Wie nicht schwer zu erraten ist, handelt es sich bei ST-CAD um ein Programm zum computergestützten Konstruieren. Mit diesem kann man technische Zeichnungen maßstabsgetreu und DIN-gerecht erstellen. Als vektororientiertes Programm verwaltet es die Objekte anhand der bestimmenden Koordinaten und weiterer Eigenschaften. Genaue Abmessungen, Schnittpunkte und Endpunkte etc. lassen sich einfach ermitteln und modifizieren.
Bei den meisten zählt es nicht zu den alltäglichen Arbeiten, technische Zeichnungen zu erstellen, und für Illustrationen gibt es einige gute Programme. Eigentliche Konstruktionsprogramme für den ATARI gibt es allerdings nur ein paar. Wer die Vorteile neuer Betriebssysteme nutzen will, hat wenig Auswahl. Das war ein Grund für mich, ein Programm zu schreiben, welches GEM-konform ist und auch unter MagiC läuft. Außerdem sollte es noch sinnvoll auf einem ST oder Mega STE arbeiten. Wichtig erschien mir auch, dass mehrere Zeichnungen gleichzeitig geöffnet sein können.
Die ersten Versuche wurden in Omikron-Basic unternommen. Dabei konnte schon eine beachtliche Geschwindigkeit mit ausreichendem Funktionsumfang erreicht werden. Für die weitere Entwicklung und einen besseren Überblick wurde der Quelltext in C übersetzt.
Die erste öffentliche Version V 0.94 erschien 1995. Seit dieser Zeit wurden viele Details verbessert und neue Funktionen eingebaut. Inzwischen ist die Version 1.03 aktuell.
Wer ST-CAD zum ersten Mal startet, wird verwundert auf den leeren Desktop schauen. Toolboxen werden keine geöffnet. Lediglich ein leeres Fenster wird dar- gestellt, wenn Datei-Neu angeklickt wird. Die Werkzeuge erscheinen erst, wenn in dieses Fenster (Zeichnung) geklickt wird. Ist ein Werkzeug ausgewählt, verschwindet die Box wieder und es kann gezeichnet werden. Dadurch kann die immer "zu kleine" Zeichenfläche optimal genutzt werden. Bereits mit 640x400 Pixeln lässt sich eine Zeichnung erstellen. Höhere Auflösungen sind immer besser und ersparen lästiges Zoomen. Zusätzlich lassen sich die Fensterelemente einzeln abschalten, womit auf kleinen Monitoren der Platz effektiv genutzt wird. Um den Durchblick durch die Menge der Funktionen zu erleichtern, liegt dem Programm ein umfangreicher ST-Guide-Hypertext bei. Dieser ist, passend zur aufgerufenen Funktion, mit der Helptaste erreichbar. Kurze Hilfetexte zu den Tasten und Eingabefeldern in den Dialogen sind, dank BubbleGEM, mit der rechten Maustaste verfügbar.
Zeichnen
Die grundsätzlichen Objekttypen, aus denen sich eine Zeichnung zusammensetzt, sind Punkte, Linien, Kreise, Kreisbögen, Ellipsen, Ellipsenbögen, Text, Konstruktionslinien, Schraffuren, Solide und Bemaßungen.
Linienstil - also Vollinie, Punkt-Linie etc. - und Stiftstärke können frei eingestellt werden, wenn im Menüpunkt "Zeichnungseinstellungen" >Liniengruppen< ausgeschaltet sind.
Texte werden generell mit den GDOS-Zeichensätzen dargestellt. In technischen Zeichnungen haben die Zeichnungsobjekte genaue geometrische Abmessungen und Lage zueinander.
ST-CAD bietet dafür die verschiedensten Koordinaten-Eingabemöglichkeiten:
Objekte lassen sich einfach mit dem Fadenkreuz positionieren. Die Koordinaten x, y und nach Eingabe des Startpunktes dx, dy, 1 und w werden dazu angezeigt. Genaue Fangraster lassen sich einstellen. Unabhängig davon kann ein Hilfsraster angezeigt werden.
Koordinaten lassen sich numerisch eingeben. X und Y-Werte (kartesisch) oder L und W (polar) werden per Tastatur eingegeben. Dazu ist nach aufgerufener Zeichenfunktion die X-Taste etc. zu drücken und der Wert einzugeben. In diesem Dialog werden auch einfache Rechenfunktionen ausgeführt und unmittelbar übernommen.
Koordinaten können aus bestehenden Objekten übernommen werden. Hierfür gibt es die Objektfang-Funktionen.
Wem das zu wenig ist, der kann Objekte auch relativ zu bestehenden einfügen oder den X-Wert mit der Tastatur und den Y-Wert von einem Mittelpunkt übernehmen.
Objektfang wird per Taste ausgelöst:
Bemaßen
Ein wichtiges Zeichnungselement ist die Bemaßung. ST-CAD unterstützt folgende Bemaßungsarten:
In der Maße-Toolbox wird festgelegt, ob Maßzahlen links, mittig oder rechts positioniert werden. Nachträglich lassen sich Position der Maßlinie und der Maßzahl korrigieren.
Wird die Bemaßung assoziativ angefertigt, sind Anfangspunkt, Endpunkt und Position der Maßlinie einzugeben. Die ermittelte Maßzahl wird in einem Dialog angezeigt, in dem auch die Darstellung (Anzahl der Nachkommastellen, Klammer etc.) eingestellt werden kann.
Ist keine assoziative Bemaßung gewünscht, kann ein beliebiger Text eingegeben werden.
Schraffieren
Schraffuren lassen sich in beliebigem Winkel und Abstand erzeugen. Dazu ist eine eindeutige Kontur zu erzeugen:
Auf diese Weise lassen sich auch komplizierte Schraffuren erzeugen, wenn z.B. mehrere ineinander geschachtelte Konturen erzeugt wurden.
Verändern
Die wohl wichtigste Eigenschaft von CAD-Programmen ist, dass einmal Gezeichnetes verändert und angepaßt werden kann.
Da ist als erstes die Undo-Funktion zu nennen. Zu jeder Zeichnung wird eine bestimmte Anzahl Objekte mitgeschrieben, die per Undo zurückgeholt werden können.
Die grundlegenden Funktionen zum Verändern liefert die Editieren-Toolbox:
Komplexere Funktionen liefert das Bearbeiten-Menü:
Um auf bestimmte Objekte zugreifen zu können, muss zuvor Markieren ... aufgerufen werden. Die gewünschten Objekte werden nun selektiert.
Zu guter Letzt besteht noch im Dialog Objektinfo die Möglichkeit, Parameter jedes Objektes einzeln zu ändern.
Wiederholteile, Normteile, Schaltsymbole etc. werden gern als Symbole in Bibliotheken abgelegt. Mit 'Symbole einfügen' können sie eingefügt werden. Wird ein Symbol aus der Liste ausgewählt, erscheint eine Vorschau des Symbols mit umgrenzenden Rechteck und Einfügepunkt.
Beim Einfügen kann das Symbol gedreht und skaliert werden (siehe Grafik oben rechts).
Die Bibliotheken lassen sich einfach selbst erstellen. Dazu ist lediglich der betreffende Zeichnungsausschnitt zu markieren und mit Symbol erzeugen unter einem beliebigen Namen in einer gewählten Bibliothek abzuspeichern. Eine Bibliothek kann max. 255 Symbole umfassen.
Die Ausgabe bei ST-CAD erfolgt über das GDOS und die damit möglichen Geräte. Es kann wahlweise auf ein Blatt, ein Zeichnungsausschnitt oder verteilt auf mehrere Blätter ausgegeben werden. Durch die GDOS-Ausgabe ergibt sich eine einfache Exportmöglichkeit als IMG-öder GEM-Datei.
ST-CAD kann keine komplexen CAD-Programme ersetzen, wie sie von anderen Plattformen bekannt sind, wenn deren Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen. Nur mit hohem materiellen Aufwand und intensiver Einarbeitung lassen sich diese Systeme wirklich ausreizen.
In der täglichen Praxis, ganz gleich ob Hobby oder Beruf, liegen die Schwerpunkte anders. Bereiche wie Maschinenbau, Elektrotechnik u. Elektronik, Modellbau u.a. kommen mit einfacheren Programmen aus.
Da keine aufwendige Hardware erforderlich ist, kann ST-CAD auch auf einem "Werkstattrechner" eingesetzt werden. So lassen sich schnell Aufmaße kontrollieren, geometrische Konstruktionen erstellen und Winkel, Längen und Schnittpunkte etc. ermitteln.
Für Schreiber von Dokumentationen oder Fachartikeln besteht häufig die Frage: "Wo bekomme ich aussagekräftige Zeichnungen her?". Mit ST-CAD können, dank der GDOS-Ausgabe, IMG- und GEM-Dateien erzeugt werden. Das Zusammenspiel mit Textverarbeitung oder DTP-Programmen ist unter Multitasking-Umgebungen folglich besonders komfortabel.
Zusätzlich zu den beschriebenen Funktionen bietet ST-CAD:
ST-CAD wird ständig weiterentwickelt. In der nächsten Zeit sind folgende Erweiterungen geplant:
Schauen Sie sich das Programm in Ruhe an, wenn Sie jetzt neugierig geworden sind. Die unregistrierte Programmversion hat nur Einschränkungen in der Anzahl der Objekte (max. 200) und keinen DXF-Export. Die GDOS-Ausgabe ist nur auf Treiber 21 möglich.
In Zusammenarbeit mit Revolution
Bezugsquelle:
Die aktuelle Shareware-Version erhalten Sie über die ST-Computer Spezial-Diskette 5/99. Die Registrierung kostet 50 DM, für den kommerziellen Einsatz 150 DM. Die Adresse des Programmautors:
Matthias Krutz ST-CAD-Registrierung Scheidenbachstr. 27 02689 Sohland an der Spree