet mit Papillon 3 ein preisgünstiges, betriebssicheres und anwenderfreundliches Programm.
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