Stand die letzte CeBIT im Zeichen des Schnees, so war es diesmal der Regen, der für schmutzige Schuhe sorgte. Ein dunkler düsterer Himmel, Hochwasser überall und kalte unangenehme Regenschauer waren diesmal unsere ständigen Begleiter in Hannover.
Trotz nasser Witterung wurden die Besucherzahlen vom letzten Jahr wieder übertroffen. Mit über 480.000 Besucher ist die CeBIT in ihrer Bedeutung bestätigt. Hubert-H. Lange, Messe-Vorstandsmitglied, beschreibt die CeBIT’88 mit einem einzigen Satz: “Die höchsten Erwartungen wurden weit übertroffen'’. Diese Stellungnahme läßt wohl keine Fragen mehr offen. Mit über 480.000 Besuchern übertraf die CeBIT ’88 um fast ein Drittel die Zahl der Vorjahresmesse. Im dritten Jahr nach der Trennung der Hannover Messe (Industrie und CeBIT) sind die Besucherzahlen um ein Fünftel gewachsen. Erfreulich war auch die hohe Zahl der ausländischen Besucher, mit 97000 lag auch diese Zahl weit höher als im Jahr davor (69000). 17500 kamen allein aus Übersee. Im Mittelpunkt stand dieses Jahr der Anwender und die Problemlösung mittels eines Rechners. In den Messehallen 5, 6 und 7 wurde ein besonders starker Besucherandrang festgestellt. Hier vereinten sich hauptsächlich computergestützte Branchenlösungen für den Klein- und Mittelbetrieb. Gerade in diesem Bereich hat die Computerindustrie in der letzten Zeit, wahrscheinlich wegen der sinkenden Preise der Hardware, eine sehr solide und ständig zunehmende Kundschaft. Die Schwerpunkte waren hier die Systemlösung für die Handels- und Handwerksbranche. Veranstaltungen, wie das “CeBIT Forum 88” oder das Computer-Camp waren immer ein attraktiver Treffpunkt für Computerenthusiasten.
Alle Jahre wieder, oder wie man 1988 die Ankündigungen von 1987 bestaunen kann.
Wie jedes Jahr hatten sich unter dem Dach von ATARI verschiedene Softwarehäuser, Hardwarehersteller sowie Distributoren zu einer bunten Palette vereint. Nach drei Jahren kann man auf dem Markt eine gewisse Müdigkeit spüren und die Aussteller sind mit ihren Ankündigungen etwas vorsichtiger geworden. Geblieben ist in jedem Fall, daß fast alles, was gezeigt wird, nicht unbedingt ein neues Produkt ist. Das meiste wurde bereits im Herbst (auf der Systems in München) oder ein Jahr davor, am gleichen Platz und auf der gleichen Messe, im allerersten Anfangsstadium vorgestellt. ATARI selbst ist in diesem Bereich keine Ausnahme. Was an Neuigkeiten zu sehen war, oder was vorher angekündigt und in Hannover fertig war. haben wir aus Platzgründen in zwei Teile geteilt. Wir werden in diesem Heft alle von ATARI vorgestellten neue Produkte beschreiben, und im nächsten Heft werden wir über die neue Soft- sowie Hardware, die von verschiedenen Herstellern ausgestellt wurde, berichten.
Mittwoch abend im Maritim Hotel ist ein wichtiger Termin für alle Redaktionen, die mit ATARI Computern zu tun haben. Denn dann lädt ATARI, trotz Europa-Pokal, (spielt nicht dieses Jahr wieder eine deutsche Mannschaft, die das Commodore Embleme auf ihrem Trikot trägt?) zu seiner Pressekonferenz.
"... wir haben es wieder geschafft, einige attraktive Fußballspiele zur selben Zeit wie unsere Pressekonferenz stattfinden zu lassen.” So begann Alwin Stumpf mit der überaus positiven Bilanz des Jahres 1987. Die deutsche ATARI GmbH ist ohne Zweifel die erfolgreichste und größte außeramerikanischer ATARI-Gesellschaft. Weiterhin ist Europa selbst mit Sicherheit das wichtigste Marktsegment überhaupt. Daß es eine außerordentlich wichtige Rolle spielt, zeigt die Gründung zweier neuer Tochtergesellschaften: ATARI-Spanien und ATARI-Skandinavien.
Alwin Stumpf konnte an diesem Abend über den andauernden erfolgreichen Kurs ATARI Deutschlands berichten, der sich mit einem Umsatzanstieg von mehr als 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr bestätigt hat. Um der Bedeutung des deutschen Anteils gerecht zu werden, muß man sagen, daß ATARI Deutschland mit 175 Mio. DM zu etwa 21 Prozent zum weltweiten Umsatz der ATARI Corporation beiträgt.
Trotz einer Steigerung der Produktionskapazität 1987 (es wurden weltweit seit August drei Schichten gefahren) hat ATARI wieder Lieferschwierigkeiten gehabt. Insofern wurden für dieses Jahr in erster Linie die Erweiterung der Produktionskapazitäten angesetzt. Nach Aussage von Alwin Stumpf hätte ATARI Deutschland wesentlich mehr verkaufen können, wenn nachgeliefert hätte werden können.
Bei 250.000 verkauften Geräten kann man wohl sagen, daß der Schwerpunkt im ST Bereich liegt. Das gleiche Verhältnis zeigt sich in Frankreich, Holland, Belgien und in der Schweiz. Anders als in England und Amerika selbst, wo ungefähr 60 Prozent des Umsatzes im Consumer-Bereich liegt. Konsequent zu dieser Entwicklung wird ATARI Deutschland die ST-Computer-Linie weiter ausbauen und verbessern.
Um der Wichtigkeit der ATARI-Produkte in Europa gerecht zu werden, wird noch in diesem Jahr ein europäisches Entwicklungszentrum in Braunschweig gebaut.
Dieses Zentrum wird in Zukunft die speziellen Bedürfnisse des europäischen Marktes befriedigen. ATARI-Deutschland spielt auch mit dem Gedanken einige Hardwareentwicklungen in diesem Zentrum zu verwirklichen. Braunschweig wurde mit Sicherheit deswegen gewählt, weil in vielen Universitäten, die in Norddeutschland ansässig sind, immer mehr am ATARI ST entwickelt wird.
Es ist zu erwarten, daß in Zukunft die neuen Produkte von ATARI nicht nur aus dem sonnige Sunnyvale kommen werden, sondern auch aus dem Technologiezentrum in Braunschweig.
Die Anzahl der Software, die direkt von ATARI angeboten wird, wird auch in diesem Jahr größer. Es handelt sich in der Regel um fremde Produkte, dessen Vertrieb von ATARI übernommen wird. Für die Übernahme des Vertriebs von Software wird ATARI, je nach Fall verschiedene Modi haben. Entweder wird das Produkt ganz übernommen (ATARI hat als einziger das Vertriebsrecht) oder ein Mischverfahren, in dem Hersteller und AT ARI das Produkt vertreiben werden. Das ist zum Beispiel der Fall mit Produkten wie “Calamus”, dem DTP-Software-Paket der Firma DMC, daß in einer Einsteigerversion von ATARI angeboten wird, und in einer noch leistungsfähigeren vom Hersteller selbst. Aber selbst die Produktion eigener Software wird gefordert. So wird direkt nach der Messe eine Computer-Tutor-Software auf den Markt gebracht, die eine hundertprozentige ATARI Produktion darstellt.
Eines der alten, noch nicht gelösten Probleme von ATARI ist die Lieferung größerer Stückzahlen des Blitter-Chips. Auch hier wurde bei der Pressekonferenz angekündigt, daß in nur wenigen Wochen ausreichende Mengen an Chips ausgeliefert werden sollen. Wenn alles klar über die Bühne geht wird ATARI mit der Produktion von Blitter-Chips im DIL-Gehäuse anfangen.
"OPTOFILE CDAR504” protzt es vom Gehäuse der CD-ROMs von ATARI. Für 1198 DM kann man deh das Vergnügen leisten, während der Arbeit am Rechner klirrfrei und entsetzlich dynamisch Dire Straits zu hören, und im nächsten Moment schon im Englisch-Deutsch-Lexikon auf CD zu blättern, um herauszufinden, was dieses Dire Straits denn eigentlich auf deutsch bedeutet (oder um sich die Bedienungsanleitung für das brandneue CD-ROM, Wort für Wort selbst ins Germanische zu übertragen).
Ernst beiseite: Nach langen Ankündigungen hat ATARI anscheinend doch noch einen Hersteller gefunden, mit dem das Motto “Power without the price” auch bei CD-ROMs zu verwirklichen war. Zu sehen war das CD-ROM aber auf der Messe nur am letzten Tag.
An jenem Tag kam die Software aus Sunnyvale am Messestand an, so daß man eine Datenbank auf CD-ROM bewundern durfte. Gegenüber der Demonstration auf der Comdex hatte sich aber nicht viel geändert. Laut ATARI ist die Software mittlerweile nur soweit verbessert worden, daß sie auch wirklich nicht nur als Demoversion läuft. Als möglicher Auslieferungstermin wurde uns der Herbst genannt (der Herbst kann aber sehr lang werden).
Mit der Ankündigung einer Wechselplatte hat ATARI wieder einmal alle überrascht. Zwar war der Prototyp nur in den geheimen Gemächern des CeBIT-Standes zu bestaunen, aber immerhin gab es vorab schon einige technische Daten, auf daß den ST-Besitzern das Wasser im Munde zusammenlaufe. Et voilà:
Das Ding, getauft auf den prosaischen Namen SR444, bietet auf einer einzigen Wechselkassette Platz für knapp 43 Megabytes (formatiert; unformatiert fast 54 Megabytes). Jede von diesen Kassetten soll (im Moment) 120 US-$ kosten, also schätzungsweise unter 300 Märker. In welchen Preisregionen sich das Gerät selbst bewegen wird, steht in den Sternen (Richtung Krebsnebel, würde ich sagen).
Auf 1278 Zylindern werden jeweils 68 Sektoren à 512 Bytes untergebracht; damit kommt man auf die oben genannten 43 Megabytes (127868512 = 43452 KB). Zum Vergleich: Bei SH204 und SH205, den Standard-Festplatten von ATARI, werden nur 612 Zylinder (maximal etwa 660) formatiert. Wirklich angenehm ist die niedrige mittlere Zugriffszeit von 25 Millisekunden (SH205: 85 ms).
Wenn Sie jetzt schon Regenmantel und/oder Turnschuhe angelegt haben, um zu Ihrem Händler zu huschen: Viel zu früh. Wahrscheinlich können Sie sich frühestens nächstes Jahr über dieses schmucke Stück freuen.
Auf der CeBIT war das erste Mal in Deutschland ATARIs neues Wunderkind, die ABAQ Transputermaschine zu sehen. In diesem Gerät verbirgt sich die Leistung einer modernen Workstation zum Preis eines größeren PCs. Dieser Artikel verrät Details.
Zuerst einmal, bevor wir uns weiter ins Dickicht der Details begeben, was ist eigentlich eine Workstation ? Unter ‘Workstation’ versteht man Rechner, die ungefähr (so mehr oder weniger halt) folgende Forderungen erfüllen:
Eine typische Workstation, z.B die Apollo Domain DN 4000, enthält einen 68020 Prozessor mit Arithmetik-Coprozessor, typisch mit 16-25 MHz Taktfrequenz. Das ganze läuft unter Unix oder einem ähnlichen Betriebssystem und kann über eine Ethernet-Schnittstelle mit bis zu 1,5 Megabyte pro Sekunde kommunizieren.
Bisherige Workstations, die diese Forderungen erfüllen, kosten ab 40.000 DM. Das ATARI-Transputersystem erfüllt alle Forderungen an eine Workstation und wird unter 10.000 DM kosten, übertrifft mit seiner Leistung aber auch Workstations einer höheren Preisklasse. Seine Fähigkeiten erhält das ATARI Transputer-System durch einen Chip der Firma Inmos, den T800-Transputer. Ein Transputer ist im Prinzip ein gewöhnlicher 32-Bit Mikroprozessor, der allerdings besonders schnell ist und einige ausgefallene Fähigkeiten besitzt. Transputer sind RlSC-Prozessoren. RISC ist eine Abkürzung für ‘Reduced Instruction Set Computer’, was ‘Computer mit eingeschränktem Befehlssatz’ bedeutet. Diese Technik gewinnt zunehmend an Bedeutung, weil man Maschinen mit kleinem Befehlssatz erheblich schneller bauen kann, als solche mit einem großen Befehlssatz. Das liegt daran, daß kleine Befehlssätze in Hardware ausgeführt werden können, während große in sogenanntem Mikrocode implementiert werden können. Insgesamt ist ein Prozessor oft immer noch schneller, wenn er mehrere, extrem schnelle Befehle für eine Aufgabe braucht, als wenn er nur einen, langsamen ausführen muß. Der zweite Trick ist der Einbau eines schnellen Cache-Speichers. Wenn ein Prozessor immer alle Daten und Befehle aus dem großen, aber relativ langsamen Hauptspeicher holen muß, verliert er furchtbar viel Zeit. Deshalb implementiert man bei modernen Prozessoren einen Zwischenspeicher auf dem Chip, der erheblich schneller ist, als der normale Hauptspeicher. Das Besondere am Cache-Speicher des T800 ist seine Größe: 4 Kbyte. Darin kann man schon recht große Schleifen ohne jeden Zugriff auf den Hauptspeicher ausführen. Der T800 enthält eine Floating Point-Recheneinheit auf dem Chip. Der Arithmetik-Coprozessor ist also im Prozessor integriert. Die Floating-Point Recheneinheit des T800 ist extrem schnell. Sie leistet 1.5 Megaflop, also 1.5 Millionen Fließkommaoperationen pro Sekunde, wenn der Transputer mit 20 MHz getaktet wird. Eine 30 MHz-Version, die dann 2.25 Mflops leistet, ist in Vorbereitung. Der T800 rechnet schneller mit 32Bit Fließkommaals mit Integerzahlen. Insgesamt ist der Chip schneller als eine 68030/ 68882 Kombination. Der eigentliche Gag jedes Transputers sind aber seine vier seriellen Schnittstellen, die mit 20 Mbaud senden und empfangen können. Diese Schnittstellen ermöglichen es, mehrere Transputer zu Netzwerken zusammenzuschließen, die dann ein Vielfaches der Rechenleistung eines Einprozessorsystems erbringen. Das geht natürlich nur bei Problemen, die paralleles Rechnen ermöglichen. Glücklicherweise sind das, gerade in den Naturwissenschaften, ziemlich viele Probleme. Leider steckt aber auch die theoretische Erforschung von Parallelrechnern, und vor allem den dazugehörigen Betriebssystemen, fast noch in den Kinderschuhen.
Deshalb wäre die Idee der Schnittstellen alleine noch nicht besonders sinnvoll, erst mit einer speziellen Software-Unterstützung kann sich das Konzept von Prozessornetzwerken so richtig austoben. Deshalb hat die Firma Inmos, die den Transputer entwickelte, gleich eine spezielle parallele Programmiersprache entwickelt, die den Namen OCCAM, nach einem niederländischen Philosoph, trägt. Die Sprache wird oft als ‘paralleles C’ apostrophiert. OCCAM erlaubt die Programmierung von seriellen und parallelen Prozessen, die über Nachrichtenkanäle (in einem wirklichen System können das zum Beispiel die seriellen Schnittstellen, die den Namen ‘Links’, Bindeglieder tragen, sein) miteinander kommunizieren können. Dabei muß der Programmierer die Anzahl der im System vorhandenen Prozessoren nicht unbedingt kennen, das System kann, eine entsprechende Struktur der Transputerverschaltung vorausgesetzt, die Verteilung auf die vorhandenen Prozessoren selbst vornehmen.
Das Atari-Transputersystem enthält auf der Basisplatine einen T800-Transputer und 4 Megabyte Ram. Ein SCSI-Festplattenanschluß, der über einen DMA-Kanal arbeitet, ist vorhanden, eine 40 Mbyte-Platte soll im Grundsystem enthalten sein. Einer der vier Transputer-Links ist über ein Interface mit einem Mega-ST oder einer entsprechenden Platine im System selbst verbunden, die als Tastatur-, Maus- und Floppyinterface fungiert. Damit können alle ST-Peripheriegeräte angeschlossen werden. Die Bildschirmsteuerung übernimmt der Transputer auf der Hauptplatine. Für den Bildschirm steht 1 Megabyte Videospeicher zur Verfügung. Der Videospeicher besteht aus sogenannten Dual-Port-RAM, das sind Speicher, auf die zwei Teilnehmer gleichzeitig zugreifen können, der Prozessor und der Spezialblitter, der dem System zu enormen Grafikleistungen im 2D-Bereich verhilft. Bis zu 128 Millionen Pixel pro Sekunde können bewegt, Schrift kann mit bis zu 64 Millionen Pixeln pro Sekunde dargestellt werden; auch Farboperationen kann der Blitter ausführen.
Vier Grafikmodi kann das ATARl-System darstellen: In der höchsten Auflösung stehen 1280960 Pixel mit 16 Farben oder Graustufen zur Verfügung. Die zweite Grafikstufe hat 1024768 Pixel bei 256 Farben, die allerdings aus einer Palette von 16,7 Millionen Farben ausgewählt werden können. Im dritten Grafikmodus gibt es zwei Bildschirme mit je 640480 Pixeln und 256 Farben aus einer Palette von 16,7 Millionen. Der letzte Modus ist die niedrig auflösende Grafik mit 512480 Punkten, die eine gleichzeitige Darstellung aller 16,7 Millionen Farben erlaubt.
Auf der Hauptplatine sind drei Slots untergebracht, an denen der gesamte Systembus anliegt. Hier können Erweiterungskarten mit zusätzlichen Transputern, Peripheriekarten oder Speichererweiterungen eingesteckt werden. Auf eine Erweiterungskarte passen maximal 4 Transputer, so daß das System im Gehäuse auf maximal 13 Transputer mit einer Rechenleistung von maximal 20 Megaflop ausgebaut werden kann. Selbstverständlich können extern über die Transputerlinks beliebig viele Transputer angeschlossen werden. Auf der CeBIT wurde als Beispiel ein Fraktalbild mit 12 Transputern berechnet. Manche Systeme können so schnell nicht einmal Bilder laden.
Die Transputerlinks sind zwar schnell genug, um den Anspruch des Netzwerkanschlusses genüge zu tun, den eine Workstation nun einmal stellen muß, aber leider ist ein Transputerlink (noch) kein Standard. Deswegen sollte es nicht verwundern, wenn in Kürze eine Ethernet-Anschlußkarte für das System zur Verfügung stünde (Ethernet ist ein Standard-Netzwerk zur Rechnerkopplung).
Die gesamte Hard- und Software des ABAQ-Systems stammt übrigens nicht von ATARI, sondern von der Firma PeriHelion, die das System zusammen mit einer englischen Universität entwickelt hat.
Apropos Software, die Software ist es schließlich erst, die ein System zum Leben erweckt. Dieser Gedanke führte bei PeriHelion zur Entwicklung des Betriebssystems Helios. Bisheriges Problem aller Transputersysteme war, daß kein geeignetes Betriebssystem, das die besonderen Features der Transputer ausreichend würdigte, zur Verfügung stand. Helios hat gute Chancen, ein Standard auf diesem Gebiet zu werden, denn es haben bereits andere Firmen Interesse an der Software bekundet. Meines Wissens hat bereits ein namhafter Hersteller von Transputersystemen Helios fest als Systemsoftware übernommen.
Helios ist ein Multitasking-Betriebssystem. das auf unterster Ebene weitgehend UNIX-kompatibel ist. Erweitert ist das System aber um eine Prozessverwaltung für parallele Rechner, die es erlaubt, auch ohne Verwendung einer Spezial-Programmiersprache wie OCCAM Programme, für ein solches Multiprozessorsystem zu schreiben. Statt wie bisher Prozeduren mit Parameterübergaben zu programmieren, muß man die Modularisierung noch ein Stück weiter treiben. Parallel ablauffähige Programmteile müssen als unabhängige Prozesse geschrieben werden. Prozesse können untereinander mit Hilfe eines Nachrichtensystems kommunizieren. Die Verteilung der Prozesse im Rechnersystem übernimmt dabei das Betriebssystem, ebenso die Kommunikationsverwaltung. Der dabei verlorengehende Overhead, also die Rechenleistung, die bei den Verwaltungsvorgängen ‘verlorengeht’, ist dabei erstaunlich gering. Helios ist also ein sehr komfortabler Weg, parallele Programme zu entwickeln. An Systemsoftware werden zuerst C und Fortran, dann OCCAM, schließlich auch Pascal und Modula II zur Verfügung stehen, von dem unvermeidlichen Assembler mal abgesehen. Ein Debugger ist auch vorhanden.
Auf das Betriebssystem setzt die vom MIT entwickelte, netzwerkfähige Fensterverwaltung XWindow, die sich inzwischen als Standard etabliert hat (Vermutlich weil sie nicht nur leistungsfähig, sondern auch noch Public Domain ist) in der neuesten Version XI1 auf. Der Vorteil bei der Verwendung dieses Fenster-Systems ist, daß bereits einige Anwendersoftware unter XWindow verfügbar ist, so daß relativ schnell benutzerfreundliche Software für das ATARI-Transputersystem entstehen könnte.
Der Konjunktiv hat seinen Grund: Im August sollen die ersten Maschinen ausgeliefert werden, wann aber das Betriebssystem endgültig fertig ist, wird sich noch zeigen. Versprochen ist es, zusammen mit den ersten Entwickler-Geräten für Ende April.
Das Atari-Transputersystem stellt in Sachen Rechenleistung völlig neue Maßstäbe in der Preisklasse unter 20.000 DM auf. Kein Macintosh, kein IBM Modell 80, nicht einmal durchschnittliche Sun- oder Apollo-Workstations sind dem System in diesem Punkt gewachsen. Eine neue Technologie, die bisher kaum im Einsatz ist, hält hier gleich zu Beginn ihren Einzug im Low-Cost-Bereich. So etwas ist höchst ungewöhnlich. Ob es ein Erfolg wird, hängt im wesentlichen davon ab, ob Software-Entwickler das (Betriebs-) System akzeptieren. Man kann gute Hoffnung haben: Transputer-Software muß eigentlich immer so geschrieben sein, das sie auf nahezu jeder Hardware läuft, vorausgesetzt das Betriebssystem stimmt überein. Von Helios hängt also alles ab. Eines ist jedenfalls ganz sicher: Mit dem Atari-Transputersystem sind die Zeiten, in denen die Preise einer Anwendungslösung im wesentlichen von der Hardware abhingen, endgültig vorbei. Mit Rechnern wie diesem wird der Anschaffungspreis für die Geräte nur noch einen Bruchteil der Softwarekosten für professionelle Lösungen, die schließlich auch professionellen Support verlangen, betragen. Mit den Transputern könnte ein neues Rechner-Zeitalter im Workstation-Bereich beginnen.
Mit dem 68030 stellt Motorola den Nachfolger des 68020 vor, und damit in gewisser Weise auch einen Nachfahren des dem ATARI verwandten 68000. Die Neuerung bei diesem Chip liegt, neben der schon obligatorischen Geschwindigkeitssteigerung, in der auf dem Chip integrierten Speicherverwaltungseinheit. Entgegen vielen anderen Chipneuheiten benötigt der 68030 keine neue Software. Durch das aufwärtskompatible Codeformat wird es ermöglicht, bestehende 68000/68020-Software relativ problemlos zu übernehmen. Da ATARI ein auf dem 68030 basierendes System auf der CeBIT in Hannover vorgestellt hat, (zwar in der nichtöffentlichen 2. Etage, aber immerhin!), soll es hier schon einmal vorab angekündigt werden. Wann es überhaupt eine lauffähige Version für diesen Rechner geben wird ist zur Zeit noch nicht klar.
Über diesen neuen Prozessor bzw. diesen neuen Rechner werden wir im nächsten Heft ausführlich berichten.
(MM/CB/CS/JW)
Es war einiges mehr zu sehen auf der CeBIT. Wie zum Beispiel Turbo C für den ATARI ST, oder die fertige Version von CALAMUS oder eine 100 MByte Festplatte, die von Weide vertrieben wird, oder..... aber wie schon oben erwähnt, wegen Platzproblemen ist es uns nicht gelungen, den gesamten Messebericht in dieser Ausgabe zu bewältigen. Deswegen haben wir uns für eine Teilung des Messeberichtes entschieden. In der nächsten Ausgabe werden wir über alle übrigen Neuigkeiten. die auf der Messe zu sehen waren berichten.