Pauken mit dem Computer: Vokabeltrainer im Test

Als vor einigen Jahren der Computer als Lernwerkzeug entdeckt wurde, geisterten Schlagzeilen durch alle Medien. Als wundervollbringende, wisseneinflößende Lernsysteme wurden die ersten Vokabel-Lernprogramme angepriesen. Das dem nicht so ist, wissen wohl mittlerweile alle, die schon einmal an einer Computertastatur gearbeitet haben. Als unterstützendes und hilfreiches Medium auch in Sachen Lernen hat sich der Computer aber durchaus schon einen Namen gemacht.

Alles steht und fällt natürlich mit der Software. Ganze wissenschaftliche Abhandlungen über Lernprinzipien wurden auf Computern umzusetzen versucht. Viel mehr als das übliche Auswendiglernen kam dabei allerdings nicht heraus. Gerade dafür lohnt es sich aber schon, das eine oder andere Programm einmal näher zu betrachten. Neuerdings wird auch versucht, der Grammatik per Computer auf den Leib zu rücken.

Das dies durchaus geht (wenn auch noch recht holprig), soll unser Test zeigen.

Für den Praxistest von Lernprogrammen haben wir uns zunächst der englischen Sprache zugewandt. Dies wird zweifellos auch die am meisten verbreitete Anwendung von Lernprogrammen sein. Natürlich gibt es auch Exoten, mit denen man Geographie, Musik, Mathematik usw. lernen können soll. Solange aber Computer noch nicht intelligent, im Sinne des menschlichen Denkens, sind (vielleicht werden sie das auch niemals sein?), wird es in der Hauptanwendung sicherlich beim etwas stupiden „Vokabel-Pauken“ bleiben.

Zum Test standen uns folgende Produkte zur Verfügung:

TKC-Trainer
Vokav plus 2.0
KLV-Exercise plus
The Grammar-Master

Einige dieser Programme sind schon etwas älteren Datums, wir haben uns aber jeweils erkundigt und in Erfahrung gebracht, daß diese Produkte noch immer so erhältlich sind und es seit dem Erscheinungstermin keine weiteren Updates gegeben hat. Des weiteren müssen wir darauf hinweisen, daß dieser Praxistest keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit in Bezug auf die am Markt befindlichen Produkte erhebt. Wir haben lediglich einige herausstechende Programme ausgesucht.

TKC-Trainer

Der Abfragemodus ist einfach, die Buttons aber nur per Maus bedienbar.

Als typischer Vertreter des Karteikastenprinzips lag uns der TKC-Trainer vor. Die Methode, mit kleinen Kärtchen und Karteikästen Vokabeln zu lernen, ist schon recht alt und wurde hier optisch verständlich (wenn auch etwas nüchtern) umgesetzt. Das Programm von TKC besitzt eine grafische Oberfläche, die sich weitgehend an die GEM-Konventionen hält. Menüleiste und Desktop-Icons sind übersichtlich gestaltet und wirken nicht überladen. Der Zugriff auf Accessories ist möglich, wie es bei jedem GEM-Programm auch sein sollte. Leider arbeitet der TKC-Trainer nicht mit GEM-Fenstern, sondern kommuniziert ausschließlich über Dialogboxen mit dem Benutzer. Zudem sind die Dialogboxen nicht über Tastatur bedienbar, so daß eine Lernphase sehr schnell in wilde Mausklickerei ausarten kann. Nicht mal die üblichen „OK“-Buttons lassen sich per Return-Taste betätigen. Dies hemmt eine flüssige Bedienung durch den Benutzer und schränkt, wegen des Verzichtes auf GEM-Fenster, die Verwendung des Programmes beispielsweise unter dem Multitasking-Betriebssystem MultiGEM stark ein. In Anbetracht der recht alten Version des TKC-Trainers (sie wurde seit dem 25.01.1988 nicht mehr weiterentwickelt) ist es aber immerhin bemerkenswert, daß das Programm unter allen Bildschirmauflösungen (ab 640x200 Pixel bzw. mittlere ST-Auflösung) und sogar auf dem ATARI-TT einwandfrei arbeitet. Nur an Festplattenbenutzer, die mehr als 4 Partitionen eingerichtet haben, hat man nicht gedacht. Die Fragenkataloge lassen sich nur über die Laufwerke A: bis F: laden und speichern. Im Zeitalter der 100-MB-Festplatten ist dies eine krasse Einschränkung.

Ans Werk...

Dem Anwender stehen insgesamt fünf Karteikästen zur Verfügung, durch die alle Fragen wandern müssen. TKC liefert zu dem Trainer drei Fragenkataloge mit. Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch und eine Datei mit Mathematikaufgaben. Letztere beschränkt sich aber auf die vier Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, ist also allenfalls für Grundschüler geeignet. Sie soll uns hier nicht weiter interessieren. Nach dem Laden eines Fragenkataloges befinden sich zunächst alle Vokabeln im ersten Karteikasten. Der Abfragemodus ist sehr einfach gehalten. Das Programm gibt eine oder mehrere sinnverwandte Vokabeln vor, und der Benutzer muß die entsprechende Übersetzung im Klartext eintippen. Tippfehler wirken sich dabei natürlich fatal aus. Auch auf Groß- und Kleinschreibung muß geachtet werden. Wurde eine Frage korrekt beantwortet, wandert sie in den nächsten Karteikasten, bis sie irgendwann im fünften und letzten Kasten landet. Sind alle Frage bis zum fünften Kasten vorgedrungen, kann man davon ausgehen, daß das gewünschte Lernziel erreicht ist. Bei der Auswahl der Fragen kann man bestimmte Karteikästen aus- bzw. einschalten. Will man zum Beispiel nur die Fragen lernen, die noch nie richtig beantwortet wurden, schaltet man die Kästen zwei bis fünf einfach ab. So bekommt man nur die Fragen des ersten Kastens präsentiert, bis dieser leer ist. Die Reihenfolge der Vokabeln ist normalerweise alphabetisch. Es läßt sich aber ein Zufallsgenerator einschalten, der die Fragen zufällig aus der Datenbank abruft. Noch ein Wort zum Handbuch. Das satte 21 Seiten umfassende Werk hat den Namen Handbuch sicher nicht verdient, reicht aber aus, um einen groben Einblick in die Bedienung des Programmes zu gewinnen. Für den ATARI-Neuling wird es allerdings mehr Verwirrung stiften als hilfreich sein.

Endwertung per Schulnote spornt an, oder?

Do it yourself

Die Vokabel-Datenbank, die TKC mitliefert birst nicht gerade vor Fülle auseinander. Eine Erweiterung bleibt daher nicht aus. Auch dies ist mit dem TKC-Trainer machbar. Es können quasi beliebig viele neue Vokabeln und deren Umschreibungen hinzugefügt werden. Wer will, kann sogar verschiedene Datenbanken zusammenfügen und somit zum Beispiel Vokabeln mehrerer Sprachen gleichzeitig lernen oder zwischendurch mal ein paar Geographie-Fragen präsentiert bekommen. Gut, sinnvoll ist das vielleicht nicht unbedingt, aber die Möglichkeit dazu besteht. Nach Beendigung eines Lernabschnittes (oder wenn man einfach keine Lust mehr hat) sollte man die Vokabel-Datei speichern, auch wenn sie nicht erweitert wurde. In der Datei sind nämlich auch die Informationen enthalten, wie sich die Vokabeln auf die Kästen verteilt haben. Man will ja beim nächsten Mal nicht wieder von vorn anfangen. Mit diesem Verfahren ist es sogar machbar, daß verschiedene Personen auf dem gleichen Rechner mit dem Programm arbeiten, wobei jeder seine eigene Datei benutzt und so unabhängig vom anderen seine Lernerfolge ausleben kann. Am Ende einer Lernsitzung bekommt der Anwender sein persönliches Ergebnis in Form einer Schulnote mitgeteilt. Die Wertigkeit geht dabei von eins bis sechs, wobei der Anwender die Zuordnung der Noten variieren kann. Er kann also einstellen, ab wieviel Prozent richtiger Antworten er beispielsweise die Note 4 (ausreichend) erhalten soll. Das fordert natürlich zum Mißbrauch heraus, denn man könnte es ja auch so einstellen, daß selbst bei 0 Prozent richtiger Antworten die Note 1 (sehr gut) erscheint.

Umständlich, aber brauchbar

Der etwas betagte TKC-Trainer ist in Grundzügen durchaus brauchbar. Lediglich die Bedienung sollte unbedingt eine Überarbeitung erfahren. Heutzutage ist es einfach nicht mehr Stand der Dinge, wenn lediglich vier Festplattenpartitionen unterstützt werden, oder die Benutzung zur Mausakrobatik mutiert. Uns ist unverständlich, warum an diesem Programm über drei Jahre lang nicht weitergearbeitet wurde. Das offene Dateikonzept macht den TKC-Trainer jedoch universal einsetzbar, nicht nur zum Vokabel-Lernen, sondern auch in allen anderen Wissensgebieten. Überraschend ist sein gute Verträglichkeit mit Grafikerweiterungen und dem TT-Computer. Das mitgelieferte Hand-“Heft“ ist für Anfänger kaum zu gebrauchen. Der Preis beträgt 99,- DM.

Bezugsadresse:

TK-Computertechnik Bischofsheimer Straße 17 W-6097 Trebur-Astheim

Vokav plus 2.0

Umfangreiche Einstellmöglichkeiten zum Abfragemodus

Vokav Plus 2.0 wird mit insgesamt 3 Disketten ausgeliefert. Die Versionsnummer 2.0 läßt auf ein neueres Datum schließen, ist aber schon recht all, und zwar von 1989. Alt heißt nicht unbedingt schlecht, aber meist bedeutet es inkompatibel zu neueren TOS-Versionen oder Hardware-Erweiterungen. Zwar läßt der erste optische Eindruck nicht gerade auf ein ordentliches GEM-Programm schließen, sofern man aber die Standard-ST-Auflösung von 640x400 Punkten monochrom benutzt, ist Vokav plus 2.0 auch auf neueren TOS-Versionen wie 1.04 oder der Version 1.62 des Mega-STE lauffähig. Auch auf dem TT funktioniert das Programm nur in der hohen ST-Auflösung. Der Grund dafür liegt im Verzicht auf GEM-Fenster. Vokav plus 2.0 schreibt direkt in den Bildschirmspeicher. Somit sind Probleme mit Grafikkarten oder Erweiterungen wie Overscan oder Pixel-Wonder vorprogrammiert. Noch ärgerlicher ist, daß keine Desk-Accessories zugelassen sind. Das Programm sperrt diese einfach rigoros, und der Anwender hat keine Möglichkeit, innerhalb von Vokav plus 2.0 seine geliebten Helferlein in der Menüleiste zu benutzen. Somit fällt natürlich auch ein Betrieb unter MultiGEM aus. Festplatten bereiten dem Programm allerdings keine Probleme (so gehört es sich ja heutzutage wohl auch!), es ist uneingeschränkt in allen Pfaden auf allen Partitionen lauffähig und sucht sich seine Dateien automatisch in dem Pfad, in dem es gestartet wurde. Die Bedienung ist flüssig und die Geschwindigkeit des Bildschirmaufbaus angenehm hoch.

Die Praxis

Der Einsteiger ist sicher zunächst einmal überwältigt von der Funktionenvielfalt, die Vokav plus 2.0 bietet. Die meisten Dialogboxen wirken überladen. Schon bald stellt sich aber heraus, daß das Programm doch recht einfach gehalten ist und man sich schnell in die Bedienung eingewöhnen kann. Die ebenfalls erhältlichen Vokabel-Wortschätze in Englisch und Französisch sind recht umfangreich (ca. 4000 Vokabeln), so daß auch fortgeschrittene Anwender noch exotische, ihnen unbekannte Vokabeln finden werden. Eine extra Datei mit den gebräuchlichsten unregelmäßigen Verben befindet sich ebenfalls mit auf der Wortschatz-Diskette. Hiermit kann der Benutzer gezielt dieses (von Schülern am meisten gehaßte) Gebiet trainieren. Als sehr praktisch erweist sich dabei die Auswertungsfunktion der Benutzereingaben. Auch wenn man teilweise falsche oder falsch geschriebene Antworten gibt, erkennt das Programm darin noch einen gewissen Grad an „Wahrheit“ und rechnet es dem Endergebnis zu. Im Klartext heißt das, daß es nicht nur richtige und falsche Antworten gibt, sondern auch Zwischenstufen. Allerdings hat diese Methode der Auswertung auch ihre Grenzen. Sie erkennt nur leichte syntaktische Fehler. Synonyme werden immer als absolut falsch eingestuft. Hilfreich ist die Funktionstastenbelegung. Da das Programm teilweise mehr als ein Wort verlangt (z.B. bei den unregelmäßigen Verben: to be, was, been), ist es sehr erleichternd, wenn man sich einige Standardwörter (z.B. to) auf Funktionstasten legen kann. Dies beschleunigt die Eingaben erheblich. Eine geladene Vokabel-Datei wird sofort in alphabetischer Reihenfolge als Liste auf dem Bildschirm ausgegeben. Einerseits wirkt dadurch der Bildschirm ziemlich durcheinander, andererseits kann der Benutzer dadurch jederzeit schnell durch die Datenbank scrollen und bestimmte Vokabeln heraussuchen. Natürlich läßt sich diese Liste beliebig erweitern oder mehrere Vokabel-Dateien zusammenfügen. Für letzteres befindet sich sogar ein spezielles Programm mit auf der Diskette. Eine Sortierfunktion sorgt dann dafür, daß alle Vokabeln wieder in alphabetischer Reihenfolge erscheinen. Des weiteren wird ein Lexikon als Accessory mitgeliefert, mit dem man aus allen GEM-Programmen Zugriff auf die Vokabel-Datenbank hat.

Dies ist besonders praktisch für Textverarbeitungen ohne eigene Lexikon-Bibliothek. Allerdings gibt es auch hier einen Wermutstropfen. Die Geschwindigkeit beim Suchen nach einer bestimmten Vokabel läßt stark zu wünschen übrig. Der Benutzer muß sich auf ein paar Sekunden bis hin zu 2-3 Minuten(!) Wartezeit gefaßt machen. Dies ist vom Umfang der Vokabel-Datei abhängig. Diese Zeiten lassen auf einen schlechten Suchalgorithmus schließen, was nicht mehr ganz zeitgemäß ist.

Zahlenwust bei der Auswertung. Hilfreich oder verwirrend?

Durchgefallen?

Bei der Endauswertung einer „Lernsitzung“ wirft Vokav plus 2.0 mit Zahlen und Prozentsätzen nur so um sich. Eine einfache Berechnung in Form einer Note vermißt man leider. Die Prozentangaben geben aber genauere Auskunft über die Art der Fehler, die begangen wurden, so daß der Lernwillige gleich frisch an die Arbeit gehen kann, um bestimmte Vokabelabschnitte intensiver zu lernen. Hilfreich dabei ist auch die Möglichkeit, Blöcke aus dem gesamten Vokabel-Wortschatz zu definieren. Bei der Abfrage wird dann nur nach den Vokabeln gefragt, die durch den Block markiert sind. Eine individuelle Aufteilung der Lernziele wird dadurch machbar.

Der Profi

Man merkt es diesem Lernprogramm gleich auf den ersten Blick an - sein Daseinszweck ist einzig und allein das Vokabel lernen. Die durchdachten Funktionen und hilfreichen Unterstützungen (wie die Funktionstastenbelegungen) lassen darauf schließen, daß das Programm von echten Anwendern geschrieben wurde. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Vokav plus 2.0 nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Ein Update für Großbildschirme oder andere Grafikerweiterungen wäre sinnvoll. Geächtet werden sollte die Unsitte, einfach alle Accessories zu sperren. Wozu bietet GEM diese Möglichkeit an? Zumal sogar ein Accessory (als Lexikon) mitgeliefert wird! Seinen eigentlichen Zweck erfüllt Vokav plus 2.0 aber auch so. Der Preis beträgt 39,- DM.

Bezugsadresse:

Arndt von Wedemeyer Mettmanner Straße 12 W-5603 Wülfrath

KLV-Exercise plus

Kein Pardon bei einem Fehler

Das erste, was dem Benutzer beim KLV-Exercise plus auffällt, ist seine umfangreiche Bookware. Neben dem Bedienungshandbuch für das Programm wird auch ein komplettes Englisch-Lehrbuch, wie man es aus der Schule noch kennt, mitgeliefert.

Das Buch setzt mit dem Lehrstoff an der Sekundarstufe 2 an, ist also nichts für absolute Englisch-Anfänger. Hier wird schon ein fundiertes Basiswissen der englischen Sprache vorausgesetzt. Man kann das Buch auch ohne Programm und Computer durcharbeiten, sinnvoll ist dies aber nicht gerade, denn durch die Benutzung des Computers sollen ja Lernerfolge schneller und dauerhafter erzielbar sein. Das Programm ist ebenfalls ganz auf diese Zielrichtung ausgelegt und verzichtet völlig auf überflüssige Spielereien. Die Bedienung wird sofort jedem klar, der schon mal eine Maus bewegt hat und eine Computer-Tastatur in der Hand hatte. Das Konzept des Exercise plus verzichtet vollkommen auf GEM-typische Eigenschaften wie Pull-Down-Menüs oder Fenstertechnik. Es werden nur Dialogboxen benutzt, welche eine klare und eindeutige Aussagekraft haben. Der Benutzer ist quasi nie im Unklaren darüber, was das Programm gerade von ihm will, wenn auch die ein oder andere Nachfrage per Dialogbox zuviel erscheint, was manchmal recht nervend wird. Für den absoluten Computer-Neuling ist diese Bedienweise aber leicht durchschaubar. Natürlich wird auch hier das vom GEM abweichende Programmierkonzept mit Inkompatibilitäten zu ATARI-Computern neuerer Generationen erkauft. So ist es nicht weiter verwunderlich, daß Exercise plus auf dem TT gar nicht erst startet. Die Dialogführung ist aber so eindeutig auf einfachste Bedienung ausgelegt, daß eine „saubere“ GEM-Umgebung tatsächlich komplizierend wirken würde.

Auf ins Lernvergnügen...

Im Umgang mit Exercise plus fallen die übergroßen Bilder und Schriftzüge auf. Dies wirkt so, als ob das Programm eher was für Kinder wäre, aber das Niveau der Fragen ist alles andere als kindisch. Der gesamte Vokabel-Wortschatz ist aufgeteilt in mehrere Lektionen, wobei jede Lektion wiederum in einzelne Blöcke unterteilt ist. Pro Block werden ca. 50 Vokabeln eingesetzt. Dies hat den Vorteil, daß man nicht gleich mit der kompletten „Vokabel-Last“ konfrontiert wird, sondern sich Stück für Stück dem geplanten Lernziel nähern kann. Der Benutzer kann wählen, ob er die Frage im Deutschen oder Englischen gestellt bekommen will, und muß dann die jeweilige Antwort in übersetzter Form (also ins Englische bzw. Deutsche) als Klartext eingeben. Hilfreich ist, daß das Programm die Anzahl der Buchstaben für die Antwort (wie beim berühmten Galgenmännchen) als Unterstriche vorgibt. Daran läßt sich schon erkennen, aus wie-vielen Wörtern die Antwort zu bestehen hat und wieviele Buchstaben die einzelnen Wörter haben müssen. Es geht aber noch weiter. Hat der Lernwillige eine falsche Antwort gegeben, erhält er die Möglichkeit, seine Eingabe zu korrigieren, wobei nun vom Programm schon einige Buchstaben der Lösung vorgegeben werden. Erst bei drei falschen Antworten wird die komplette Lösung angezeigt. Mit diesem Verfahren ist es erstaunlich, wie schnell man einen Block, also 50 Vokabeln „intus“ hat. Bei der Eingabe läuft am rechten Bildschirmrand eine große Sanduhr langsam ab. Innerhalb dieser Zeit sollte man seine Antwort gegeben haben, damit sie noch als richtig angenommen werden kann. Man hat also nicht unendlich Zeit zum Überlegen. Die Uhr läuft zudem umso schneller ab, je öfter man den gleichen Vokabel-Block abfragt. Beim vierten Mal „rast“ die Sanduhr so schnell, daß man sich bei der Eingabe schon sputen muß, Zeit zum Überlegen bleibt dann nicht mehr. Aber nach viermaligem Abfragen derselben Wörter sollte man schon alle gelernt haben. Tippfehler, sofern sie aus ein oder zwei falschen oder vertauschten Buchstaben bestehen, werden nicht sofort als falsche Antwort interpretiert. Vielmehr wird man „großformatig“ auf den Verschreiber hingewiesen und erhält die Gelegenheit, seine Eingabe noch einmal zu korrigieren. Sind alle Vokabeln eines Block einmal abgefragt worden, kann der Anwender sein Ergebnis bewundern. Die Auswertung beschränkt sich auf die Angabe der richtigen und falschen Antworten in Zahlenform sowie eine sich daraus berechnende Prozentangabe. Anschließend besteht die Möglichkeit, gezielt die Fragen noch einmal zu lernen, die beim letzten Mal falsch beantwortet wurden, und zwar so lange, bis alle Vokabeln beim ersten Versuch korrekt eingegeben wurden. Mit dieser Methode ist das Lernziel eines Vokabel-Blockes sehr schnell erreicht. Neben dem Grundwortschatz von ca. 3000 Vokabeln ist es auch möglich, Zusatzlektionen zu laden, wie zum Beispiel spezielle Begriffe aus dem technischen Englisch. Darüber hinaus kann der Anwender auch bei Exercise plus eigene Vokabeln hinzufügen und sogar Blöcke und Lektionen daraus erzeugen.

Bei richtigen Antworten wird der Anwender mit großem Lob motiviert.

Wer suchet, der findet

Zusätzlich zum eigentlichen Lernteil ist auch ein Lexikon-Teil in Exercise plus integriert. Dieser ist allerdings recht einfach gehalten und hat zudem einige konzeptionelle Mängel. Sucht man beispielsweise nach dem englischen Wort für: „oben“, so durchsucht das Programm die gesamte Vokabel-Datenbank, bis es den ersten Eintrag gefunden hat, indem das fraglich Wort enthalten ist. Das führt dazu, daß es dann auch Begriffe findet, in denen das Suchwort nur zum Teil enthalten ist, hier also „erproben“. Das hat natürlich gar nichts mehr mit dem eigentlich zu suchenden Begriff zu tun. In manchen Fällen mag diese Methode ja nützlich sein, meist führt sie aber zur Verwirrung und ist als Lexikon nicht sonderlich zu gebrauchen. Sinnvoller wäre hier sicherlich eine Synonymsuche. Aber man kann ja leider nicht alles haben.

Lernen mit Spaß

So steht es auch auf der Kunststoffverpackung von Exercise plus. Der Spaß hält sich zwar in Grenzen, aber die trockene Materie „Vokabeln-Lernen“ wird mit diesem Produkt doch etwas aufgelockert. Zwar deuten die übergroßen Schriften und Bilder eher auf ein Lernprogramm für Kinder hin, der umfangreiche Wortschatz und die Möglichkeit, spezielle Lektionen zu benutzen (technisches Englisch), lassen aber schnell alle Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Lernprogrammes schwinden. Und in der Tat, durch die raffinierte Abfrage der Vokabeln im Quizstil wird es einem leicht gemacht, unbekannte Wörter und auch kompliziertere Redewendungen schnell und dauerhaft ins Gedächtnis zu „schaufeln“. Das Lehrbuch, welches mitgeliefert wird, ist bestimmt gut gemeint, wird aber wohl bei den meisten Anwendern schnell verstauben. Es erinnert doch zu sehr an stumpfes schulisches „Pauken“, und wer will sich schon gerne daran erinnern? Zumal das Buch mit dem eigentlichen Programm gar nichts zu tun hat. (Es taugt allenfalls dazu, sein Gewissen zu beruhigen: „... ich hab ja noch das Buch!“).

Alles in allem kann man Exercise plus für den Computer-Neuling mit fundiertem englischem Basiswissen empfehlen, der jetzt endlich auch High-Tech (sprich Computerpower) zu seinem Nutzen einsetzen will (überall wird’s ja schon gemacht). Jemand der Englisch für Anfänger lernen will, wird allerdings durch das hohe Einstiegsniveau Schwierigkeiten bekommen. Der Preis beträgt 99,- DM.

Bezugsadresse:

Kay Laukert Verlag Friedrichstraße 2 W-2304 Laboe

The Grammar Master

„Englische Grammatik üben und beherrschen“, prangt es in großen Lettern auf der Verpackung von Grammar-Master aus dem Falken Verlag. Grammatik lernen per Computer? Das ist neu! Bislang reichte die „Computer-Intelligenz“ gerade zum Gedächtnis-Trainieren, meist in Form von Vokabel-Lernprogrammen. Aber so eine komplexe Struktur wie die Grammatik einer Sprache verständlich per Computer darzustellen? Das wirft Zweifel auf! Erinnern wir uns - wie war das noch damals in der Schule? „Grammatik ist die Vereinbarung bestimmter Regeln, um eine Sprache verallgemeinernd zu beschreiben“. Im Gegensatz zu den Vokabeln, die einfach nur auswendig gelernt zu werden brauchen, muß man die grammatikalischen Regeln wirklich verstehen, um sie dauerhaft und korrekt an wenden zu können. Diesen Verstehensprozeß spielerisch am Bildschirm des Computers einzuleiten, ist das erklärte Ziel dieses ungewöhnlichen Lernprogrammes.

Der erste optische Eindruck ist allerdings eine herbe Enttäuschung. Zwar werden auch hier schöne große Grafiken (in Form eines witzigen Schotten, welcher mehr oder weniger geistreiche Kommentare von sich gibt. Ob das Absicht ist?) benutzt, aber die Bedienung erfolgt ausschließlich per Tastatur. Die Maus, die ja eigentlich fester Bestandteil des ATARI-ST/TT ist, wird gleich nach Programmstart zur Untätigkeit verdammt. Überhaupt macht die Menüführung per Tastatur insgesamt den Eindruck, als handele es sich hierbei um eine direkte Portierung eines PC-Programmes. Das ist allerdings eine traurige Entwicklung, zumal in Anbetracht der Tatsache, daß sich die meisten ST-Programmierer doch mittlerweile besonnen haben, die Benutzeroberfläche GEM auch als solche zu verwenden. Hat man sich einmal an die Tastatursteuerung gewöhnt, ist aber ein flüssiges Arbeiten mit dem Grammar-Master möglich.

Multiple-Choice-Fragen treten genauso auf wie ...

Keine Magenschmerzen bei der Praxis

Das Programm bietet eine Fülle an Menüpunkten, die jeweils einen bestimmten Teilaspekt der englischen Grammatik repräsentieren. Alle wichtigen Teile, wie Behandlung der „Tenses“, „Passive Voice“, „Adjectives/Adverbs“, „Reported Speech“, „Irregulär Verbs“, kurzum all das, was einem schon in der Schule schwer im Magen lag, kann man hier zunächst anhand von vielen Beispielen gezeigt bekommen und sich danach in Übungen selbst daran versuchen. Die Vorgaben bzw. Fragen werden nach dem Zufallsprinzip aus einer Datenbank ausgewählt (die sich nicht erweitern läßt, was wohl auch nicht besonders sinnvoll wäre), wobei es durchaus Vorkommen kann, daß ein und dieselbe Frage mehrmals auftaucht. Ein Auswahlverfahren abhängig von den begangenen Fehlern ist also nicht integriert. Das Programm beinhaltet verschiedene Arten der Fragestellungen. Es müssen teilweise ganze Sätze eingegeben oder nur durch ein paar Wörter vervollständigt werden. Ebenso können Fragen nach dem Multiple-Choice-Verfahren auftreten, bei denen mehrere Antworten vorgegeben sind und der Benutzer sich für eine entscheiden muß. Wiederum an anderen Stellen wird nur ein Wort verlangt, oder das eingetippte Ergebnis einfach dem „richtigen“ gegenübergestellt, ohne eine Prüfung auf „Wahrheitsgehalt“. Dabei muß also der Anwender selber erkennen, ob er korrekt geantwortet hat. Die Endauswertung eines solchen Tests beschränkt sich auf die Angabe der begangenen Fehler. Allerdings lassen sich dann gezielt die Fragen noch mal üben, die fehlerhaft beantwortet wurden. Hat man alle Menüpunkte durchgearbeitet und die Einzeltests absolviert, sollte man sich fit fühlen für den großen „Final-Test“. Mit einem ansprechenden Hintergrundbild werden dann alle möglichen Fragen zu den grammatikalischen Regeln oder den unregelmäßigen Verben in lockerer Reihenfolge präsentiert. Dieser Test hat es wirklich in sich, und man braucht sich nicht zu wundem, wenn man am Anfang kaum eine Frage richtig beantwortet. Der Final-Test dient also dazu, dem Benutzer klarzumachen, ob er lieber noch ein paarmal die Übungen durchgehen sollte oder sofort die Reise nach London antreten kann.

... Vervollständigung von ganzen Sätzen.

Fazit

Ein ungewöhnliches Ziel steckten sich die Entwickler des Grammar-Masters. Erstmals sollte es mit dem Computer möglich gemacht werden, auch die Grammatik einer Sprache zu erlernen. Die Idee ist wirklich gut, auch das Konzept der vielfältigen Frage- und Antwortmöglichkeiten bietet für den Anwender tatsächlich die Möglichkeit, in das komplexe Regelwerk der englischen Sprache einzusteigen. Wer den Final-Test schließlich besteht, kann davon ausgehen, die wichtigsten grammatikalischen Regeln zu beherrschen und für die meisten Fälle gerüstet zu sein. Sehr zu wünschen übrig läßt allerdings die Bedienungsoberfläche des Programmes. Auf einem ATARI ST/TT ist es geradezu eine Frechheit mit Tastaturmenüs à la PC zu arbeiten. Wozu hat ATARI eine Maus mitgeliefert? Wozu gibt es GEM? Dies alles soll doch wohl dazu dienen, jegliche Art von Programmen bedienungsfreundlich zu gestalten. Eine leicht zu erlernende Benutzeroberfläche wie GEM würde gerade einem solchen Lernprogramm gut zu Gesicht stehen und über die Anfangsschwierigkeiten der Neulinge hinweghelfen. Im großen und ganzen kann man aber dem Grammar-Master Tauglichkeit bescheinigen. Das Konzept und die dahinterstehende Idee sind es wert, daß in Zukunft an weiteren Programmen dieser Zielrichtung gearbeitet wird. Der Preis beträgt 69,-DM.

Bezugsaddresse:

CM

Falken Verlag GmbH Software Schöne Aussicht 21 W-6272 Niedernhausen



Aus: ST-Computer 10 / 1991, Seite 38

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