OKI Microline 590 - Schlauberger

Totgesagte leben bekanntlich länger. Die Gültigkeit dieser Weisheit wird unter anderem durch das Schicksal der Nadeldrucktechnik bewiesen. Daß dabei auch noch technischer Fortschritt geschrieben wird, beweist OKIs jüngstes nadeliges Produkt, der Microline 590.

Hauptargument des neuen 24-Nadlers ist sein neuartiger, "intelligenter" Druckkopf. Der stellt seinen Abstand zum Papier nämlich selbständig ein, so daß dem Drucker der entsprechende Hebel fehlt. Die Firma OKI hat nämlich die Durchschlagkraft des Nadeldrucks als dessen letzte Domäne (zumindest im geschäftlichen Anwendungsbereich) ausgemacht und sich folgerichtig mit den Problemen der betroffenen Anwendergruppe beschäftigt. Herausgekommen ist dabei, daß der Wechsel vom Durchschlagpapier auf dünnere Materialien besonders lästig ist, da der Kopfabstand manuell verändert werden muß. Doch dazu später mehr.

Ausgepackt

Besonders auffällig ist beim ersten Griff in den Karton das geringe Gewicht des Druckers. Fast vollständig aus Kunststoff gefertigt, ist der neue Microline ein wahres Wunderwerk japanischen Produktdesigns. Keine unnötige Schraube, kein überflüssiges Gramm Material kann bei diesem Drucker die Herstellungskosten in die Höhe treiben. Aus einer verschwindend geringen Menge an Einzelteilen wird das Gerät im schottischen OKI-Werk mehr zusammengesteckt denn geschraubt.

Serienmäßig beim ML590 ist die dreifache Papierzuführung: Von unten, von hinten und von oben darf das Druckgut in die Maschine geführt werden. Für die Zuführung durch den Schlitz im Druckerboden muß allerdings der zukaufbare Zugtraktor installiert werden. Auch fürs Einzelblatt kann man zusätzliches Geld ausgeben. Dann nämlich, wenn der Drucker es sich selbst aus einem speziellen Magazin holen soll. Für wirklich "einzelne"" Blätter reicht die serienmäßige Rutsche mit ihren großen Führungen vollkommen aus. Verspürt das Gerät in dieser Gangart, daß ein neues Blatt eingelegt wurde, zieht es automatisch ein. Zwischen Einzelblatt und Endlosdruck kann mittels Papier-Park-Funktion sehr einfach gewechselt werden.

Selbstsicher

Nicht nur der Kopf des ML590 besticht durch seine Schlauheit. Auch in der Mechanik des neuen OKI sind schlaue Ideen verwirklicht. So finden sich z.B. Rollen zur Führung des Papiers oberhalb des Druckkopfes. Sie führen das Papier auch dann, wenn gerade die letzten Zeilen bedruckt werden. Stellt man für die Ränder geringstmögliche Werte ein. so bedruckt unser Kandidat 69 Zeilen auf einem Norm-DIN-A4-Blatt. Und mehr passen einfach nicht drauf.

Dafür, daß die Blätter auch immer richtig eingefädelt werden, sorgt die asymmetrische Form der oberen Papierführung. Dem endlosen Druckgut hilft sogar ein zusätzlicher Hebel, der während des Papierladens vor die Walze fährt. Der Druckkopf schiebt ihn aus einer Ruheposition und zurück. Das alles ist auf dem Foto des Innenlebens gut zu erkennen.

All die Walzen und Führungen versperren trotzdem nicht den Blick aufs wesentliche, auf den Ausdruck nämlich, da sie aus transparentem Kunstoff sind.

Wie macht der das?

Wie macht er das denn nun mildem "intelligenten" Druckkopf? Nun, wenn man sein Treiben beobachtet, fällt auf, daß der Drucker nach jedem Wechsel der Papiersorte zunächst mal die erste Zeile sehr vorsichtig und langsam druckt. Dabei ertasten die Nadeln die Stärke des Papiers, und der Druckkopfabstand wird entsprechend nachgeregelt. Denn, wer häufig mehrlagige Durchschlagsätze bedruckt, kennt das Problem: Man vergißt doch ständig, den Kopfabstand entsprechend einzustellen. Ist er zu gering, droht der Papiersalat, ist er zu groß, ist der Ausdruck viel zu blaß. Dem setzt der ML 590 ein deutliches "Nun nicht mehr!" entgegen.

Nicht nur das: Auch die Druckgeschwindigkeit wird bei stärkeren Materialien gesenkt. So schafft der Drucker mühelos 1 Original und 4 Durchschläge mit Mehrfachsätzen, die Druckzeit erhöht sich aber auf das 1,5fache.

Auch bei der Vorschubgeschwindigkeit des Papiers denkt der OKI mit. Kurze Zeilenvorschübe werden sehr schnell durchgeführt, lange Vorschübe hingegen zum Ende hin langsamer. An Stellen, an denen der sauberen Papierführung Gefahr droht, wie z.B. am Beginn eines neuen Blattes oder am Ende eines Einzelblattes, senkt der ML 590 die Geschwindigkeit des Zeilen Vorschubes ebenfalls.

Auch die Bewegung des Druckkopfes in horizontaler Richtung ist abhängig von dem, was gerade gedruckt wird. Sind es z.B. Leerzeichen oder Tabulatorvorschübe? Dann erhöht der Drucker die Geschwindigkeit, fährt also im "Eilgang" auf die nächste Druckposition.

Wohl geformte Kunststoff-Mechanik beherrscht das Innenleben des MC 590

Summa summarum

Diese ganze Reihe von schlauen Verbesserungen hat für einen ganz gewaltigen Performance-Schub gesorgt : Der OKI ML 590 gehört zu den schnellsten seiner Klasse. Beim Druck von Text sind wir das von OKI bereits gewohnt, aber nun gilt das auch für die Grafik. Er zieht lässig mit den schnellsten Grafikern unter den Nadeldruckern, den NEC P6plus, P60 und P62, mit.

Druckt man lange Listen, für die auch die Draft-Qualität reicht, erreicht man mit dem neuen OKI wahrhafte Spitzenwerte. 17 Seiten in weniger als drei Minuten und dabei noch in einer sehr gut lesbaren Draft-Qualität. Das ist enorm.

Probleme?

Automatikfunktionen können hilfreich sein, doch häufig hat der Mensch einfach ein besseres Gefühl als die Technik selbst. Und so können denn der Kopfeinstellung Grenzen gesetzt werden. Man kann im sehr komfortablen Set-Up den Druckkopf generell näher ans Papier fahren, um das Altern des Farbbandes auszugleichen. Auch ein fester Abstand läßt sich einstellen, wodurch das zaghafte Abtasten des Papiers vordem Druckbeginn entfällt. Text im Grafikmodus, wie er bei den gängigen ATARI-Textverarbeitungen praktisch vorherrscht, bereitet keine Schwierigkeiten. Die Druckgeschwindigkeit mit Programmen wie Cypress, papyrus, Script oder Tempus Word ist auch in der allerhöchsten Auflösung von 360 x 360 DPI als sehr flink zu bezeichnen.

Lediglich bei sehr dichten 360-DPI-Bildern, die eine hohe Datenmenge pro Zeile beinhalten, geht die Geschwindigkeit deutlich in die Knie. Da beginnt der ML 590, viermal über die Zeilen zu fahren. Allerdings: Solche Bilder sollten ohnehin mit geringerer Auflösung gedruckt werden, denn sie sind fast schwarz und das Papier wellt stark.

Am Rechner...

... hatten wir keine Schwierigkeiten mit dem OKI 590. An gängiger Software gibt es mit einem OKI-, Epson- oder Brother-Treiber keine Probleme. Per Zufall stellten wir einen weiteren schlauen Zug des neuen OKI fest: Er versteht nicht nur Epson-Codes, sondern ließ sich auch überall mit NEC-P6-Treibern betreiben. Er interpretiert die NEC-spezifischen Kommandos (FS... statt ESC...) richtig, obwohl diese Fähigkeit nicht dokumentiert ist.

Sehr freundliche Eigenschaften sind wir von der Bedienung der OKI-Drucker regelrecht gewohnt. Trotzdem verdienen sie Erwähnung, da sich kaum ein anderer Hersteller daran ein Beispiel genommen hat. So lassen sich Park- und Vorschubfunktionen ohne umständliches Off-Line-Schalten auslösen, genau wie das Set-Up-Menü. Fehlendes Papier wird mit Blinken eines Lämpchens und nicht etwa durch nervtötendes Gepiepse angezeigt.

Allerdings traktiert der sonst so freundliche Drucker die Ohren der im Raume Anwesenden ziemlich heftig. Da zeigt sich die Schattenseite der Material sparenden Konstruktion: Das dünne Kunstoffgehäuse verschafft ihm akustisch weniger Pluspunkte.

Schriftprobe des Oki Microline 590

Auf ein Wort

Mit dem OKI Microline 590 erwerben Sie einen Drucker, der dem Stand der Technik entspricht. Seine Anbindung an Software ist vollkommen problemlos, noch nicht einmal ans Papier braucht man ihn anzupassen. Geschwindigkeit und Druckqualität sind hervorragend, die Durchschlagkraft, die er selbsttätig erhöht, unterstreicht die letzte Bastion des Nadeldrucks.

Allerdings hat alles seinen Preis. An Lärmemissionen spart er nicht, und der empfohlene Preis von 1.800 DM wird dafür sorgen, daß man ihn selten unter 1.200 DM angeboten bekommen wird. Abgesehen von professionellen Anwendungen, die auf eben die Nadel technik angewiesen sind, wird sich mancher überlegen, ob er noch bereit ist, soviel Geld für einen Nadeldrucker auszugeben.

IB

Hersteller: Oki

Empfohlene Preise U.

Drucker schmal: 1798 DM / breit: 2348 DM

Einzelblatteinzug. automatisch: 448 DM / 560 DM

Zugtraktor: 100 DM/221 DM

Nachrüstbare Farboption: 181 DM

Farbband schwarz: 29 DM/farbig: 94 DM

OKI Microline 590

Positiv:

sehr gute Druckergebnisse
robustes Druckwerk
sehr schnell (auch im Grafikdruck)

Negativ:

recht lautes Druckgeräusch
hoher Preis

Drucker Text Draft-Endlos Text LQ-Endlos Text LQ-Einzel Text Brief Grafik Brief 180 Grafik Brief 360 Grafik ST-Hardcopy Grafik S/W-Bild Grafik Farbbild Kopfbeschleun. Kopien
OKI Microline 590 00:06/02:56 00:06 / 07:00 - 00:25 00:25 00:45 00:06/00:09 03:20 - 38% 1+4


Aus: ST-Computer 09 / 1993, Seite 16

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