CAB 2.0

Der wohl leistungsfähigste Atari-Browser geht in die zweite Runde.

CAB war unbestritten eines der bemerkenswertesten Programme des letzten Jahres. Mit der Version 2.0, die laut dem Programmierer in weiten Teilen neu programmiert wurde, ist CAB kommerziell und wird von Application Systems vertrieben.

Lieferumfang

Geliefert wird CAB in einer einfachen Verpackung, die an einen Briefumschlag erinnert. Neben dem Handbuch befindet sich in dem Umschlag das Programm auf einer HD-Diskette. Für alle die nur ein DD-Laufwerk ihr eigen nennen, bietet ASH allerdings auch einen Umtauschservice an.
Auf der Diskette befindet sich allerdings nicht nur der Browser selber, sondern auch OLGA und GEMjing, das zum Abspielen von Samples benötigt wird. Als Ergänzung zum Handbuch gibt es neben einem Hypertext auch eine Hilfefunktion, die mit BubbleGEM realisiert wurde. BubbleGEM arbeitet nur unter Multitaskingbetriebssystemen und lässt, wenn es das entsprechende Programm unterstützt, beim drücken der rechten Maustaste eine Sprechblase mit einer Erklärung erscheinen. Wer sich ein bisschen für die CAB-Interna interessiert, findet im "DOC"-Ordner eine Liste der von CAB unterstützten Tags sowie eine Dokumentation des CAB-Protokolls.

Installation

Die Installation läuft so ab, wie man es erwarten sollte: weitgehend automatisch. Bevor das Programm installiert wird, darf man aber noch bestimmen, welche Komponenten installiert werden sollen. Wenn man nur eine kleine Festplatte hat, kann man z.B. die Installation der ASH-Produktinformationen ausschalten, die etwas über 1 MByte verschlingen.

Erster Start

Die Menüs haben sich nicht sonderlich verändert und auf dem ersten Blick ist nicht viel dazugekommen. Im Datei-Menü ist es jetzt möglich, eine Seite zu speichern. Zu beachten ist dabei nur, dass die Grafiken nicht mit gesichert werden. Auch sonst ist es nur umständlich möglich, Grafiken auf die Festplatte zu sichern. Das Navigieren-Menü bietet den neuen Menüpunkt "Vorwärts" an, mit dem man eine Seite vorblättern kann.
Nichts scheint sich im Optionen-Menü getan zu haben, doch einige Dialoge wurden erweitert. Unter "Externe Programme" gibt es eine extra Zeile für den Pfad von GEMjing und im "Darstellung"-Dialog kann man die blinkende Schrift (eine Erweiterung von Netscape) sowie Frames abschalten. Ersteres ist lobenswert, da das Blinken auf einigen Internet-Seiten zu oft verwendet wird und so eher die Augen schädigt. Ob man Frames aber abschalten sollte, muss sich jeder genau überlegen: Zwar ist die Navigation ohne Frames einfacher, aber viele Internet-Seiten haben schon auf Frames umgestellt und kommen ohne Frames kaum zur Geltung.

Multitasking

Schon beim ersten durchsehen der Anleitung wird klar, dass man CAB nur dann voll ausnutzen kann, wenn man es unter einer Multitaskingumgebung benutzt. Dies liegt nicht allein bei CAB, sondern auch an den mitgelieferten Programmen, die nach Multitasking verlangen. Unter MultiTOS lief das Programm auch ganz wunderbar, nur unter Geneva zeigten sich Redrawfehler bei den Popup-Menüs und den Dialogen: Es blieben häßliche schwarze Linien auf dem Bildschirm zurück.

Geschwindigkeit

Hatte man früher noch bei umfangreichen HTML-Dokumenten noch Zeit, sich eine Kaffeetasse zu kochen, so hat sich dies mit der neuen Version geändert. Neben dem schnelleren Anzeigen von Tabellen läuft auch die Formatierung von HTML-Text erheblich schneller ab. Netscape wird dabei zwar nicht erreicht, aber ein angenehmes Arbeiten ist damit endlich möglich.
Bilder werden jetzt grundsätzlich zuletzt geladen, wobei die Größe vorher von CAB ermittelt wird. Schade nur, dass die Bilder nicht zeilenweise aufgebaut werden können, denn dadurch könnte man den Aufbau der Grafik leichter mitverfolgen.

Standards

CAB unterstützt HTML 3.2. Das heißt für sich genommen noch nicht viel, denn das behauptet so ziemlich jeder Browser von sich. Beim Blick auf die unterstützten Tags und deren Darstellung kann man allerdings sagen, dass CAB dieses Attribut mit recht in Anspruch nehmen darf. Es ist allerdings nur eine fast vollständige Unterstützung, denn CAB unterstützt z.B. keine spezielle Farbe für bereits besuchte oder gerade angeklickte Verweise. Dies sollte aber unbedingt noch eingebaut werden, da es eine nicht zu unterschätzende Erleichterung bei der Navigation in HTML-Dokumenten darstellt.

Frames

Die wohl wichtigste Neuheit bei CAB ist die Integration von Frames. Die Navigation ist für einen Frame-unerfahrenen allerdings gewöhnungsbedürftig, da man jetzt mehrere Fenster hat, die jeweils eine HTML-Datei darstellen. Das jeweils aktive Frame erkennt man an der Farbe der Scrollpfeile, was eine nicht ganz glückliche Lösung ist, da einige Frames, gerade in höheren Auflösungen, komplett auf den Bildschirm passen und so die Scrollpfeile nicht erscheinen. Eine Hervorhebung des jeweils aktiven Frames z.B. durch einen weißen Rahmen, wäre sinnvoller.
Nicht möglich ist es bisher, die Frames zu verkleinern, es fehlt auch die Unterstützung für erweiterte Frames, bei denen man aus ästhetischen Gründen z.B. den Rahmen weglassen kann. Mit der jetzigen Frame-Integration kann man allerdings schon fast alle Frame-Seiten korrekt anzeigen, auch ohne die erwähnten Erweiterungen.
Etwas ärgerlicher war es da schon, dass CAB manchmal auf die erste Frame-Seite zurücksprang (also die, in der die eigentlich Frame-Definition steht). Dies ist z.B. der Fall, wenn unter Darstellung bspw. die Hintergrundbilder ausgeschaltet werden. CAB lädt dann zwar die Datei neu, hat sich aber vorher nicht gemerkt, welche Dateien gerade in den Frames angezeigt werden.

Sound

Bisher blieb CAB stumm bzw. musste es externen Programmen übertragen, die dann gleich ihre Dialogbox auf den Bildschirm warfen. Dank GEMjing ändert sich dies jedoch, vorausgesetzt, man ist im Besitz eines Multitaskingbetriebssystems. Zur Demonstration befindet sich eine Beispieldatei im Lieferumfang. Nachdem die Datei vollständig geladen ist, erscheint eine Kuh auf dem Bildschirm, die sogleich ein "Muh" von sich gibt. Leider hörte die Kuh nicht auf zu "Muhen", selbst beim Laden einer anderen Seite oder dem Beenden von CAB. Erst als GEMjing manuell terminiert wurde, gab die Kuh endlich ruhe. Keine Probleme gibt es hingegen bei HTML-Dokumenten, wo der Autor schon von vornherein festgelegt hat, dass der Sound nur ein- oder zweimal wiederholt werden soll.

Animation

Zwar müssen für AVI- oder MPEG-Filmchen immer noch externe Programme nachgestartet werden, aber die Anzeige von animierten GIF-Bildern wurde in CAB 2.0 verbessert. Die Bilder flimmern nicht mehr, da sie, ein aktuelles NVDI oder die Systemerweiterung EdDI vorausgesetzt, vorher schon aufbereitet werden (Off-Screen-Bitmaps).

Tabellen

Das alte und wohl nicht so erweiterungsfähige Aussehen der Linien musste einem Design ähnlich wie bei Netscape weichen. Dadurch sind nun auch variable Rahmenbreiten für die Tabelle möglich. "Nebenbei" wurde auch gleich noch die Darstellungsgeschwindigkeit erhöht.

Online

Es befindet sich leider kein entsprechendes Verbindungsprogramm im Lieferumfang und das Handbuch erwähnt noch nicht einmal, welche Programme es denn gäbe. CAB arbeitet jedoch nach wie vor durch die entsprechenden Plug-Ins mit STiK und MiNTNet zusammen. Für den Einsteiger wäre es durchaus hilfreich, auf die Online-Möglichkeiten einzugehen, denn fast jeder, der CAB benutzt, wird es irgendwann auch Online einsetzen möchten.

Java und VRML

Seiten, die auf diesen beiden HTML-Erweiterungen basieren, werden dem CAB-Surfer auch weiterhin verschlossen bleiben. Das ist zwar bedauerlich, aber für einen einzelnen Programmierer wohl auch schwer zu schaffen, denn immerhin ist Java eine ausgewachsene Programmiersprache und hinter den drei Java-fähigen Browsern stecken auch entsprechend große Konzerne. Da CAB aber durch seine Plug-Ins erweiterbar ist, wäre es theoretisch denkbar, das es eines Tages einmal ein Java-Plug-In gäbe - immerhin befinden sich Java-Interpreter für fast alle Computer in der Entwicklung und könnten so ihren Weg auf den Atari finden.

Was mir fehlte

CAB bietet weder die Möglichkeit, Bilder gezielt nachzuladen, noch sie zu speichern. Eine ideale Erweiterung wäre natürlich, eine Seite komplett inklusive der Bilder abzuspeichern.
Die Formatierungsanzeige in der Info-Zeile des CAB-Fensters ist bisher wenig aussagekräftig - hier wäre eine Prozentanzeige … la Netscape sinnvoller. Praktisch wäre es auch, die aktuelle URL im Fenster in einem editierbaren Feld zu haben, so dass man nicht umständlich ins Datei-Menü gehen muss, um eine neue URL einzugeben.
Der Fehlerreport könnte auch auf nicht gefundene Dateien eingehen, denn bei einer langen HTML-Datei entdeckt man nicht auf den ersten Blick, welche Dateien nicht gefunden wurden.
Weiterhin wäre natürlich noch die bereits erwähnte vollständige Unterstützung der im <BODY>-Tag möglichen Einstellungen wünschenswert. Leider reagiert CAB auch nicht immer auf den "STOP"-Button. Während der Formatierung von Tabellen oder Bildern kommt der Benutzer hier oft nicht zum Zuge und gerade bei umfangreichen Tabellen ist CAB dann einige Zeit beschäftigt, ohne das man die Möglichkeit hat, abzubrechen.

Fazit

Auf einen Vergleich sowohl mit WebSpace (bzw. WenSuite) als auch mit dem Netscape Navigator habe ich verzichtet, da dort natürlich Welten dazwischenliegen. Fest steht jedenfalls, dass CAB seine Position als bester Atari-Browser gehalten hat und auf anderen Systemen nicht die schlechteste Figur machen würde. So gesehen ist CAB ein recht komfortables "Taxi für die Datenautobahn" - wenn auch ohne Fahrer, denn den muss man sich erst noch besorgen.

CAB 2.0

Wertung: 9 von 10

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Mia Jaap
Aus: ST-Computer 07 / 1997, Seite 16

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