I am sorry, in der letzten Falcon-Scene ist etwas schiefgelaufen, natürlich fand die „Fried Bits 3“ nicht im März, sondern wie immer im April statt. Demzufolge gibt es die versprochenen News auch erst im nächsten Monat. Dafür gibt es heute aber mal etwas ganz, ganz anderes.
Wer Lust hat, kann ja nochmal die letzte Falcon-Scene rauskramen, oder auch die Juni/94 Ausgabe entstauben. Warum? Na genau, beide Artikel protzen mit vielen bunten Bildern von Scene-Grafikern. Und weil ich auch schon eine ganze Reihe Grafikprogramme vorgestellt habe, liegt die Idee doch nahe, mir mal bei der Entstehung so eines Bildes über die Schultern sehen zu lassen.
Früher war es wirklich noch einfacher: Der Grafiker knöpfte die Augen auf, suchte sich ein (klischeemäßiges) Fantasy-Bild und übertrug es mit etwas Geschick auf den Screen. Nun, bei 16 ST-Farben war das immer noch eine erstaunliche Leistung, denn es ist wirklich kaum möglich, mit diesen Systemeinschränkungen frei zu arbeiten. Man mußte vor Beginn schon genau wissen, was man vorhatte, und sparsam mit den Farben arbeiten. Nichtsdestotrotz ist es ein gutes „Training“ und jedem Anfänger zu empfehlen. Beim Abzeichnen einfacher Motive lernt man viel vom Handwerk und entdeckt immer mehr Kniffe, die letztendlich einen guten Computergrafiker ausmachen. Ich habe zuallererst fast ausschließlich Logos und Zeichensätze gezeichnet, dabei habe ich immer ohne Vorlage gearbeitet und mir eine imaginäre Lichtquelle vorgestellt, um den Buchstaben Plastizität zu verleihen. Auf der ICC2 (WOW! Das war 1992 oder so) sah ich dann zum ersten Mal französische Freaks, die fleißig coole Motive aus Comic-Heften kopierten. Super, das wollte ich dann auch machen. Etwas selbst Ausgedachtes zu painten war zu dem Zeitpunkt undenkbar, man konnte es zwar mal versuchen, aber die Ergebnisse waren meist recht enttäuschend. Es dauert dann auch noch eine Weile, bis man das erste „Aha“-Erlebnis hat, nämlich genau dann, wenn man nach tagelangem Zeichnen merkt, daß das Bild tatsächlich dem Original ähnlich sieht. Das Eis ist gebrochen, und der zukünftige Spitzengrafiker hat seine erste Lektion gelernt: Genauso wichtig wie grafisches Geschick ist GEDULD. Während man mit dem Bleistift auf Papier recht schnell zu einem brauchbaren Ergebnis kommt, sieht ein Computerbild erst in der Endphase nach etwas aus.
Ok, die Zeiten haben sich geändert, der Falcon bietet im Vergleich zum ST traumhafte Möglichkeiten. Dank True-Color kann man ein Bild auf konventionelle Weise angehen. Man mischt sich die Farben fast wie auf einer Malerpalette, und auch die Auflösung wirkt nicht mehr einschränkend. Das nun folgende müßte man mit vielen True-Color-Malprogrammen nachvollziehen können, da sie alle ähnliche Funktionen anbieten. Ich habe mich für „Indy-paint“ entschieden, da ich in dieses Programm gut eingearbeitet bin und so lästiges Suchen nach Funktionen wegfällt.
Seit Monaten spukt mir ein Motiv im Kopf rum, welchem ich anläßlich der „Fried Bits 3“ Gestalt verleihen möchte. Liegt es vielleicht daran, daß ich als Kind jeden Sommer an der Ostsee verbracht habe, oder übt Wasser mit seinem Reflexions- und Verzerrverhalten überhaupt eine Faszination aus? Wenn man taucht befindet man sich in einer beeindruckenden Welt; die Ruhe macht einen zum staunenden Beobachter. Diesen Eindruck wollte ich endlich mal festhalten. Ich beginne also, nach Material zum Thema zu suchen. Wenn ich ehrlich sein soll, hätte ich ein Bild, welches meinen Vorstellungen entspricht, gnadenlos abgezeichnet. Leider, oder zum Glück, fand ich keines, aber das macht es vielleicht noch interessanter.
Zuerst beginne ich mit dem Hintergrund und konzentriere mich hauptsächlich auf Farben. Mit der Freihandzeichenfunktion deute ich den Boden (in Hellbraun) an und plaziere auch schon ein paar grünliche Flächen für Felsen oder dergleichen. Mein Hauptinteresse liegt bei diesem Bild auf der Wasseroberfläche, die von „unten“ ganz erstaunlich aussieht, in einem bestimmten Neigungswinkel, reflektieren die Wellen das Wasser (dort ist es dann dunkelblau), und in den Bereichen dazwischen kann man den Himmel durchsehen (je nach Himmel, hellblau bis türkis). Ich überlege jetzt, wie sich das Licht im Wasser verhält, und merke, daß der Boden etwas mehr grün vertragen könnte. Die Räumlichkeit bekommt man mit dunkler werdenden Blaustufen hin, schließlich wird die Sicht unter Wasser nach ein paar Metern „neblig“. Ok, nach ca. 2 Stunden und einem Dutzend Farbänderungen habe ich so etwas wie eine grobe Skizze fertig (Bild 1).
Hat man sich entschieden, den Hintergrund so zu gestalten, kommt man zum „Versäubern“, wobei ein paar alte Grafikertricks helfen. Beim ST gang und gäbe, kommt es beim Falcon eher selten vor; die Abstufungen zwischen den Blautönen sind zu grob, es gibt unschöne Unterbrechungen. Da ich die Farben aber behalten möchte, mische ich pixelweise. Das heißt ein Pixel des dunkleren Blautones wird neben und über einen des helleren Blautones gesetzt (wie ein Schachbrett). Da die meisten Monitore etwas unscharf sind, erkennt das Auge den Trick kaum, bei besseren Monitoren muß man halt die Auflösung „hochschrauben“, dann verschwindet so ein Trick auch aus dem „Blickfeld“. Zwischen unterschiedlichen Farbtönen kann man einen eleganteren Weg wählen. Der grünbraune Boden stößt z.B. an das blaue Wasser, hier gibt es einen harten Kontrast, sieht nicht gut aus. Also, wählt man die Bodenfarbe nochmals an und „regelt“ etwas Blau rein, dann „umrahmt" man die Fläche in einem Pixel Breite, jetzt wieder „Blau rein“ und das Ganze nochmals, so lange, bis alles „weich" verläuft. Am besten, man arbeitet dabei in der Lupe und hat das Bild mit der „richtigen“ Auflösung immer im Auge. Vorsicht, oft sind auch harte Kontraste erwünscht, da verschmiert diese Methode das Bild nur. Aber dazu später mehr (Bild 2).
Nachdem der Wasserhintergrund steht, komme ich zur schwierigen Wasseroberfläche. Ich zeichne sie in nur einer Farbe auf einem anderen Bildschirm; mit viel Sorgfalt kann man schön „runde“ Verschlingungen zeichnen. Jetzt habe ich eine Maske, die ich bequem auf den blauen Hintergrund kopieren kann (Bild 3). An einer Stelle soll jetzt viel Licht durchbrechen; wieder sorgen Programmfunktionen für Bequemlichkeit. Ich wähle jetzt dunkles Grau (RGB-Wert: 2,2,2) und male frei Hand ein Ei. Während ich den Grauwert weiter erhöhe, zeichne ich recht grobe Abstufungen zum Zentrum des Eies. Zwischen den Abstufungen kritzele ich anschließend einfach etwas rum, fertig. Das „Ei“ wird ausgeschnitten und jetzt im entsprechenden Bildteil (rechts,oben) einkopiert, wobei ich auf „Addieren“ geschaltet habe. Die Graustufen hellen jetzt den gewünschten Bildteil in seinen Farben auf. Bei den starken Kontrasten zwischen Wasser (Dunkelblau) und der sehr hellen Fläche kommt das Ganze jetzt aber ziemlich „bröckelig“ rüber. Hier hilft nur Antialiasing per Hand. Vom Programm angebotene „Smooth“-Funktionen liefern meist kein gutes Ergebnis, alles sieht nur schwammig aus. ln der Lupe muß man also wieder Kante für Kante mit ein paar dunkleren Stufen der aktuellen Farbe glätten. Zwei bis drei reichen meistens aus, mehr wirkt wieder sehr schnell „schmierig“. Hier hilft nur etwas Übung, nach einiger Zeit sollte man den Trick dann aber raus haben (Geduld vorausgesetzt) (Bild 4).
Also die Hintergrundkulisse steht, jetzt soll aber auch etwas „Wichtiges“ zu sehen sein. Auf jeden Fall wollte ich einen großen Fisch im Bild haben und einen Menschen (vielleicht ein Kind), der in irgendeiner Beziehung zu diesem Fisch steht. In einem Tauchbuch habe ich dann auch einen Hai gefunden, der mir gefiel - also abzeichnen. Hierbei kann man sich auch kleiner Hilfsmittel bedienen. Zuerst ganz praktischer: wenn man im Freihandzeichnen nicht so sicher ist, gibt es eine naheliegende Technik. Man justiert eine Folie auf dem Foto und zeichnet die Umrisse mit einem Stift nach, daß Ganze wird dann auf den Bildschirm geklebt. Jetzt stellt Ihr die Hintergrundfarbe sehr hell ein und zieht mit einem dunklen Farbton einfach die Linien nach. Die „Outline“, die so entstanden ist, könnt Ihr dann stauchen/zerren, bis sie in Euer Bild paßt. Ich habe das selbst schon einmal probiert und mußte feststellen, daß es einiges beschleunigt. Eine andere Möglichkeit ist, eine Folie mit Karomuster auf das Bild zu kleben, auf dem Bildschirm auch ein Raster zu zeichnen und sich dann so zu orientieren. Jetzt malt man z.B. den Hai einfach aus wie im Malbuch.
Nun kommt der zweite Schritt. Das Licht bricht sich nämlich in der Realität in wilden Mustern auf der Oberfläche von im Wasser befindlichen Körpern. Auch hier kann man sich die Mühe sparen alles Pixel für Pixel einzuzeichnen. Ihr stellt das Programm wieder auf „Freihandzeichnen“ im Additionsmodus und wählt eine niedrige Graustufe (RGB-Wert: 2,2,2). Nun „wurschtelt“ man wild auf dem Rücken des Haies herum, und siehe da - an den Stellen, die Ihr öfters erwischt, entstehen fast realistische Lichtreflexe. Um das Ganze wieder zu „entbröseln“ darf man diesmal auch die „Smooth“-Funktion benutzen, denn unter Wasser sieht ja alles etwas verschwommen aus (Bild 5).
Klaro, das Bild ist ja noch lange nicht fertig. Aber an dieser Stelle mache ich erstmal Schluß. Nur noch ein paar Gedanken. Um der Realität möglichst nahe zu kommen, muß man denken wie ein Raytracing-Programm. Unter Wasser z.B. sollte alles im Hintergrund „Schwimmende“ recht blaß und dunstig aussehen, die Dinge im Mittelpunkt dürfen wieder klar sein, und spekulativ könnte man mal nachdenken, ob Objekte im unmittelbaren Vordergrund nicht schon wieder etwas „verschmiert“ sein könnten? So sieht es ja auch bei fokussierten Fotos aus.
Übrigens kann man auch sehr leicht Schatten erzeugen, ähnlich wie bei den „Hai-Lichtreflexen“, nur, daß man auf „Subtraktion zum Hintergrund" der Pinselfarbe stellt.
So, so, ich hoffe, Ihr habt jetzt Lust, auch ein wenigzu zeichnen, ich mache jedenfalls gleich weiter. Das nächste Mal gibt’s dann wirklich tonnenweise News, und wir erfahren, ob unser Bild Anklang fand (hihi). Schnelle Grüße an Silli, Anke, Alex, Svenja, Gesa und besonders Janosch (wegen des Zuspruches).
Ciao, euer A.-t- of Cream