Seit drei Monaten habe ich an dieser Stelle von MiNT 1.11 gesprochen. Nun ist es endlich soweit: Eric Smith hat sich lange genug von der Jaguar-Entwicklung freimachen können, um eine Beta-Version des neuen Releases fertigzumachen. Mit einer Freigabe der endgültigen Version wurde zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses sehr bald" gerechnet.
Die vielleicht wichtigste Änderung ist nicht technischer, sondern lizenzrechtlicher Natur. Bislang war es so, daß die Weitergabe von MiNT nur in Quelltextform gestattet war. Dadurch sollte dafür gesorgt werden, daß diese Versionen nur von Leuten benutzt werden, die der Bedienung eines C-Compilers mächtig sind. Offizielle" Releases sollte es eigentlich immer im Rahmen von MultiTOS geben.
Tatsächlich geschah folgendes: in Sunnyvale hat kaum noch jemand Zeit, sich um die Computerlinie und damit MultiTOS zu kümmern. Wichtige Bugfixes und Erweiterungen, die seit der letzten mit MultiTOS ausgelieferten MiNT-Version vorgenommen worden sind, kamen damit nur einer relativ kleinen Schar von Kernel-Experten zugute.
MiNT 1.11 hingegen darf auch in binärer Form weitergegeben werden. Damit haben die Software-Häuser die Möglichkeit, bei ihren Programmen die aktuelle MiNT-Version mitzuliefern, falls die letzte von ATARI verteilte nicht den notwendigen Anforderungen entspricht (siehe zum Beispiel Inkompatibilitäten in der Dateisystemhandhabung oder Einbindung von MiNT-Net).
Und hier eine kurze Übersicht über die Änderungen seit Version 1.09 (1.10 war ja nur als diffs" zu Version 1.09 veröffentlicht worden):.
Zusätzlich gab es natürlich jede Menge Optimierungen und Fehlerkorrekturen. So schön es ist, daß an MiNT weitergearbeitet wird: man muß sich darüber im klaren sein, daß dies vollständig auf dem Fleiß der in der Internet-MiNT-Liste aktiven Programmierer beruht. Ähnliche Effekte wird es beim AES wohl nicht geben, da die Quelltexte eben nicht verfügbar sind.
Passend zu MiNT 1.11 gibt es das erste Release meiner Sammlung von MiNT-Tools: chgrp (Setzen von Gruppenkennungen), chown (Setzen von Benutzerkennungen), fsinfo (Ausgabe von dateisystemspezifi-schen Informationen), id (Ausgabe der Benutzer- und Grup-penkennung), kill (Signale an Prozesse schicken), leave (Alarmzeit setzen), In (hartebzw. symbolische Links setzen), lo-gname (Benutzernamen anzeigen), newgrp (Shell unter neuer Gruppenkennung starten), nice (Prozess mit modifizierter Priorität starten),;« (Prozeßstatus anzeigen), renice (Priorität eines laufenden Prozesses ändern), su (Shell unter anderer Benutzerkennung starten), tty (Name des TTYs ausgeben) und uptime [Systemauslastung ausgeben; benutzt die neue MiNT-Funktion Suptime ()"].
ps" (siehe Abbildung 1) ist übrigens das einzige mir bekannte Prozeßanzeigeprogramm, das wirklich fast alle von MiNT bereitgestellten Informationen anzeigen kann und dabei weitest-gehend POSIX- und System-V-konform ist (BSD-Optionen werden teilweise unterstützt). Die MiNT-Tools gibt es als MINT TL01.TOS" in gut sortierten Mailboxen [wie der Maus MS2, oder der ST-Computer-Redaktions-Mailbox ] und FTP-Servern (ftp.uni-muenster.de, pub/atari/Gemini), sie sind Giftware" (wer sie benutzt und Updates erleben will, möge spenden).
Auch bei Gemini geht es voran: im Konsolenfenster des alternativen Desktops können nun - kompatibel zu ATARIs MINI-WIN" - verschiedene Textattribute benutzt werden. Damit erhält zum Beispiel less" die Möglichkeit, bei Manual-Pages an den richtigen Stellen Unterstreichungen und Fettschrift zu benutzen (siehe Abbildung 2). Zur Abfrage, welche Steuersequenzen was bewirken, benutzt man am besten eine TERMC AP-Library. Mehr dazu in einer der nächsten Ausgaben.