Running

Mit reichlich Vorschußlorbeeren versehen wurde RUNNING nun nach ca. zweijähriger Entwicklungsarbeit fertiggestellt. Und damit steht nun auch Falconbesitzern das so beliebte "first-person-3D-action-Erlebnis" zur Verfügung.

Die Entwicklung von RUNNING wurde begonnen, als in der PC-Welt gerade Spiele wie Doom oder Duke Nukem 3D die Renner waren. Und so kann RUNNING dann auch seine Verwandtschaft mit jenen Titeln nicht leugnen. Allerdings haben es die Jungs vom RUNNING Design Team nicht beim dumpfen abkupfern gelassen und sich so ihre eigenen Gedanken zum Gameplay gemacht.

Die Story

Schauplatz ist ein Atomkraftwerkkomplex, der natürlich vom Oberbösewicht Evil Bill in seine Gewalt gebracht wurde; zu allem Übel hat der Missetäter auch noch Geiseln genommen und droht nun der Welt mit einem atomaren und vollkommen umweitschädlichen Super-Gau. dass er all dieses tut, um die Weltherrschaft zu erlangen, braucht man ja wohl nicht mehr zu erwähnen, oder? Der Spieler übernimmt die nicht ungefährliche Rolle von Agent-Orange, der sich nun also durch Heerscharen böswilliger Androiden kämpfen muss, um der ganzen üblen Geschichte ein Ende zu bereiten. Damit er nicht aus der Übung kommt, erstreckt sich das Areal über 5 Level, in denen jeweils zwei Untermissionen erledigt werden müssen.

Die Levels

Der erste Level (Outlying District) dürfte spielebegeisterten Falconbesitzern ja bekannt sein, da er in der bereits erschienenen Sharewareversion bereits komplett vorhanden war. Hier hatte der Spieler die Aufgabe, ein paar Geiseln zu befreien und Dynamit zu finden.

Im zweiten Level (The Office) treibt man sich dann auch, wie der Name vermuten lässt, in einem riesigen Bürokomplex herum. Das Outfit dieses Levels ist also auch dementsprechend getrimmt, Tapeten in sämtlichen Pastellfarben, Schreibtische, Aktenregale etc. Natürlich gibt es auch hier Geheimgänge in grober Maueroptik und ein paar lustige Gimmiks (man sollte sich mal auf dem WC genau umsehen). Die Missionen in diesem Level lauten: Finden des Detonators und einen Tresor mit einem Schweißbrenner öffnen. In den Büros sind auch viele Geiseln, die man möglichst nicht treffen sollte, denn das führt wie gehabt zu eigenem Energieverlust.

Alles in allem erschien mir der zweite Level allerdings etwas langatmig, aber danach hatte sich RDT wohl warmdesigned, denn die nächsten Level strotzen nur so von Abwechslung und fordern den Entdeckerdrang des Spielers.

Im dritten Level (The Underground) hat der Spieler die Aufgaben, einen Hauptenergie-Schalter zu finden und zu aktivieren und außerdem noch die "incredible underground machine" anzuwerfen. Die Grafik ist in düsterem Metall/Beton-Ambiente gehalten, und die Räumlickeiten sind wesentlich interessanter designed als im z. Level, hier kommt schon wesentlich mehr Stimmung auf. Außerdem geizt der Level nicht mit aktiven Elementen. So trifft man auf Räume, in denen dem Spieler brennende Wände den Weg versperren oder auch mal eine Kreissäge aus dem Boden ragt. Man schlägt sich durch ein verzweigtes Abwassersystem und muss versuchen, im richtigen Timing Wege zu erkunden, die von automatischen Transportcontainern befahren werden. Wie der Name des Levels erahnen lässt, betritt man auch ein U-Bahn-System, das alle Aufmerksamkeit fordert, denn die Kollision mit einem rasenden Zug ist sehr ungesund. Hat man diesen Level nach ein oder zwei Monaten erfolgreich überstanden, wartet die nächste Überraschung.

Der vierte Level präsentiert sich unter dem Titel (The Science and Development Center) und wirft den Spieler in eine futuristisch anmutende Umgebung. So sollte man sich nicht wundern, wenn einem mal ein R2D2 über den Weg rollt oder Abschnitte des Levels durch beige Wände mit vielen stylistischen Consolen sehr stark an Enterprise-Architektur erinnern. Kein Wunder, dass hier auch Beamfelder eine wichtige Bedeutung haben. In diesem Level hat der Spieler die Aufgabe, eine ID-Card zu stehlen, mit der später Sicherheitstore zum Reaktor geöffnet werden können. Außerdem gilt es, die schlampige Arbeit von Ripley zu beenden und die "Alien Brood" zu eliminieren. Einfach wird es dem Spieler allerdings nicht gemacht, atomare Waffensysteme und unsichtbare Kraftfelder sind nur ein paar Dinge, die dem Spieler das Leben erschweren. SF-Fans werden diesen Level lieben.

Etwas bodenständiger geht es dann wieder im fünften und damit letzten Level (The Atomic Reaktor) zu. Wieder dominiert düstere Beton- und MetallOptik. Der Spieler soll einen großen Wassertank finden und schließlich bis zum Reaktor vordringen. Wen wundert es da, dass Gasmaske und Strahlenanzug unentbehrlich werden. Außerdem spielen wieder ein verzweigtes Bahnnetz und radioaktive Container eine Rolle. Die Besonderheit im letzten Level ist, dass es eine alternative Möglichkeit gibt, ihn erfolgreich zu absolvieren, aber etwas Spannung soll ja noch bewahrt sein, und darum möchte ich noch nicht all zuviel verraten.

Features

Alles in allem gibt es also eine Menge zu spielen, wobei sich die Entwickler nicht nur auf dumpfes Ballern und das Suchen von Wegen beschränkt haben. Das Leveldesign ist sehr pfiffig und überrascht immer wieder mit neuen Varianten. Dabei sind die einzelnen Level derart riesig, dass schon einiges an Konzentration aufgebracht werden muss, um nicht den Überblick zu verlieren. Hierbei hilft einem aber natürlich eine komfortable Übersichtskarte, die sich sogar zoomen lässt, jene muss allerdings erst einmal im jeweiligen Level gefunden werden. Die Luxusausführung zeigt dann aber auch herumstromernde Gegner, wichtige Türen und sogar fahrende U-Bahnen etc. an. Ich hatte eine Woche Zeit zum Testen des Games und muss zugeben, dass ich ohne die mir zur Verfügung gestellten Cheatcodes wohl nicht einmal den zweiten Level komplett gesehen hätte. Es gibt jede Menge geheimer Gänge und Schalter, genaues Erforschen der Umgebung ist erforderlich, um alles zu entdecken.

RUNNING verlangt auch mehr Strategie als seine Vorbilder. Die in den Leveln zu findenden Items wie Keycards, Gasmaske, Strahlenschutzanzug, Radar, Geigerzähler, Unsichtbarkeit, Schutzfeld, Nachtsichtgerät, Map etc. werden alle an den richtigen Stellen benötigt und bringen die Würze ins Spiel. Außerdem gibt es in jedem Level Stellen, die die Jump'n'run Fähigkeiten des Spielers fordern. So muss man z.B. einen Raum durchqueren, indem man von Plattform zu Plattform springt, bevor sich die durch einen geheimen Schalter aktivierte Tür wieder schließt. Etwas Unterstützung erhält der Spieler aber auch: In den Leveln sind Terminals verteilt, an die man das mitgeführte Laptop ankoppeln kann. Hier gibt es dann Tips zur aktuellen Situation, und außerdem bietet sich die Möglichkeit, den Spielstand zu speichern. Jeder wird dann übrigens sehr komfortabel mit einem eigenen Standbild verewigt, so dass man beim nächsten Start mehr Übersicht über seine Spielstände hat. Außer UBahnen, Containern, schädlichen Feldern etc. wollen einem dann auch noch 10 verschiedene Gegnertypen ans Leder, die man sich, angefangen mit dem einfachen Fußtritt über Pistole, Gewehr bis zum Maschinengewehr und sogar Flammenwerfer, vom Hals schafft. Ist ein Gegner "erledigt", hinterlässt er dann auch meist dringend benötigte Munition oder ein Medizinpäckchen, welches den Energielevel wieder auf Vordermann bringt. Aber wie gesagt: Der Schwerpunkt von RUNNING liegt nicht auf stumpfer Ballerei, sondern knackige Puzzles fordern die grauen Zellen des Spielers und sorgen für anhaltende Motivation.

Umsetzung

Kommen wir also zu der technischen Realisierung. Wie man sich denken kann, kostet die Darstellung eines komplexen 3D-Environments natürlich ordentlich Performance. Was einem Pentium wenig Kopfzerbrechen bereitet, bringt den Falcon schon ordentlich zum Schwitzen, aber auch hier hat man die beste Lösung gefunden. Da das Leveldesign sich hinter der Komplexität von DOOM etc. nicht verstecken braucht, hat man die Möglichkeit, die Auflösung und Größe des Displays nach eigenem Geschmack nahezu frei einzustellen. Außerdem haben die Entwickler auf Boden- und Deckentexturen verzichtet, was aber dank geschicktem Design nicht sehr ins Gewicht fällt und dem räumlichen Eindruck keinen Abbruch tut. Durch das konsequente Ausnutzen der Falconhardware (Prozessor und DSP) bleibt RUNNING immer gut spielbar.

Besitzer einer Beschleunigerkarte dürfen dann nochmals einen Zahn zulegen. Auf meiner SpeedResolution-Kart lief RUNNING ohne Murren auf maximaler Einstellung, d.h. 20 MHz Bustakt und 40 MHz Prozessortakt. Damit sollte es auch mit allen anderen Beschleunigern keine Probleme geben. Einzig auf die Musik im Titelmenü muss verzichtet werden.

Natürlich spielt auch eine anständige Soundkulisse eine wichtige Rolle, um die Stimmung des Spieles' zu transportieren. Hier hat man sich auch nicht lumpen lassen. Alle Aktionen haben natürlich entsprechende FX, z.B. Schalter betätigen, Schüsse, schreiende Gegner oder auch vorbeirauschende Züge. Außerdem gibt es situationsabhängigen Backroundsound. Wenn man sich also durch die Kanalisation müht, gluckst und plätschert es entsprechend. In einem Kühlhaus ist ein ständiges Rauschen präsent etc. Als besonderes Feature gibt dann auch noch der Held selber Kommentare zum besten. Die Qualität dieser Effekte ist auch frei einstellbar. Zum einen kann die Samplefrequenz geändert werden, außerdem kann man den räumlichen Stereosound (genau, Gegner kommt von rechts, also auch das entsprechende Geräusch usw.) auf Mono zurückknipsen oder (für Anspruchsvolle) sogar noch einen Surroundeffekt einschalten. Das freie Einstellen der Lautstärke und auch das Ein- und Ausschalten des internen Lautsprechers versteht sich bei soviel Luxus schon fast von selbst.

Lieferumfang

RUNNING kommt auf vier Disketten und wird mit dem Installprogramm komfortabel auf die Festplatte befördert, dort benötigt es dann ca. 18 MB. Die ständig erreichbaren Menüs im Spiel sind in englisch gehalten, das sehr gut gemachte, verständliche Handbuch aber ist komplett deutsch. Die Steuerung über die Tastatur geht leicht von der Hand, alternativ darf auch mit dem Jaguarpad gespielt werden.

Fazit

RUNNING stellt eindeutig ein Highlight unter den bisher erschienenen Falcontiteln dar. Die, bei einem doch eher kleinen Entwicklungsteam, erstaunliche Qualität ist für Falconverhältnisse nicht selbstverständlich. Dazu kommt die durch geniales Leveldesign sehr hohe Spielmotivation und der vergleichsweise geringe Preis, so dass man RUNNING jedem Falconspieler wärmstens empfehlen kann. Außerdem darf die harte Arbeit des RDT durchaus entsprechend honoriert werden. Als Anreiz versprachen die Entwickler bei zufriedenstellenden Verkaufszahlen ein Multiplayerupdate. Das addiert dann nochmals Midimaze-Flair zum bereits hervorragenden Spielspaß.

RUNNING
First-Person-Shooter
Rechner: Falcon Monitortyp: TV, RGB/VGA
Grafik: 91%
Sound: 86%
Spaß: 96%
Gesamt: 93%


Kay Tennemann
Aus: ST-Computer 01 / 1998, Seite 53

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