Vorzeit, Mittelalter und Neuzeit: Floppy mit Vorliebe für Fotos?

Wer in grauer Vorzeit ein Bild in den Rechner einlesen wollte, hatte Pech, es gab keine Hard- oder Software. mit der er dies bewerkstelligen konnte. Etwas später kamen dann die Digitizer und Scanner auf den Markt. Mit diesen Geräten konnte man schon Bilder einlesen, die aber stellenweise wenig Ähnlichkeit mit der Vorlage hatten. Die Qualität hat sich mittlerweile stark verbessert, ist aber immer noch finsterstes Mittelalter. Aber ab heute beginnt die Neuzeit im Bereich der Scanner. Wieso denn dieses?, fragen sich sicherlich einige Leute.

Nun, ab heute gibt es den LANTEC ComPro DS 19. Man kann ihn zwar noch nicht kaufen, aber zumindest testen konnte ich einen Prototypen dieses Scanners. Entwickelt wurde er von zwei Studenten aus Aachen, denen die käuflichen Digitizer und Scanner einfach nicht perfekt genug waren. Zitat der beiden: "Die Qualität einiger Geräte kann man getrost vergessen. die Bilder sehen so aus. als hätte man mit einem feuchten Lappen darübergewischt. Oder die Bilder muten an, als seien sie Sekunden vorher per Zufallsgenerator entstanden. Digitalisierte Fotos sollen klar, scharf und kontrastreich sein und zudem noch etwas Ähnlichkeit mit dem Original haben." Ob das neue Gerät diesem hohen Anspruch gerecht werden kann, das sollte mir mein Test verraten.

Das Gerät kam in Begleitung seines Entwicklers zu mir an den Arbeitstisch.

Da stand es nun in einem schmucklosen Karton vor mir. Hastig wurde es der Verpackung entrissen und staunend betrachtet. NEIN, noch eine Floppy? Zu meiner Erleichterung wird mir gesagt, daß dieses Gerät hier ein Prototyp ist und daher das Design seines endgültigen Gewandes noch nicht feststeht. Man hat daher die Technik kurzerhand in ein handelsübliches Floppy-Gehäuse verfrachtet. Mit zum Lieferumfang gehören ein kleines Handbuch, zwei Disketten und eine sogenannte Switchbox. Das Handbuch beschreibt das Prozedere der Installation am Rechner und die Handhabe der mitgelieferten Programme. Das Handbuch ist locker und kurzweilig verfaßt. Die Texte sind knapp, informativ und ein wenig satirisch, so daß ich dieses Handbuch gerne bis zum bitteren Ende durchgelesen habe. Das umfangreiche Stichwortverzeichnis ist ein weiterer Pluspunkt für das Handbuch, hoffentlich wird es so unverändert für die Serienproduktion verwendet.

Anschluß des Gerätes

Das Gerät wird am Drucker-Port angeschlossen. Aber keine Bange, der Drucker kann auch weiterhin betrieben werden, und zwar mit Hilfe eines kleinen grauen Kästchens, an dem ein Umschalter die Richtung des Datenstroms diktiert. Steht der Schalter auf ’SCAN', ist der Scanner bereit zur Arbeit. Wählt man dagegen die Stellung PRT’ aus, darf der Drucker wieder aktiv in das Geschehen eingreifen (s.Abb. 3).

Die Programme

Auf der ersten Diskette ist der eigentliche Treiber für den Scanner enthalten. Der Treiber wird einfach aus dem Auto-Ordner heraus mitgebootet und installiert so die Treiberroutinen im RAM-Bereich des Rechners. Diese Installation ist unbedingt erforderlich, da sonst nur ein Pixel-Sturm auf dem Monitor zu sehen wäre. Mein ersterTest hat dies eindeutig bestätigt. Des weiteren findet sich auf der Diskette ein Programm mit Namen LANSCAN.PRG. Es ist nun für die Verarbeitung der empfangenen Daten zuständig. Die eingescannten Vorlagen lassen sich in verschiedenen Formaten abspeichern. Dies hat den Vorteil, daß man die so entstandenen Grafiken mit den verschiedensten Programmen weiterverarbeiten kann. Der restliche Diskettenplatz ist mit Treibern für die gängigsten Drucker aufgefüllt. Auf der zweiten Diskette befinden sich noch einmal das Handbuch (!) als ASCII-Text und last not least ein paar Beispiele für eingelesene Vorlagen.

Wir digitalisieren

Das Gerät ist angeschlossen, die Boot-Diskette im Laufwerk, na. dann kann es ja losgehen. Zunächst starte ich das Programm LANSCAN.PRG und überprüfe, ob der Schalter der Switchbox auf SCAN steht. Ja. alles in Ordnung, dann wähle ich die Funktion Foto holen im Menü an. Das Programm gibt mir zu verstehen, daß ich nun ein Foto in den Eingabeschlitz legen soll. Ich nehme also ein Foto und schiebe es vorsichtig in das Gerät, bis ich einen Widerstand spüre. Sofort läßt sich hektische Betriebsamkeit aus dem Innern des Scanners vernehmen; ein Motor läuft an. und schon wird das Bild langsam in die Tiefen des Gehäuses gezogen. Auf dem Monitor macht sich derweil blendendes Weiß breit, was mich befürchten läßt, etwas nicht ganz richtig gemacht zu haben. Diese Befürchtung erweist sich als vollkommen korrekt, denn man sollte das Foto tunlichst mit der farbigen Seite nach oben einlegen. da man sonst nur die Rückseite digitalisiert. Ein diesbezüglicher Hinweis wäre sicherlich ganz wünschenswert. Also: Kommando zurück und alles noch einmal von vorne. Nach einer kleinen Weile wird das Foto dann wieder ans Tageslicht befördert, und auf dem Monitor erscheint ein Abbild des Fotos.

Das Ergebnis ist recht passabel, wenn auch nicht formatfüllend. Es ist auf die Größe von 9x13 cm beschränkt. Der Scanner kann übrigens auch nur Vorlagen in diesem Format verarbeiten. Dies ist vielleicht ein Manko, welches jedoch nicht so gravierend erscheint, wenn man überwiegend Fotografien bearbeitet. Die Qualität der Umsetzung überzeugt mich jedenfalls davon, daß ich doch in Zukunft nur noch Fotos digitalisieren sollte. Die so erhaltenen Bilder kann man dann per Menüpunkt Sichern auf einer Diskette ablegen.

Die Technik

Als begeisterter und unglaublich neugieriger Mensch habe ich mich natürlich sofort mit einem Schraubendreher bewaffnet, um den inneren Werten des Kästchens auf die Schliche zu kommen. Das Innenleben präsentiert sich als ungemein aufgeräumt und professionell, so daß man sogleich merkt, daß einer Serienfertigung wohl schon bald nichts mehr im Wege stehen dürfte. Einige ICs und eine all überdeckende Platine erfüllen hervorragend ihre Pflicht, mir den Blick in das Allerheiligste zu verwehren. Der gesamte Aufbau ist sehr kompakt und auf engstem Raum erfolgt. Ohne ernsthafte Schäden zu verursachen (= vollkommener Verlust der Funktionsfähigkeit und der Garantie). werde ich keine tieferen Einblicke mehr bewerkstelligen können. Aus diesem Grund habe ich mir dann die Funktionsweise vom Schöpfer persönlich erläutern lassen. Unmittelbar hinter dem Öffnungsschlitz befindet sich eine Leiste aus kleinen Fotozellen. die an ein IC gekoppelt sind. Es ist in etwa die Leiste, die auch in den Taschenfotokopierern ihren Dienst verrichten.

Etwa 2 bis 3 cm weiter im Inneren ist die Transportwalze für Papier und Foto angebracht, die von einem Kassettendeckmotor angetrieben wird. Die Entwickler verwenden einen solchen hochwertigen Motor, um den Einzug des Fotos mit möglichst konstanter Geschwindigkeit zu gewährleisten. Ein Getriebe sorgt nun dafür, daß die hohe Umdrehungszahl des Motors in eine wesentlich geringere Drehzahl an der Transportwalze gewandelt wird. Die Vorlage wird auf diese Art zeilenweise abgetastet und somit auch zeilenweise digitalisiert. Die Auflösung ist auf 360 bis 500 dpi beschränkt worden, um die eingescannten Vorlagen auch für Nadeldrucker noch druckbar zu halten. Apropos druckbar, dem Gerät wurde als Zugabe noch ein kleiner Druckmodus spendiert, damit auch Anwender ohne Drucker eine Ausgabe auf Papier erhalten können. Es handelt sich dabei um einen Thermodrucker, der zwar schön leise ist. allerdings doch auch im Druckmodus recht langsam. Natürlich kann er auch mit der Qualität des Ausdrucks keinem 24-Nadler Paroli bieten. aber dafür ist es letztendlich ja auch nicht gebaut worden. Der Ausdruck erfolgt auf analoge Art und Weise wie das Einlesen der Vorlagen. Das Papier wird dazu wieder bis an den Widerstand eingeführt. Danach wird das Blatt zunächst ganz eingezogen. Kurz daraufblinkt die LED an der Frontseite hektisch auf, da das Papier leicht zerknittert eingezogen wurde. Nach einem weiteren Versuch, der diesmal von Erfolg gekrönt zu sein scheint, w ird das Blatt endlich ganz eingezogen. Der Thermodruckkopf wird aus der 'Parkposition' geholt und über das Papier gebracht. Während das Papier nun zeilenweise wieder aus dem Gehäuse transportiert wird, erscheint Punkt für Punkt das Bild auf dem Papier. Wie bereits erwähnt geschieht die zwar entsetzlich langsam, aber dafür relativ leise.

Abb. 4. Ein gescanntes Bild
Abb. 2: Verbindungsplan
Abb. 3: Ein Switcher sorgt für wahlweisen Drucker- oder Scannerbetrieb.

Abb. 1: Auszug aus dem Handbuch

## 1.1 Starten des Scanvorganges

Als Erstes einmal bitte den Rechner ausschalten und einen Kaffee genießen. Nach dem erfolgten Genuß legen sie bitte die Diskette mit der Bezeichnung 'A' in Ihr Bootlaufwerk ein. Nun schalten Sie den Rechner ein und warten eine kleine Weile, bis dem Rechner aufgefallen ist, daß ein zusätzliches Gerät angeschlossen worden ist. Dies erkennen Sie an der Meldung : “LASCTRIN. - OK" . Erscheint jedoch die Meldung "LASCTRIN. - NO", so starten Sie bitte einen neuen Versuch den Rechner zu belehren, indem sie den Reset-Knopf langsam und genüßlich drücken. Dies wiederholen sie bitte solange, bis die OK-Meldung auf dem Bildschirm erscheint. Nun ist die Treibersoftware installiert. Nun starten Sie das Programm LANSCAN.PRG' vermittels eines zweifachen hektischen Druk-kes auf die linke Maustaste. Nach einigen hundert Millisekunden erscheint das Aus-wahlmenue auf dem Bildschirm...

# Bedienungselemente

Der LANTEC ComPro SD 19 kommt erfreulicherweise ohne viele Schalter und Tasten aus. Die Switchbox hat einen Schalter. mit dem man entweder den Scanner oder den Drucker selektieren kann. Der Scanner selbst besitzt nur den obligaten Netzschalter und eine Taste, mit der man den Druck- oder Scan-Vorgang rigoros unterbrechen kann. Die LED an der Frontseite ist eine Alert-Lampe. die bei Papierstau (s.o.) oder einer sonstigen Funktionsstörung aufleuchtet. Eine weitere Kontrolleuchte. die anzeigt, ob das Gerät eingeschaltet ist oder nicht, wäre wünschenswert.

Fazit

Das Gerät hält im großen und ganzen das, was es verspricht. Es eignet sich hervorragend dazu. Fotovorlagen einzulesen. Der Scan-Vorgang ist erstaunlich präzise und schnell. Der Preis soll sich zwischen 300 -500 DM bewegen (genau stand er zu Redaktionsschluß noch nicht fest). Das Preis-/Leistungsverhältnis ist somit recht gut.

# LANTEC ComPro DS 19

+ günstiger Preis + sehr gute Qualität + kompaktes Gehäuse


Ralph Lanfermann
Aus: ST-Computer 04 / 1990, Seite 32

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