Um seinem 4 MB-Falcon mehr Speicher zu spendieren, mußte man bislang ziemlich tief in die Tasche greifen. Mit der original, 16 MB-Karte von ATARI erhält man für einen glatten Tausender effektiv nur 10 MB zusätzliches RAM, da einerseits nur 14 MB der Karte genutzt werden können und man andererseits die alte 4-MB-Karte beim Händler abgeben muß.
Die Firma Perfect Link hat nun eine Speichererweiterung entwickelt, die den Falcon zusätzlich zum vorhandenen Speicher mit „alternativem RAM" versorgt. Derzeit kann die Karte mit 4 oder 8 MB bestückt werden, so daß eine Aufrüstung auf 8 oder 12 MB möglich wird. Zum Einsatz kommen handelsübliche PS2-SIMM-Speichermodule, wodurch ein problemloser Austausch zwecks nachträglicher Erhöhung der Kapazität gewährleistet ist.
Die getestete Karte wurde bereits fertig bestückt geliefert und brauchte nur in den Prozessor-Erweiterungs-Slot eingesteckt zu werden. Besitzer einer Screenblaster-Inside-Grafikerweiterung müssen noch einen 50-MHz-Quarzoszillator einlöten und eine Verbindung zum Videochip (Videl) des Falcon-Motherboards ziehen. Die Software-Installation beschränkt sich auf das Kopieren des Treibers in den Autoordner. Hierbei muß darauf geachtet werden, daß das Treiberprogramm physikalisch möglichst weit vorne im Ordner liegt.
Erfreulicherweise konnte die Karte gleich beim ersten Versuch angesprochen werden. Wenn der Treiber die Karte erkannt hat, führt er einen RAM-Test durch, der - wie der Memory-Test des Betriebssystems - mit einem Tastendruck abgebrochen werden kann. Ein Blick in die Dialogbox „Desktop-Konfiguration" läßt erste Freude über die vergrößerte Speicherkapazität des Rechners aufkommen. Genauer informiert wird man über das CPX-Modul „System-Info" (NVDI-Beigabe). Derfreie Systemspeicher wird hier getrennt nach ST- und TT-RAM aufgeführt. Der Speicher der Fast-RAM-Karte wird also vom Betriebssystem als TT-RAM verwaltet, was - wie wir später noch sehen werden - sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt.
Da wahrscheinlich nur wenige Falcon-Besitzer mit dem ATARI-TT vertraut sind, soll hier ein kleiner Exkurs über die besonderen Eigenschaften des TT-RAMs folgen. Die Begriffe TT-RAM, Fast-RAM und Alternate-RAM sind synonym zu verwenden und bezeichnen einen Speicherbereich, der, im Gegensatz zum ST-RAM, nicht von allen Systemkomponenten uneingeschränkt genutzt werden kann. Genau hierdurch entsteht ein Geschwindigkeitszuwachs, der je nach Anwendung bis zu 50% betragen kann, da die CPU ihre Zugriffe auf das TT-RAM nicht mit der Videologik abstimmen muß. Dies macht sich natürlich vor allem bei hohen Auflösungen im 256-Farben- oder True-Color-Modus bemerkbar.
Der soeben beschriebene Geschwindigkeitsvorteil, der sich aus der Trennung in zwei unabhängige Speicherbereiche ergibt, ist allerdings auch mit einem Nachteil verbunden. Anwendungen, die mit möglichst großen zusammenhängenden Speicherblöcken arbeiten (z.B. ein Sample-Editor), können unter Umständen den noch freien Gesamtspeicher des Rechners nicht optimal nutzen. Die meisten Anwendungen merken jedoch nichts von dieser Trennung, da das Betriebssystem bei Speicheranforderungen selbständig auf den jeweils anderen Bereich zugreift, wenn dies notwendig wird. In welchem Speicherbereich ein Programm ausgeführt wird und ob bevorzugt TT-RAM oder ST-RAM vergeben wird, läßt sich über zwei Flags im Header des Programm-Files bestimmen, zu deren Manipulation ein kleines Programm mitgeliefert wird. Wie sich gezeigt hat, sind bei den meisten Programmen die entsprechenden Flags bereits gesetzt.
Um den von der Werbung versprochenen Geschwindigkeitsgewinn von bis zu 75% bei 256 Farben zu prüfen, haben wir zunächst den NVDI-GEM-Test durchgeführt. Die Ergebnisse sind zwar nicht so spektakulär wie angekündigt, aber schon erstaunlich, wenn man bedenkt, daß der einzige Unterschied in der Speicherumgebung besteht (siehe Tabelle). Da es sich hier ja nicht um eine Beschleunigerkarte handelt, konzentrierten sich unsere Tests hauptsächlich darauf, inwieweit das Fast-RAM von verschiedenen Applikationen genutzt wird. Hier läßt sich sagen, daß fast alle getesteten Standardanwendungen, wie z.B. Papyrus, PixArt oder Pure C, den Speicher optimal ausnutzen. Das ist nicht weiter verwunderlich, da diese Programme ja auch auf dem TT laufen sollen. Der Anwender merkt nichts von einer Trennung in zwei Bereiche; einige Programme (z.B. Otto’s Resource Construction Set) zeigen sogar den noch freien Gesamtspeicher korrekt an. Eine Ausnahme bildet die Textverarbeitung 1st_Word plus. Zumindest die Version 3.20 fordert anscheinend schon beim Start den gesamten freien Speicher an und verwaltet diesen dann intern. Je nachdem, wie die Flags im Header des Programm-Files gesetzt sind, bekommt das Programm dann entweder ST- oder TT-RAM zugewiesen; der jeweils andere Speicherbereich bleibt also ungenutzt!
Das Gros der Falcon-Besitzer hat sich diesen Rechner sicherlich wegen seiner Audiofähigkeiten angeschafft. Da falconspezifische Programme in der Regel nicht mit der Existenz von TT-RAM rechnen, lohnt sich hier eine nähere Betrachtung. Um zunächst die DMA-Tauglichkeit der Fast-RAM-Karte zu testen, haben wir eine Audio-Loop wechselweise im ST- und TT-RAM laufen lassen. Obwohl alles reibungslos funktionierte, mußte man im Dauerbetrieb leider eine verminderte Klangqualität in Form eines gelegentlichen Knistern feststellen. Die Firma Perfect Link konnte dieses Phänomen auf Ihren Rechnern nicht nachvollziehen, daher kann es durchaus sein, daß es nur bei einigen Falcons auftritt oder mittlerweile beseitigt werden konnte.
Die meisten der von uns getesteten Audioanwendungen, wie WinRec, Digi-Tape oder Zero-X, überlassen die Auswahl des zu nutzenden Speicherbereichs dem Betriebssystem; d.h., sie lassen sich über die bereits beschriebenen Programm-Header-Flags beeinflussen. Wenn also die Klangqualität nicht zufriedenstellend ist, bleibt die Möglichkeit, das Programm zwar im Fast-RAM ausführen zu lassen, die vom Programm angeforderten Speicherbereiche jedoch ins ST-RAM zu verlegen. Die neuesten Versionen der Mastering- und HD-Recordingsoftware AudioMaster bzw. AudioTracker sind auf Fast-RAM-Erweiterungen vorbereitet. Alle „unkritischen“ Speicherbereiche werden nach Möglichkeit ins Fast-RAM gelegt - nur für die (Audio-)DMA wird - bei AudioTracker nach Bestätigung des Anwenders - ST-RAM angefordert. Cubase Audio ist eines der wenigen Programme, bei denen keines der Alternate-RAM-Flags im Programm-Header gesetzt ist. Ohne entsprechende Manipulation bliebe das Fast-RAM also völlig ungenutzt. Werden die Flags gesetzt, wird das Programm zwar ins Fast-RAM geladen und auch dort ausgeführt, darüber hinaus bleibt dieser Speicherbereich jedoch weitgehend ungenutzt. Für eine genauere Untersuchung habe ich deshalb ein kleines Programm geschrieben, das sich ins GEMDOS einklinkt und alle Speicheranforderungen protokolliert. Dabei hat sich gezeigt, daß in den meisten Fällen explizit ST-RAM angefordert wird. Daran können auch die Flags im Programm-Header nichts ändern.
Die MC68030-CPU kennt für die Anforderung von Speicherblöcken neben dem Standardaufruf Malloc() noch die Variante Mxalloc(), die es erlaubt, mit einem zusätzlichen Parameter Einfluß auf die zu nutzende Speicherart zu nehmen. Da die o.g. Flags nur auf Malloc-Aufrufe wirken, können Anwendungen, die mit Mxalloc-Aufrufen arbeiten, nicht ohne weiteres beeinflußt werden. Mit einem kleinen Eingriff ins Betriebssystem kann man jedoch auch Mxalloc-Aufrufe manipulieren. Dazu genügt ein GEMDOS-Patch, der den für die Speicherart zuständigen Parameter „mode" entsprechend verändert (siehe Listing). In der Redaktions-Mail-box befindet sich diese Routine in Form eines Accessories, so kann der Patch jederzeit ein- und ausgeschaltet werden. Man muß sich aber darüber im klaren sein, daß es einen triftigen Grund haben kann, wenn ein Programm explizit ST-RAM anfordert. Ein Spieloder Grafikprogramm beispielsweise, das ein eigenes Video-RAM einrichten will (z.B. für eine zweite Bildschirmseite), benötigt hierfür ST-RAM, da der Bildschirmspeicher nicht im TT-RAM liegen kann.
Betriebssystem: TOS 4.04,640 * 480, 256 Farben, NVDI 2.50
Referenzsystem: TOS 1.04, ST-Hoch
ST-RAM | Fast-RAM |
---|---|
Textausgabe: | 1097 % |
Linien: | 180 % |
Rechteck« | 158 % |
Polygone: | 199 % |
Kreise/Ellipsen: | 408 % |
Rasteroperationen: | 82% |
Attributfunktionen: | 849 % |
Auskunftsfunktionen: | 649% |
ESCAPES: | 35% |
BIOS-Ausgabe: | 43% |
GEMDOS-Ausgabe: | 55 % |
AES-Objekt-Ausgabe: | 286% |
Gleich im ersten Kapitel der Einbauanleitung wird erwähnt, daß „zum jetzigen Zeitpunkt die Zusammenarbeit mit allen vorhandenen Hardware-Beschleunigern nicht garantiert werden" kann. Da die Fast-RAM-Karte synchron mit dem Systemtakt arbeitet, „wird die Karte mit allen Beschleunigern einwandfrei Zusammenarbeiten, die ausschließlich das komplette System höhertakten". Versuchsweise haben wir die Karte in einen mit der Speed-Resolution-Card (Hard & Soft) nachgerüsteten, brandneuen Falcon eingesetzt. Das Fast-RAM wird dort nur dann erkannt, wenn die CPU während der Boot-Phase auf halbe Clockspeed, also gleich dem Bustakt geschaltet ist. Es ist also ratsam, vor einer Kaufentscheidung ggf. Kontakt zur Firma Perfect Link aufzunehmen, um sich über den neuesten Entwicklungs- und Erkenntnisstand zu informieren.
Läßt man die nur im Einzelfall zu klärende Verträglichkeit mit Beschleunigerkarten außer acht, kann die MAGNUM-Fast-RAM-Karte ohne Einschränkung allen Anwendern empfohlen werden, die vorwiegend mit Standard-Software (Textverarbeitung, Grafik, DTP...) arbeiten. Hier stellt die Karte eine preisgünstige Alternative zur Original-ATARI-Speichererweiterung dar, zumal der zusätzlich erworbene Geschwindigkeitsgewinn nicht zu unterschätzen ist. Für den Fall, daß weitere Karten am Erweiterungs-Slot betrieben werden sollen, gibt es die MAGNUM-Karte auch mit durchgeführten Stiftleisten. Allerdings dürfte der Platz im Originalgehäuse des Falcon dann nicht mehr ausreichen. Wegen der weiter oben beschriebenen Klangeinbußen beim Abspielen von Samples im Fast-RAM und der Tatsache, daß Cubase Audio vorwiegend ST-RAM anfordert, ist die Karte im Audiobereich zur Zeit nur bedingt einsetzbar. Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, daß in unserem Rechner eine der ersten Karten zum Einsatz kam, so daß die Möglichkeit besteht, daß hier mittlerweile Lösungen gefunden wurden. Auf jeden Fall läßt sich erreichen, daß nahezu das gesamte ST-RAM als Sample-Speicher zur Verfügung steht, wenn die Anwendung selbst im Fast-RAM läuft. Hierfür würde dann allerdings die „kleine“ Version mit 4 MB-Bestückung vollauf genügen.
Bezugsquelle: Perfect Link GbR Ludwigsalle lb 52062 Aachen
Preise: Leerkarte 228,- DM
Karte mit 4 MB PS2-Modul 428,- DM
Karte mit 8 MB PS2-Modul 668,-DM
Literatur:
ST-Computer 10/1995 „Gigantomanie - Mehr Speicher für den TT“
Positiv:
Negativ:
;
; GEMDOS-Patch zur Manipulation von
; Mxalloc-Aufrufen. Es wird der Parameter "mode"
; ersetzt, so daß bevorzugt alternatives RAM
; vergeben wird.
; Autor: Klaus Heyne
; (c) 1996 by MAXON-Computer
GLOBL install,kill
; Installation und Deinstallation des Patch
; Aufruf im Supervisor-Modus!
install:
move.l $0084.w,gemdos ; GEMDOS-Vektor retten
move.l #newtrap,$0084 ; und neue Routine
rts ; einklinken.
kill:
move.l gemdos,$0084 ; Originalvektor
rts ; zurückschreiben
; GEMDOS-Patch: Mxalloc(ST-RAM)-> Mxalloc(TT-RAM)
;
newtrap:
btst #5,(SP) ; Aufruf im
beq nosuper ; Supervisor-Modus ?
lea 8(SP),A0 ; Dann Zeiger auf
bra newtrap2 ; Parameter setzen
nosuper: ; sonst Dserstack-
move.l USP,A0 ; pointer holen
newtrap2:
move.w (A0),D0 ; Funktionsnummer
cmp.w #$44,D0 ; Mxalloc ?
bne nopatch ; Wenn ja,
move.w #3,6(A0) ; "mode" ersetzen (*)
nopatch:
move.l gemdos(PC),A0 ; zum GEMDOS...
jmp (A0)
;
DATA
gemdos: DC.L 0 ; Platz für GEMDOS-Vektor
;
; (*) void *Mxalloc( long amount, int mode );
;
; Die GEMDOS-Routine Mxalloc reserviert einen
; Speicherbereich der Größe amount. Der Parameter
; mode gibt an welche Speicherart angefordert i werden soll:
;
; 0 ST-RAM
; 1 Alternatives RAM
; 2 egal, ST RAM bevorzugt
; 3 egal, alternatives RAM bevorzugt
;
; aus: Pure C - Online-Hilfe