Verda - Verarbeitung extrahierter Radardaten auf dem ST

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Die Originaldarstellung des Derd-MC ...

Zur Luftraumüberwachung wird bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) ein System zur Darstellung extrahierter Radardaten mit minicomputergesteuerten Sichtgeräten (DerdMC) verwendet. Das Derd-MC- System, welches bis zu sechs Radaranlagen gleichzeitig bearbeiten kann, kostet ca. 550 Millionen DM. Bisher war es auf Grund der hohen Kosten für Regionalflughäfen wie z.B. Mülheim, Dortmund und Mönchengladbach nicht möglich, eine Luftraumbeobachtung vorzunehmen. Ab sofort existiert ein vergleichbares System auf Basis eines Atari ST...

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Flugzeug fliegt so dicht über Ihr Haus, daß Sie sich belästigt fühlen. Was machen Sie, wenn Sie den Unhold ausfindig machen wollen? Richtig, Sie rufen beim nächstgelegenen Flughafen an und fragen, wer der Tiefflieger war. Nun werden Sie zur Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) weiterverbunden. Der Verantwortliche schaut auf seinen Radarschirm und weiß sofort, wem die Schuld in die Schuhe zu schieben ist. Was Sie nicht wissen:

Wenn diese Aktion nach dem September 1990 stattgefunden hat und Sie einen kleineren Flughafen angerufen haben, ist es gut möglich, daß der Radarschirm ein Atari SM 124 und das passende Steuergerät ein Atari ST ist. Das Steuerprogramm nennt sich "Verda".
Verda ist die Diplomarbeit zweier Ingenieurinnen aus Düsseldorf. Beate Bechtel und Claudia Sieweke programmierten ein System zur Verarbeitung extrahierter Radardaten auf dem Atari ST. Dadurch können sich nun auch kleinere Flughäfen ein solches System leisten.

Was leistet Verda?

Um diese Frage zu klären, muß ich etwas weiter ausholen. Fast alle Flugzeuge, Hubschrauber usw. sind mit einem speziellen Sender ausgerüstet, der der BFS einen bestimmten Code übermittelt. Aus diesem Code kann man genau ermitteln, um welches Flugobjekt es sich handelt. Die Kennung des Flugobjekts wird zusammen mit seiner Position und der Flughöhe auf einem Radarschirm angezeigt. Dadurch läßt sich sofort feststellen, welches Objekt sich wo und in welcher Höhe befindet - eine unheimliche Erleichterung für die BFS und alle angeschlossenen Institutionen. Diese Daten, die bislang nur vom DerdMC verarbeitet werden konnten, können nun dank Verda auf jedem Atari dargestellt werden, der über einen entsprechenden Anschluß an die BFS besitzt. Dabei kostet das System nicht 550 Millionen, sondern lediglich mehrere tausend DMark - eine echte Alternative also für kleinere Flughäfen.

Verda kann nicht nur die aktuelle Position darstellen, sondern hat dazu noch verschiedene Modi eingebaut. Zum einen läßt sich die Übersicht über den Luftraum in fünf verschiedenen Größen betrachten, um sich einen besseren Überblick verschaffen zu können. Damit nicht genug: Im sogenannten "Flugspurmodus" lassen sich mehrere Bilder gleichzeitig anzeigen (in chronologischer Reihenfolge), damit man einen besseren Überblick über die Flugrichtung, den Steige- und Fallwinkel eines Flugobjekts usw. erhalten kann. Zu guter Letzt lassen sich insgesamt drei verschiedene Landkarten anzeigen.

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... und die des ST (vergrößert). Deutlich zu erkennen: der Flughafen.

Wieso gibt es Verda ?

Wie sind die beiden Ingenieurinnen darauf gekommen, Verda zu programmieren? Zum einen, weil sie keine normale Diplomarbeit machen wollten, die nur aus Theorie besteht. Sie wollten ein Projekt verwirklichen, das erstens praktisch ist und zweitens später wirklich genutzt werden kann. Das ist ihnen denn auch gründlich gelungen, wie das Ergebnis bestens bestätigen kann. Wie kommen die beiden zum Atari ST? Hier spielt ein Grund eine wichtige Rolle. Es ist der Grund, der am häufigsten angeführt wird: Das Gerät ist leistungsfähig und immer noch sehr preiswert. Außerdem haben die grafischen Qualitäten Beate Bechtel und Claudia Sieweke überzeugt.

Schwierigkeiten hatten die beiden natürlich auch. Ungefähr zwei Drittel der Programmierzeit haben die beiden damit verbracht, eine synchrone Datenübertragung mit 4800 Band zu realisieren. Zweimal waren sie kurz davor, aufzugeben. Der MFP hat ihnen derart viele Schwierigkeiten bereitet, daß sie kurz vor der Verzweiflung standen. Immer, wenn das entsprechene Register konfiguriert wurde, wurde es sofort wieder vom Betriebssystem mit unsinnigen Daten überschrieben. Nur dem Enthusiasmus der beiden haben wir es zu verdanken, daß Verda jetzt funktionsfähig ist. Allerdings hätten sie die Aufgabe nicht ohne die tatkräfige Unterstützung der Bundesanstalt für Flugsicherung und der Fachhochschule Düsseldorf meistern können.

Man sieht an diesem Beispiel wieder, daß man nicht unbedingt ein sündhaft teures System benötigt, um sinnvolle Anwendungen machen zu können - der Atari ST genügt vollkommen. Nun soll noch einer "Spielecomputer" sagen...

Info:
Beate Bechtel
Werstener Feld 44
4000 Düsseldorf 13


Martin Pittelkow
Aus: ST-Computer 10 / 1990, Seite 12

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