Schon nach dem ersten Starten wirkt das Programm sehr aufgeräumt und übersichtlich. Dementsprechend ist auch die Bedienung einfach und schnell zu erlernen. Wer schon einmal mit einer Textverarbeitung zu tun hatte, wird problemlos auch die wichtigsten Einstellungen vornehmen können, ohne zuerst das Handbuch durcharbeiten zu müssen. Das ist übrigens recht dünn ausgefallen, dabei aber übersichtlich und klar gegliedert. Es ist vor allem auch als Nachschlagewerk gut zu gebrauchen; für den Anfänger ist es an manchen Stellen etwas dürftig, so daß diesem nur das Probieren übrig bleibt.
STAR-WRITER ST wird auf drei Disketten geliefert, die nicht schreibgeschützt sind. Diese lobenswerte Entscheidung bringt für den Anwender den Vorteil, daß das Programm problemlos auf einer Festplatte oder einer Ramdisk installiert werden kann. Grundvoraussetzung für den Einsatz ist ein ATARI ST mit 512KB Speicher, TOS im ROM und ein Diskettenlaufwerk. Ein zweites Laufwerk und 1MB Speicher sind jedoch empfehlenswert, besonders wenn man mit dem Korrekturprogramm arbeiten will. Obwohl eine ernsthafte Anwendung einer Textverarbeitung beim ATARI nur mit dem Monochrommonitor möglich ist, kann auch mit einem Farbmonitor in der mittleren Auflösung gearbeitet werden. Um Texte einzugeben sind keine Einstellungen vorzunehmen, will man das Geschriebene allerdings ausdrucken, muß man zuerst einen Druckertreiber erstellen. Mitgeliefert werden die Treiber-Quelltexte für EPSON-, STAR- und NEC-Drucker. Viele andere Modelle sind zu diesen kompatibel und benötigen keine oder nur geringfügige Änderungen.
STAR-WRITER benutzt nicht die normalen GEM-Fenster, sondern eigene Kreationen. Dies könnte den Vorteil eines schnellen Textscrollings haben, allerdings wurde diese Verbesserungsmöglichkeit nicht genutzt. Das normale Durchlaufen des Texts mit den Cursortasten ist fast so langsam wie bei 1st_WORDPLUS. Allerdings kann man auch bildschirmweise blättern, was schon etwas schneller geht. Eine weitere Einschränkung ist, daß nur zwei Texte gleichzeitig bearbeitet werden können.
Wie nicht anders zu erwarten, benutzt STAR-WRITER ein eigenes Dateiformat, ASCII- und WORDPLUS-Dateien werden jedoch anstandslos eingelesen und bei letzteren sogar die Attribute übernommen werden.
Die hilfreichen Blockoperationen sind alle vorhanden, zum Kopieren stehen sogar vier Puffer zur Verfügung. Auch Funktionen zum Suchen und Ersetzen wird man nicht missen müssen.
Nachdem nun die notwendigsten Features einer Textverarbeitung abgehakt sind, kann die Aufzählung der Optionen beginnen, die eine Textverarbeitung, die für den professionellen Einsatz gedacht ist, auszeichnen. Einer der herausragendsten Punkte ist die Bedienung, die bei STAR-WRITER groß geschrieben wird. Alle Funktionen lassen sich sowohl mit der Maus als auch über Tastensequenzen aufrufen. Dadurch ist Einsteigern und Fortgeschrittenen gleichermaßen gedient, denn jeder kann die Eingabeart wählen, die ihm am meisten zusagt. Zudem gibt es noch die Möglichkeit der Tastenprogrammierung, bei der jedoch schnell auffällt, daß STAR-WRITER nicht unbedingt mit Geschwindigkeit glänzt, wenn es darum geht Textfunktionen auszuführen. Eine umfangreiche Dateiauswahlbox, eine automatische Backup-Funktion, die nach einer einstellbaren Zeit die aktuelle Datei zwischenspeichert, Funktionen zum kopieren und umbenennen von Dateien sind weitere Indizien für das durchdachte Konzept dieser Textverarbeitung. Funktionen wie Fuß- und Endnotenverwaltung, Stichwort- und Inhaltsverzeichnis, Serienbrieferstellung, Grafikeinbindung, Silbentrennung, Zeichensatzgenerator und Korrekturprogramm zeigen, daß man bei der Entwicklung des Programms an alles gedacht hat, und so fällt es schwer etwas zu finden, was noch fehlt - oder wüßten Sie etwas? Einige der wichtigsten Funktionen werden im folgenden noch genauer untersucht.
Wenn man viel mit Textverarbeitungen zu tun hat, dann kommt früher oder später der Wunsch auf, die oft benutzen Funktionen, wie z.B. Zeichensatzwechsel oder Ändern der Schriftattribute, nicht mit der Maus, sondern über bestimmte Tastensequenzen zu erledigen. STAR-WRI-TER kommt diesen Wunsch auf mehrere Weisen entgegen. Zum einen gibt es zwei wählbare Befehlssätze. Die erste Variante ist STAR-WRITER-spezifisch, denn zusammen mit der Control-Taste werden der Anfangsbuchstabe des Menüs und der des Menüpunkts gedrückt. Tastenkombinationen sind zwar am Anfang nicht so leicht zu behalten, aber durch die Gedächtnisstütze mit den Anfangsbuchstaben gewöhnt man sich sehr schnell daran. Da viele Textverarbeitungen und auch andere Anwenderprogramme, besonders im Bereich der IBM-PCs, ihre Tastenkombinationen an den 'WORDSTAR-Standard’ anlehnen gibt es einen Befehlssatz, der die Wordstar-spezifischen Control-Sequenzen verarbeitet. Dieser Befehlssatz wurde jedoch um Funktionen erweitert, die in Wordstar nicht implementiert sind. So lassen sich z.B. mit beiden Befehlssätzen auch die Dialogboxen gänzlich ohne Maus bedienen. Dies mag zwar manchem eingefleischten Mausfan nicht besonders sinnvoll erscheinen, aber wer viel schreibt, der wird feststellen, daß dieses Gerät für viele Textverarbeitungsfunktionen nicht notwendig ist. Alles in allem kommt auf diese Weise eine stattliche Anzahl von Tastatursequenzen zusammen, die man sich auf Anhieb sicherlich nicht alle merken wird. Damit man deshalb nicht immer im Handbuch blättern muß, gibt es eine Referenzkarte, die übersichtlich alle Funktionen beinhaltet.
Makros sind Tastensequenzen, die einmal eingegeben, immer wieder aufgerufen werden können. Eine Anwendung dieser Makros sind Floskeln wie z.B. “Sehr geehrte Damen und Herren,” und ähnliche Redewendungen, die im täglichen Einsatz immer wieder Vorkommen. Eine andere Möglichkeit ist, mehrere Control-Sequenzen zu einem Makro zusammenzufassen. Dann kann mit zwei Tastendrücken das nächste Wort unterstrichen werden. Dazu müßten im Makro folgende Aktionen festgelegt werden: Wortanfang, Sprung hinter das Wort, ein Zeichen zurück, Wortende, unterstreichen. Zwar dauert diese Aktion etwas, aber es spart viel Arbeit.
Leider gibt es in der deutschen Sprache bzw. Grammatik so viele Außnahmen der Trennregeln, daß es nicht möglich ist, einen Algorithmus zu entwerfen, der 100% richtig trennt. STAR-WRITER zieht deshalb bei der Trennung noch eine spezielle Datei mit Ausnahmen hinzu. Diese kann vom Benutzer erweitert werden. Die automatische Trennung von STAR-WRITER arbeitet im allgemeinen ausreichend zuverlässig, sollte man jedoch Bedenken haben, kann auf halbautomatische (Trennvorschläge) oder manuelle Trennung umgeschaltet werden. Zum Schreiben der Texte empfiehlt sich entweder das automatische Trennen oder die Funktion ganz auszuschalten und den Text erst am Schluß zu überarbeiten.
Zu STAR-WRITER wird ein Hauptwörterbuch mit 100.000 Einträgen geliefert. Diese Datei liegt in komprimierter Form vor (belegt aber immer noch 400KB Speicher) und kann nicht verändert werden. Zusätzlich werden zur Korrektur ein Ergänzungs- und ein Spezialwörterbuch herangezogen. Nachdem der Korrekturvorgang gestartet wurde, ‘ versucht STAR-WRITER die Wörterbücher in den Speicher zu laden. Ist nicht genug Speicherplatz vorhanden, dann können Sie sich auf eine ausgedehnte Kaffeepause freuen, denn nun wird von Diskette bzw. Festplatte korrigiert.
Dieser Vorgang läuft so lange, bis ein Wort gefunden wird, das sich nicht in den Wörterbüchern befindet. Nun hat man die Auswahl, das Wort zu übergehen, es in eines der Wörterbücher zu übernehmen (wozu zwei Tastendrücke notwendig sind!) oder den Vorgang abzubrechen. Dieser Abbruch ist leider die einzigste Möglichkeit, einen Fehler zu korrigieren.
Zwar kann die Korrektur mit einigen Tastendrücken wieder aufgenommen werden, komfortabel ist diese Art jedoch nicht. Auch ein Grundwortschatz von 100.000 Worten ist nicht viel und deshalb ist es notwendig erst einige Texte korrigieren zu lassen, bis der persönliche Wortschatz weitgehend vorhanden ist und eine Korrektur nicht zum mühsamen Tastendrücken ausartet.
Einer der wichtigsten Punkte vor dem Ausdruck eines Textes ist dessen optische Gestaltung, die Aufteilung in Seiten, Kapitel und Absätze, die Einteilung in Spalten und das Einbinden von Bildern oder Grafiken. Bei STAR-WRITER wird zwischen dem Seiten- und Absatzlayout unterschieden. Dabei ist es gestattet, innerhalb eines Textes das Seiten- oder Absatzlayout beliebig oft umzugestalten. Dadurch ist die Gestaltung der Texte sehr flexibel gehalten.
Das Seitenlayout beschreibt den Grundaufbau der Seite, bestehend aus Textspalten, Kopf- und Fußtexten. Alle Abstands- und Längenangaben können dabei in Zentimeter, Zoll. Spalten oder Zeilen gemacht werden, damit jeder seine gewohnten Einstellungen beibehalten kann. Eine logische Überprüfung der Werte wird jedoch nicht vorgenommen, so daß der Benutzer hier entweder genau kalkulieren oder ausprobieren muß. ob der gesamte Text auf dem Blatt Platz findet.
Die Seiteneinteilung wird nach diesen Einstellungen vorgenommen, sie kann jedoch auch per Hand manipuliert werden. Bei ihr werden Fußnoten tatsächlich automatisch am unteren Teil der jeweiligen Seite plaziert.
Das Absatzlayout ist mehr auf den jeweiligen Absatz ausgerichtet und bestimmt die Ausrichtung des Textes, den Standardfont, den Zeilenabstand, die Tabulatoren und die Absatzbreite. Bei der Eingabe der Breite muß man jedoch wieder darauf achten, daß sie nicht größer als die Seitenbreite ist, denn sonst wird beim Ausdruck kompromißlos abgeschnitten. Das gleiche gilt nebenbei auch für die Spalteneinteilung. Es bleibt die Aufgabe des Benutzers, die Spalten mit sinnvollen Werten zu belegen, damit es beim Druck keine Überraschung gibt.
Um Grafiken in den Text einbinden zu können, müssen diesem im IMG-Format vorliegen, das z.B. von WORDPLUS und einigen Grafikprogrammen benutzt wird. Ein Accessory namens SCHNAPPSCHUSS ermöglicht es, jedes Bild, oder einen Ausschnitt daraus, abzuspeichern, um es später in den Text einzuladen. Bei Programmen, die keine Accessories zulassen, kann der Aufruf über eine Tastenkombination erfolgen, so daß es praktisch keine Einschränkung gibt.
Leider lassen sich Grafiken und Text nicht beliebig mischen bzw. anordnen. In einer Zeile kann nur entweder Text oder eine Grafik plaziert werden. Dies wirft bestimmte Probleme bei der Einbindung von Grafiken in den Text auf; aber mit etwas Geschick können sie trotzdem sinnvoll verwendet werden.
Es ist möglich in einem Dokument bis zu 20 verschiedene Zeichensätze zu verwenden. Einige interessante Fonts sind bereits vorhanden. Man kann sich aber auch eigene mit dem komfortablen Fonteditor entwerfen. In einem 30x18 Raster entwirft man die einzelnen Zeichen für den Bildschirmfont. Dabei werden auch Angaben über die Breite der Zeichen für die Proportionalschrift gemacht.
Für Kursiv- und Schmalschrift muß man spezielle Zeichen entwerfen, allerdings wird einem diese Arbeit weitgehend vom Zeichsatzeditor abgenommen. Diese Zeichen werden auf dem Drucker im Grafikmodus ausgegeben, während für Standardzeichen der normale Druckerfont benutzt wird. Da die im Editor erstellten Zeichen mit einer maximalen Auflösung von 30X18 Punkten für den Ausdruck zu grob sind, berechnet das Programm Zwischenpunkte, was zwar Zeit kostet, aber dafür ist das Ergebnis recht ansprechend.
Bevor man etwas Ausdrucken kann, muß man sich einen geeigneten Druckertreiber erstellen. Besitzt man eines der gängigen Modelle von EPSON, STAR oder NEC, dann ist man fein raus, denn für diese Drucker werden fertige Anpassungen mitgeliefert. Der Treiber muß nur noch mit einem speziellen Programm aus einer Druckeranpassung und einer Übersetzungstabelle zusammmengestellt werden. Komplizierter ist die Anpassung eines exotischen Druckers, der von den Standards abweicht. Hier muß mit der leider nicht immer ausreichenden Anleitung und dem Druckerhandbuch der Anpassung und der Übersetzungstabelle zu Leibe gerückt werden - und das hoffentlich mit Erfolg! Wer jetzt noch Lust hat, der kann STAR-WRITER noch dazu bringen, einen eventuell im Drucker vorhandenen Proportionalfont zu verwenden. Dies geschieht über einen sogenannten Pseudofont, wozu wiederum eine Weitentabelle benötigt wird. In dieser Tabelle wird angegeben, wieviele Pixel jedes Zeichen des Proportionalfonts beim Druck benötigt. Leider werden diese Angaben nur in sehr wenigen Druckerhandbüchern gemacht, so daß diese Tabelle nur mit viel Probieren zu erstellen ist. Trotzdem ist diese Art der Ansteuerung des druckereigenen Proportionalfonts die beste Art, um zu einem sauberen Proportional-Blocksatz-Ausdruck zu kommen, auf den man nicht unendliche Zeiten warten muß wie z.B. bei SIGNUM.
Ich hoffe, daß mit diesem Testbericht der Eindruck vermittelt werden konnte, daß STAR-WRITER eine Unmenge nützlicher Funktionen beinhaltet. Zwar wird nicht jeder Anwender alle Möglichkeiten nutzen wollen und in einigen auch keinen Sinn sehen, aber das Programm ist auf jeden Fall den Anforderungen an eine sinnvolle und leistungsfähige Textverarbeitung gewachsen.
Neben der Funktionsvielfalt steht vor allem auch die Bedienbarkeit im Vordergrund, die einem verwöhnten Vielschreiber sehr entgegenkommt. Aber auch ein Anfänger wird mit den Grundfunktionen der Textverarbeitung schnell zurechtkommen; etwas schwieriger wird er es dann mit den Sonderfunktionen haben, die z.T. im Flandbuch nicht ausführlich genug dokumentiert sind.
Einer der deutlichsten Schwachpunkte von STAR-WRITER paßt so gar nicht in das positive Bild, das dieses Programm sonst auszeichnet: Die Scrollroutine und fast alle Textfunktionen arbeiten sehr langsam.
Zwar hält sich diese Behinderung im normalen Alltagsbetrieb in Grenzen; es ist aber verwunderlich, daß man hier keine andere Lösung gefunden hat.
Wenn man mit dieser Behinderung leben kann, und das sollte nicht so schwer fallen, dann ist START WRITER ST eine ausgezeichnete Textverarbeitung, die kaum Wünsche offen läßt. Ich habe mich auf jeden Fall für diese Textverabeitung entschieden und seit ihrem Eintreffen keine andere mehr angerührt.
NM
PLUS:
MINUS:
Bezugsquelle:
STAR-WRITER 1.01a
STAR-Division GmbH
Softwareentwicklung & Vertrieb Zum Elfenbruch 5-7
2120 Lüneburg
Preis: DM 198.-