Kostenlose Datenübertragung mit Packet-Radio

Weder Sie haben sich verlesen, noch wir haben uns verschrieben, denn es geht hierbei nicht um Taschenradios (Pocket-Radios) sondern um die Möglichkeit, Daten via Funk zu übertragen und somit erhebliche Telefongebühren einzusparen.

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Wie das funktioniert, lesen Sie in unserem Praxisbericht.

Im September 1994 wurden die Bestimmungen im CB-Bereich liberalisiert und seitdem sind auf CB neben der reinen Sprachübertragung auch digitale Datenübertragungen erlaubt.

In den gesetzlichen Bestimmungen wird auf die Betriebsart nicht näher eingegangen, so dass alle möglichen digitalen Übertragungsarten erlaubt sind (RTTY, SSTV, FAX, Packet-Radio) etc. "Durchgesetzt" hat sich von den digitalen Betriebsarten aber das sogenannte Packet-Radio, die anderen Betriebsarten spielen im CB-Bereich eine untergeordnete Rolle. Im folgenden Artikel soll auf die technischen Eigenheiten der Betriebsart Packet-Radio eingegangen werden. Die grundsätzlichen Eigenschaften sind sowohl im CB-Bereich wie auch im Amateurfunkbereich gleich, lediglich die praktischen Auswirkungen sind aufgrund verschiedener Faktoren unterschiedlich.

Das Prinzip

Packet-Radio (frei übersetzt: Päckchen-Radio) ist eine digitale Betriebsart, bei der Daten - gleich welcher Art - drahtlos übertragen werden. Als Protokoll wird das sogenannte AX.25 Protokoll verwendet, das von vielen als antiquiert angesehen wird, jedoch entscheidende Vorzüge hat: Es ist eines der weitest verbreiteten Protokolle, es ist sehr fehlertolerant und hat die Möglichkeit, andere Protokolle (z.B. TCP/IP) zu transportieren.

Auf die näheren Eigenschaften diese Protokolls soll hier aber nicht näher eingegangen werden, da dies ein Kapitel für sich ist und den Rahmen dieses Artikels Über die praktische Anwendung von Packet-Radio sprengen würde. Der praktische Nutzen dieser Betriebsart liegt in der drahtlosen und deshalb auch kostengünstigen Datenübertragung von Daten, seien es Mails, Programme oder andere Daten.

Der kostengünstigen Übertragung steht aber ein Nachteil gegenüber, der nicht zuletzt auch schon im Namen der Betriebsart versteckt ist: Bei Packet-Radio werden die Daten, wie der Name schon sagt, päckchenweise übertragen. D.h. die sendende Station sendet ein Päckchen von Daten aus, die empfangende Station bestätigt den Empfang, die sendende Station sendet das zweite Päckchen aus, die empfangende Station sendet wieder die Bestätigung für das zweite Paket etc., bis alle Päckchen fehlerfrei gesendet wurden. Soweit die Theorie. Was geschieht aber, wenn nun mehrere Stationen gleichzeitig auf der gleichen Frequenz kommunizieren möchten? Nehmen wir an, A will nach B und C will nach D senden. Dann müssen die Stationen A/B und C/D sich die Frequenz teilen, d.h. A sendet zuerst nach B und dann C nach D, dann wieder A nach B und so weiter.
Möchten dann zwei neu auf der Frequenz hinzukommende Stationen E und F miteinander kommunizieren, so kommen diese auch noch ins Spiel. Es müssen sich dann also sechs Stationen die gleiche Frequenz teilen! D.h. jede Stationskombination erhält nur ca. 1/3 der Übertragungszeit, die Übertragungszeit einer Datei verdreifacht sich rechnerisch. Damit es unter den Stationen nicht zum Datenchaos kommt, sorgt das AX25-Protokoll selbständig dafür, dass die Daten zur richtigen Station "geleitet" und dort aus gewertet werden.

Hardware

Kommen wir nach diesen theoretischen Überlegungen gleich zur Hardware, die benötigt wird. Jede Paket-Radio-Station muss mit mindesten folgenden Teilen ausgestattet sein: Computer, TNC (TerminalNodeController) sowie Funkgerät mit Antenne.

Als Leser dieser Zeitschrift dürften Sie das teuerste Element, nämlich den Computer, schon haben. Brauchen Sie also nur noch das TNC und das Funkgerät. Dazu wird es notwendig sein, zuerst das TNC einmal näher zu betrachten.

Terminal-Node-Controller

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Das TNC hat als erstes die Aufgabe, die analogen Signale, die vom Funkgerät kommen, wieder in digitale Signale zu übersetzen und umgekehrt die digitalen Signale in analoge Signale für das Funkgerät zu wandeln. Das TNC könnte man am ehesten mit einem intelligentem Telefonmodem vergleichen, da das TNC sowohl einen Prozessor (sehr oft Z80) sowie Speicher (ROM fürs Betriebssystem und RAM) enthält. Das TNC wird an der RS232 Schnittstelle des Computers angeschlossen und kann, ähnlich wie ein Telefonmodem mit AT-Befehlen, mit speziellen Befehlen bedient werden. Im Prinzip kann man aus jedem Terminal- Programm für den ATARI zusammen mit einem TNC und dem Funkgerät Packet- Radio betreiben, jedoch nicht sehr komfortabel. Es gibt spezielle Terminal- Programme, die das TNC optimal steuern, aber trotzdem für den User leicht zu bedienen sind.

Das TNC setzt also die digitalen Signale in analoge um und umgekehrt, aber nicht nur das, es kümmert sich zweitens auch um die Protokollverwaltung (AX25) und dient als Puffer (RAM), falls mehr Daten eingehen sollten, als der Rechner momentan verarbeiten kann! Das RAM des TNC allein als Puffer zu gebrauchen, wäre aber Verschwendung: Das TNC kann auch im sog. Stand-Alone-Betrieb arbeiten, d.h. es können auch Nachrichten empfangen werden, wenn der Rechner ausgeschaltet ist. Man könnte es also, wenn der Rechner abgeschaltet ist, quasi als Mini-Mailbox betrachten, in die man Nachrichten ablegen kann. Ein Auslesen von Nachrichten ist jedoch nur möglich, wenn der Rechner angeschaltet ist und ein dementsprechendes Mailboxprogramm auf dem Rechner läuft! Somit könnte man das TNC, wenn der Rechner abgeschaltet ist, am ehesten mit einem Anrufbeantworter vergleichen, der auch nur Nachrichten aufzeichnet; dasselbe macht das TNC dann auch.
Funktionell kann das TNC ganz grob in zwei Funktionsteile aufgegliedert werden: in das eigentliche Modem, das von analog nach digital und umgekehrt transferiert und die intelligente Einheit, die Nachrichten speichern kann und das digitale Signal RS232-gerecht aufbereitet. Dieses letzte Teil macht ein TNC auch relativ teuer: Ein 1200 Baud-TNC (1200 Baud via Funk, nicht RS232!) kostet neu etwa um die DM 230.-.

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Modem

Findige Programmierer haben die zweite, nämlich die intelligente Funktionseinheit "zurück-in-den-Rechner" gebracht, so dass die ganze Protokoll und Speicherverwaltung der Hauptrechner macht und lediglich nur noch ein Modern mit Pegelanpassung für RS232 benötigt wird! Diese Programme, die in der Regel als TSR arbeiten, setzen den Datenstrom um in ein verständliches Format, das über eine Softwareschnittstelle einem geeigneten PR-Prgramm zugeleitet wird. Durch die Verwendung von lediglich 3 ICs bei einem Modern für den ATARI sind die Kosten für ein solches Modern sehr gering: sie betragen lediglich DM 40,- bis 50,-. Ein Modern ist also gerade für Elektronik-Bastler der ideale Einstieg in das Packet- Radio. Ein Nachteil soll jedoch nicht verschwiegen werden: Da der Rechner die "Intelligenz" des TNCs nachbildet, ist ein Standalone-Betrieb bei abgeschaltetem Rechner nicht möglich. Die Mini-Mailbox-Funktion, die ein TNC bei abgeschaltetem Rechner besitzt, hat diese "preiswert-Lösung" nicht. In der Regel kann man aber gut darauf verzichten, da ein ONLINE-Chat allemal reizvoller sein kann als der reine Nachrichtenaustausch.

Funkgerät

Kommen wir zum letzten, aber sehr wesentlichen Teil der PR-Anlage, dem Hochfrequenzteil. Hier muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen Amateurfunk und CB-Funk. Generell gilt: Das TNC oder das Modern hat 4 Anschlüsse, die zwischen TNC und Funkgerät verbunden werden müssen: Masseanschluß, PTT, RX (Empfangssignal) und TX (Sendesignal).

Amateurfunk

Hier sind die einschlägig bekannten Bestimmungen zu beachten. Masse wird an Masse angeschlossen, PTT i.d.R. über einen Vorwiderstand auf den MIC-Eingang, TX wird i.d.R. direkt auf den MIC-Eingang gelegt, da bei den meisten TNCs und Modems die Lautstärke des Signals per Poti eingestellt werden kann. Das RX- Signal wird ggf. über einen Spannungsteiler an den Kopfhörerausgang angeschlossen. Achtung: Es gibt Geräte, die durch interne NF-Filter das NF- Signal soweit "verbiegen", dass diese an den Ausgängen nicht mehr brauchbar sind.
In diesem Fall müssen Sie direkte Verbindung an/von Modulator/Demodulator herstellen! Dies ist jedoch abhängig vom Gerät. Bei richtigem Abgleich funktioniert der Kontakt sofort. Die Frequenzen, auf denen PR gearbeitet wird, finden Sie im Frequenzplan. Modulationsart ist für 1200 Baud AFSK FM. Eine kleine Richtantenne (z.B. HB9CV) ist, je nach Standort, empfehlenswert.
Zu Testzwecken kann aber auch die Gummiantenne eines Handys verwendet werden, wobei der Link (Stabilität der Verbindung) schlecht sein kann.

CB-Funk

Hier gilt: Packet Radio geht nur, wenn ein Mikrofoneingang sowie ein Lautsprecherausgang vorhanden ist.
Sie dürfen keinerlei Eingriffe am Gerät vornehmen und evtl. nicht vorhanden Anschlüsse, die notwendig sind, nachbauen! Sie verlieren dadurch die allgemeine Genehmigung für das Gerät und betreiben rein rechtlich gesehen einen Schwarzsender. Schwarzsenden wird nach den einschlägigen Vorschriften bestraft! Legen Sie Masse auf Masse, i.d.R. wird die PTT bei CB-Geräten durch das Verbinden des PTT-Anschlusses auf Masse betätigt: Legen Sie daher den PTT- Ausgang des Modems/TNC an den PTT-Anschluss des Funkgerätes. TX wird mit dem Mikrofoneingang, RX mit dem Lautsprecherausgang verbunden! Natürlich weichen auch hier die Geräte voneinander ab, so dass nicht gewährleistet ist, dass alles auf Anhieb klappt, da die Pegel evtl. noch angepaßt werden müssen. Eine allgemeingültige Baubeschreibung kann nur wie oben gegeben werden. Als Antenne ist auf jeden Fall eine Groundplane auf dem Dach empfehlenswert, bei anderen (z.B.) Balkonantennen) ist die Reichweite i.d.R., insbesondere in bergigem Land, alles andere als zufriedenstellend!
Aufgrund der begrenzten Reichweite des CB-Funkes sind schon einige Mailboxen untereinander per Telefonmodem verbunden, um ähnlich wie in den Offline-Netzen wie Fido oder Maus den S&F-Verkehr nachts über Telefon abzuwickeln. So ergibt sich eine Reichweitenerhöhung, die aber mit dem eigentlichen PR nichts mehr zu tun hat. Man könnte es als eine Telefon- Mailboxnetz beschreiben, bei dem die Points via PR bedient werden. Digipeater dienen zur Reichweitenerhöhung. Angenommen, A möchte mit C eine Verbindung aufbauen. Dies scheitert jedoch daran, dass A und C ein Berg voneinander trennt. Was tun? Angenommen, auf dem Berg wäre noch eine PR- Station. Dann ist es möglich, entsprechende Konfiguration des TNCs vorausgesetzt, dass A eine Verbindung über B nach C aufbaut. Die Station fungiert in diesem Fall als Digipeater: A sendet sein Päckchen an B, B sendet dieses an C, C bestätigt B den Empfang, B bestätigt A den Empfang.

Weitere Informationen über Packet-Radio-Software sowie die Funktionsweise der Datenfernübertragung per Funk entnehmen Sie bitte der Ausgabe 2/95 der ATARI-Inside. Kopien dieses Artikels erhalten Sie gegen DM 3,- in Briefmarken umgehend von der Redaktion zugesendet. Die Adresse finden Sie im Impressum.


J. Moldenhauer/ W. Laas
Aus: ST-Computer 02 / 1997, Seite 27

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