GEMINI-Shell

Heute berichten wir über ein bemerkenswertes Programm aus dem Shareware-Bereich. GEMINI - seit Oktober 1989 erhältlich - ist eine der umfangreichsten und interessantesten Shells, die es im ST-Bereich gibt.

Das Programm stellt eine Vereinigung von MUPFEL und VENUS dar, wobei MUPFEL der klassische (Command-Line-Interpreter) und VENUS der grafische Teil der Shell ist. Die Vereinigung der Maus- und Tastaturbedienung ist sehr gut gelungen. Es geht sogar soweit, daß TOS-Programme in Fenstern ablaufen! Alle Kommandos können über Mausklick oder Tastatur gegeben werden. Selbst die Dialog- und Alert-Boxen ermöglichen eine vollständige Tastatursteuerung. Bei den Dialog- und Alert-Boxen ("Fliegende Dialoge") handelt es sich um "selbstgestrickte", die sich frei auf dem Bildschirm positionieren lassen.

Auf dem Desktop sind die üblichen Laufwerkssymbole zu finden. Zusätzlich dazu erreicht man das Clipboard, das GEMINI-Laufwerk. einen Papierkorb, aus dem man Dateien wieder herausholen kann, und einen Reißwolf, der Dateien endgültig löscht.

Dateien, Ordner und Programmsymbole können auf dem Desktop abgelegt werden, womit Programme schnell und ohne Sucherei gestartet werden können. Dateien werden an Programme übergeben, indem das Dateisymbol auf das entsprechende Programmsymbol geschoben wird. Das betreffende Programm startet umgehend und lädt - sofern es dazu in der Lage ist - die Datei nach.

Die Symbole oder Icons sind frei wählbar, auch für bestimmte Dateien oder Dateigruppen. Ebensolche Wahlmöglichkeiten bestehen bei den Laufwerkssymbolen.

Die Fenster sind wie üblich maus- und tastatursteuerbar. Mit einem Druck auf eine Taste - etwa "E" - werden sofort alle Programme angezeigt, die mit diesem Buchstaben beginnen. Horizontales Scrollen im Fenster ist nicht nötig, da immer nur soviele Icons in der Horizontalen angezeigt werden, wie das Fenster breit ist.

Im “VENUS"-Menü findet sich, wie es sich bei GEM-Programmen gehört, ein Eintrag, mit dem eine Programminformation abgerufen werden kann.

Das “File”-Menü ermöglicht das Öffnen von Dateien, das Abrufen von Informationen zu Disketten, Dateien oder Ordnern. Ebenso lassen sich neue Ordner anlegen, Fenster schließen (analog zur Close-Box im Fenster), Fenster völlig schließen, die Reihenfolge der Fenster ändern und natürlich das Programm verlassen.

Die Darstellung im Fenster läßt sich im “Show’-Menü einstellen. Hierbei hat man die Text- oder die Icon-Darstellung zur Auswahl, wobei Icons in zwei Größen vorhanden sind. Die Daten in den Fenstern können Sie nach Namen, Datum, Größe, Typ oder gewählten Icons sortieren. Ferner besteht die Möglichkeit, die Daten unsortiert darzustellen. Mit Wildcards kann man für jedes Fenster festlegen, welche Dateien angezeigt werden sollen.

Das “Options"-Menü ermöglicht die Wahl der Disk- und File-Icons. Verschiedene Dateitypen können - analog dem Desktop - Programmen zugeordnet werden. Über “Display” wird die Darstellung in Fenstern beeinflußt. So können beispielsweise nur die Dateinamen mit Datum angezeigt werden, Größe und Zeit werden unterdrückt.

Die Mupfel (Text-Shell) wird, wie auch die dazugehörige Einstellmöglichkeit, über das “Options“-Menü erreicht. Bemerkenswert ist, daß man unterschiedliche Fonts wählen kann. Somit ist auch die Darstellung von 25 x 80 Zeichen im Fenster ohne weiteres möglich.

Zu guter Letzt ist auch der Blitter an- und abschaltbar, und es können die allgemeinen Optionen eingestellt werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, die gewählten Einstellungen abzuspeichern.

Die Kommandos von Mupfel lehnen sich an die von UNIX bekannten an. Dazu gehören auch Batch-Dateien, I/O-Redirection, Environment, History-Funktion und Aliase. Die UNIX-Wildcards (mächtiger als die des GEMDOS) werden sowohl von der Mupfel als auch von der Venus unterstützt.

Soviel zur Beschreibung von GEMINI. Sicherlich kann hier nicht jedes Feature von GEMINI erwähnt werden, denn dazu ist die Shell viel zu mächtig.

Die tägliche Arbeit mit dem ST wird durch GEMINI wesentlich erleichtert.

Nach wenigen Stunden sehnt man sich nicht mehr zum normalen Desktop zurück. denn kaum jemand möchte eine Arbeitsumgebung wie GEMINI vermissen. Wie die Autoren in ihrem README-File schreiben, ist die Entwicklung der Shell noch nicht abgeschlossen. Für die Zukunft haben sie sich noch Pipes, eine Script-Sprache, Tastatur-Shortcuts für den Programmstart und eine Funktion zum Aufräumen des Desktops vorgenommen.

GEMINI ist ein (mit Turbo C geschriebenes) Programm, welches auf dem ST neue Maßstäbe setzt. Die bekannten GEM-Konventionen und Richtlinien wurden eingehalten. Somit kommt GEMINI durchaus eine Vorbildfunktion zu.

Die Shell kann auf jedem ST mit mindestens TOS 1.2 betrieben werden. GDOS wird benötigt, wenn andere als die Standardzeichensätze für Mupfel Verwendung finden sollen. Ein Megabyte Speicher sollte für das mit Resourcefile knapp über 200 kB-große Programm schon vorhanden sein. Wer eigene Icons ergänzen möchte, ist ferner auf ein Resource-Construction-Set mit Icon-Editor angewiesen.

Das Programm ist ein Shareware-Programm. Es darf jedoch von keinem Public Domain-Vertrieb auf Diskette vertrieben werden, da es die Anwenderinnen auf kostenlosem Weg erreichen soll.

Die Entwickler (Gereon Steffens, Elsterweg 8,5000 Köln 90 und Stefan Eissing, Dorfbauernschaft 7,4419 Laer-Holthausen) versenden GEMINI gegen Zusendung einer 3,5-Diskette und eines adressierten und frankierten Rückumschlags. Ferner ist GEMINI über die Mailboxen Maus Münster und Maus Bonn abrufbar.

Zusammenfassend soll hier betont werden, daß GEMINI ein Programm ist, daß man sich nicht entgehen lassen sollte. Schließlich ist bei der Nutzung ja nur ein Shareware-Beitrag zu leisten. GEMINI wird bestimmt viele Freundinnen und Freunde finden.


Dietmar Rabich
Aus: ST-Computer 01 / 1990, Seite 60

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite