Jetzt auch Faxe empfangen!

Die Möglichkeit, Faxe direkt vom ST aus zu verschicken, besteht schon länger (s. Testbericht ST-Computer 10/90). Dieses Verfahren hat sich in letzter Zeit immer mehr bewährt. Entsprechend hoch ist auch der Absatz der faxtauglichen Modems. Jetzt ist ein weiterer Schritt in Richtung „Multi-Media-Maschine ST“ getan worden. Der Atari ST kann nun auch als Fax-Empfänger betrieben werden. Hierzu hat die Firma TKR ein Update ihres bekannten Programmes „ST-Fax“ herausgebracht, „ST-Fax II“.

Zunächst wurde das Send-Fax-Programm überarbeitet. Die Bedienelemente wurden leicht geändert und die Möglichkeiten, das Programm an verschiedene Modems und Gegenstationen (Fax-Geräte) anzupassen, wesentlich erweitert. Leider lassen sich Texte bzw. Grafiken immer noch nicht frei auf dem (virtuellen) DIN-A4-Fax positionieren, sondern erscheinen untereinander in der Reihenfolge, in der sie eingeladen wurden. Dies schränkt die optischen Gestaltungsmöglichkeiten eines Fax’ doch etwas ein.

Die wichtigste Neuerung ist ein Accessory, welches in der Lage ist, jederzeit eingehende Faxe automatisch entgegenzunehmen und als spezielle Fax-Datei auf Festplatte oder Diskette abzulegen. Voraussetzung für den Fax-Empfang ist allerdings ein entsprechendes, empfangstaugliches Modem. Hierzu bietet die Firma TKR das Gerät „Phonic Supreme-9624“ an. Dieses Modem bietet alle Möglichkeiten des Fax-Sende- und -Empfangsbetriebs. Dabei arbeitet es mit Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 9600 Baud (Bit/ Sekunde), was dem Fax-Klasse-III-Standard entspricht. Neben dem Fax-Modus kann man natürlich auch „normale“ Datenfernübertragung oder BTX betreiben.

Bild 1: In dem Arbeitsfenster werden alle Dateien zum Faxversand zusammengestellt.

Hierbei sind allerdings nur bis zu 2400 Baud möglich. Der spezielle BTX-Modus (1200/75 Baud) fehlt dem Modem leider. Dieses Manko ist aber durchaus zu verschmerzen, da in den meisten Großstädten Deutschlands mittlerweile BTX-Telefonnummern mit 1200/1200 oder gar 2400/ 2400 Baud existieren. Natürlich ist zum BTX-Betrieb separate Software für den ST notwendig (z.B. Multiterm Pro oder BTX-Manager 4.0).

Leider müssen wir auch diesmal darauf hinweisen, daß das Phonic-Modem keine Postzulassung besitzt. Ein Betrieb am öffentlichen Telefonnetz der Bundesrepublik Deutschland ist also verboten.

Die Installation des Empfangs-Accessorys erweist sich als problemlos. Wer allerdings keinen ACC-Eintrag mehr frei hat, muß sich von einem der nützlichen Helfer trennen. Das Fax-Empfangs-Accessory läßt sich leider nicht in Multi-Accessories (z.B. Chameleon oder Multidesk) verwenden. Man kann aber das. ACC in .PRG umbenennen und es so als ganz normale GEM-Anwendung starten. Dann ist der Rechner allerdings immer durch das Programm blockiert! Als Accessory installiert, wacht das Programm fortan im Hintergrund über die serielle Schnittstelle und tritt in Aktion, sobald das angeschlossene Modem einen Fax-Empfang meldet. Ein eingegangenes Fax wird in einer Datei auf Diskette oder Festplatte abgelegt, wobei eine Festplatte sehr zu empfehlen ist, da es zeitweise Vorkommen kann, daß die eingehenden Fax-Daten schneller ankommen, als sie auf ein normales Diskettenlaufwerk abgelegt werden können. Zur Not sollte man in diesem Fall eine RAM-Disk installieren und den Pfad für eingehende Faxe entsprechend ändern. Leider wird der Computer während des Fax-Empfangs für den Anwender gesperrt. Er muß sich also gedulden, bis die Übertragung beendet ist. Mit Hilfe des Hauptprogrammes von ST-Fax II ist es nun möglich, die Fax-Datei zu laden, auf dem Bildschirm darzustellen oder auf einem Drucker auszudrucken. Die Auflösung von maximal 200x200 DPI läßt sich aber mit dem Phonic-Modem nicht erreichen. Es können zwar Faxe mit 200x200 DPI versendet werden, der Empfang findet aber grundsätzlich in der niedrigeren Auflösung von 200x100 DPI statt. Für Texte, Grafiken oder einfache technische Zeichnungen ist dies aber ausreichend. Die spezielle Fax-Datei läßt sich auch in das GEM-übliche .IMG-Format konvertieren. Damit sind dann alle Möglichkeiten offen, um das Fax in Grafikprogrammen wie z.B. Arabesque weiterzubearbeiten. Wer nur einen Telefonanschluß hat, kann diesen ebenfalls für normale Gespräche nutzen. Das Accessory schaltet für diesen Fall den Fax-Empfang ab, so daß das Modem nicht von selbst abhebt, sondern der Anwender dies vom Computer aus steuern kann. Natürlich muß er dann zunächst selbst „horchen“, ob ein normaler Anruf oder ein Fax ins Haus steht.

Bild 2: Die Fax-Software von TKR ist sauber programmiert und benutzt GEM-Fenster.

Resümee

Abgesehen davon, daß der Betrieb von „außerpostalischen“ Geräten am Telefonnetz in der Bundesrepublik Deutschland strafbar ist, gibt es eigentlich keinen Grund, warum ST-Besitzer sich anstelle eines Fax-Gerätes nicht lieberein Fax-Modem nebst entsprechender Software anschaffen sollten. Die Flexibilität und die Möglichkeit der Nachbearbeitung in Grafikprogrammen sprechen für sich. Empfangene Faxe per 24-Nadel-oder gar Laser-Drucker ausgedruckt sind optisch wesentlich besser anzusehen als die Thermoausdrucke aus einem Fax-Gerät (welche zudem nach einiger Zeit auch noch nachdunkeln). Wenn man allerdings darauf angewiesen ist, fertige Schriftstücke auf Papier zu faxen, kommt man um ein „richtiges“ Fax-Gerät nicht herum. Scannen kann ein Fax-Modem nicht, und die Kosten für einen separaten DIN-A4-Flachbett-Scanner übersteigen zur Zeit noch diejenigen eines Fax-Gerätes (mit Zulassung!). Interessant dürfte ein solches Fax-Modem also hauptsächlich für den Normalbenutzer sein, der „nur mal eben“ eine Bestellung faxen will und dann auch die Bestätigung empfangen kann, oder für Grafiker, die ihre im Computer erzeugten Bilder schon mal zur Ansicht ohne großen Qualitätsverlust dem Kunden zufaxen wollen.

Bild 3: Durch die Preview-Funktion ist man über den optischen Aufbau des Fax immer im Bilde.

Die Preise sind mit 598,- DM für das Phonic-Modem und 118,-DM für die Software „ST-Fax II“ sicher nicht zu hoch angesetzt. Vor allem dann nicht, wenn der Benutzer erwägt, zusätzlich noch auf dem Sektor BTX/DFÜ tätig zu werden.

Wie wir kurz vor Redaktionsschluß von TKR erfahren haben, wird nun auch ein Programm zum Versenden von Calamus-Seiten per Fax direkt aus Calamus angeboten. Dieses Programm heißt CalFax und wird ab Ende Juli zu einem Preis von 118,-DM angeboten.

CM

Bezugsadresse:
TKR
Stadtparkweg 2 2300 Kiel 1

Bild 4: Das Accessory zum Faxempfang wird über eine einfache Dialogbox bedient.


Aus: ST-Computer 10 / 1991, Seite 62

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite