LUNA 1.1 - Ein neuer Stern am Texthimmel

Wenn der Atari mit etwas gesegnet ist, dann sind es Texteditoren. Umso überraschter waren wir, dass Richard Gordon Faika mit Luna nun tatsächlich noch einen Editior ins Rennen schickt. Die Neugier überwog bald die Überraschung, und so schauten wir uns Luna einmal genauer an.

Richard Gordon Faika dürfte vielen Atari-Anwendern durch einige moderne und leistungsfähige Programme, wie z.B. dem Übersetzungstool Arthur, bekannt sein. Nun hat sich der Programmierer dem Bereich der Texteditoren gewidmet. Zur Zeit beliebtester Editor auf dem Atari dürfte ohne Zweifel qed sein, der durch seine regelmäßige und sorgfältige Pflege besonders unter Entwicklern viele Freunde gewinnen konnte. Aber auch Everest oder sogar das etwas ältere JAnE werden häufig genutzt. Warum also nun ein neuer Editor?

Voraussetzungen

Als echte Atari-Applikation ist Luna natürlich sehr sparsam, was System-Resourcen angeht und sollte auf nahezu jedem Atari und den Kompatiblen seine Dienste tun. Um jedoch alle Funktionen voll ausnutzen zu können, sollte ein Multitasking-Betriebssystem wie MagiC oder N.AES installiert sein und ein Desktop, der Drag & Drop unterstützt. Jinnee oder Thing sind hier eine gute Wahl.

Wir testeten Luna auf einem Hades 040 und konnten keinerlei Inkompatibilitäten feststellen. Die 3D-Oberfläche wirkt unter N.AES nicht ganz so stimmig wie unter MagiC, doch dieses Problem haben Benutzer des MultiTOS-Nachfolgers leider häufiger.

Der erste Eindruck ...

... ist auch bei Programmen oftmals der entscheidende: Luna öffnet beim Programmstart ein komplett eigenes Fenster und trägt sein Menü also nicht in die Hauptleiste ein. Alle Menüs stehen innerhalb des Fensters per Pulldown bereit, andere Applikationen werden nicht gestört und bleiben zugänglich. Da ein Texteditor bei allem Funktionsumfang zumeist als Tool und nicht als Hauptprogramm genutzt wird, ist diese Aufteilung nur zu begrüßen.

Natürlich verfügt auch Luna über alle Grundfunktionen eines modernen Editors: Sprungmarken können innerhalb des Textes gesetzt werden (insgesamt 8 Markierungen sind hier festzulegen), und auch die Bearbeitung von Blöcken erscheint von anderen Programmen bekannt. Interessant sind jedoch die Blockfilter: Der Anwender hat hier z.B. die Möglichkeit, einen angewählten Block komplett in Groß- oder Kleinbuchstaben wandeln zu lassen, auch Kapitälchen sind möglich. Die Liste der Blockfilter soll ohne Zweifel noch erweitert werden, da noch einige zusätzliche Filterplätze freistehen. Bei einem Rechtsklick über einem ausgewählten Block öffnet sich ein Kontextmenü, das die wichtigsten Blockfunktionen bereithält. Auf diesem Wege können Sie Blöcke auch in ihrer markierten Position verschieben.

Sowieso wird dieses Konzept der Kontextmenüs auch in der sonstigen Arbeit mit Luna weiter gepflegt. Klickt man in ein normales Arbeitsfenster, so öffnet sich ein Menü mit den am häufigsten gebrauchten Funktionen.

Erfahrene Anwender können auch Kürzel festlegen, um die Arbeit mit dem Editor zu beschleunigend, Umsteiger von qed werden sich hier freuen: Die angelegten Kürzeldateien können in Luna anstandslos weiterverwendet werden.

Drag & Drop

Seine eigentlichen Stärken spielt Luna jedoch bei der intensiven Nutzung von Drag & Drop aus. Zieht man z.B. eine Datei von einem Drag-&-Drop-fähigen Desktop aus auf das Arbeitsfenster von Luna, so wird diese automatisch eingefügt. Noch besser: Hält man bei dieser Aktion die Shift-Taste gedrückt, wird nur der Dateipfad an der aktuellen Cursorposition eingefügt. Auch ganze Blöcke sind auf diese Art und Weise zu verschieben.

Läuft ein anderes Programm, das mit Drag & Drop zurechtkommt, kann man auf diese Art und Weise sogar Texte zwischen den verschiedenen Applikationen tauschen.

Skriptdateien

Luna verfugt über eine eigene einfache Skriptsprache. Damit können einige Textfunktionen, automatisiert werden. Ein Skript besteht aus einer einfachen Textdatei, die eine Aneinanderreihung von Befehlen enthält. Diese Befehle werden im beiliegenden ST-Guide erklärt.

Und sonst?

Luna ist durch und durch ein modern ausgestattetes Programm mit einer attraktiven Oberfläche. Natürlich ist der Druck über GDOS ebenso möglich wie die Auswahl proportionaler Fonts (Fontselektor vorausgesetzt). Auch das Erscheinungsbild des Programms ist in einigen Teilen einstellbar, Hintergrund und Text können beliebige Farben zugewiesen werden. Auch die Form des Cursors ist aus einer Reihe von Vorschlägen auszuwählen, in diesen Punkten hat der Programmierer viel Liebe zum Detail bewiesen.

Warum Luna?

Luna ist schlicht und einfach ein moderner ASCII-Editor mit einigen Features, die andere Programme noch nicht vorweisen können. Besonders die durchgängige Unterstützung von Drag & Drop und die Nutzung des Kontextmenüs vereinfachen hier die Arbeit. In anderen Teilen ist qed noch überlegen, doch wird Luna konsequent weiterentwickelt, so könnte es dem Dauerbrenner schon bald den Platz des beliebtesten Editors streitig machen.

Und die Zukunft?

Luna kann sicherlich noch einige Funktionen mehr bekommen. So wünsche ich mir auf dem Atari schon lange einen Editor, der für ausgeschnittene Blöcke mehr als nur einen Speicher bereithält. Auch eine kleine Iconleiste mit den wichtigsten Funktionen könnte Luna nicht schaden.

Besonders ergiebig wäre natürlich eine unmittelbare Zusammenarbeit mit dem von Richard Faika entwickelten Übersetzungstool Arthur. Luna könnte so zum Editor Nr. 1 für Übersetzungen mutieren. Man könnte dieses z. B. so realisieren, dass über einem Block ein Kontextmenü aufgerufen wird und dieses einen Eintrag für Arthur enthält. Nach Auswahl dieses Punktes wird ein Übersetzungsvorschlag eingefügt (hier sollte natürlich der Programmentwickler entscheiden, ob der Autor dieses Artikels unter Hirngespinsten leidet).

Jeder hat hier sicher eigene Ideen, doch schon jetzt liegt mit Luna ein weiterer äußerst leistungsfähiger Texteditor für alle Ataris vor.

Luna ist Fairware. Wer regelmäßig damit arbeitet, sollte den Autor also mit einem angemessenen Betrag bedenken.

Kontakt und Information:
ST-Computer PD-Diskette 274 oder
Richard Gordon Faika
Richard-Sorge-Straße 24
10249 Berlin
http://www.rgfsoft.com


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 05 / 1999, Seite 56

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite