Chiptuning: TOS 2.06 im 1040 STE

Seit November 1991 ist TOS 2.06 erhältlich, das sowohl auf einem ST als auch auf einem STE lauffähig ist. Angeblich soll man dieses TOS, das mehr Komfort bietet, direkt in einen 1040 STE einsetzen können, doch leider ist es anscheinend bei einigen (oder vielen?) 1040 STE mit einfachem Einstecken der neuen TOS 2.06-EPROMs nicht getan.

Diese Erfahrung mußte ich jedenfalls machen, als ich den 1040 STE eines Bekannten mit den TOS 2.06-Chips ausrüsten wollte, die er sich gekauft hatte. Die alten TOS 1.06-Chips hatten zwar weniger Pins, da aber auf der Platine passende Sockel vorhanden waren und die Pin-Belegung der Stromversorgung stimmte, baute ich die Chips einfach ein und startete den Computer. Der Bildschirm und die Floppy-LED blieben aber wie erwartet dunkel, und es tat sich nichts. Sobald ich wieder TOS 2.06 einsetzte, lief alles wie vorher. Da die TOS 2.06-EPROMs in meiner TOS Extension Card (für normale STs) funktionierten, also nicht kaputt waren bzw. von mir kaputt gemacht worden waren, forschte ich nach den Grund, warum sie ihren Dienst im STE verweigerten, und fand ihn auch bald.

Problem(lösung)

Das Problem liegt darin, daß TOS 2.06 auf EPROM-Chips (Typ 27010,32 Pins) ausgeliefert wird, während für TOS 1.06 ROM-Chips verwendet werden. Diese haben vier Pins weniger, die Adreßleitung A16 wird an einem anderen Pin erwartet, und das Signal /0E ist überhaupt nicht vorhanden. Der Inhalt der EPROMs kann also gar nicht ausgelesen werden, deshalb nimmt der Computer seine Arbeit nicht auf (kein Betriebssystem). Da aber 32polige Sockel vorhanden waren, versuchte ich, eine Lösung zu finden, ohne viel Aufwand doch noch TOS 2.06 zum Laufen zu bringen.

Die Pin-Belegung der Sockel stimmt, wie bereits oben gesagt, im Originalzustand bis auf A16 und /OE mit der der EPROMs überein. Al6 liegt nicht an Pin 2, sondern an Pin 24 an, wo /0E liegen müßte, das komplett weggelassen wurde, weil es sowieso nur mit Masse verbunden sein müßte. Dadurch, daß A16 an den Platz von /0E gelegt wurde, benötigt der ROM-Chip nur 28 statt 32 Pins, um alle nötigen Signale zu erhalten. Um nun EPROMs einbauen zu können, müßte also das Adreßsignal von Pin 24 auf Pin 2 verlegt und Pin 24 mit Masse verbunden werden. Man könnte hingehen und für diese Änderung ein paar Leiterbahnen durchtrennen und anders verbinden, aber es geht noch eleganter und einfacher.

Ataris Layout-Abteilung hat nämlich ein paar Lötbrücken spendiert, die es erlauben, diese Signale im Prinzip durch einfaches Umlöten zweier Nullohm-Widerstände (werden anstelle von Draht benutzt, weil die Bestückungsmaschinen damit besser zurechtkommen) an die entsprechenden Pins anzulegen, so daß EPROMs eingesetzt werden können und TOS 2.06 lauffähig wird (so was ähnliches gab’s schon mal in [1]).

Vor dem Umbau

Bevor Sie loslaufen, um die TOS-Chips zu kaufen, lesen Sie bitte diesen Artikel zuende und denken daran, daß Sie durch den Umbau alle Gewährleistungs- und Garantieansprüche verlieren und der Umbau auf eigene Gefahr geschieht. Weder ich noch die Zeitschrift ST Computer haften für den Fall, daß Ihr Computer nach dem Umbau funktionsuntüchtig ist, weil dabei etwas kaputt gemacht wurde. Falls Sie den Umbau dann noch durchführen wollen, schauen Sie bitte zuerst in Ihrem Computer nach, ob auch alles so ist, wie ich es hier beschrieben habe. Da Atari zumindest bei den ST-Serien mehrfach die Platinen-Layouts geändert hat, kann ich das für die STE-Serie nicht ausschließen. Dabei könnten zum Beispiel die Lötbrücken weggefallen/umbenannt oder die Sockel auf 28 Pins reduziert worden sein, was den Umbau zwar erschweren, aber für etwas geübte Bastler nicht unmöglich machen würde. Sollte alles wie beschrieben vorhanden sein, können Sie den Umbau ohne Änderungen durchführen, ansonsten lesen Sie noch den Abschnitt „Umbauhindernisse“.

Außerdem gibt es eine kleine Unsicherheit, was die Kennzeichnung der neuen Chips angeht. Als einziges Unterscheidungsmerkmal für LOW und HIGH (wichtig beim Einbau, siehe unten) ist mir die Bezeichnung ,E0‘ und ,EE‘ aufgefallen, wobei E0 für LOW und EE für HIGH steht. Daher kann es sein, daß der Computer nach dem Einbau nur deswegen nicht funktioniert, weil die beiden Chips in den falschen Sockeln stecken und nur getauscht werden müßten. Im Zweifelsfall bzw. wenn diese Bezeichnung fehlt, kann man allerdings probieren, man macht nichts kaputt, solange man die Chips richtig herum in den Sockel steckt (Kerbe des Chips normalerweise deckungsgleich mit Kerbe des Sockels), sonst kann man sie meistens weg werfen.

Der Umbau

Sorgen Sie für eine saubere Arbeitsfläche, auf der man bequem arbeiten kann, und für einen brauchbaren Lötkolben (oder Lötstation). Ferner sollte ein Gefäß für die Schrauben und andere Kleinteile bereitstehen, damit nichts herumrollt und verlorengehen kann. Noch zwei Hinweise: Passen Sie während des ganzen Umbaus auf, daß die Platine nicht stark gebogen oder belastet wird, da sonst Haarrisse (feine Unterbrechungen der Leiterbahnen) entstehen, die den Computer funktionsunfähig machen können und schwer zu finden sind (wenn überhaupt).

Anordnung der Lötbrücken

Als zweites sollten Sie mit dem Netzteil vorsichtig umgehen. Auch wenn es von der Stromversorgung getrennt ist, kann es noch gefährliche Spannungen führen. Fassen Sie also NIEMALS Bauteile usw. an, sondern halten Sie es nur am Blech fest. Falls Sie keine Diskette haben, von der man testweise booten kann, machen Sie sich noch eine zurecht, bevor Sie den Computer von der Stromversorgung trennen und auseinandernehmen. Er muß soweit zerlegt werden, daß die Platine alleine liegt (Tip: Um das untere Abschirmblech der Platine abnehmen zu können, müssen die kleinen Mutterschrauben an den Sub-D-Buchsen abgeschraubt werden).

Wenn Sie die Platine alleine vor sich liegen haben, werden Sie (hoffentlich) feststellen, daß die ROM-Chips in 32poligen Sockeln stecken (auf der Platinenseite, wo die Floppy montiert war, über dem Tastaturanschluß). Rechts neben den ROMs befinden sich die Lötbrücken W102, W103 und W104 (siehe Bild 1). Falls es jemand wundert, warum an den Brücken die Adreßleitungen immer eine Nummer größer sind: Die Adreßleitungen der Sockel sind direkt mit denen des Prozessors verbunden. Allerdings hat dieser keine Adreßleitung A0, so daß seine Al mit der A0 des Sockels, seine A2 mit der A1 des Sockels usw. verbunden ist. Zurück zu den Lötbrücken: Nur W102 und W104 sind für uns interessant, W103 darf nicht verändert werden. Mit ihr könnte man anstatt des Adreßsignals A15 (A16 CPU) die Betriebsspannung 5V an Pin 3 der Sockel legen. A15 wird aber zum Adressieren des Chipinhalts benötigt, daher ist mir der Sinn dieser Brücke schleierhaft.

Löten Sie die beiden Widerstände, die jeweils das rechte und das mittlere Lötloch miteinander verbinden, aus. Jetzt haben Sie zwei Möglichkeiten: Wenn Sie nur noch mit EPROMs arbeiten wollen, könnten Sie die Widerstände wieder zwischen dem linken und dem mittleren Lötloch einsetzen. Die bessere Alternative ist es aber, dreipolige Pfostenstifte (sehen etwa so aus wie der Tastaturanschluß auf der Platine) einzulöten, und dann per Jumper (kleine Dinger, mit denen man zwischen jeweils zwei Pins Kontakt herstellen kann) zu wählen, ob ROMs (beide Jumper mitte-rechts) oder EPROMs (beide Jumper mitte-links) eingesteckt sind. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß relativ schnell die Chiptypen getauscht werden können.

Zur Sicherheit sollten Sie danach überprüfen, ob beim Löten Zinnspritzer auf die Platine gefallen sind, die Kurzschlüsse erzeugen könnten, und wenn ja, diese entfernen. Markieren Sie die ROMs (Aufkleber u.ä.), damit Sie später noch wissen, in welchem Sockel welcher ROM-Chip gesteckt hat, hebeln Sie sie dann mit einem kleinen Schraubenzieher aus den Sockeln und setzen Sie die EPROMs ein. Normalerweise zeigen die Kerben der Chips zu den Lötbrücken, und dort sind auch die vier freien Pins. Sollte das bei Ihrem Computer gerade andersherum sein, müssen Sie natürlich dann auch die EPROMs andersherum einstecken. Beim Einsetzen der EPROMs muß man beachten, daß das EPROM EE in den Hl-Sockel (obere Fassung) und das EPROM E0 in den LO-Sockel (untere Fassung) gesteckt wird. Die Kerbe des EPROMs muß mit der des Sockels übereinstimmen, der Sockel ist jetzt komplett belegt.

Bauen Sie nun Ihren Computer für einen Testlauf, also noch nicht komplett, zusammen, schließen Sie nur Netzteil, Floppy, Tastatur und Monitor an. Die Platine sollte entweder auf Papier liegen oder wieder mit dem unteren Abschirmblech versehen werden (noch nicht festschrauben), damit der Untergrund keine Kurzschlüsse erzeugen kann. Schalten Sie den Monitor ein und legen Sie die Diskette ins Laufwerk. Der Computer sollte jetzt über eine Steckdosenleiste mit Schalter o.ä. ein- und ausgeschaltet werden (Gefahr am offenen Netzteil). Betätigen Sie nach dem Einschalten in kurzen Abständen die Leertaste. Wenn Sie den Tastenklick hören (Monitorlautstärke aufdrehen) und das Atarizeichen erscheint, ist erstmal alles in Ordnung. Der RAM-Test und die Warteschleife können mit einem Tastendruck abgebrochen werden, so daß der Computer sofort zu booten anfängt. Wenn er bis zum Desktop kommt, können Sie ihn wieder zusammenbauen.

Sollte sich aber nichts tun (Bildschirm bleibt dunkel, Laufwerk bootet nicht us w.), oder es erscheint eine Fehlermeldung, schalten Sie sofort alles aus, warten etwas (wegen der Spannung am Netzteil) und überprüfen Sie nochmal den Sitz aller Steckverbindungen, der EPROMs und eventuell die anderen gesockelten Chips auf der Platine (könnten locker sitzen, festdrücken). Sollte der Rechner danach immer noch nicht funktionieren, tauschen Sie die beiden EPROMs gegeneinander aus (das oben genannte Problem mit der Kennzeichnung) und versuchen es nochmal. Funktioniert er jetzt, können Sie ihn zusammenbauen, andernfalls testen Sie ihn mal mit TOS 1.06 (Brücken ändern, daher sind Pfostenstifte mit Jumpern vorteilhaft). Funktioniert er dann, sind vermutlich die TOS 2.06-EPROMs defekt.

Umbauhindernisse

Nur für den Fall, daß der 1040er einer Leserin/eines Lesers über ein anderes Platinen-Layout verfügt als der von mir umgebaute, will ich hier einige Hilfeansätze geben, damit der Computer doch noch umgerüstet werden kann. Alle Hindernisse sind aber theoretischer Natur, stammen aus meinen Erfahrungen mit der ST-Reihe und müssen deshalb nicht unbedingt beim STE vorkommen. Falls Sie unlösbare Probleme haben, können Sie mit mir Kontakt aufnehmen (Telefon und Adresse weiter unten), ich will versuchen, Ihnen weiterzuhelfen.

Wenn TOS 1.06 auf 32poligen Chips vorhanden sein sollte, kann es sein, daß Sie einfach nur die Chips wechseln müssen. Dabei müssen Sie nur die Einsteckrichtung der Kerbe beachten und die entsprechenden Chips in die Sockel stecken (Chip E0 in L0, Chip EE in HI). Falls es nicht klappt, erstmal die Chips gegeneinander austauschen.

Sollten die Lötbrücken W102 und W104 nicht vorhanden sein, suchen Sie andere Lötbrücken auf der Platine. Falls Sie fündig werden, messen Sie mit einem Durchgangsprüfer, ob der jeweils mittlere Pin der Brücke mit Pin 2 oder Pin 24 der Sockel Verbindung hat. Wenn ja, haben Sie die entsprechenden Lötbrücken gefunden. Die Brücke mit Verbindung zu Pin 24 entspricht W102, die andere mit Verbindung zu Pin 2 W104.

Wenn allerdings keine entsprechenden Lötbrücken vorhanden sind, wird man entweder doch auf der Platine Leiterbahnen durchtrennen und anders verbinden oder sich zwei Adaptersockel bauen müssen. Auch falls nur noch 28polige Sockel vorhanden sein sollten, wären Adaptersockel die einzige Möglichkeit.

Der Adaptersockel paßt die Signale so an, daß man EPROMs einsetzen kann. Der Bau wurde zwar schon einmal in [2] gezeigt, allerdings ist diese Variante zu hoch, da über den Sockeln noch die Floppy platziert ist. Um sich passende Sockel zu bauen, benötigen Sie zwei 32polige Sockel, an denen die Pins 1, 2, 24, 31 und 32 gekürzt werden. Pin 1, 32 und 31 werden mit Pin 30 (5 Volt) und Pin 24 mit Pin 16 (Masse) verbunden (daran denken, daß diese Sockel in die der Platine eingesteckt werden). Dann muß an Pin 2 ein Draht angelötet werden, den man später in den Pin des Platinensockels steckt, der sich unter dem Pin 24 befindet. Diese Sockel werden auf die der Platine so aufgesetzt, daß ihre Kerben alle in eine Richtung zeigen. Bei 28poligen Platinensockeln ragen die neuen Sockel auf der Seite mit der Kerbe über (also 1,2,31 und 32 hängen in der Luft). Die Drähte werden eingesteckt und die Sockel festgedrückt. Danach sollte man sicherstellen (durchmessen), daß zwischen Pin 2 und Pin 24 kein Kontakt besteht.

Literatur:

[1] ST Computer 1/90, Patch As Patch Cart

[2] ST Computer 6/90, TOS, TOS Hurra

[3] ST EXTRA 3, EPROM-Grundlagen


Harald Simon
Aus: ST-Computer 09 / 1992, Seite 130

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